LdN211 - EEG Novelle

Ich muss ja sagen, dass was Frau Kempfert da erzählt, dass die Netzbetreiber dem PV Ausbau Steine in den Weg legt, ist schlicht falsch.
Ich arbeite selbst in dem Bereich und muss sagen, wir müssen diese ganzen Ideen halt umsetzen, weil wir dazu gesetzlich verpflichtet sind, nicht weil wir keine erneuerbaren Energien verhindern wollen. Viele der gesetzlichen Regelungen halte ich persönlich für extrem kontraproduktiv oder übers Ziel hinaus geschossen. Umsetzen muss ich sie aber trotzdem.

Ich denke es ging unserer Gesprächspartnerin nicht darum, dass einzelne Mitarbeiter von Energieversorgungsunternehmen das Gesetz sabotieren. Der Vorwurf ging eher in die Richtung, dass große Konzerne über Lobbyarbeit dafür sorgen, dass Gesetze zustande kommen, die den Ausbau von Fotovoltaik behindern…

Das Thema ist ja in der Tat recht kompliziert - und ja viel zu kompliziert.
Schade aber, dass eine Expertin so wenig Licht ins Dunkel bringt. Stattdessen wird im Beitrag wird leider sehr viel vermischt: Smart-Meter-Rollout und Auslauf der EEG-Vergütung und Eigenversorgung. Es gibt wirklich für alle Meinungen und Regelungen unglaublich viele Gründe: „Das ist wirklich die 1.000.000 $-Frage“ - schade, dass sie im Podcast nicht beantwortet wird.

Ist Eigenversorgung wirklich die Speerspitze der Energiewende?

Den eigenen Strom auf dem Dach lokal zu erzeugen scheint auf dem ersten Blick als unterstützenswert. Dezentrale Investitionen, weniger Netzbedarf, geringere Kosten. Meistens wird allerdings nicht bedacht, dass die PV-Anlage auf dem eigenen Dach in der Regel überhaupt nicht autarker macht. Es ist eben nicht so, dass die PV-Anlage so unabhängig vom Netz Strom erzeugt, wie die Tomaten unabhängig vom Wochenmarkt wachsen. Normale PV-Anlagen brauchen einen Anschluss an das stabile Stromnetz.

Dazu kommt noch ein weiterer Punkt, der oft übersehen wird. Der Zubau an PV-Anlagen führt eher zu einem Zubaubedarf im Stromnetz als zu einer Entlastung. Typischerweise ist der Verbrauch am Nachmittag eines sonnigen Muttertag in einer Wohnsiedlung sehr gering, die Erzeugung jedoch sehr hoch, so dass eine große Menge an Energie abtransportiert werden muss. Andersherum ist es in der gleichen Siedlung vielleicht an einem ersten Weihnachtsfeiertag. Die Heizung ist an, der Festbraten in der Röhre und die PV-Anlage ist zugeschneit und liefert keinen Beitrag. Trotzdem soll ja genügend Strom für den neuen Flatscreen aus der Steckdose kommen.

Die Kosten für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Stromnetzes zahlen die Stromkunden über die Netzentgelte. Ganz hauptsächlich werden diese Kosten nach bezogener Energiemenge aufgeteilt. Menschen, die über das Jahr mehr Strom aus dem Netz bezogen haben, zahlen einen höheren Betrag für die Nutzung der Infrastruktur. Durch Eigenversorgung mit einer PV-Anlage wird dieses System entsolidarisiert. Eigenheimbesitzer, die einen Teil ihrer Strommenge selbst erzeugen, dass Netz jedoch genauso brauchen, zahlen einen kleineren Anteil an den Kosten.

Privilegierung von Eigenversorgung - die "Solar-Steuer"

Im jurisitschen Sinne grundsätzlich ist auf eigenverbrauchten Strom EEG-Umlage zu zahlen. Davon gibt es aber Ausnahmen, die in § 61a EEG geregelt sind, und nach dem aktuellen Gesetzentwurf auch nicht verändert werden sollen. (Neben den Gründen zur vollständigen Befreiung in § 61a EEG, ist in §§ 61b ff EEG noch die Verringerung der EEG-Umlage geregelt.)

Die Eigenversorgung aus einer typischen PV-Anlage auf einem privaten Einfamilienhaus ist für 20 Jahre durch eine De-Minimis-Regelung (< 10 kWp und < 10 MWh/a) von der EEG-Umlage befreit. Die ersten Anlagen fallen nun zum Beginn des kommenden Jahres aus dieser Befreiung. Es handelt sich um Betreiber, die für 20 Jahre aus heutiger Sicht utopische Vergütungen für ihren Solarstrom von über 50 ct/kWh erhalten haben. Die damalige Investition wird sich für die allermeisten sehr ausgezahlt haben. Bei allem Verständnis, dass diese Leute eine weite Förderung wünschen, sie haben bereits stark von der Energiewende profitiert. Unabhängig von der auslaufenden EEG-Vergütung und -Befreiung sind Erzeuger nun vom Rollout der sog. „intelligenten Messsystemen“ betroffen. Die in einer Preisobergrenze festgelegten Kosten von 100 €/a wird aber wohl wenige Energiewende-Pioniere ernsthaft dazu bewegen, ihre funktionsfüchtige Anlage abzubauen.

Es gibt aber auch noch weitere Befreiungen von der Zahlung von EEG-Umlage auf Eigenerzeugung. Zum einen sind da die ‚richtigen‘ Eigenversorger: Anlagen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, zahlen keine EEG-Umlage. Wie oben beschrieben, trifft das nur für sehr seltene Fälle zu. Normale Anwendungen sind auf das Stromnetz angewiesen.

Außerdem ist der Eigenverbrauch von der EEG-Umlage befreit, wenn die Einspeisung keine Förderung erhält. Menschen, die den erneuerbaren Strom, den sie ins Netz einspeisen nicht über das EEG fördern lassen, zahlen für den Strom, den sie selbst verbrauchen entsprechend auch keine EEG-Umlage. Die sog. „Solar-Steuer“ ist genaugenommen also eine teilweise nicht-Privilegierung von PV-Strom, wenn er als reiner Überschutzstrom ins Netz eingespeist wird.

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Folgenden allgemein-wirtschaftlichen Gedanken möchte ich hinzufügen - auch wenn ich keine besondere Expertise im Bereich EEG-Umlage habe.

Ihr habt es als eher absurd dargestellt, dass man für den eigenen verbrauchten Strom eine Steuer abführen muss. Ganz so absurd finde ich das nicht. Auch diejenigen mit Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach möchten an das allgemeine Stromnetz angeschlossen sein, denn bekanntlich liefern Fotovoltaik-Anlagen nicht für alle Zeit des Jahres und jede Tageszeit ausreichend Strom. Wenn nach Sonnenuntergang die Spülmaschine, der Herd und der Trockner laufen soll, wird spätestens auf Strom aus dem allgemeinen Netz zurückgegriffen. Dieses Netz verursacht Kosten auch zu der Zeit, zu der sich die Fotovoltaik-Inhaber selbst versorgen können.

Diese kosten könnte man natürlich auch über die tatsächlich dem Netz entnommene kwh finanzieren. Dies würde aber dazu führen, dass die Fotovoltaik-Inhaber (meist bessergestellte Eigenheimbesitzer) einen verhältnismäßig geringen Teil der Netzfinanzierung übernehmen. Für diejenigen, die sich keine Fotovoltaik-Anlage leisten können, würde die kwh umso teurer, was insbesondere die sozial Schwachen treffen würde.

Deswegen scheint mir eine Steuer auf den selbst verbrauchten Strom nicht ganz so absurd wie es zunächst wirkt.

Naja sie hat wiederholt die dezentralen Netzbetreiber als “verhinderer” oder “ Steine in den Weg Leger” der Energiewende bzw dez. Energieerzeugung dargestellt. Und das ist schlicht falsch.

Genau so ist es, nur landen diese steuern nicht beim
Netzbetreiber. Ich wäre auch ein Fan davon, dass jeder, der das Netz nutzt, dafür Netzentgelte zahlt, also auch die einspeiser. Momentan wird nur der Verbraucher mit den Kosten belastet, obwohl die dezentrale Einspeisung in den letzten Jahren auf der Verteilnetzebene oft für den Netzausbau, also gesteigerte Kosten gesorgt hat.