Hi,
bei der Fragestellung, wie man während Corona mit den Schulen umgehen soll, gibt es eine ewig-währende Debatte. Ich bin glücklicherweise selbst nicht betroffen, würde mich aber extrem dafür interessieren, wenn hier Lehrer:innen und/oder Menschen aus Kultusministerien ein Feedback zu folgenden Überlegungen geben könnten. Dabei geht es mir explizit nicht um das Thema Betreuung sondern nur um die Frage der Vermittlung von Bildung.
These 1: Ohne Grundlagen wird es später schwer
Wer nicht richtig lesen, schreiben und rechnen kann, wird es im späteren Leben schwer haben. In meiner Wahrnehmung der Diskussion um Schulschliessungen bleibt dieser Sachverhalt aber völlig aussen vor. Hat eine Schulschliessung in der Grundschule nicht ein viel grösseres Potential „Langzeitschäden“ anzurichten?
Gleichzeitig ist es gerade bei jungen Kindern schwierig, Abstands- und Hygieneregeln umzusetzen, weil bei ihnen die Aufklärung nicht funktioniert. Dies dürfte die Ansteckungsgefahr steigern und eher für Schulschliessungen sprechen, um ein Einschleppen in die Haushalte zu vermeiden.
Lösungsvorschlag: Warum verlängert man den gemeinsamen Unterricht in den Grundschulen nicht pauschal bis zur Klasse 6? Dies ermöglicht es, die Grundlagen ohne den Selektionsdruck auf die weiterführenden Schulen auch bei Schulschliessungen vernünftig zu vermitteln. Gleichzeitig mindert es die Chancenungleichheit durch die Abstammung aus unterschiedlichen Haushalten. Kinder aus sozial schwachen Familien, die zu Hause keine Unterstützung durch ihre Eltern erfahren, haben so zumindest eine faire Chance, eine höhere weiterführende Schule zu erreichen und werden nicht die grossen Verlierer der Pandemie sein.
Denkbar wären in diesem Zusammenhang auch die (temporär) verpflichtende Einführung einer „Förderstufe“ in der Klasse 5 oder 6, die den Kinden mit Lerndefiziten konkret Nachhilfe in den Grundlagenfächern ermöglicht.
Über diese Massnahmen wäre ein ersatzloser Unterrichtsausfall in der Grundschule zunächst folgenlos, da er durch die zwei zusätzlichen Jahre 5+6 kompensiert werden kann.
These 2: Kleinere Klassen sind möglich
Eine gemeinsame Weiterführung der Grundschüler bis zur Klasse 6 sollte direkt dazu führen, dass bei Lehrerinnen und Lehrer, die üblicherweise in den Klassen 5+6 der weiterführenden Schulen unterrichten, zusätzliche Kapazitäten frei werden. Diese können eingesetzt werden, um die Klassengrössen zu reduzieren, was im Einschleppungsfall zu einer kleineren Anzahl von Betroffenen führt - bereits vor der Diskussion über die Möglichkeiten von Remote-Unterricht.
These 3: Ein zusätzliches Jahr tut nicht weh
Ich habe auf die schnelle keine wirklich guten Zahlen gefunden, aber es scheint so zu sein, dass durch die Konjunkturschwäche aktuell Studienabgänger:innen und Azubis schwieriger eine Folgeanstellung finden ( Experten befürchten Nachteile: Wie die Krise Berufseinsteiger trifft | tagesschau.de). Eine Verlängerung der Schulzeit um Jahr zur Kompensation der nicht vermittelten Inhalte liesse sich daher wirtschaftlich vermutlich verkraften. Eine flächendeckende Rückkehr zu G13 bzw. auch die sanktionsfreie Verlängerung von Real- und Hauptschule um 1 Jahr wäre daher auch ohne „früheres zur Verfügung stehen für den Arbeitsmarkt“ möglich, da die Nachfrage im Moment eh gedämpft ist.
Warum werden solche Inhalte inkl. der notwendigen Anpassungen nicht diskutiert sondern immer nur die Frage, ab welchem Inzidenzwert die Schulen auf oder zu gehen? Ich würde mir wünschen, dass hier mehr über die Auswirkungen nachgedacht wird und weniger über den Schwellenwert für die Öffnung, aber vielleicht übersehe ich hier auch was.