Hallo zusammen,
danke an Philip und Ulf, dass ihr nochmal auf das Thema der Prüfungen an Universitäten und Hochschulen eingegangen seid.
In der aktuellen politischen Debatte, wo es vor allem um Schulen geht, fühlt man sich da als Student doch teils sehr außenvorgelassen, was man insbesondere an diesem Regelungschaos sieht.
Was genau ich mit dem Chaos meine, möchte ich am beispiel der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hambug erläutern:
Die Universität Hamburg hat eine Dienstanweisung erlassen, wonach keine Präsenzprüfungen stattfinden dürfen. Aus Sicht des Infektionsschutzes nachvollziehbar, aber meiner Ansicht nach etwas undifferenziert (wie ich noch darlegen werde).
I. Grund- und Hauptstudium
Anfangen möchte ich bei den Prüfungen im Grund- und Hauptstudium (1.-5. Semester). Diese finden ausschließlich digital über ein Online-Portal der Uni statt. Das hat letztes Semester weitestgehend gut funktioniert, allerdings wird dieses Portal von allen anderen Fakultäten und Fachbereichen auch genutzt, sodass von Seiten der Organisation eine zeitweise Überlastung befürchtet wird. Das führt dazu, dass die Fakultät den ursprünglichen Klausurenplan nicht einhalten kann und sich was die Zeitfenster der Klausuren angeht, null Flexibilität hat. Im Ergebnis bedeutet das, dass einige Studierende mehrere Klausuren zur selben Zeit oder jedenfalls mehrere Klausuren am selben Tag haben. Aus meiner Sicht ein inakzeptabler Zustand, insbesondere vor dem Hintergrund, dass man nach inzwischen 10 Monaten Pandemie durchaus erwarten könnte, dass die Technik etwas mehr Kapazitäten aufweist.
I. Schwerpunktbereich
Im Schwerpunktbereich (6. & 7. Semester) sieht das hingegen noch schlechter aus. Dieser ist für die Studierenden von erheblicher Relevanz für die Endnote. Eine gute Umsetzung wäre daher sehr wünschenswert. Leider ist genau das Gegenteil der Fall.
Ulf wird den groben Studienaufbau kennen, dennoch möchte ich diesen einmal kurz darstellen.
Es gibt eine schriftliche Klausur und Hausarbeit und nach deren erfolgreicher Teilnahme eine abschließende mündliche Prüfung. Da anschließend direkt die Examensvorbereitung beginnt ist es von besonderem Interesse der Studierenden zeitnah nach den schriftlichen Prüfungen die Note zu bekommen, um anschließend zur mündlichen geladen zu werden. Was passiert also?
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Während des Homeoffice setzt das Prüfungsamt (welches für den Schwerpunkt zuständig ist) nach eigener Auskunft die Notenzustellung aus. Zwar sieht die Prüfungsordnung eigentlich eine 10 Wochenfrist für die Korrektur der schriftlichen Prüfungen vor, in der Praxis haben aber viele Studierenden ihre Note von den Klausuren aus Mai oder August 2020 noch nicht. Planungssicherheit ist also faktisch nicht vorhanden und mangels Ergebnis ist es nichtmal möglich die Anmeldefristen zur (ggf. notwendigen) Nachschreibeklausr einzuhalten.
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Apropos Planungssicherheit: Anfang März findet der nächste Durchgang der Schwerpunktsklausuren statt. Stand jetzt ist noch nicht bekannt, ob sie stattfindet. Die Prüfungsordnung verbietet Online-Prüfungen, die Dienstanweisungen der Uni verbietet Präsenzprüfungen. Eine einzelne Klausur, für die man sich ein halbes Jahr vorbereitet, die zu erheblichen Teilen in die Examensnote einfließt und dennoch weiß man einen Monat vor dem Termin noch nicht, ob die letzten Monate der Vorbereitung umsonst waren.
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Sollte man nach 5 Monaten doch mal eine Note und Ladung zur mündlichen Prüfung erhalten haben, kann diese jetzt jedoch auch in Folge des Lochdowns nicht stattfinden. Auch hier führt die Fakultät als Argumentation an, dass die Prüfungsordnung die Durchführung von digitalen Prüfungen nicht vorsieht. Ein aus meiner Sicht nicht überzeugendes Argument, da man durchaus erwarten könnte, dass diese in den letzten zehn Monaten der Pandemie geändert werden konnte. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass mündliche Examensprüfungen oder Disputationen von Promovierenden stattfinden können (soweit ich weiß wurde extra dafür die Promotionsordnung geädert).
Während also ein Vieraugengespräch mit Maske, Abstand und offenen Fenstern nicht stattfinden darf (die Dienstanweisung der Uni sieht hier keine Differenzierung vor), auf der anderen Seite aber eine fünfstündige Examensklausur mit Maske stattfindet (diese unterliegen einer anderen Prüfungsordnung), ist die Uni nach 10 Monaten Pandemie nicht in der Lage ein einheitliches Prüfungskonzept vorzubringen.
Dass selbst innerhalb eines Studiengangs so viele unterschiedliche Regelungen und Probleme vorliegen ist für die aktuelle Situation sehr symptomatisch. Universitäts übergreifend kommt es zwangsläufig zu noch größeren Differenzen, sodass das allseitsangeführte Argument der Chancengleichheit in meinen Augen nur noch ein ausgehöltes Scheinargument ist.
Es wäre daher sehr wünschenswert, wenn sich die Politik auch diesen Problem der Studierenden widmet und sich nicht nur um die Schüler sorgt. Denn dieser Freiraum, den die Universitäten bzw Fakultäten im Moment haben, wird aus meiner Sicht nur mit Kompetenzversagen gefühllt.
In diesem Sinne nochmal danke an Philip und Ulf, dass ihr euch dem Thema annehmt, denn es sind sehr viele davon betroffen.