LdN201 - Polizeigewalt - Was tun?

Zum Thema Polizeigewalt fällt mir eine Szene ein, die ich vor Jahren Nachts am Hauptbahnhof in Karlsruhe beobachtet habe. Ich war mit meiner Freundin auf dem Rückweg von einer Party, und wir warteten in der Bahnhofshalle auf den Zug.

Ein Mann ungefähr 20 kam ca. 15-20 Meter vor uns auf eine gemischten Gruppe in ähnlichem Alter zu. Es wurde laut, eine Frau schrie ihm etwas zu. Wir konnten aber nicht verstehen worum es ging. Es war auch nicht klar, ob der Mann und jemand aus der Gruppe sich womöglich kannten. Der Mann rückte jedenfalls wieder auf Abstand.
Kurz darauf kamen mehrere Polizisten in Schusswesten angelaufen. Einer warf den Mann von hinten(!) zu Boden und fixierte ihn, sodaß er nicht aufstehen konnte. Er wurde auf dem Bauch liegend mehr als zehn Minuten festgehalten, während die anderen Polizisten ihn umstellten, und die Lage klärten. Als der Niedergerissenen etwas für mich unverständliches zu den Beamten sagte, konnte ich so etwas wie „… pass’ besser auf, was du sagst…“ von dem Polizisten hören.

Das ganze ist wie gesagt, schon eine Weile her, weshalb ich mich nicht mehr an alles erinnere. Meine Freundin und ich sind dann auch los, bevor alles vorbei war, um zu unserem Zug zu kommen.

Im Zug haben wir dann Diskutiert, was passiert war. Wir haben uns beide gewundert, warum die Polizei hier so hart vorgegangen ist. Es fiel, bis der Mann am Boden war, kein Wort von der Polizei (zumindest kein lautes, daß wir gehört hätten). Eine Warnung, wie zum Beispiel: ‚Polizei! Was ist hier los!‘, und sich deutlich zwischen die Parteien zu stellen, hätte die Lage evtl. deeskalieren können. Wir haben bei dem Mann keine Waffe gesehen, und es wurde zu dem Zeitpunkt, als die Polizei dazu kam, auch nicht gekämpft. Der Überwältigte war meiner Meinung nach zurecht überrascht, und wollte sich zuerst wehren. Mit mindestens drei Beamten um ihn herum, hätte er meiner Meinung nach später auch wieder aufstehen können, um verhört zu werden.

Ich weiß nicht, welchen Hintergrund das alles hatte. Es kann sein, daß es einen Grund für alles gab. Das es eine Drohung gab’, daß doch irgendwo eine Waffe im Spiel war, … Trotzdem kamen wir zu dem Schluss, daß die Aktion der Polizei überzogen war. Ich wusste damals, wie heute nicht, was ich hätte machen sollen.
Die Beamten ansprechen? Fragen, was denn passiert ist?
Sich später bei der Polizei melden, um den Vorfall zu beschreiben?
Vielleicht wäre auch hier eine unabhängige Schiedsstelle gut gewesen, bei der wir im Nachhinein eine Meldung hätten machen können. Falls zum Beispiel der Überwältigte (wahrscheinliche Täter) doch später Anzeige erstattet hätte, wären unsere Aussage sicher wichtig gewesen. Für die eigentliche Tat denke ich waren wir als Zeugen nicht so wichtig, weil wir nicht mitbekommen hatten, worum es ging, oder was genau passiert ist.

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In eigener Sache zum Thema Karlsruhe

Ich komme auch aus der Gegend…
In Karlsruhe habe ich bisher noch nie ein grobes Fehlverhalten der Polizei feststellen können.
Wenn ich auf Parties (war früher sehr aktiv auf musikalischen Veranstalltungen) mit der Polizei zu
tun hatte lief immer alles respektvoll ab, solange man selbst auch freundlich blieb.

Was ich allerdings in den letzten Jahren feststelle ist, dass sich die Polizeipräsenz in der Innenstadt und am Bahnhof stark erhöht hat. Zumindest „optisch“. Es wird viel mehr Streife gefahren. Auf Plätzen stehen Polizeitautos… Obwohl viel weniger in der Innenstadt los ist. Sie ist quasi verweist. Ich halte dies auch für nötig, da ich mich keineswegs mehr so sicher wie früher fühle… So wurde ich in den letzten 3 Jahren bereits zwei mal in Nebenstraßen in der Innenstadt von mir unbekannten schwer verständlichen Menschengruppen ziemlich ungelant angemacht. Einer wollte mich mit körperlicher Gewalt dazu bringen stehen zu bleiben um ihm „Geld zu wechseln in einer dunklen Gasse“. Ich konnte mich der Lage noch entziehen… Aber das ist ein anderes Thema… In 10 Jahren sehr regelmäßigen Feierns in der Stadt bis ca 2012 kam dies nie vor… Inzwischen versuche ich abends/nachts nur noch Hauptstraßen zu nutzen, falls ich mal in der Innenstadt bin… Ich bin übrigens männlich, sportlich und Ende 30… Ich weiss von vielen Bekannten, dass es ihnen ähnlich geht…

Zu deiner Frage oben.

→ Da ich 2 Polizeitbeamte kenne und deren Erzählungen bei einem Glas Wein… könnte ich mir folgende Gründe vorstellen.

  1. Die Polizei kannte den Mann. Zumindest aus den Erzählungen weiss ich,
    dass dies sehr häufig vor kommt.

  2. Es gab eine Vorgeschichte z.B. am Bahnhofsvorplatz und der Mann kam zurück. Hatte evtl. auch einen Platzverweis oder Ermahnung bekommen.

  3. Es kann natürlich auch wirklich ein zu promtes hartes Eingreifen gewesen sein.


Ich finde im übrigen auch, dass stets darauf zu achten ist, dass die Polizei angemessen vorgeht.
Meine persönlich Empfindung ist jedoch eher, dass die Polizei gestärkt werden müsste. Und damit
meine ich ausdrücklich auch die Richter, Staatsanwälte, Behörden, Politik, Vorgaben, Ausbildung,
Ausrüstung, Personaldecke etc…

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Ihr hattet davon gesprochen, dass es sinnvoll wäre in bestimmten Situationen geschultes Personal zur Deeskalation hinzuzuziehen. In Berlin gibt es die Möglichkeit den Berliner Krisendienst (Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen etc.) anzurufen. Die machen auch Einsätze zur Unterstützung der Polizei in psychologischen Krisensituationen. Wie es in anderen Städten in Deutschland aussieht weiß ich nicht.