LdN198 - AMA Frage "Partei zwischen SPD und LINKE?"

Hey!

Höre euren Podcast seit langem mit Begeisterung, danke dafür.
Und ein spezielles Danke für das Aufnehmen meiner Frage in euren AMA Teil 2 - „Warum gibt es keine große Partei zwischen SPD und LINKE?“.

Eure Antwort hat mich zum Nachgrübeln gebracht und ich würde gerne meine Beweggründe hier schildern, wie es überhaupt zur Frage kam. Sieht man sich die Parteiprogramme an, muss ich euch definitiv zustimmen, da ist wenig „Lücke“ zwischen den beiden Parteien. Grüne mal ausgenommen, das sehe ich wie ihr, die Grünen sind auf dieser simplen Links/Rechts Skala nicht wirklich abbildbar.

Die Realität stellt sich für mich aber anders dar, als das reine Parteiprogramm. Das mag stark subjektiv sein und hier würde ich mich über Meinungen sehr freuen. Für mich stellt sich in der öffentlichen Wahrnehmung, soweit ich das beurteilen kann, die LINKE oft als keine Option dar, wird gern mit Sozialismus gleichgesetzt, DDR Vergangenheit etc. - sie wird imho weit „linker“ angesehen als das Parteiprogramm wirklich ist.
Auf SPD Seite sieht es dank GroKo anders aus und sie hat meiner Meinung nach sehr viel ihres Sozialprogramms verloren bzw. in Kompromissen an die Union verscherbelt. Diese Kritik kam auch von eurer Seite sehr häufig in den letzten Monaten. Die SPD stellt sich mir deutlich weiter „rechts“ dar als das Parteiprogramm ist.

Daher meine Wahrnehmung einer Lücke zwischen diesen Parteien, die sich vor allem dank GroKo erst in den letzten Jahren verstärkt aufgemacht hat. Angeregt auch durch diesen Graph:

Dieser zeigt auch deutlich, wie unüblich weit gefächert das Parteienspektrum in Deutschland ist, macht aber auch eine sehr klare Lücke zwischen Linke und SPD auf.

Würde mich wie gesagt über (andere) Meinungen sehr freuen!

1 „Gefällt mir“

Wie kommt du zu dieser Einschätzung?

Wirtschaftspolitisch sind Grüne doch für einen skeptischen Blick auf den Kapitalismus ( = links) und gesellschaftspolitisch sind sie mit die Vorreiter für den linken Zeitgeist mit ihrer Migrations- und Feminismuspolitik. Warum kannst du nicht sagen, sie seien links?

1 „Gefällt mir“

Ich denke nicht, dass die Grünen den Kapitalismus per se ablehnen. Vielmehr wollen sie einen Ordoliberalismus, wo der Staat etwas mehr in der Markt eingreift und ihn in eine ökologische Richtung lenkt. Das ist meines Erachtens ein sehr großer Unterschied zu den richtigen linken Kapitalismuskritikern. Dazu kommt, dass die Grünen nie eine ausgeprägte sozialpolitische Agenda verfolgten. Es ist halt immer noch eine Partei von Besserverdienern, die nicht nach unten umverteilen wollen. Man kann sich jetzt allerdings streiten, ob sich die Grünen eine ausgeprägte Sozialpolitik überhaupt zu eigen machen müssen, da sie das Thema wahrscheinlich einfach einem Koalitionspartner überlassen würden.
Insgesamt sind die Grünen aber auch meiner Meinung nach nicht wirklich links, abgesehen vom sozialliberalen Aspekt (Gender, Feminismus, Ehe für Alle etc.), wie du bereits geschrieben hast.

2 „Gefällt mir“

Weil es eben auch z.B. ein grün regiertes Bundesland mit Baden-Württemberg gibt, welches deutlich zeigt, dass die Grünen wirtschaftspolitisch kaum von der CDU zu unterscheiden sind.

BlockquoteWie kommt du zu dieser Einschätzung?

Wirtschaftspolitisch sind Grüne doch für einen skeptischen Blick auf den Kapitalismus ( = links) und > gesellschaftspolitisch sind sie mit die Vorreiter für den linken Zeitgeist mit ihrer Migrations- und > Feminismuspolitik. Warum kannst du nicht sagen, sie seien links?

Das könnte ich schon sagen, und stimmt in Teilen auch, aber ist halt stark vereinfachend. Nimmt man die simple links/rechts Skala, sind die Grünen nur schwer platzierbar, weil sich die Zielsetzungen nicht so sehr an den „typischen“ Themen für diese Skala orientieren und daraus, je nach Thema, eine breite Überlappung in Bereichen mit allen anderen Parteien entsteht.
Das ist auch exakt das, was Ulf und Philip im Podcast sagten - ist in den letzten paar Minuten der Folge :slight_smile:

1 „Gefällt mir“

Eure Antworten überzeugen mich leider nicht.

Die Grünen sind gesellschaftspolitisch mit ein Grund für die Spaltung in unserem Land, was die Teilung in Männer/Frauen, alt/jung, Deutsche/Ausländer etc. anbelangt. Grund dafür sind ihre Positionen und Aussagen, die eindeutig eher dem linken Spektrum zuzuordnen sind.

Wirtschaftspolitisch haben sie sich nicht klar geäußert, aber ihr Kurs ist ja deutlich NICHT der liberale Weg über Innovationen, sondern mit autoritären Mitteln wie Verbote, Steuer etc., um das Ziel durchzusetzen – der Begriff „Ökosozialismus“ ist ja jetzt nicht völlig weit hergeholt.

2 „Gefällt mir“

Kann man so sehen, muss man aber auch nicht. Finde das halt zu stark vereinfachend. Weder FDP noch Grüne lassen sich auf dem simplen links/rechts Spektrum akkurat abbilden. Dazu braucht man andere Skalen, die dann auch deutlicher machen wo genau die Überschneidungen und Unterschiede liegen.
Die Grünen sind tendentiell eher links, aber auch nur tendentiell, denn linke Poliitk ist nicht das entscheidende Kernelement der Partei die Grünen - so wie es bei der Linken ist, oder bei der SPD vor 30-40 Jahren einmal war.

Aber - das war eigentlich nie das Thema dieses Threads. Meine Frage war nicht „sind die Grünen links?“ - und ich würde mich freuen, wenn das eigentliche Thema auch ein wenig behandelt werden würde :slight_smile:

Daher aus aktuellem Anlass: Wir haben eine immer stärker werdende Spaltung zwischen arm/reich und einer Mehrheit in der Bevölkerung, die einer unsicheren und von Armut gekennzeichneten Zukunft entgegenschaut (Stichwort Altersarmut). Wir haben eine SPD, die sich konsequent dem rechteren Spektrum anbiedert (erst jetzt weider mit der Nominierung von Olaf Scholz) und eine Linke, die von vielen als unwählbar-zu-weit-links angesehen wird.
Ich sehe hier druchaus eine Lücke, und frage mich, warum noch keine (neue) Partei in diese Bresche gesprungen ist, befreit von den Altlasten der SED/DDR als auch den Verfehlungen der SPD, um sich als tatsächlich „soziale Partei Deutschlands“ zu etablieren.

1 „Gefällt mir“

3 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: Konstruktive Gedanken über die Zukunft einer progressiven Linken