LdN 449 Begriff "illegale Migration" rechtsextrem?

Ihr verwendet auch immer den Begriff illegale oder Irreguläre Migration und Livia Gerster sagt in der Folge das gibt es einfach. Aus meiner Sicht gibt es die aber gar nicht in Deutschland. Illegal würde ja bedeuten das jemand Einreist und sich dabei Strafbar macht das ist aber nach der UN Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht der Fall. Grundsätzlich sind die Menschen erst einmal legal im Land und dann wird entschieden ob er bleiben darf.

Auch Pro Asyl findet, dass die Verwendung des Begriffes zur Diskreditierung Geflüchteter führt und der Diskussion schon eine Richtung vorgibt. Der Begriff »irreguläre Migration« und wie er zur Täuschung eingesetzt wird | PRO ASYL

Deshalb würde es mich freuen wenn man nicht mehr von illegaler Migration spricht, denn gemeint ist ja hier eher der “Missbrauch des Rechtes auf Asyl”, früher wurde ja immer von Wirtschaftsflüchtigen gesprochen, was allerdings auch nicht besser ist.

Auf jeden Fall würde die Diskussion erheblich versachlicht wenn man auf den Begriff “illegale Migration “ verzichten würde.

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Ich weiß aus vorherigen Diskussionen, dass Ulf selbst den Begriff “illegale Migration” aus den gleichen Gründen ablehnt, wie du es tust, wenn er ihn daher wirklich benutzt hat (hast du einen Timestamp dazu?) wäre das in jedem Fall ein Ausrutscher und keine Absicht.

Zum Begriff “irreguläre Migration” geht ja selbst aus dem Artikel von Pro Asyl hervor, dass der Begriff schon lange auch von asylfreundlichen internationalen Organisationen verwendet wird, um den Begriff “illegale Migration” zu vermeiden, der Begriff daher eigentlich explizit dieses Problem vermeiden soll. Die Kritik an dem Begriff ist nun, dass er fast immer in einem negativen Kontext eingesetzt wird, aber das lässt sich kaum vermeiden.

Letztlich ist mit “illegaler” oder “irregulärer” Migration immer “unerwünschte” Migration gemeint. Daher die “legale” oder “reguläre” Arbeitsmigration von erwünschten Fachkräften, an denen das Zielland interesse hat vs. die “illegale” oder “irreguläre” Fluchtmigration, an denen vor allem die Flüchenden ein Interesse haben. Mir wäre es auch lieber, es gäbe diesen Unterschied in der politischen Debatte nicht (weil ich auch denke, dass wir hier jeden Menschen brauchen können, der keine schweren Straftaten begeht…), aber faktisch gibt es ihn zweifelsohne.

Alle Bezeichnungen dieses Umstandes werden aber stets ein negatives Framing haben, egal, ob man von “illegalen Migranten”, “irregulären Migranten”, “Flüchtlingen” (die Diskussion gabs ja auch schon!) oder “unerwünschten Migranten” sprechen. Aktuell scheint die Einigung zu sein, dass “irreguläre Migration” das geringste Übel in der Wortwahl ist. Was mir von jenen, die das kritisieren, fehlt, sind konkrete Vorschläge, welche Bezeichnung man statt “irreguläre Migration” verwenden sollte. Also was schlägt z.B. “Pro Asyl” vor? Das früher verwendete “Asylbewerber” hat leider auch schon im Rahmen des damaligen “Asylkompromisses” ein massiv negatives Framing bekommen. Sollte man dennoch dahin zurückkehren?

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Nicht Ulf sondern die Gastmoderatorin hat gesagt das es die „illegale Migration „ gibt.

Und besser als Begriff fände ich unerwünschte Migration das trifft es am Besten und ist Ehrlich.

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Artikel 31 („refugees unlawfully in the country of refugee“) der Genfer Flüchtlingskonvention lautet:
„The Contracting States shall not impose penalties, on account of their illegal entry or presence, on refugees who, coming directly from a territory where their life or freedom was threatened in the sense of article 1, enter or are present in their territory without authorization, provided they present themselves without delay to the authorities and show good cause for their illegal entry or presence.“

Stand heute ist „illegale“ Einwanderung die völkerrechtlich korrekte Bezeichnung für diese Art der Einwanderung. Andere Bezeichnungen wie z.B. „irreguläre“ Einwanderung sind meines Wissens nicht oder nicht in dieser Breite völkerrechtlich verbindlich festgelegt (bis auf die quasi synonyme Ausnahme „unlawful“, siehe die Überschrift von Artikel 31).

Off-topic: Ferner impliziert „coming directly from a territory where their life or freedom was threatened“, dass eine illegale Einwanderung von einem der sicheren Nachbarländer nach Deutschland nicht von Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention abgedeckt ist (bzw. dass sich die Genfer Flüchtlingskonvention hier nicht gegen eine mögliche Bestrafung des Flüchtlings ausspricht).

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Kein Politiker benutzt den Begriff „illlegal“ und das aus gutem Grund. Denn jeder, der einen Asylantrag stellen möchte, darf das Land betreten, da wir ja gerade nur diese eine Möglichkeit schaffen. Und so lange der nicht geprüft ist, ist er nicht illegal in Deutschland. Die Politiker nennen es irregulär, da er eben nicht regulär eingereist ist, letzteres ist gerade ohne Pass aber in der Regel nicht möglich.

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Meiner Wahrnehmung nach wird oft (bewusst und teils auch unbewusst) “illegale Migration” (also die Handlung) zu “illegale Migranten” (also die Menschen) verschoben. Das mit einem anderen Begriff aufzubrechen ist sicher gut.

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Ja, das ist doch genau was ich meine diese „illegale“ Einreise findet in Deutschland nicht statt. Es wird ein Asylantrag gestellt, der später abgelehnt wird das illegale Migration zu nennen halte ich für sachlich falsch.

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Eine Verständnisfrage: Nach der Ablehnung wäre es doch dann legitim von illegaler Migration zu sprechen oder nicht? Die Person ist ja dann ins Land migriert ohne dass es für sie eine Rechtsgrundlage gab.

Im übrigen finde ich ist der Begriff „irreguläre Migration“ ein guter Kompromiss zur Beschreibung des Vorgangs.

Die Einreise kann regelwidrig sein aber dadurch gerechtfertigt werden dass ein Asylantrag gestellt wird. Wenn der abgelehnt wird ist dann ein weiterer Aufenthalt illegal, sofern keine sonstigen Berechtigungen dafür vorliegen (subsidiärer Schutz, Abschiebeverbot).

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Das stimmt schon, ist aber nicht das was ich meinte.

Im Weltspiegel kam mal vor längerer Zeit ein Bericht über Auslandskooperationen von deutschen Pflegeheimen mit Berufsschulen in Ghana(?). Die bildeten die jungen Menschen für einen Job in Deutschland mit Übernahmegarantie aus.

Im Fokus der Reportage war eine junge Frau aus einem Armutsviertel, die diese Ausbildung absolviert. Dann hat man einen jungen Mann gezeigt. Dieser erklärte auch nach Deutschland zu wollen, aber deutsch lernen oder den Pflegeberuf, das sei ihm zu aufwendig. Daher spare er auf einen Schlepper. Einen Asylgrund gab es nicht, aber er meinte er behaupte einfach er werde verfolgt. Das funktioniere schon.

Bestimmt ist er ein Edgecase, aber wenn so jemand dann nach Deutschland einreist und Asyl beantragt, obwohl er weiß, dass er keinen berechtigten Asylgrund hat, muss man das dann nicht doch als illegale Migration werten?

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Also ist die Migration illegal. Migration beschreibt nicht nur den Moment der Einreise.

Migration ist eine auf Dauer angelegte räumliche Veränderung über eine administrative Grenze hinweg. Also doch, es ist nur die Einreise.
Wie geschrieben, Du wirst keinen Politiker finden, der öffentlich in dem Zusammenhang das Wort „illegal“ in den Mund nimmt. Und das aus gutem Grund.

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Irgendwie verstehe ich nicht was du meinst .Die Union spricht doch ausschließlich von illegaler Migration.

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Sehr gut. Dann können die Medien sie beizeiten daran erinnern, so wie die 30 Milliarden Einsparungen bei den Bürgergeldempfängern.

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Bei der SPD war das auch noch bis 2018 die Wortwahl: SPD Vorstandsbeschluss 2018

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Da der Thread ‘Gastmoderatorin’ bereits geschlossen ist und ich keinen neuen eröffnen möchte, hier noch kurz ein paar Gedanken dazu:

Ich fand mehrere Kommentare von Frau Gerster problematisch:

  • In einer Zeit, in der die Wissenschaft massiv unter Druck von rechtsaussen steht, die Politikwissenschaften als praxisfern zu diskreditieren ohne stichhaltige Gegenargumente zu bringen sondern eher eine persönliche Meinung einzubringen (Politik und Medien müssten das Thema Migration entgegen der Evidenz ins Zentrum rücken), stärkt meiner Ansicht nach das wissenschaftsfeindliche Narrativ
  • Nach jeder relativierenden Aussage zu Migrationskritik von Ulf ist sie zunächst kurz darauf eingegangen, um dann mit einem ABER doch wieder Migration als Hauptproblem in den Fokus zu rücken
  • Einer ihrer letzten Sätze war sinngemäß: Bei dem ‘Migrationsproblem’ müsse dringend etwas passieren, als ob bisher nichts oder wenig getan worden wäre und obwohl die Zahlen seit Monaten deutlich zurückgehen!
  • Auch das Argument, wenn 80 % der deutschen Bürger:innen Migration als Problem wahrnehmen würden, müsse man das Thema in den Fokus rücken und bei Anschlägen die Herkunft der Täter:innen nennen, teile ich analog zu dem bereits genannten Walter Scheel Zitat nicht. Zumal die Berichterstattung nicht neutral ist, so ist bspw. der Anschlag auf das Oktoberfest nach 1 Tag aus der Berichterstattung nahezu verschwunden, weil der Täter ‘leider’ keine Migrationsgeschichte hatte.
  • Mit dieser Fixierung auf die vermeintlichen Probleme mit Migration und der daraus resultierenden Stimmung in der Bevölkerung, werden wir, wie auch in der Lage schon mehrfach erwähnt, kaum zum attraktiven Einwanderungsland für all die Fachkräfte, die wir so dringend brauchen!

P.S. Schöne Idee eines Kollegen: Wir sollten jedes Jahr einen Tag einführen, an dem alle Menschen mit Migrationsgeschichte nicht zur Arbeit gehen, um die Auswirkungen insbesondere auf systemrelevante Berufe deutlich zu machen!

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ich höre den Podcast „Lage der Nation“ seit Jahren und bin vor allem sehr froh über die durchdachten politischen Lösungen und breit gefächerten Argumente. Ich finde ihr geht in Problematiken in den Kern und stellt überraschende und neue Alternativen dar, die ich sonst nirgendwo höre.

In der Folge 449 hätte ich mir von Livias Seite an vielen Stellen jedoch einen etwas differenzierteren und innovativeren Ansatz im Bereich Problemlösung der Migrationspolitik gewünscht.
Ulf zb bringt viele verschiedene Argumente an für die Verbesserung von Migration und schlägt Lösungen vor. So nennt er zum Beispiel die Verbesserung der Integration durch Arbeit oder die öffentliche Themenverschiebung auf andere Diskurse, so dass nicht mehr überwiegend nur über Probleme in der Migration berichtet wird, was sehr ausschlaggebend für die öffentliche Meinungsbildung sein kann.

Auch seinen Einschub, dass die … geflüchteten Kinder in der Schule wahrscheinlich nicht das Hauptproblem in Bildungsstrukturen sind, finde ich sehr gut und wird selten angeführt.

Livia dagegen bringt, so weit ich es verstanden habe, kaum eigene Argumente für bessere Migartionspolitik an, sondern bespricht eher Symptome und sehr generalisiert Probleme in der Migration, ohne kreative Lösungen vorzuschlagen. Sie, so scheint es mir, ist eher Anhängerin einer weit verbreiteten Meinung, die mehr Kontrolle von Einreisenden und bessere „Auswahl“ von Migrant*innen fordert.

Zudem schien sie Ulfs Argument, den öffentlichen Diskurs stärker auf Chancen statt auf Probleme in Migration zu lenken, misszuverstehen und überspitzt darzustellen. Ihre Aussage, dass die Lösung nicht sein könne, Probleme einfach zu verschweigen, greift Ulfs differenzierten Ansatz meiner Meinung nach zu kurz. Dadurch sieht sie nicht den sehr guten und anti-populistischen Ansatz in Ulfs Argument, sondern schiebt es nur überspitzend beiseite, was ich sehr schade finde. Ulf hat nie vorgeschlagen, Migrationsprobleme zu “verschweigen”, sondern Themen einfach breiter zu streuen. Dadurch wirkt es fast so, als würde sie sich selbst nicht im Klaren darüber sein, was die Auswahl an Themen in Berichterstattung bedeutet und wie einflussreich sie sein kann.

Insgesamt hätte ich mir einfach mehr positive Lösungen gewünscht, die eher promigrantisch sind und Alternativen bieten zur allgemeinen migrationsUNfreundlichen Meinung.

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Das war natürlich ein Prozess, so wie früher Flüchtlinge statt Migranten gesagt wurde. Wer heute von illegaler Migration spricht, verneint die Genfer Flüchtlingskonvention, zumindest solange es keine andere Möglichkeit gibt, einen Asylantrag zu stellen als irregulär (und eben nicht illegal) nach Deutschland einzureisen.

Nein, denn wie soll die Person vorher wissen, dass der Asylantrag abgelehnt wird?

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Wenn ich zum Kraftfahrzeugamt gehe und für meine Schubkarre ein Kfz-Kennzeichen haben will und vorher weiß, dass die das ablehnen werden, ist dann die Schubkarre illegal? Darf sie dann nicht auf der Straße fahren? :thinking:

Es geht um Menschen. Und wenn diese Menschen nach Deutschland kommen wollen, weil sie denken, dass sie hier ein schöneres Leben haben werden als dort, wo sie herkommen, dann macht sie das doch nicht “illegal”. Deutschland ist eins der reichsten Länder der Welt. Obwohl es so klein ist, muss es überall mitreden. Deutsche Produkte wie Waschmaschinen haben weltweit einen superguten Ruf. “Kein schöner Land in dieser Zeit…“ Aber wenn Menschen das dann glauben und auch hier leben wollen, sollen sie das nicht. Obwohl wir immer mehr Arbeitskräfte brauchen werden.

Diese ganze Diskussion ist doch falsch. Lasst Euch doch bitte nicht vor den Karren der Nazis spannen. Da kommen Menschen, die hier leben wollen. Für die meisten bedeutet das, dass sie sich hier was aufbauen wollen: arbeiten, heiraten, eine Familie gründen, zu einer Gemeinschaft gehören, ein Zuhause haben. Wir müssen mehr für die Integration tun. Und das bedeutet nicht nur, dass diese Menschen schneller arbeiten dürfen und deutsch lernen sollen. Es bedeutet auch, dass die Menschen, die vorher schon hier waren - egal ob Deutsche oder Nachfahren von “Gastarbeitern“ - diese Migranten nicht ausgrenzen, ablehnen oder angreifen.

Ich verstehe nicht, warum diese Umfragewerte einfach so hingenommen werden und sie diese illegalen Maßnahmen rechtfertigen sollen. Ja, vielleicht wünschen sich viele Deutsche weniger “irreguläre Migration“. Weil der Begriff bedeutet, dass sich da jemand nicht an die Regeln hält. Aber wird der Begriff in der Umfrage überhaupt erklärt?

Und wieso führt dieser Wunsch dazu, dass ALLE Asylbewerber an der Grenze abgewiesen werden? Sind jetzt alle Asylbewerber “irregulär“?

Man kann mit der Frage ja direkt die Antworten der Leute beeinflussen. “Wollen Sie gern mehr Mückenstiche haben?“ Wer sagt dazu schon: “Ja, bitte, unbedingt!“ Damit aber zu rechtfertigen, dass in allen Straßen stündlich Insektizide versprüht werden, das würde doch auch fast niemand wollen…

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