LDN232 (ambulante) Psychotherapie

Guten Tag in die Runde!
Im Dezember 2018 hat Jens Spahn (auch damals schon Gesundheitsminister) das Problem der mangelnden Psychotherapieplätze erkannt und einen Lösungsvorschlag unterbreitet.
Grob zusammengefasst war seine Idee, dass jede*r der denkt Psychotherapie zu brauchen vorher einer Fachkraft vorgestellt wird, die das beurteilt. Und den Betroffenen entweder eine psychotherapeutische, psychiatrische oder seelsorgerische Behandlung empfiehlt.

Grundlage für diesen Vorschlag war die Vermutung, dass viele Plätze von Leuten belegt sind, die gar nicht psychisch Kranke sind. Die Menschen haben ohne Frage Probleme, und müssen über diese Reden. Aber nicht jeder sei wirklich Krank sondern vielen würde ein Regelmäßiges Gespräch zwecks Seelsorge besser oder gleich gut helfen.

Leider wurde dieser Vorschlag von der breiten Masse als total unsinnig abgeschlagen und es gab reihenweise Petitionen gegen diesen Vorschlag. Argumente a la ‚jeder weiß selbst ob er Hilfe braucht und Psychisch Kranke ist‘ wurden verwendet.

Mehrere renommierte Psychologen und Psychologinnen haben ihn und seine These aber gestützt!
Evtl. findet sich hier ein weiterer wichtiger Schritt zur Lösung, des von euch sehr schön dargestellten Problems.

Hallo Bjarne,

dieses Thema wurde schon in einem anderen Thread (Kassensitze bei der Psychotherapie) von @nowinkler angesprochen.
Niedergelasse psychologische oder ärztliche Psychotherapeut:innen sind verpflichtet, je nach Größe des Versorgungsauftrages, Zeit X der sogenannten „Sprechstunde“ anzubieten. Dies entspricht dem, was du als Lösungsvorschlag unseres Gesundheitsministers ansprichst. Die Idee war, schnelleren Zugang zu ambulanten Erstgesprächen zu bekommen und damit auch schneller Diagnosen und Behandlungsbedarf einschätzen zu können und Patient:innen über Behandlungsmöglichkeiten (ambulante Psychotherapie, stationäre Behandlung, Beratungsstellen etc.) aufzuklären. Diese Struktur bringt de Facto jedoch den großen Nachteil mit sich, dass die ambulant arbeitenden Kolleg:innen weniger Zeit für die Behandlung von Patient:innen haben, da sie die Sprechstunden anbieten müssen. Insgesamt sind dadurch also noch weniger Plätze vorhanden…

Ich finde den Vorschlag nicht schlecht, alternativ könnte man es auch über die Hausärzte laufen lassen und ggf. etwas tiefer in der medizinischen Ausbildung auf diesen Aspekt eingehen.

Naja, das unterstellt den Therapeuten ja auch mehr oder weniger Sie könnten selber nicht beurteilen wer eine Therapie braucht und hätten Patienten in Behandlung die eigentlich nicht krank sind. Das hat in Deutschland aber kein Therapeut nötig - wir erinnern uns, die Wartelisten sind zum brechen voll und auch Leute die nach einem Erstgespräch für krank befunden wurden haben keinen Platz. Also sind Psychotherapeuten grundsätzlich überlastet, arbeiten oft mehr als sie wollen und versuchen möglichst wenig Leute, die wirklich Hilfe brauchen, abzulehnen. Auch ein Therapeut ist in der Lage seinem Patient zu sagen: „vielleicht ist eine Seelsorge das beste für sie“ und tut das mit Sicherheit auch, wenn er andernfalls wirklich kranke Menschen abweisen muss.

Für mich klingt der Vorschlag eher nach sinnlosem Aktionismus, der schön billig ist und den Zweck hat dass der Gesundheitsminister sagen kann auch richtig was für die Psychotherapie getan zu haben. Tatsächlich positiver Effekt ist nicht zu erwarten, eher sinnlosen Bürokratie und dass Leute vom Land 2 Stunden fahren müssen um einer beurteilenden Fachkraft vorstellig werden zu können, statt das über ein unkompliziertes Erstgespräch zu ermitteln.

So oder so kommt man nicht darum die Anzahl der Praxen zu erhöhen.

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Hallo,

finde ich super dass ihr das Thema ansprecht! Ich finde das sowieso sehr schwierig geregelt.
Ich hatte Glück, dass ich meinen Therapieplatz noch 2019 (vor Corona) bekommen habe.

Was bei dem Thema jedoch noch zusätzlich erschwerend hinzukommt und auch genannt werden sollte:

  1. Gerade wenn man psychisch belastet ist, fällt es einem oft noch viel schwieriger überall durchzutelefonieren und man fühlt sich schnell demotiviert.
  2. Bei Psychotherapeuten ist es noch viel wichtiger als bei jedem Arzt, dass man sich mit der Person wohl fühlt, da man ja über sehr private Themen auch spricht. Viele Leute müssen mehrere Psychotherapeuten testen, bis sie jemanden finden der passt. Das macht das Thema natürlich nochmal deutlich schwieriger.