LdN256 - Schadenersatz nach Hausdurchsuchung?

Hallo zusammen,

Ulf sagt beim Pimmelthema, das Schäden nach einer Durchsuchung „selbstverständlich“ nicht ersetzt werden. Das kann ich fast nicht glauben?! Ist das wirklich so? Auch wenn sich im Nachhinein heraus stellt, dass der Verdächtigte nichts mit dem Fall zu tun hatte? Dann muss doch die öffentliche Hand für solche Schäden gerade stehen?

Viele Grüße

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Wenn das Verfahren eingestellt wird oder ein Freispruch ergeht, hat der Beschuldigte nach § 2 II Nr. 4 StrEG einen Anspruch auf Entschädigung für u.a. eine Durchsuchung.

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Ok, vielen Dank. Das beruhigt mich. :grinning:

So beruhigend finde ich das nicht, denn schon beim Pimmelthema zeigen sich die Grenzen. Wenn sie nicht angeklagt und freigesprochen wird oder die Untersuchung wegen Unsinn eingestellt wird, wird keine der Begründungen für sie in Frage kommen, würde ich meinen. Kollateralschaden und so…

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Das Thema treibt mich um:

@vieuxrenard hat in LdN256 („Wohnungsdurchsuchung wegen Beleidigungsvorwürfen“; kann’s mir nicht verkneifen: „Pimmelgate“) sinngemäß gesagt:

Verwüstungen durch die Polizei - die Rede war von Beispielen wie umgestoßenen Schränken und zerbrochenem Geschirr - sei bei Hausdurchsuchungen häufig (?) der Fall (und würden manchmal sogar als vorweggenommene Strafe praktiziert) und daher müssten Richter beim ihrem Beschluss für eine Hausdurchsuchung diese wahrscheinliche / mögliche Sachbeschädigung in ihre Güterabwägung einbeziehen.

Geht es nur mir so? Was ist das für ein Rechtsverständnis, dass Richter im Rahmen ihrer Verhältnismäßigkeitsabwägung über einen Hausdurchsuchungsbeschluss illegale oder wenigstens illegitime Handlungen der ermittelten Polizei einbeziehen müssten?

Nein, Sachbeschädigungen dürfte es bei Hausdurchsuchungen ausschließlich dann geben, wenn sie für die Ermittlung der Straftat notwendig und verhältnismäßig sind (z.B. Aufbrechen von Haustür oder Schubladen). Umgestoßene Schränke und zerbrochenes Geschirr sollte in aller Regel nicht dazugehören.

Was gar nicht geht: Die Polizei wendet die offenbar tolerierte Sachbeschädigung unter Ignorieren der Unschuldsvermutung als vorweggenommene Strafe an! Das ist richtpolitisch derart in akzeptabel, dass ich nur noch fassungslos bin …

Zwar gibt es einen Anspruch auf Schadensersatz ab einer Schadenssumme von 25 Euro (§ 9 StrEG) - vorausgesetzt, das Verfahren wird eingestellt oder bei einem Freispruch oder wenn das Hauptsacheverfahren nicht eröffnet wird. So, wie ich unsere Verwaltung kenne, wird das aber niemals den kompletten Aufwand für die Schadensbeseitigung decken, schon gar nicht die Wut, den Ärger, die Demütigung.

Wenn das wirklich oft geübte Praxis ist, wie @vieuxrenard es darstellte, dann muss der Gesetzgeber unverzüglich eine Rechtslage herstellen, die das verhindert:

Z.B., in dem die Polizisten für grobfahrlässige oder vorsätzliche Schäden persönlich haften, soweit diese für die Ermittlung der Straftat nicht notwendig oder nicht verhältnismäßig sind (ist der verantwortliche Polizist nicht ermittelbar, dann die zuständige Polizeibehörde). Und zwar völlig unabhängig davon, ob der Verdächtigte letztlich schuldig ist oder nicht! Zusätzlich sollte Geschädigte für Schadensbestätigungsaufwand und psychische Belastungen einen Anspruch über einen fünfstelligen Pauschbetrag bekommen, für den der Verantwortliche Polizist bzw. die zuständige Polizeibehörde ebenfalls haftet.

Der Schadensersatz sollte unverzüglich ausbezahlt werden, für jeden Tag 30 Tage nach Antragstellung wird ein Zins in Höhe des Sollzins der Finanzbehörden fällig.

Erst, wenn es eine solche Regelung gibt und diese auch durchgesetzt wird, sollte ein Richter eine mögliche Sachbeschädigung im Rahmen der Hausdurchsuchung bei der Güterabwägung einbeziehen müssen.

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Danke. Genau dieser Satz hat mich auch aufhorchen lassen. Die Polizei darf nicht Richter spielen. Die Unschuldsvermutung ist extrem wichtig, sodass die Polizei keine vorweggenommene Strafe tolierieren darf. Wenn die Polizei nun sogar aktiv Schäden verursacht, um eine Strafe vorwegzunehmen, sehe ich das mehr als nur problematisch.
Wie oft kommt sowas vor? Wie hoch sind in der Regel die entstandenen Schäden? Was bekommen beschuldigte Bürger, die unschuldig waren, in der Regel wieder zurück? Also real, gemessen an der Schadenssumme?
Ich wüsste gar nicht wo ich anfangen sollte, solche Fragen zu klären.

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Die praktische Umsetzung stelle ich mir schwierig vor. Wie könnte sich denn die Polizei vor falschen Anschuldigungen schützen? Die komplette Durchsuchung von mehreren Kamerateams begleiten lassen?

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Die Polizei MUSS wieder aufräumen! :slightly_smiling_face:

Das mit den Kameras ist ein guter Gedanke.
Body-Cam’s wären das richtige Mittel.

Ist das so? Hast du eine passende Quelle? Bislang scheint das oben nicht so klar zu sein.

Ich denke mal zur Häufigkeit muss man auch eine Betrachtung des „Durchsungsmilieus“ mit einbeziehen.

Ich weiß aus der Historie, dass Vereinslokale von sogenannten Rockerklubs nach Durchsungen regelmäßig unbrauchbar und Sanierungsbedürftig waren (Renovierung reichte da schon nicht mehr) und zur Absicherung/Rechtfertigung wurden dann auch gerne Mal Küchenmesser oder Zierwaffen beschlagnahmt.

Ich glaube nicht, dass die Beamten mit demselben Elan durch das Finanzministerium gezogen sind.

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Jetzt stellt euch mal vor das bei jedem der jemandem im Internet beleidigt hat die Wohnung durchsucht wird, da kann man Artikel 13 direkt streichen.

Für mich ist das völlig unverhältnismäßig und wirft ein schlechtes Licht auf Polizei, Justiz und Politker.

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Das würde ich mir so denken als braver Mensch… Aber leider ist meine Aussage nur ein Scherz …

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Was mir völlig unverständlich ist: Der Twitter-Accountinhaber ist einer schriftlichen Vorladung gefolgt und hat auch Angaben zur Sache gemacht. Er hat sich lediglich nicht selbst belastet.
Die Vorladung ging offensichtlich nicht an die gleiche Anschrift in der später die gegenständliche Durchsuchung stattfand.
Welcher Grund lag bei der StA also vor, an einen anderen Adresse zu Durchsuchen, die nicht zum mittlerweile feststehenden Accountinhaber gehörte. Kann das jemand beantworten?
Zumindest in diesem Fall wäre dann die Schadenersatzpflicht für eine Hausdurchsuchung recht einfach zu beantworten.

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