LdN 422 Wiedereinführung der Wehrpflicht

Super Idee, Pro und Kontra zu sammeln!
Ich möchte dazu auch eine sehr gute sachliche Diskussion zwischen Thomas Wiegold und Ole Nymoen beisteuern:

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2 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Wiedereinführung der Wehrpflicht

In anbetracht des jüngsten BGH Urteil sollte man sich stehts vor augen halten was konservative von Kriegsdienstverweigerern halten:

Anders als der BGH meint, modifizieren die Dienstpflichten des Art. 12a GG den Schutz der Gewissensentscheidung aus Art. 4 Abs. 3 GG nicht. Bereits der Wortlaut von Art. 12a Abs. 2 S. 3 GG verbietet es, Kriegsdienstverweigerern Ersatzpflichten aufzuerlegen, die die Freiheit ihrer Gewissensentscheidung beeinträchtigen könnten. Diese Schutzregelung war notwendig geworden, weil konservative Kreise mit Plänen spielten, Kriegsdienstverweigerer ersatzweise und waffenlos in gefährliche Einsätze zu schicken, um ihnen ihre Gewissensentscheidung nach Art. 4 Abs. 3 GG madig zu machen. Sie sollten etwa zur Entschärfung von Blindgängern und als Minensucher bei den Streitkräften eingesetzt oder auf Himmelfahrtskommandos geschickt werden (BVerfGE 19, 135 [137]).

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Auch ein hörenswerter Beitrag. Das Buch dazu habe ich bestellt.

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Noch eine Ergänzung zu den positiven Auswirkungen einer Wehrpflicht, auch mit Bezug zu dem Thema, dass sich zur Zeit ggf. eher überproportional viele „schwierige waffenaffine“ Charaktere zur Berufsarmee hingezogen fühlen (Finde hier keine gute Formulierung um diese Mitbürger treffend zu charakterisieren. Vorschläge welcome.):

Die Wehrpflicht ist ein super Rekrutierungspool für die auch in einer Wehrpflichtsarmee benötigten Zeit- & Berufssoldaten. Und hier bin ich mir sicher, dass sich aus dem Pool der Wehrpflichtigen heraus auch Menschen längerfristig bei unseren Streitkräften verpflichten, die vorher nie darüber nachgedacht haben. Dies würde den Verankerungseffekt in der Breite der Bevölkerung verstärken.

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Ich bin ehrlich gesagt etwas enttäuscht von dem Beitrag in der aktuellen Lage, weil aus meiner Sicht die zentralen Aspekte bei der Diskussion über das für und wider der Wiedereinführung einer Wehrpflicht völlig gefehlt haben.
Dabei wurden diese Aspekte ja sogar hier im Forum bereits herausgestellt. Was ich mich doch zuallererst fragen muss ist, ob eine Berufsarmee oder aber eine Armee aus Wehrpflichtigen die vor uns liegenden Aufgaben besser / effizienter erfüllen kann. Für das Aufgabenprofil der Bundeswehr vor der Zeitenwende war aus meiner Sicht klar, dass eine Wehrpflichtigenarmee einfach viel zu ineffizient gewesen wäre. Es ist zwar in der Lage angeklungen, dass die Bundeswehr bzgl. des geplanten Aufwuchses an Soldaten ein Personalproblem hat. Aber das könnte man ja ggf. auch durch andere Maßnahmen als eine Wehrpflicht lösen, wie z.B. den Arbeitgeber Bundeswehr deutlich attraktiver zu machen. Der Bürger in Uniform ist ja schön und gut, aber welche Aufgaben kann dieser nach so kurzer Ausbildung wirklich übernehmen und wie nützlich ist diese Ausbildung 10 Jahre nachdem sie abgeschlossen und nie wieder aufgegriffen wurde? Wenn ich diskutieren möchte wie gerechtfertigt so ein Eingriff in die Grundrechte ist, sollte ich doch erstmal diskutieren, wie sinnvoll er gegenüber möglichen Alternativen ist.

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Hallo zusammen,

ich höre die LdN nun schon seit mehreren Jahren und kenne den Podcast als einen, in dem auch Stimmen angehört werden, die mitunter diverser auf Themen blicken, die im Podcast diskutiert werden. In der genannten Folge wird die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert, mittels Gegenstellung diverser Argumente. Mich würde hierzu auch ein Kommentar aus der Menschengruppe interessieren, die dann bei Wiedereinführung einer solchen Wehrpflicht herangezogen werden würde: den jungen Menschen. Es ist sicherlich interessant, die Einschätzung der Moderatoren zu hören, allerdings gehe ich nicht davon aus, dass diese Personen besonders viel selbst einbringen müssten, wenn es zur Wiedereinführung kommen würde.

Viele Grüße

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Die Formulierung hat mich in der Folge kurz aufhorschen lassen. Ich frage mich, wie man überhaupt eine sinnvolle Diskussion über die Wehrpflicht und die Bundeswehr führen soll, wenn man nicht mal in der Lage ist die Probleme der Bundeswehr zu benennen, ohne in bagatellisierende Euphemismen abzudriften.
„Schwierige Waffenafine“ Leute sind online Kids die über die angebliche Überlegenheit des Tigers schwadronieren. Die Bundeswehr hingegen hat ein problem mit Spezialkräften und Soldaten, die Umstürze gegen die Bundesregierung und Anschläge planen. Die „Skandale“ der Bundeswehr sind so weit reichend, dass man nicht mal garantieren kann, dass nicht von Militärseite irgendwann geputscht wird und der MAD ist da völlig intransparent.

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Diese „Hoffnung“ hatte man schon Aussetzung der alten Wehrpflicht. Wie ich bereits in einem anderen Thread geschrieben habe:

Die soziale Frage ist auch nicht außer acht zu lassen: es war damals schon so, dass er die niedrig gebildeten zur Bundeswehr sind und die Abiturienten die ein Studium aufgenommen haben, konnten die Zeit nach hinten schieben oder haben direkt verweigert und Zivildienst geleistet.

Will man in der BW ein Abbild der Gesellschaft oder „nur“ die Perspektivlosen? und damit soll niemand der nach der Schulzeit „perspektivlos“ ist schlecht gemacht werden. Im Gegenteil. Ich willl dass die priviligierteren also die es sich leisten sich nicht so einfach aus der Affaire ziehen können.

Ich hab in diesem Beitrag etwas vermisst, dass nicht nur Kasernen fehlen, sonder die Bundeswehr schon heute es nicht schafft die Bewerber zu managen. Laut diesem Beitrag des ZDF sind schon heute lange Bewerbungszeiten und Ablehnungen mit Begründung " Es habe mehr Bewerber als Übernahmemöglichkeiten gegeben".

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Was mich in der Debatte immer ein wenig stört, dass es die ganze Zeit so scheint, als gäbe es da eine ziemlich krasse Dichotomie. Auf der einen Seite steht immer das Bild einer starken Bundeswehr, kriegstüchtig, …, die dann aber ihre Stärke missbraucht und Kriege anfängt und andere unter unseren Stiefel und ihnen unsere Meinung aufzwingt. Das einzige Gegenteil scheint das zu sein, was die Linke, in dieser Folge ja bei Sören Pellmann schön angeklungen, sieht: Nämlich Nichtangriffsfähigkeit durch absolute eigene Schwäche. Mir fehlt da immer eine selbstbewusste Perspektive dazwischen.

Wieso kann Deutschland nicht stark sein mit z.B. einer 250.000 Mann starken Armee und trotzdem diese Stärke zu seinem eigenen Wohle und zu dem seiner Nachbarn und anderer in der Welt einsetzen? Wieso muss Stärke immer Bullying bedeuten und nur Schwäche ist Frieden?

Friedlich ist für mich ein Land, das zu großer Gewalt in der Lage wäre, sich aber aus guten Gründen dagegen entscheidet. Ein Land, das nicht in der Lage ist, Gewalt anzuwenden oder dieser entsprechend zu begegnen, ist nicht friedlich, es ist harmlos. Das ist die derzeitige Lage in diesem Land.

Wenn Deutschland eine selbsbewusste, aber zurückhaltende Stärke an den Tag legen würde und dies auch in der Bevölkerung ankäme, dann würden vielleicht auch nicht nur problematische Charaktere zur Bundeswehr gehen (abgesehen davon, dass das auch heute nicht ausschließlich der Fall ist.)
Oder wie schon Roosevelt sagte: „Speak softly, and carry a big stick.“

Dass dann immer noch ein Haufen Probleme zu lösen wären, bleibt davon unberührt.

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Vor dem Hintergrund hat es dann fast schon was von Satire, zu sagen, dass wir eine Wehrpflicht brauchen, weil die Bundeswehr ein Nachwuchsproblem habe.

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Insofern stellt sich die Frage, ob man den längst überfälligen Strukturwandel in der Bundeswehr nicht spätestens jetzt in Angriff nehmen müsste, bevor man die Institution massiv mit weiteren Mitteln ausstattet. Hinzu kommt, dass die seit Jahrzehnten in großen Teilen disfunktionalen Strukturen z.B. des Beschaffungswesens (und als jemand aus der Luftfahrt habe ich da ein paar ganz konkrete Beispiele vor Augen) auf eine ähnliche Art und Weise auf festgefahrene, nie reformierte Strukturen zurück zu führen sind.
Natürlich ist das extrem schwer so eine Reform in die Wege zu leiten, weil man sich da ggf. auch von jeder Menge Erfahrungsträgern trennen müsste. Aber ehrlich gesagt ist es alternativlos, wenn die Zeitenwende nicht in einem Desaster enden soll.

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Laut Bericht in der BPK gab es auch gar nicht wenige sexuelle Übergriffe.

Wer will da freiwillig arbeiten? Und als Wehrdienstler wäre man ja zusätzlich in der Hierarchie ganz unten. Hmmmm…

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Ich beschäftige mich auch schon seit längerer Zeit mit der Wehrpflicht und gehöre zu einer Generation von W10ern, die defintiv nicht für den Ernstfall ausgebildet wurde.

Bis vor kurzem war ich noch ganz klarer Gegner der Wiedereinführung der Wehrpflicht (nach der herkömmlichen Form):

  1. Geschlechtergerechtigkeit. Als Vater zweier Töchter und der Karriere meiner Frau den Vorzug gebend lebe ich ein recht modernes Familien- und Rollenbild der Frau. Aber ohne eine Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig von Gender und Geschlecht, können wir heutzutage keine Wehrpflicht wiedereinsetzen.
  2. Wehrgerechtigkeit: zu meiner Zeit war das Verweigern schon eine blöde Idee, weil längst nicht mehr der ganze Jahrgang gezogen wurde. Wer verweigerte, machte sicher Zivi, wer nicht verweigerte, konnte „dienstfrei“ davon kommen.
  3. Kapazitätsproblem: derzeit ein wichtiger Baustein, dass wir gar nicht mehr die Strukturen vorhalten, um ganze Jahrgänge junger Menschen in den Staatsdienst zu pressen, das sind einerseits Behörden, andererseits Kasernen und militärische Kapazitäten der Ausbildung.
  4. Warum sollten wir junge Menschen einziehen, wenn sie nicht freiweillig zur Armee gehen? Lassen wir die BW doch erst einmal ein attraktiver Arbeitgeber mit materieller Vollausstattung werden. Ein Freund von mir ist mit Z12 bald fertig, würde gerne noch ein paar Monate dran hängen, für diesen Antrag sind drei unterschiedliche Büros zuständig, die nicht miteinander sprechen. Das ist so wie in Koblenz, viel Behörde, wenig Effizienz, aber das kennen wir ja auch von anderen Baustellen der Nation.
  5. Warum fahren wir Freiwilligenprogramme zurück (Bundeshaushalt), während gleichzeitig Steinmeier vom sozialen Dienstjahr spricht? Das steht doch diametral gegenüber: motiviert und freiwillig ist doch immer besser als unter Zwang.
  6. Die Rente ist sicher, die Wahlgeschenke für Alte werden immer mehr, aber wer soll für die nächste Baustelle wieder den Kopf hin halten? Die junge Generation, wie immer.
  7. ECHR (europäische Menschenrechtskonvention) Artikel 4: Verbot der Zwangsarbeit. Da gibt es Einschränkungen, aber den Dienst muss man erstmal so gestalten, dass es juristisch sauber wird. Und dass Karlsruhe gerne mal schlecht gemachte Gesetze kassiert, ist ja auch nichts Neues.

So, da war ich bis vor ein paar Wochen, als ich bei Lanz&Precht (Folge 176) ein entscheidenes Argument gehört habe, dass mich doch an meiner Haltung zweifeln ließ, grob zusammengefasst: wenn die Gesellschaft die absolute Freiheit erreicht hat, wird sich niemand mehr für sie einsetzen.
Ich komme eigentlich aus der progressiven Ecke, aber wenn ich den Gedanken zu Ende führe und alle Menschen in unserer Gesellschaft die absolute Freiheit erlangt haben, dann gibt es noch ein paar Altruisten, die die Freiheit nach außen (und nach innen) verteidigen, aber das war’s dann.

Diesen Schritt erwarte ich nicht mehr zu meinen Lebzeiten, aber ich kann im Positiven wie im Negativen dazu beitragen.

Insofern würde ich heutzutage nicht mehr zwingend gegen die Wehrpflicht argumentieren, allerdings muss der Staat mit Strukturen belastbar in Vorleistung gehen, bevor eine ungerechte (oder auch gerechte) Wehrpflicht wiederkehrt.

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Weitere Argumente GEGEN die Wehrpflicht :

  • Ungerecht für die Jugend, die bereits jetzt Lasten der älteren Generation zu schultern haben (Rente, Klima, …) - siehe auch Post im anderen Thread zu Zivis für Pflegenotstand
  • Junge Männer oder je nach Ausgestaltung ein ganzer Jahrgang geht 1-2 Jahre später in den Beruf mit entsprechendem Verlust an Kaufkraft, Steuern und Sozialabgaben für Gesellschaft und verringerter Lebensarbeitszeit bei den Betroffenen
  • Gleiches gilt auch für eine Zuspitzung des Fachkräftemangels

Dem Argument „wenn die Gesellschaft die absolute Freiheit erreicht hat, wird sich niemand mehr für sie einsetzen.“ von @DrStein würde ich entgegensetzen: dies gilt dann für die ganze Gesellschaft, nicht nur für Jugendliche. Man könnte ja auch fordern ,dass ALLE ein soziales Jahr machen, die nicht schon beim Bund/Zivi/Feuerwehr etc. waren oder etwas ehrenamtliches tun (egal welches Alter oder Geschlecht). Vermutlich wäre die allgemeine Zustimmung Wiedereinführung zur Wehrpflicht dann nicht so hoch…

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Die Begründung der Wehrpflicht kann man ja ganz pragmatisch aus mehreren Richtungen beantworten:

  • brauchen wir mehr „boots on the ground“, um bei veränderter Militärdoktrin National- oder NATO-Territorium zu verteidigen?
  • führen wir einen Staatsdienst ein, um mehr (demokratische) Bindung zu realisieren?
  • kacken uns die Sozialsysteme ab und über die Wehrpflicht kommen schon wieder genug günstige Assistenzkräfte dazu?

Tatsächlich würde ich mich bei allen drei Antworten auf „nein“ festlegen. Alles Probleme, die das Land hat, aber die Wehrpflicht allein wird es nicht richten.
Ich bleibe erstmal dabei, dass ohne eine solide Vorleistung gar keine Wehrpflicht möglich ist, ob sie nun gerecht oder nicht sein mag.
@Jan74 : wo ziehst Du die Grenze, beim Rentenalter? De facto wäre allein schon die Erfassung, wer noch mal ran müsste, ebenso schwierig wie die Erfassung neuer Jahrgänge für eine wiedereingesetzte Wehrpflicht. Grob umrissen sind es etwa 10 Jahrgänge junger Männer und ein Großteil der Frauen, abzüglich aller nicht-deutschen Staatsbürger. Folgen wir Deiner Idee, kommt schon die nächste Ungerechtigkeitslücke auf.

Personalmangel scheint grad das Kernproblem zu sein.

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Die Bundeswehr macht erst einmal gar nichts als Parlamentsarmee. Das muss der Bundestag beschließen: Also jemanden zu überfallen, was fernab der Realität ist.

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Also das, was seit über 10 Jahren versucht wird. Mal ganz abgesehen davon, dass wir jetzt für den Aufbau der nötigen Reserve von ganz anderen Größenordnungen sprechen. AFAIK gibt es keine Nation, die es geschafft hat, so viele Reservisten so schnell ohne Wehrpflicht auszubilden.