LdN255: Corona: 2G & 3G Diskriminierung

Gut gesagt. Und auch in den USA wurde jetzt die Zulassung erteilt :wink:

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Ich habe ja auch keinen Vergleich bezüglich der Ansteckungsfähigkeit angestellt, sondern bezüglich des Vorwurfs „unsolidarischen Verhaltens“. Und die Frage, warum der bei Corona erhoben wird und bei den anderen von mir genannten Verhaltensweisen nicht, ist nachwievor unbeantwortet - und zwar einmal ganz generell und einmal bezogen auf Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern. Denn letztlich ist das das einzige Argument zur Rechtfertigung der genannten Einschränkungen, das wirklich Bestand hat.

Du nicht, aber es ist das - im moralischen Sinne - schwerste Geschütz, was derzeit zur Begründung von Maßnahmen wie 2G angeführt wird. Deshalb ist es keineswegs unerheblich, ob es überhaupt trägt.

Wenn es wirklich um Infektionsschutz geht, frage ich mich, warum zuständige Behörden für den Herbst, wenn mit einem erheblichen Anstieg der Fallzahlen zu rechnen ist, sowohl Schnelltests kostenpflichtig machen als auch die Lohnfortzahlung bei angeordneter Quarantäne aussetzen. Beides wird vor allem den Effekt haben, dass ein sehr viel höherer Anteil an Infektionen unerkannt bleibt. Das macht aus Perspektive des Infektionsschutzen überhaupt keinen Sinn (eher im Gegenteil), sondern einzig und allein aus einer Bestrafungslogik heraus - von der inzwischen klar geworden ist, dass sie nicht funktioniert. Die offizielle Begründung für diese Logik lautet allerdings immer noch, dass diese angeblich einen Anreiz zur Erhöhung der Impfquote darstellen soll, die wiederum dem Infektionsschutz dienen soll. Diesen Zusammenhang hatte ich in dem von Dir zitierten Satz einfach mal vorausgesetzt.

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stimmt, das ist in der Sache sehr kritisch zu sehen, wegen der Kollateralschäden. Deswegen haben wir beides auch schon kritisiert.

ABER nur weil diese Maßnahmen vermutlich teilweise Eigentore sein werden, bedeutet das ja nicht, dass es den Menschen dahinter nicht dennoch um Infektionsschutz geht. Sie treffen einfach nur die Güterabwägung anders als du (und auch als wir im Podcast).

Mich stört an deinem Statement dieses unausgesprochene, gleichwohl unüberhörbare Raunen, dass es anscheinend dunkle Motive hinter dem politischen Willen zu mehr Impfungen gebe. Was soll das? Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt dafür? Für mich sind solche Bemerkungen Wasser auf die Mühlen der Schwurbler.

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Der Halbsatz „wenn es wirklich um Infektionsschutz“ geht, bezog sich ja nicht per se auf irgendwelche Maßnahmen, sondern auf die Äußerung von @ChristianF. Was das Ziel höherer Impfquoten angeht, sind wir uns prinzipiell einig (auch wenn ich dabei den Schwerpunkt eher auf Ü50 legen würde als auf U40). Aber schon bei der Frage, wie man dieses Ziel am besten erreicht, haben wir recht unterschiedliche Ansichten. Und meiner Meinung nach hat die Dichotomisierung von Geimpften und Ungeimpften eine Eigendynamik entwickelt, die m. E. nicht zur kaum eine weitere Steigerung der Impfquote bringen dürfte, sondern in ihrer konkreten Ausgestaltung auch noch Gefahr läuft, wesentliche Prinzipien des Infektionsschutzes (nämlich kostenlose, leicht zugängliche Test und keine finanziellen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Quarantäne) zu unterlaufen. Um das kritisch zu sehen, braucht es weder Raunen noch Schwurbelei, deshalb ziehe ich mir diesen Stiefel auch nicht an.

Das reicht ja auch.

Ja, klar. Es ist durchaus fragwürdig, ob das funktioniert oder ob das nach hinten losgeht.

Das mag auch für Verstimmung sorgen (wie bei Dir), ändert aber nichts an der Notwendigkeit, Ungeimpfte aus Gründen des Infektionsschutzes aktuell noch anders zu behandeln als Geimpfte.

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Es würde reichen (Konjunktiv), wenn das Argument denn richtig wäre. Ist es aber nicht. Auf diesen Einwand und den Hinweis, dass dies quasi eine Beweislastumkehr wäre und damit eine komplett andere Herangehensweise als bei allen anderen „Belastungen“ des Gesundheitsystems, die durch „unvernünftiges“ Verhalten verursacht werden, bist Du ja überhaupt nicht eingegangen.

Und nein, auch durch Wiederholung wird die Behauptung nicht richtiger, dass die Ungleichbehandlung zu mehr Infektionsschutz führe - spätenstens ab Oktober wird sogar das Gegenteil der Fall sein. Und damit ist sie nicht nur keine „Notwendigkeit“, sondern richtiggehend kontraproduktiv.

das ist kein factum, sondern deine halluzination. es gibt nur sehr wenige medikamente, die so gut und umfassend getestet wurden, wie die aktuellen wirkstoffe zur impfung gegen sars-cov-2. es handelt sich dabei um völlig regulär zugelassene medikamente, von notfallzulassungen kann keine rede sein.

wieviele leute hatten einen autounfall nach der impfung? würdest du einen solchen als langzeitwirkung ansehen, @KathiMarie ?

wem es egal ist, ob seine teilnahme am öffentlichen leben die gesundheit aller anderen menschen gefährdet, der hat es eigentlich nicht verdient, dass man sich seinen kopf zerbricht. impfungen sind vorhanden, leicht möglich und haben weniger nebenwirkungen als der autoverkehr. die befindlichkeiten egozentrischer ignoranten sollten da dann keine rolle spielen.

ich persönlich kann mir aber nicht vorstellen, wie man eine impfpflicht durchsetzen will, die behörden schaffen es ja noch nicht einmal, parkverbote auf radwegen durchzusetzen, die völlig einfach zu erkennen sind. insofern sehe ich nur eine möglichkeit, möglichst viele menschen vom sinn einer impfung zu überzeugen: 2g.

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Lieber Kai,

Mir wird das ein bisschen zu blöd, dieses satzweise zitieren und so lange schreiben, bis die ursprüngliche Argumentation vergessen ist und Du glaubst, dass du irgendwie Recht hattest. Daher nochmal Schritt für Schritt, damit es keine Missverständnisse gibt:

  1. Ungeimpfte stecken sich wesentlich wahrscheinlicher an und haben mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit einen schweren Verlauf als Geimpfte. (Wenn Geimpfte sich infizieren, haben sie die gleiche Viruslast und sind damit ebenso ansteckend wie Ungeimpfte, das passiert aber eben deutlich seltener als bei Ungeimpften und dauert m.W. weniger lange.)
  2. Alleine aufgrund von 1. sowie der niedrigen Impfquote füllen sich jetzt schon wieder die Krankenhäuser und wir werden nicht umhinkommen, diverse Maßnahmen zu ergreifen.
  3. Unter diesen Maßnahmen ist der Einsatz von Tests als Alternative zur Impfung („3G“). Diese Tests sind aber wegen der Falsch -Negativ-Quote (Schnelltest) bzw. Zeitaufwand und Kosten (PCR) weder so gut wie die Impfung, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass jemand nicht infektiös ist, noch schützen sie den Getesteten vor einer Infektion.
  4. Wenn nun 3G nicht ausreicht, um die Infektion einzudämmen, wird man wirksamere Maßnahmen finden müssen. Eine Möglichkeit ist 2G, da Kontaktbeschränkungen wirksamer sind als Tests.

Damit allein haben wir - bei entsprechender Inzidenz und nicht ausreichender Wirksamkeit (wie in dem von mir verlinkten Artikel modelliert) bereits eine eindeutige Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften und Ungeimpften (wenn uns keine besseren Maßnahmen einfallen).

Dass wir damit außerdem Personen schützen, die sich nicht impfen lassen können, die Gefahr von Mutationen verringern und einen Druck ausüben, sich impfen zu lassen, sind zusätzliche Argumente. Alleine die Argumentation oben trägt bereits.

Deinen Vergleich mit anderen unvernünftigen Verhaltensweisen wie Rauchen oder Alkohol trinken hatte ich bereits widerlegt. Ich erkläre das nochmal ein bisschen ausführlicher: diese Verhaltensweisen sind in der Krankenhausplanung alle bereits eingeplant. Sie sind nicht sehr ansteckend und nehmen nicht exponentiell zu und gefährden daher nicht die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens. Daher sind sie auch nicht mit einer Infektions-Krankheit wie COVID vergleichbar.

Was Du mit „Umkehr der Beweislast“ meinst, erschließt sich mir nicht.

Damit sollte eigentlich alles gesagt sein und ich würde das Thema gerne beenden. Ernst gemeinte Rückfragen oder neue Argumente beantworte ich natürlich trotzdem gerne gerne.

Edit/Ergänzung: es ist natürlich gut mögliche, dass einzelne Maßnahmen nach hinten losgehen. Darauf zielst Du, glaube ich, ab? Das heißt aber nicht, dass 2G unsinnig ist.

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Es stimmt, dass Dänemark im Unterschied zu Deutschland einen langfristigen Plan verfolgt hat und dabei den Ankündigungen in der Regel auch hat Taten Folgen lassen - die Politik war also nachvollziehbar und planbar. Dazu gehört die Art und Weise wie geimpft wurde, aber auch die frühzeitige Einführung von 3G - wovon Kinder unter 16 übrigens die Ganze Zeit explzit ausgenommen waren! - und die frühzeitige Ankündigung von Öffnungen bis hin zu der nun erfolgten Beendigung von 3G. Allerdings wurde diese nie an eine bestimmte Impfquote gekoppelt. Kriterium war vielmehr, dass alle ein Impfangebot erhalten haben - mit dem Argument, dass der Staat dann nicht mehr in der Pflicht ist, Menschen zu schützen, die dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen wollen.
Wenn nun alle auf die vergleichsweise hohen Impfquoten in Dänemark schauen, sollte man vielleicht mal eine Sekunde darüber nachdenken, dass diese auch mit sehr viel höheren Vertrauen zu tun haben könnte, dass die Menschen dort in den staatlichen Umgang mit der Pandemie haben. Das ist übrigens nicht nur eine These, sondern auch durch entsprechende Untersuchungen belegt (siehe u. a. hier: https://twitter.com/M_B_Petersen/status/1436193837744107523?s=20).
Ich befürchte, dass die hierzulande praktizierte Mischung aus Ausgrenzung durch 2G - in Berlin ja jetzt sogar auch bezogen auf Kinder unter 12, die gar nicht geimpft werden dürfen - und mehr oder weniger planlosen „Impfaktionen“ nicht das gewünschte Ergebnis bringen werden. Die negativen Folgen auf gesellschaftlicher Ebene sind hingegen gewiss.

Erst einmal danke für die ausführliche Antwort. Ich mag es ja wirklich, mit Dir zu diskutieren, auch wenn ich es schade finde, wenn Du m. E. manchmal leicht persönlich wirst, etwa wenn Du sagst, ich würde „die Realität ignorieren“ oder es ginge mir nur darum, Recht zu haben, aber nicht um das Thema. Ich möchte deshalb noch einmal beschreiben um welche strittigen Fragen es meiner Meinung nach geht.

Ich denke, dass wir es mit zwei veschiedenen Abwägungen oder auch Ebenen zu tun haben. Die eine Ebene (A) ist, ob eine Ungleichbehandlung wie bei 2G rechtmäßig ist. In anderen Worten: Sind die Ungleichbehandlung und die Einschränkung von Freiheitsrechten gerechtfertigt. Das Problem hat @Cornelius_S ziemlich zu Beginn dieses Threads dargelegt. Hier geht es um eine Abwägung des Nutzens gegenüber den negativen Auswirkungen.

Die zweite Ebene (B) ist, wie sinnvoll oder hilfreich 2G aus epidemiologischer Sicht ist, also wie sehr es dazu beiträgt, Infektionszahlen zu senken und damit mittelbar schwere Erkrankungen zu verhindern. Hier geht es um eine Einschätzung, ob bestimmte Ziele mit 2G besser erreicht werden können, als mit anderen Maßnahmen. Auch hier geht es also um eine Abwägung.

Man könnte also sagen, dass die Abwägung zu A entscheidend von der Abwägung zu B abhängt. Und ich habe Dich (aber z. B. auch Ulf in der Lage) sinngemäß so verstanden (ich verkürze mal bewusst): 2G ist super, weil es Infektionszahlen senkt und da sich alle impfen lassen können, sind die daraus folgenden Einschränkungen auch gerechtfertigt.

Ich habe mich ja vor allem an deinen drei Argumenten zur Legitimität von 2G gestoßen.

  1. Nicht Geimpfte stecken Leute an, die die nicht geimpft werden können.

  2. Ungeimpfte binden durch ihr „unsolidarisches Verhalten“ Krankenhauskapazitäten.

  3. Jede Infektion berge das Risiko weiterer Mutationen des Virus.

Bei 1. habe ich gezeigt, wie unwahrscheinlich das im epidemiologischen Sinne ist, weshalb ich das Argument – auch so wie es in der Öffentlichkeit benutzt wird – vor allem für ein moralisches halte.

Bei 3. habe ich ebenfalls argumentiert, dass das Argument aus epidemiologischer Sicht kein großes Gewicht hast. Was die geringe epidemiologische Rolle angeht, hast Du ja diesen beiden Einwänden im Kern zugestimmt.

Bei 2. habe ich durch den Vergleich mit Rauchen etc. darauf hingewiesen, dass die moralische Bewertung („unsolidarisches Verhalten“) in keinem anderen Bereich im Gesundheitswesen angewandt wird – im Übrigen ein Grundsatz der modernen Medizin! Auf diesen Einwand auf Dein moralisches Argument bist Du nicht eingegangen. Stattdessen hast Du hier die Ebene gewechselt und hast gesagt, die Krankenhausbelastung durch Covid-Fälle sei im Gegensatz zu den von mir genannten Beispielen aufgrund der zu erwartenden hohen Fallzahlen nicht planbar.
Das bedeutet dreierlei:

  • die Fallzahlen werden haargenau so steigen, wie in der von Dir angeführten Modellierung
  • trotz einer Impfquote von >70% der Erwachsenen und >85% der Über-59-Jährigen kommt es dadurch zu ähnlichen Belastungen wie im letzten Winter

Selbst wenn man diese Annahmen teilt (was ich nicht tue), fehlt ein Argument, warum 2G in der demnächst praktizierten Weise (also Zugang nur für Geimpfte/Genesene und keine kostenlosen Tests für Ungeimpfte mehr) irgendetwas daran ändern sollte. Das einzig mögliche Argument wäre, dass mehr 2G mehr Leute motiviert, sich impfen zu lassen (deshalb sprach ich wiederholt von der Impfquote) – ich bezweifle das. Die Hoffnung, dass es weniger Kontakte und damit Infektionen bei Ungeimpften geben wird, wenn keine Restaurants, Fitnesscenter etc. mehr besuchen dürfen, halte ich für bestenfalls naiv. Die Folge wird eher sein, dass ohne Testpflichten und Testmöglichkeiten viele Infektionen erst erkannt werden, wenn Leute im Krankenhaus landen. Selbst die von Dir zitierten Modellierer plädieren ja dafür, auch Ungeimpfte und Geimpfte weiter kostenlos zu testen – also genau das Gegenteil von dem, was ab Oktober gelten soll.

Als einziges Argument für 2G führst Du an, dass 3G sei wegen der nicht ausreichenden Sicherheit von Tests keine Alternative sei. Aber das ist so pauschal einfach nicht richtig. Ja, es gibt die von Dir genannten Einwände, aber auch diese muss man in Relation setzen. Es gibt gute und weniger gute Antigentests und es gibt gute und weniger gute Teststrategien. Man wird nie alle Infektionen erkennen können, aber z. B. an Schulen ist das Screening durch Schnelltests ja recht erfolgreich.

Hinzu kommt, dass auch eine Impfung ja keinen sicheren Schutz vor Infektionen bietet. Laut RKI machen in den letzten Wochen Geimpfte einen beträchtlichen Anteil der symptomatischen Infektionen aus – knapp 20% bei den 18-59-jährigen und über 40% bei denen ab 60. Ob die Fehlerquote von Schnelltests das wirklich toppt, müsste man zumindest mal untersuchen, aber die Behauptung, dass 2G per se einen besseren Infektionsschutz darstellt als 3G ist aus meiner Sicht nicht haltbar.

Diese Argumente bewegen sich alle auf Ebene B. Aber diese hängt natürlich mit Ebene A – also dem worum es in diesem Thread eigentlich ging – zusammen. Kurz gesagt: Wenn nicht mal sicher ist, ob 2G überhaupt epidemiologisch etwas bringt, fällt damit auch das entscheidende Argument für die juristische Rechtfertigung von 2G. Und selbst wenn 2G absolut etwas bringen würde, wäre immer noch die Frage, ob der Vorteil gegenüber anderen Maßnahmen die negativen Konsequenzen aufwiegt.

Zu dieser Abwägung habe ich bisher in diesem Thread kaum etwas gelesen, stattdessen jede Menge moralische Bewertungen, unhinterfragte Behauptungen und Bewertungen ohne ausreichende Abwägung. Und dagegen richtet sich meine Kritik.

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