LdN 408 Gewalt an Frauen

Was in meinen Augen schon viel ist. Aber da sieht man, dass so eine Aussage eben relativ ist.
Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass wir 6.000 Frauenhausplätze in Deutschland haben, wird das noch mal deutlich, dass das eben verdammt wenig ist (vor allem, wenn 400.000 eben nicht viel sind).
Und wenn man die eine Zahl nicht erhöhen will, muss man die andere runter kriegen, so einfach ist Mathematik.

Guten Tag, danke, dass Ihr das Thema aufgreift. Allerdings sehr schade, dass ihr die Arbeit der Polizei so falsch darstellt und zu dem Thema nicht recherchiert. Ich kann zumindest für die Polizei Niedersachsen sagen, dass es zahlreiche Maßnahmen, Fortbildungen, Netzwerke und ein intensives Risikomanagement gibt. Die häusliche Gewalt ist in allen Polizeibehörden ein Schwerpunktthema zu dem alle Polizisten und Polizistinnen sensibilisiert und fortgebildet sind. Wir wollen ganz ausdrücklich das Dunkelfeld aufhellen und Frauen bestärken zur Polizei zu gehen. Die Darstellung suggeriert, wir würden nach wie vor Frauen nicht ernst nehmen. Das schreckt weiterhin Frauen ab, sich bei der Polizei Hilfe zu suchen. Ich schicke gern einmal die in Niedersachsen gültigen Maßnahmenkataloge. Wir müssen unbedingt dran bleiben - die aktuellen Zahlen sind alarmierend.

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Im Lagebericht wird eine Einschätzung hierzu gegeben: " Ideologie als Ursache für Gewaltzunahme

Eine Erklärung für den Ursprung der Gewalt an Frauen und den deutlichen Anstieg der einstellungsbezogenen Hasskriminalität liegt laut BKA „in einer Ideologie der Ablehnung von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter“. In dieser Weltsicht werde Emanzipation und Gleichberechtigung als Bedrohung traditioneller Rollenbilder und der angeblich natürlichen Ordnung aufgefasst."

Ich würde mir hier noch eine differenziertere Analyse wünschen, um die pauschale Bewertung „Männer sind das Problem“ in Richtung "Männer als Anhänger der konkteten Ideologien „x, y,…“ stellen ein besonders hohes Risiko dar. Ich frage mich warum das offensichtlich nicht erfolgt?

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Ich bin grade unsicher, ob das in der Lagefolge dazu erwähnt wurde, oder im Podcast „der Tag“ beim DLF, aber im Bericht der Behörde steht wohl auch was davon, dass es großen Forschungsbedarf gibt. Vielleicht kann man dazu noch nicht viel gesichertes sagen?

Ich arbeite ebenfalls in Niedersachsen als Polizist und kann dem nur zustimmen.
Wir dokumentieren wirklich aufwendig, informieren Beratungsstellen und schöpfen alle uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen auf. Die Dokumentation und die Einbeziehung der Beratungsstellen erfolgt teilweise sogar unterhalb der Schwelle einer Straftat (z.B. bei wiederholten, massiven verbalen Streitigkeiten).

In der Praxis besteht für uns das große Problem, dass wir eigentlich nur drei Maßnahmen zur Verfügung haben

  • einen Aggressor aus der Wohnung wegweisen (wenn er ebenfalls in der Wohnung lebt max. 14) Tage, oder einen Platzverweis aussprechen.
    Seit einer Gesetzesnovelle ist ein Verstoß gegen die Wohnungswegweisung in Niedersachsen eine Straftat, analog zum Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz

  • eine Gefährdeansprache durchführen, getreu dem Motto: halte dich fern oder es folgen unter Umständen weitere Strafanzeigen.

Wieviel Effekt eine Gefährdeansprache oder eine Wegweisung bei einigen Tätern hat, können sich die meisten hier sicherlich denken.

  • und eine Ingewahrsamnahme. Unser gegenüber verbringt also teilweise mehrere Tage in einer unserer Zellen. Diese Ingewahrsamnahme ist jedoch natürlich an hohe rechtliche Hürden geknüpft und wird seitens der Gerichte nur in nachgewiesenen Extremfällen angeordnet.

Bei dem Wort nachgewiesen kommen wir zum nächsten Problem. In Fällen, in denen vielleicht schon eine Trennung vollzogen wurde, oder man zumindest nicht zusammen lebt, bauen die Täter teilweise massiven psychischen Druck auf. Da erleben wir die verschiedensten Varianten. Von Reifen am PKW oder Fahrrad zerstechen, Klingelterror oder Verunglimpfung an der Arbeitsstelle durch anonyme E-Mail oder anrufe. Die Opfer und auch wir, sind uns meistens ziemlich sicher, dass diese Taten durch beispielsweise den Ex-Partner erfolgen. Ohne Beweis gibt es jedoch leider kaum eine Handhabe, weder für uns, noch für Gerichte.

Ich möchte daher an dieser Stelle daher nochmal ausdrücklich betonen, dass auch die (niedersächsische) Polizei dieses Thema sehr ernst nimmt. Es mag sicherlich negativ Beispiele geben. Aber ich kann aus meinem beruflichen Umfeld sagen, dass jeder der mir persönlich bekannten Kollegen und Kolleginnen dieses Feld sehr ernst nimmt und versucht alle Möglichkeiten auszuschöpfen!

Um in diesem Thema voran zu kommen, sollte man meiner Meinung nach vielmehr nach Spanien schauen (in glaube ihr habt in der Vergangenheit schonmal über die dortigen Maßnahmen berichtet).

Hier erhalten Täter, die bereits viel aufgefallen sind eine Fußfessel und betroffene Frauen können eine Art „Warnarmband“ tragen. Durch diese technischen Mittel können zumindest Annährungsverbote wirklich nachhaltig überwacht werden.

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Ja, das ist alles sehr richtig. Daher kann man den Entschließungsantrag (siehe oben) nur unterstützen!

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Ein Teil von Aufklärung über das Thema durch das zuständige Ministerium: https://youtu.be/cocRXt02VfU?si=g3-quXCzi4wF9OVd

Fand ich nicht schlecht, auch mit der Auflösung, dass Hilfe von außen kommt, wenn man so nicht mehr „Mama spielen“ will. Einerseits gut, aufzuklären, andererseits frage ich mich, was das für ein Staat und was wir für eine Gesellschaft sind, dass wir Leuten in Not erzählen, dass es Hilfe gibt und sie dann nicht konsequent bereitstellen, weil uns die par Euro dafür zu teuer sind.

Ich habe mich mit meiner Frage mal interessehalber an ChatGPT gewandt. Die Antwort bringt zumindest für mich einiges Erhellendes:

"Ein interdisziplinäres Expertenteam könnte die Frage nach den drei konkreten Ideologien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Anstieg der Gewalt gegen Frauen in Deutschland relevant sein könnten, unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Ebenen (allgemeine Ideologie, Gruppen, spezifische Täter) wie folgt beantworten:


1. Patriarchale und Traditionalistische Ideologien

Ebene 1: Allgemeine Ideologie

  • Beschreibung: Diese Ideologie basiert auf der Überzeugung, dass traditionelle Geschlechterrollen einer „natürlichen Ordnung“ entsprechen. Sie lehnt die Gleichstellung der Geschlechter und die Emanzipation von Frauen ab, da sie als Bedrohung für kulturelle oder religiöse Werte wahrgenommen wird.

Ebene 2: Gruppen

  • Beispiele:
    • Streng religiöse oder fundamentalistische Gruppierungen (z. B. extrem konservative Strömungen im Christentum, Islam oder anderen Glaubensrichtungen).
    • Gemeinschaften oder Subkulturen, die explizit auf Geschlechterhierarchien basieren, wie bestimmte extrem traditionelle Diaspora-Gemeinschaften.

Ebene 3: Spezifische Täter

  • Merkmale: Täter mit patriarchalen Überzeugungen neigen dazu, Gewalt als Mittel zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung dieser „natürlichen Ordnung“ anzuwenden, oft in Form von Ehrengewalt, häuslicher Gewalt oder sexueller Kontrolle.

2. Rechtsextreme Ideologien

Ebene 1: Allgemeine Ideologie

  • Beschreibung: Rechtsextremismus fördert ein Bild von Frauen als „Hüterinnen des Volkes“ und propagiert Geschlechterrollen, die Frauen auf Reproduktions- und Unterstützungsaufgaben reduzieren. Feminismus wird als Angriff auf die nationale Identität wahrgenommen.

Ebene 2: Gruppen

  • Beispiele:
    • Rechtsextreme Bewegungen und Parteien.
    • Frauenfeindliche Teilstrukturen in rechtsextremen Online-Netzwerken (z. B. in Foren oder sozialen Medien).

Ebene 3: Spezifische Täter

  • Merkmale: Einzelpersonen, die durch Hass auf Emanzipation, Feminismus oder Diversity motiviert sind, äußern ihre Gewalt oft in Form von Übergriffen auf Frauen, die sie als „Symbol der Bedrohung“ wahrnehmen.

3. Anti-Feministische Ideologien in digitalen Subkulturen

Ebene 1: Allgemeine Ideologie

  • Beschreibung: Diese Ideologien, oft im digitalen Raum verbreitet, betrachten Feminismus als Feindbild und Frauen als Ursache für persönliche oder gesellschaftliche Probleme. Typisch ist die Ablehnung von Gleichstellung und die Verherrlichung von Gewalt als Mittel zur „Wiederherstellung männlicher Dominanz.“

Ebene 2: Gruppen

  • Beispiele:
    • Online-Communities wie die „Incel“-Bewegung (involuntary celibates).
    • Männerrechtler-Netzwerke (extreme „Men’s Rights Activists“), die antifeministische Agenden vertreten.

Ebene 3: Spezifische Täter

  • Merkmale: Oft jüngere Männer, die über soziale Isolation und digitale Radikalisierung zu Tätern werden. Ihre Gewalt ist häufig symbolisch gegen Frauen gerichtet, die sie als „Verkörperung feministischer Werte“ betrachten.

Fazit

Das Expertenteam könnte abschließend betonen, dass diese Ideologien nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Oft gibt es Überschneidungen, und Täter sind selten ausschließlich von einer Ideologie geprägt. Eine differenzierte Betrachtung hilft jedoch, Präventionsmaßnahmen gezielter zu entwickeln und die gesellschaftlichen Ursachen anzugehen."

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Ich glaube alle Gewalt gegen Frauen als Folge irgendwelcher Ideologien anzusehen ist ebenso falsch und damit nicht zielführend. Ich habe z.B. mal gelesen, dass es durchaus nicht selten (Zahlen waren glaube ich gar nicht angegeben) wäre, dass Täter nur im Rahmen einer Beziehung zu Gewalt neigen, nicht aber in den Beziehungen davor und danach. Laut der Dame die in diesem Artikel interviewt wurde oft eine Folge unzureichender Fähigkeit Konflikte generell oder aber bestimmte Konfliktsituationen zu lösen. Wenn es dann zu einer Situation kommt die das triggert kann es auch zu Gewalt kommen.

Hier wäre es dann z.B. nötig, dass einfach schon sehr früh in der Erziehung erlernt wird mit Konflikten verschiedener Art umzugehen.

Die körperliche Überlegenheit der meisten Männer in einer Beziehung dürfte hier dazu führen, dass dies oft als einziger Weg gesehen wird. Wenn ich mir ansehe, dass noch heute im Kindergartenumfeld meiner Kinder Eltern sind, die ihren Kindern sich körperlich zu wehren als Mittel gegen Ungerechtigkeiten (also nicht selbst verteidigen bei akuten körperlichen Angriffen) beigebracht werden, dann wundert es mich nicht, wenn diese später auch im Kontext Beziehung zu so einem Mittel greifen.

Das ist natürlich nicht völlig losgelöst von gewissen Ideologien, weil diese ja unter Umständen die Basis davon sind, dass ein Vater z.B. seinem Sohn beibringt „stark zu sein“ und „sich nichts gefallen zu lassen“. Ich denke aber schon, dass die Mehrheit der Eltern die auch noch heute unbewusst solche Ratschläge geben nicht wirklich Anhänger einer Ideologie sind.

Ein Beitrag wurde in ein existierendes Thema verschoben: LdN408 - 2 Kritikpunkte mit Minuten- und Zitatangabe

Liebes Lage-Team,

vielen Dank für Euren Beitrag zu diesem Thema.

Ich bin sehr über die konkreten Zahlen des BKA gestolpert, weil sie so sehr von den sonst ausgewiesenen Zahlen zu (vollendeten) Femiziden abweichen: Der Bericht gibt 360 vollendete Femizide für das Jahr 2023 an. Andere Quellen zählen z.B. 119 (@femizide_stoppen) bzw. 194 vollendete Femizide (One billion rising) für das Jahr 2023. Letztere Zahlen entsprechen dem „alle 3 bzw. alle 2 Tage wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet“ – so wurde es bisher häufig berichtet. Die Zahlen des BKA wären ja dreimal so hoch. Dass die Zahlen grundsätzlich unterschiedlich sind, liegt an den unterschiedlichen Definitionen und dass gar nicht so einfach ist, zu bestimmen, was zu einem Femizid zählt und was nicht. Dennoch eine große Abweichung, zu der ich mir mehr Einordnung gewünscht hätte.

Hier, was ich dazu herausgefunden habe: Dem BKA liegt kein Tatmotiv vor, deswegen wurden hier alle Tötungen von Frauen (ausgenommen Mord mit Raubmotiv und Tötungen auf Verlangen) ausgewiesen. Von diesen 360 Tötungen sind 155 innerhalb der Familie geschehen (=durch jegliche Angehörige außer (Ex-)Partner:innen) und 92 innerhalb der Partnerschaft (=durch (Ex-)Partner:innen) – laut dem BKA ist bei beidem letzteren (zusammen als Femizid durch häusliche Gewalt einkategorisiert) also ein geschlechtsspezifisches Motiv (z.B. Frauenhass) nahe liegender.

Diese Einordnung finde ich wichtig für das Thema, insbesondere weil ich die Meldung „jeden Tag einen Femizid“ häufiger in den Medien gesehen habe – das ist aber nicht die richtige Zahl, sondern überschätzt die Anzahl von Femiziden in Deutschland.

Viele Grüße

Anna

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In Österreich gibt es ein Projekt, das ein Betretungsverbot mit einer obligatorischen 6-stündigen Beratung verbindet. Klingt für mich erstmal nach einer guten Idee. Start für die Beratungsstellen für Gewaltprävention - NEUSTART

Ich nutze auch einmal diesen Thread für eine Anmerkung zur Darstellung in der Lage.

Danke dass ihr euch dem Thema annehmt. Danke für die anderen hilfreichen Anmerkungen. Ich möchte hier die Notwendigkeit der Schulung der Polizei unterstreichen. Das mag nicht überall so sein, hier wurde berichtet, dass es in NRW ggf besser ist. Ich hoffe das. Ich habe zum Glück keine Erfahrungen aus erster Hand, dass ich mit so einem Fall zur Polizei gegangen wäre. Ich möchte von einer Bezirksversammlung in München berichten. Die ist so einmal im Jahr und ein Tagesordnungspunkt ist immer die Polizeistatistik. Hier wurde dann von (ca.) 12 Vergewaltigungen berichtet. Diese wurden bedauert. Dann wurde hinzugefügt, dass nur eine davon im dunklen Park passiert war. In den anderen Fällen hätten die Opfer die Täter gekannt. Mit dem Unterton „also nicht schlimm“. Und: das ist schlimm, hier geschieht Leid und Vertrauen wird zerstört. Ich fand die Darstellung nicht ok und wollte nach den Abstimmungen über Anträgen mit den Polizisten sprechen. Diese waren schon verschwunden. Ich sprach stattdessen mit gewählten Mitgliedern des Bezirksausschusses und auch hier gab es befremden. Ich bin extra 2 Monate später zu einer regulären BA-Sitzung gegangen um das anzusprechen. Ich habe folgende Erklärung erhalten: „Die Leute“ fürchten sich ja mehr vor den Vergewaltigern im Park und da müsse man ja dann nicht so Angst haben. Das war ja nur ein Fall. Ich finde das schlimm: die Polizei sollte die Gelegenheit ergreifen, die anderen Fälle zu verurteilen, an Täter zu appellieren, Frauen zu warnen und ihnen ihre Unterstützung zuzusichern. So wird das Thema sehr normalisiert.

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Vor allem versuchen die Täter die Opfer in eine Abhängigkeits- oder Drucksituation zu bringen (wie auch meist bei sexueller Gewalt gegen Kinder). Die Betroffenen brauchen also ein Gefühl, dass sie in Sicherheit sind, wenn sie den Schritt wagen.
Wenn aber der Täter zum Beispiel 24 Stunden in Sicherungsverwahrung kommt und dann voller Wut zurück, wird man sich eine zweite Anzeige sehr gut überlegen.
Wenn man von einer Bekannten mitbekommt, dass sie zwar nun ihren Peiniger los ist, aber seitdem sich und ihre drei Kinder gerade so über Wasser halten kann, dann wird man sich auch überlegen, ob man bereit ist, dieses Risiko zu gehen.
Und wenn dann Medien von abgewiesenen Frauen in Frauenhäusern berichten, ist das auch nichts, was den Mut zur Polizei zu gehen steigert.

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Ich denke, man muss wie eingangs Sara erwähnte, v.a. bedenken, dass es keine einfachen Lösungen gibt, weil die Ursachen unterschiedlich sind. Sie haben aber eines gemein: Man hat jahrelang einfach zugesehen und nicht in diesem Bereich ausreichend geforscht. Das soll aber keine Einladung sein, sich ein/zwei Gruppen als Sündenböcke auszusuchen (wie es einige Medien gerne tun, die nur über Femizide berichten, wenn es nicht-deutsche Täter sind).

Zuerst: „toxische Männlichkeit“ ist nicht mit „Männer sind das Problem“ gleichzusetzen. Das ist ein beliebtes Gegenargument derjenigen, die Femizide verharmlosen wollen.

Natürliche sind patriarchalische Familienstrukturen und Incels als gefährlich zu erkennen. Aber das betrifft offenbar nicht den Großteil der Tatverdächtigen. Incels kennzeichnet häufig, dass sie keine Beziehungen haben. Nutzt doch mal die Googlesuche mit „Partnerin getötet“ und macht euch ein Bild. Es sind Frauen unterschiedlichen Alters, aber immer haben die Männer „den Zugriff auf die jeweilige Frau verloren“. Wenn dann die Polizei gefragt wird, wird deutlich, dass meist schon vorher eine Morddrohung und/ oder häusliche Gewalt stattgefunden hat.

Ja, die Polizei kann mit den jetzigen Gesetzen nichts tun als abzuwarten bis aus der Drohung Gewalt wird. Und den Frauen wird geraten, Schutz zu suchen. Und was ist mit den (potenziellen) Tätern?
Gibt es einen Kumpel, der bei Morddrohungen rät, einen Therapieplatz zu finden? Gibt es eine Familie, die Hassrede gegen Frauen anspricht und auffordert, diese Aussagen zu reflektieren? Wie geht man denn in der Kneipe mit frauenfeindlichen Aussagen und Witzen um? Vorsicht, anekdotische Evidenz, aber v.a habe ich sehr viele wegschauende Männer erlebt, die „lass ihn einfach“ murmeln.

Was mir v.a. fehlt: Männer, die Anzeichen bei anderen erkennen, einschreiten und sich mit Frauen solidarisieren.

Auch Kleinigkeiten: Beispiel 1: Eine Frau wird nach einem Konzert auf dem Rückweg von einem Mann mehrfach angesprochen, obwohl sie klar macht, dass sie das nicht will. Ein anderer Typ geht auf den Mann zu und fragt ihn nach einer Zigarette, in der Zeit ist die Frau in der Menge verschwunden.
Oder auch Folgendes: die Band Tripkid textet: „Wie gut kennt ihr eure Jungs?“ und „jeder kennt ein Opfer, keiner kennt nen Täter“.

Ja, wir brauchen Maßnahmen nach spanischem Modell, aber auch Eltern, die ihren Söhnen einen gesunden Umgang mit Liebeskummer und Frust beibringen (Gefühle besprechen, Gefühlsregulierung, Was bedeutet Männlichkeit?) aka „educate your sons“, Schulen, die nicht weggucken müssen, wenn Gewalt unter Jungs eskaliert und Mädchen gestalkt werden (viel zu wenige Schulpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen) und vielleicht auch Menschen, die frauenfeindliche Aussagen und „Witze“ nicht immer nur als harmlos abtun. Und eben auch Männer, die sich klar positionieren, ohne auf Heldentum zu hoffen. Jeder Täter fängt nicht mit nem Femizid an, sondern weit vorher.

Toxische Männlichkeit bedeutet v.a., dass Männer, Männlichkeit mit Macht, Durchsetzungsfähigkeit und Stärke verbinden und diese Vorstellungen nicht erfüllt sehen. Gefährlich wird es, wenn sie innere Konflikte nicht aushalten können, wenn z.B. die eigene Frau oder die gewünschte Frau unabhängig ist oder sich gar trennt. Denn sie haben nie gelernt, wie sie damit umgehen sollen. Weitere Indikatoren für mangelnde Gefühlsregulation bei Männern: Suizidrate sowie Alkoholmissbrauch. Da guckt die Gesellschaft auch mitleidig herabschauend weg, obwohl das sogar Staat und Krankenkassen sehr viel Geld kostet.

Kurz: unterschiedliche Ursachen, unterschiedliche Lösungsansätze. Wir brauchen für Yussuf (37) andere Maßnahmen als für Peter (64) und für die Erziehung von Leon (4) und Moghim (5) nochmal andere Ansätze. Denn bisher haben wir nur: „Frau, erstatte eine Anzeige, die nichts bewirkt, solange du nicht körperlich verletzt bist.“ Und für Mädchen: „Such dir einen netten Jungen.“

Wir müssen dringend über Männlichkeit und Rollenbilder in dieser Gesellschaft reden. Denn die Zeit von „ein Mann muss seine Frau vor Feinden beschützen“ ist längst vorbei, was toll ist, aber offenbar zu einer gewissen Orientierungslosigkeit führt.

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Was ist denn die Alternative? Vermeintliche Täter ohne Prozess wegsperren? Auch da muss die Unschuldsvermutung gelten.

Ich komme von der anderen Seite. Trennung von einer Frau mit Persönlichkeitsstörung… Sie hat alles aufgefahren, von Gewalt bis hin zu dem Vorwurf ich könne meine Kinder sexuell missbrauchen. Konnte alles von Fachleuten ausgeräumt werden. Die Mutter hat sogar vor Gericht zugegeben die Kinder zu schlagen, aber da ist ja „nur mal die Hand ausgerutscht“… Meine Kinder, die ich überwiegend betreut habe, bin ich los, weil bei diesen Themen immer jeder sofort anfängt zu hyperventilieren und Angst hat die Verantwortung zu übernehmen (könnte ja doch was dran sein).

Das Thema ist nicht so trivial wie es erscheint. Über 80% der Gewalt-, und Missbrauchs-Vorwürfe in Familienrechtsverfahren stellen sich als falsch heraus. Natürlich muss man dem nachgehen. Man kann aber auch nicht völlig ignorieren, dass viele Leute derartige Vorwürfe gezielt als Waffe gegen den Expartner einsetzen.

Und ich bin selbst Opfer von Gewalt… Die Situation von Frauen mag da schon ziemlich düster aussehen. Aber versuch das mal als Mann… Da wirst Du ausgelacht…

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Auch Männer werden sehr häufig Opfer von häuslicher Gewalt. In fast 30 Prozent der Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland sind Männer betroffen. Es gibt aber bundesweit nur 12 Männerschutzwohnungen. Die Perspektive fehlt mir in der Debatte oft.

Mag sein. Trotzdem sind doppelt so häufig Frauen betroffen und in über 90 % der Fälle Männer tatverdächtig.

Wenn Frauenhäuser besser finanziert werden, wird es sicher auch möglich sein, entsprechend auch Schutzhäuser für Männer in ausreichender Zahl einzurichten.
Gebe allerdings zu bedenken, dass bei den Frauen auch oft Kinder mitbetroffen sind, was bei den Männern vermutlich seltener der Fall ist. Und Frauen sind oft wegen der Teilzeitfalle finanziell vom Partner abhängig.

Und: Es geht in diesem Thread um Frauen. Es spricht nichts dagegen, auch einen Männer-Thread zu öffnen. Aber warum könnt ihr nicht einfach mal den Frauen den Raum lassen? Wir leben in einem patriarchalen System. Meistens sind Frauen die Leidtragenden (auch erkennbar am Paragraphen 218). Wäre schön, davon nicht abzulenken.

Das Gewalthilfegesetz ist übrigens für alle Personen, die Opfervon Gewalt sind, gedacht.