LdN251: Das Klima ist ein großer, schwerer Tanker

Hallo,
in der letzten Folge meinte Ulf:

Das Klima ist ein großer schwerer Tanker. Und wenn wir heute eine Veränderung vornehmen, dann dauert es etwa 20 Jahre bis tatsächlich die Bodentemperaturen wieder sinken.

Der Anfang stimmt; das Ende leider nicht. Die Wahrheit ist viel dramatischer:
Ja, das Klima ist ein großer schwerer Tanker, und egal was wir heute machen, die Temperaturentwicklung (sprich Erhöhung) der nächsten 20 Jahre steht jetzt schon fest. Aber auch wenn wir ab heute keine Emissionen mehr hätten, würde die Temperatur in 20 Jahren nicht „wieder sinken“. Das ist ja das große Drama: es gibt (mit aller Wahrscheinlichkeit) kein zurück mehr. Die Erwärmung die wir bekommen, die bleibt (zumindest auf jeder menschlich relevanten Zeitskala, bzw. Jahrtausende).

Ich glaube, es wäre wichtig, diesen Fehler wieder richtig zu stellen: denn es ist ein absolut zentraler Aspekt des Klimawandels, dessen sich jeder Bewusst sein sollte.

Jean-Marc Jancovici, ein in Frankreich bekannter Spezialist für Energie- und Klimafragen formuliert es etwa so (frei übersetzt): „Der Klimawandel ist ein einmaliges physikalisches Experiment. Wir wissen vielleicht nicht genau wie es enden wird. Aber eines ist klar. Wenn uns dieses Experiment zu irgend einem Zeitpunkt plötzlich nicht mehr gefällt, dann gilt, egal was wir tun: es kommt noch schlimmer und gibt kein Zurück.“

[Der Vollständigkeitshalber:

  • ja, das Summary for Policymakers (SPM) des 6. IPCC Berichts beinhaltet auch 2 Szenarien (SSP1-1.9 und SSP1-2.6) wo die Temperatur wieder ab Mitte/Ende des Jahrhunderts wieder langsam zu sinken scheint (s. Figure SPM.8). Aber diese beinhalten einen extremen Einsatz von carbon-capture-and-sequestration (CCS) Technologie, was alles andere als sicher ist, dass das jemals in diesem Ausmass kommt.
  • übrigens, was den Meeresspiegel anbelangt, da sind die typischen Reaktionszeiten noch viel länger als 20 Jahre. Das kann man sehr gut auf Figure SPM.8. d)&e) sehen: sogar in den optimistischsten Szenarien und mit CCS-Technologie, wird der Meeresspiegel über Jahrhunderte noch meterhaft steigen.

]

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… dennoch halte ich solche Argumente für kontraproduktiv. Da werden dann viele sagen: „Na, bringt ja eh nix. Dann können wir noch so weitermachen bis bisher …“

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Aha, man sollte also besser alles verharmlosen? Oder das Umdenken auf 2030ff verschieben? Nein, wir müssen Tacheles reden. Besser wäre ein Wahrheitsministerium, das hat Ulf schon mal vorgeschlagen

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Da bin ich anderer Meinung. Jedes zehntel Grad macht einen grossen Unterschied. Und um so mehr, wenn es für die Ewigkeit ist. Da sollte man auch nichts verschönern.

[Außerdem: weiter so wie bislang bedeutet eine Erwärmung von 3 bist 4 Grad schon bis Ende des Jahrhunderts (und danach noch mehr). Was für eine Katastrophe das wäre, möchte man sich nicht einmal in den wildesten Albträumen vorstellen. Das würde Krieg überall auf Erden bedeuten.]

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Nein, weil es dann absolut katastrophal schlimmer kommen wird.

Um das zu konkretisieren, s.z.B. diesen Artikel:

Wir reden nicht von ein paar Metern Meeresspiegel, sondern davon, dass große Teile der Erde unbewohnbar werden, in dem Sinne, dass die Lufttemperaturen und -feuchte tödlich werden für Mensch und Tier.

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Es handelt sich hierbei aber ja nicht um ein „Argument“ sondern um eine aus dem ICCP Bericht zitierte wissenschaftliche Vorhersage.

Die ungenaue Darstellung davon in der Lage zeigt: Wir machen uns, auch unter Akademiker:innen mit grundsätzlichem Bewustsein für die Problematik keine ausreichende Vorstellung von der Härte, Intensität und Irreversibilität der Veränderung. Danke fürs klarstellen, cjsg.

Das aus „taktischen Gründen“ nicht in der Öffentlichkeit zu diskutieren (so verstehe ich TRqs Anregung) halte ich für falsch.

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