Lieber Philip, lieber Ulf,
erstmal wünsche ich euch ein frohes neues und spannendes Jahr 2025!
In der Ausgabe LdN413 vom 17.Dezember diskutiert ihr im Kapitel 7 „Energie: Drohte ein Blackout durch Dunkelflaute“ ab Minute 32:20 über den Sachverhalt, dass zur Dunkelflaute zwischen dem 11. - 14.12.2024 nur knapp 2/3 der am Markt verfügbaren konventionellen Kraftwerksleistung abgerufen wurde und spekuliert, dass absichtlich bestimmte Blöcke (explizit wurden Braunkohleblöcke genannt) nicht hochgefahren wurden, um den Marktpreis oben zu halten. Diese Aussage hat mich ehrlich wütend gemacht, weil sie meiner Meinung nach nur darauf abzielt, fossile Energieträger und die Betreiber dieser Kraftwerke weiter zu diffamieren.
Als Mitarbeiter bei einem großen Energieunternehmen und Betreiber von fossilen Kraftwerken kann ich euch mitgeben, dass wir täglich in Frühgesprächen, über die aktuelle Wind- und Solarprognosen informiert werden. Gerade in Tagen mit wenig Wind- und Solarstrom werden wir sensibilisiert, dass wir unsere Kraftwerksblöcke voll einsatzfähig haben, um zuverlässig Strom in diesen Zeiten zu liefern. Und trotzdem kommt es vor, dass Blöcke aufgrund von Schäden ungeplant nicht zur Verfügung stehen. Des Weiteren können Kraftwerksbetreiber nicht einfach entscheiden, welche Kraftwerke sie hochfahren, sondern der Netzbetreiber fordert die Kraftwerke an, wie er sie braucht. Und die Netzreserve, die systemrelevanten Kraftwerke, werden nur dann auf Anforderung der Netzbetreiber hochgefahren, wenn die Netzstabilität in Gefahr ist. Das war aber zu keinem Zeitpunkt der Fall. Die hohen Preisspitzen gab es auch nur für wenige Stunden, bei der sich spontanes Hochfahren einzelner Kraftwerke nicht rechtfertigt. (Quelle: Dunkelflaute lässt Strompreise explodieren - ZDFheute
Wer ist für diese hohen Preisspitzen verantwortlich? Wie ihr schon gesagt habt, sicherlich nicht allein die Dunkelflaute, sondern es sind viele Faktoren, die hier eine Wirkung haben: die hohen Gaspreise zum Zeitpunkt, reiner Importstrom zum Zeitpunkt, der hohe Stromverbrauch zum Zeitpunkt, aber auch halt, weil wir uns nicht mehr aus eigener Kraft in einer Dunkelflaute versorgen können. Die installierte konventionelle Kraftwerksleistung liegt nahezu beim täglichen Leistungsbedarf in Deutschland. Wir sind auf unsere Nachbarstaaten angewiesen und wie die das finden, haben wir direkt nach der Dunkelflaute lautstark aus Schweden gehört. (Quelle: „Nicht einmal der von Herrn Habeck“: Schweden legt in Dunkelflauten-Wut nach - FOCUS online). Und dieser Zustand wird sich in den kommenden Jahren, durch weitere Abschaltungen noch verschärfen.
Meiner Meinung liegt es im Grunde daran, wie wir in Deutschland die Energiewende angehen. Versteht mich nicht falsch, ich finde es großartig, wieviel die erneuerbare Energien an Strom liefern und ich bin auch überzeugt davon, dass das neue Energiesystem funktioniert und wir emissionsarm und nachhaltig Strom produzieren werden. Aber in welchem Tempo wir aktuell erneuerbare Energien ausbauen und konventionelle Kraftwerke abschalten, ohne den wichtigen Zwischenschritt überhaupt begonnen zu haben, halte ich nicht für richtig. Mein 9-jähriger Sohn hat das schön zusammengefasst, als ich ihm den aktuellen Stand und den Plan der künftigen Stromerzeugung erklärt habe: „Wieso schaltet man denn die alten Kraftwerke ab, bevor man die Neuen [Anm.: Wasserstoffähige Gaskraftwerke, Batteriespeicher, Elektrolyseure] gebaut hat?“.
Dafür gibt es natürlich auch Gründe, aber ein wahrer Kern steckt in der Aussage drin.
Ich freue mich bald eure neue Folge zu hören.
Viele Grüße
André