LdN213 Parlamentsvorbehalt

Ich finde, dass der Wesentlichkeitsgrundsatz keine irgendwie geartete Zeitkomponente hat.

Die Gerichte sprechen deswegen zu Recht frei, in Bußgeldverfahren, soweit es nicht bloße Abstandsverstöße betrifft.

Das IfSG ist seit April nicht langsam „schlechter geworden“, da die GR-Eingriffsseite sich qualitativ nicht mit der Zeit erst verstärkt hat.

Der Parlamentsvorbehalt „entsteht nicht“ oder wird nicht stärker, weil Grundrechtseingriffe dauern, sondern schlicht weil diese stattfinden. Schon ab der ersten Sekunde der Betroffenheit (vgl. Richtervorbehalt bei Freiheitsentziehungen), da der Staat die Freiheitsrechte ganz zeitlos vorfindet, nicht gewährt. Die Grundfreiheiten „wachsen“ nicht, die „werden nicht stärker“ oder gar schwächer. Die sind da. Basta.

Man mag ganz geringfügige Beschränkungen (bsp. Abstandsgebote), quasi Grundrechtsbelästigungen, auch weil nur kurz, als gänzlich unwesentlich betrachten. Freilich ist aber das „Ob“ zumindest dann nur dem Gesetzgeber vorbehalten, wenn alleine grundrechtsimmanente Schranken denkbar sind, durch kollidierendes Verfassungsrecht.

Kurz und polemisch: Ein Eingriff in Art. 4 GG (oder Artt. 6, 8 GG) ist nicht weniger intensiv oder gehaltvoll, schmerzlich, weil nicht im Oktober verordnet, sondern bereits im April (Karfreitag!), als wir vll. noch nicht „schlauer“ waren.

Auf den Rechtfertigungsgrund und die Einschätzungsprärogative kommt es nicht an. Die sind Teil der Entscheidung, teil der GR-Schranke, nicht aber der Pflicht zur Entscheidung wegen des Eingriffs überhaupt.

Noch kürzer: Ob Karfreitag oder Weihnachten (DAS wird eine Diskussion) - ist dem Grundrecht schnurz egal. Beschränkungen rechtfertigen darf nur der Gesetzgeber.

Man mag dem Gesetzgeber wegen der Unterlassungen keinen politischen Vorwurf machen wollen, aber rechtsdogmatisch retten kann man mit dem Erst-wesentlich-durch-Dauer-Gedanke die VOen nicht.

Daran ändert auch nichts, dass die Maßnahmen rein tatsächlich, epidemiologisch unbedingt notwendig und richtig sind und waren.

Die VO waren teilweise von Anfang an rechtswidrig, ab einer gewissen Eingriffsintensität. Aus gutem Grunde aber vollziehbar. Kurz: Verwaltungszwang ja, Bußgeld nein. Aber das ist ein anderes Thema.

„Übergangsfristen“ mag es zwar anderer, berufener Stelle geben, vom Bundesverfassungsgericht, dann aber aus anderen Gründen.