Hi. Ich hab mich jetzt mal hier registriert, weil klar ist, dass Twitter kein richtiges Diskussions-Forums ist.
In der Lage der Nation 249 wurde gefragt, ob es sich lohnt Kleinparteien zu wählen. (ca. 3:55)
Die Antwort darauf beinhaltete den folgenden Satz:(ca. 5:25)
„Ich finde ´ne Kleinstpartei zu wählen, wo klar ist, dass sie nicht in den Bundestag kommt, dass finde ich eigentlich eine verschenkte Stimme und das schlimmste daran ist, dass es im Zweifel eine Stimme für die AfD ist - mittelbar. Weil die AfD dann eben stärker wird […]“
Als Direktkandidat für eine Kleinstpartei hat mich das persönlich getroffen und als lange sehr aktiver Antifaschist natürlich noch mehr.
Das wollte und konnte ich so nicht stehen lassen und habe über Twitter den Kontakt gesucht und konstruktiv kritisiert:
Ich habe dazu noch ein paar mehr Dinge zu sagen, die ich hier gerne mal zusammenfassen möchte.
- Unterschied Nichtwähler, Nicht(mehr)wähler und Kleinparteienwähler
Durch die 5% Hürde haben wir den Fall, dass Parteien, die nicht mindestens 5% der Stimmen bei einer Bundestagswahl erhalten (oder mindestens 3 Direktkandidaturen gewinnen) nicht in den Bundestag einziehen dürfen.
Das bedeutet, dass die Stimmen von Nichtwählern (you don´t say) und Kleinstparteienwählern nicht bei der Zusammenstellung des Bundestags berücksichtigt werden. Das sind je nach Wahlbeteiligung bis zu 35-40%.
Das bedeutet aber nicht, dass diese kleinen Parteien nicht sinnvoll sein können oder Teil der Demokratie sein können.
Ab 0,5% der Stimmen haben Parteien Anrecht auf eine staatliche finanzielle Unterstützung bei den Wahlen, die sich ganz explizit auf die Anzahl der Stimmen (Anzahl nicht Prozent) bezieht.
Es gibt hier nur einen gewissen Topf an Geld, der zur Verfügung gestellt wird.
Das bedeutet, dass jede Stimme über 0,5% (was realistisch bei mehr als 5 Parteien möglich ist) den etablierten (teils stark spendenfinanzierten) Parteien aktiv Geld entzieht. Durch dieses Geld können Kleinparteien mehr Aufmerksamkeit erlangen und mehr Wahlkampf machen.
- Kleinstparteien und Kleinstparteien
Es gibt solche und solche Kleinparteien. Es gibt die Tierschutzpartei, die Klimaschutzpartei, die Bierpartei, die christliche Partei. Viele Kleinparteien gründen sich aus dem Antrieb heraus ein spezielles Thema komplett überarbeiten zu müssen. Es gibt aber auch „Vollprogramm“-Kleinparteien, die sich zumindest Mühe geben ein großes Spektrum an Themen abzudecken.
Diese Parteien haben neben den „1-Thema“ Parteien einen viel schwereren Weg zu wachsen. Während eine AfD mit einem einzelnen Thema genug Leute triggern konnte (erst Euro, dann Flüchtlinge), um eine Hürde zu knacken, müssen Parteien wie die Partei der Humanisten oder Volt deutlich mehr um Aufmerksamkeit kämpfen. Diese Parteien sind darauf angewiesen, dass man die Programme liest, sich aktiv informiert und diese Informationen dann noch besser findet, als im bisherigen Angebot (was meistens der einfachste Punkt ist).
- Politische Neutralität
Eine politische Neutralität ist natürlich nie 100% gegeben. Wir alle (hoffe ich) sind der Meinung, dass die sogenannte Alternative für Deutschland ein Verein ist, der größtenteils menschenverachtend agiert und extremen Populismus betreibt. Ansonsten aber sind die Parteien im Podcast immer sehr ausgewogen (mit linker Tendenz) erwähnt und kritisiert worden.
Jetzt aber wurde ein neues Fass aufgemacht. Man hat einfach ein ganzes Spektrum an politischen Parteien komplett als nutzlos und gefährlich für die Demokratie („stärkt die AfD“) bezeichnet. Das führt natürlich dazu, dass wir (ich sehe mich da mal als einen Teil davon) uns wehren möchten.
Ich freue mich auf die Diskussion und den konstruktiven Austausch.
freundliche Grüße
Mario Caraggiu