Liebe Lage, in der letzten Ausgabe habt ihr Carsten (angestellt, 2.500 Euro Bruttogehalt) mit Frederike (2.500 Euro Mieteinnahmen) verglichen und gesagt, dass Frederike 0 Cent in die Sozialversicherungen einzahle. Das kann man so pauschal nicht sagen. Zumindest in Bezug auf die Krankenversicherung ist der Fall nicht so eindeutig.
Wenn Frederike nur diese Mieteinnahmen hat, also nirgends sozialversicherungspflichtig angestellt ist, kann sie sich entscheiden, ob sie sich privat oder gesetzlich krankenversichert. Entscheidet sie sich für die PKV, dann zahlt sie tatsächlich 0 Cent in die GKV ein. In Anbetracht des eher geringen „Gehaltes“ (=Mieteinnahmen), wäre die Entscheidung für die PKV aber unklug und würde sich im Alter fies rächen, weil dann die Beiträge viel zu hoch für sie würden und sie von 2.500 Euro vermutlich nur wenig zurücklegen könnte.
Entscheidet sich Frederike also freiwillig für die GKV, so muss sie sehr wohl auf ihre Mieteinnahmen Beiträge zahlen. Und da sie keinen Arbeitgeberin hat, die sich die Beiträge mit ihr teilt, selbstverständlich den vollen Satz (plus Pflegeversicherung). Hat sie dann auch noch irgendwelche Kapitalerträge, z.B. weil sie etwas fürs Alter zurückgelegt hat (in die Rentenversicherung zahlt sie ja nicht ein), so muss sie auch auf diese Erträge die vollen Beiträge zur GKV+PV zahlen. Bei angenommenen steuerfreien(!) Zinseinnahmen von 801 Euro/Jahr sind das (abzgl. der Werbepauschale) rund 130 Euro.
Anders ist es, wenn sich Frederike irgendwo Teilzeit anstellen lässt und vielleicht 900 Euro/Monat sozialversicherungspflichtig verdient. Damit sind ihre Sozialversicherungspflichten nämlich abgegolten. Dann kann sie ihre Miete auch auf 5.000 Euro verdoppeln und hat sie dennoch beitragsfrei. Genauso wie die Kapitalerträge, die sie auf die verdoppelte Miete zusätzlich erwirtschaftet.
Es ist also nicht zwingend so, dass alle Selbständigen bzw. Mieter*innen per se raus aus dem Sozialsystem sind und besser gestellt. Wenn man Angestellte mit freiwilligen GKV-Mitgliedern vergleicht, sind die Angestellten klar im Vorteil. Nicht nur, weil bei ihnen alle weiteren Einkommensarten beitragsfrei sind, sondern weil sie zum Beispiel auf den Arbeitgeberanteil keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen, obwohl der ja auch Teil des Einkommens ist. Bei Selbständige wird aber das Gesamteinkommen verbeitragt. Daher liegt ihr Beitrag – bei gleicher Wirtschaftsleistung – 20% über dem von Angestellten und Arbeitgeber zusammen.
Und würde Frederike die 900 Euro nicht als Angestellte verdienen, sondern selbständig erarbeiten, so würde ihr ein fiktiver Verdienst von knapp 1.100 Euro „unterstellt“, auf den ihre Beiträge für GKV+PKV berechnet würden (also auf 200 Euro, die sie gar nicht erwirtschaftet hat!!). Damit hat sie noch Glück, denn bis 2018 lag diese Mindestbemessungsgrundlage noch bei knapp 2.300 Euro. Damals hätte Fredericke auf ihre 900 Euro Verdienst ca. 400 Euro in die GKV eingezahlt! Wenn es um Fairness geht, finde ich die Mindestbemessungsgrundlage viel interessanter als die Beitragsbemessungsgrenze (über die man natürlich auch diskutieren kann).
In diesem Zuge scheint es mir nochmals sinnvoll darauf hinzuweisen, dass eben nicht alle Selbstständigen Gutverdienende sind, die sich mit Hilfe der PKV der „Solidargemeinschaft entziehen“. Soloselbständige (zu denen ich auch gehöre) haben ganz „normale“ Gehälter, die von gering bis ordentlich reichen. Die meisten von ihnen sind freiwillig gesetzlich versichert (aus eingangs beschriebenen Gründen) und aufgrund der „zusätzlichen“ Beiträge mehr als solidarisch. Ich würde mir daher auch eine Bürgerversicherung wünschen, die tatsächlich keine Unterschiede mehr zwischen den Einkommensarten macht und bei allen dieselben Maßstäbe ansetzt.