Liebes Lage der Nation Team,
Ich liebe euren Podcast und freue mich, endlich mal einen Punkt gefunden zu haben, bei dem ich mitdiskutieren kann. Sonst ist meine Meinung nämlich meistens auf eurer Linie
Ihr habt behauptet, die Wahl von Scholz wäre ein Gewinn für die SPD, weil er als konservativerer Politiker für die konservativeren Wählerschichten anschlussfähig ist.
Das dieses Kalkül nicht aufgeht hat man bei den letzten Bundestagswahlen immer gesehen.
Der Grund ist meiner Meinung nach, das eure Analyse, es gäbe eine feste Anzahl an Wählern, die sich zwischen SPD und CDU entscheidet, weil sie Medianpositionen besetzen (siehe Medianwählermodell der Politischen Ökonomik) unterkomplex ist.
Kleiner Punkt vorweg: Die „Marke“ konservativ ist mit der CDU besetzt. Wer konservativ will, der wählt sie. Die SPD muss also durch eine Abgrenzung punkten. (zum Thema Marke vgl. Campaigning & Strategy Podcast Folge „Storymachinge, CDU und Wahlerfolg“ letzter Teil)
Zweitens: Menschen wählen, wenn es etwas zu wählen gibt. Und die Anzahl an Menschen, die mal SPD (oder insgesamt progressiv) und mal CDU (oder insg. konservativ) wählen ist weniger wichtig als die Menschen, die potenziell progressiv wählen würden, aber dies nicht tun, weil sie sich nicht repräsentiert fühlen. Dies ist gerade für die SPD ein Thema, weil es viele Menschen gibt, die gerne links wählen würden, aber partout nicht die Linke wählen wollen. Vergleiche Frank Stauss: Gut bekannt und unerreicht? Nichtwähler_innen und Wahlbeteiligung (langjähriger Wahlkampfstratege der SPD)
Drittens: Wenn Menschen progressiv wählen, dann wählen sie laut Stauss, weil sie „inspiriert“ werden und Veränderung wollen. Ein Genosse der Bosse wird dem entgegenstehen. Egal wie progressiv die Programmatik der SPD sein wird, Scholz ist bereits eine Marke. Und die steht nicht für Aufbruch.
Quelle hierzu entweder das Video oder Mit Worten kämpfen: Sprache als Machtinstrument - Wahlkampfstratege Frank Stauss.
Um ehrlich zu sein habe ich wirklich Angst davor, das sowohl SPD als auch Grüne diesen Wahlkampf mega in den Sand setzen, weil sie versuchen eine zweite CDU zu sein und dabei versäumen endlich mal eine progressive Vision zu vermitteln.
Dafür gäbe es so tolle Ansätze: AOC und ihr Green New Deal (Jeremy Rifkin mit den Ökonomischen Details), German Zero, oder Neues Wirtschaftswunder. Aber das ist ein anderes Thema.
Liebe Grüße,
Benjamin