LdN 405 - Wahlkampf: Debatte über wirklich sinnvolle Themen

Ach, wie schön wäre es, wenn euch die Politiker:innen zuhören und dann im Wahlkampf keine Migrationsdebatte führen und sich mit den richtigen Themen konstruktiv beschäftigen würden.

Im Interview mit Isabella Weber habt ihr super nachgehakt, was für Beispiele sie nennen würde. An erster Stelle stand Wohnungsmarkt: Bauen und als kurzfristig wirksame Maßnahme Mietpreisdeckel. Das wäre genial. Würde auch Bürgergeld-Wohngeld sparen :wink:
Ihr Tipp ist richtig: Überlegen, was die Bürger:innen wirklich beschäftigt, was sie belastet, was ihnen helfen würde. Und dann kurzfristig, mittelfristig und langfristig wirksame Maßnahmen einleiten.

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Heyy, hast du einen Vorschlag, wie wir diese ja doch existierenden Ideen sowohl in ihrer Wichtigkeit den Partien vermitteln, als auch in simpler From an Mitmenschen weitergeben können?
Nur mit Freunden und Bekannten reden führt ja nur bedingt weit

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Ich wünschte wirklich, das würde funktionieren. Aber mindestens einen Teil der vorgeschlagenen Ansätze haben verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Ansätzen durchaus probiert, ohne, dass das bei Wahlen so wirklich einschlagen konnte, oder?

Wie definieren wir „wirklich sinnvolle Themen“?

Themen die von globalem Interesse sind wie Klimawandel?

Oder Themen nationalen Interesses wie die Belebung der Wirtschaft in Deutschland, die marode Infrastruktur oder Sicherheit?

Oder individuell brennende Themen wie hohe Mieten und Energiekosten, fehlende Kitaplätze oder drohende Arbeitslosigkeit?

Wer bestimmt was wichtig ist?

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Ich wusste nicht, wie ich es formulieren soll. Themen, die die Menschen beschäftigen, ihnen das Leben leichter oder schwerer machen können. Alles, nur nicht Migration. :wink:
Infrastruktur ja, aber dann natürlich konkreter. Bahn, ÖPNV, Brücken, Schulen, Gesundheitsfürsorge. Dann natürlich bezahlbares Wohnen und sicher noch vieles mehr.
Ich wollte den direkten Bezug zu den Aussagen in der Lagefolge aufgreifen.

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Aber was hilft’s, wenn es einfach nicht glaubwürdig ist? Selbst wenn es mal nicht an der Finanzierung scheitert, dann glaubt doch wirklich niemand an eine zügige Umsetzung.
Was hat die Ampel z. B. nicht alles versprochen beim Thema Wohnungsbau - und was ist passiert?

Diejenigen die wirklich etwas zum Positiven verändern wollen, haben gegenüber Populisten nun mal den entscheidenden Nachteil, dass sie an der Realität gemessen werden. Bestimmte Emotionen zu befördern, geht schnell und billig, da gibt es sozusagen eine unmittelbare Befriedigung. Daher können Versprechen, die nicht eingehalten weredn (können), sogar noch einen negativen Effekt haben.

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Direkt messbarer Einfluss. Deutschland Ticket auf unter 20€ reduzieren. Der Gesamtzuschuss des Bundes ist wohl nur ca 2Mrd. Also durchaus finanzierbar, wenn man möchte.

Mindestlohn anheben.

E-Auto Leasing für x€ bei Autos bis x€ Kaufpreis

Die Mietpreisdeckel wirkt ja so wie ich das verstehe auch nicht sofort sondern sichert bei Umzug nur gegen höhere Mieten ab. Weiß nicht ob da so viele Leute so direkt was von merken, wenn man schon in der teuren Wohnung sitzt.

Oder legt der Deckel eine Obergrenze für Wohnraum fest, auch in bereits vermieteten Wohnungen?

Isabella Weber spricht im Interview ja von nötigen Maßnahmen, um der Eskalation der Ungleichheitskrise entgegenzuwirken und befürchtet, dass es durch die extreme Rechte jetzt tatsächlich sehr ungemütlich in Deutschland werden wird (etwa 1:15:49 bis 1:25:00):

  • Preisbremsen á la Gaspreisbremse (hier von ihr erklärt) beispielsweise auf Grundlebensmittel, Mietpreise, etc.
  • Bei Investitionen auf Bedürfnisse der Bevölkerung achten und nicht nur auf die der Unternehmen.
  • Vermögenssteuer und/oder Erbschaftssteuer
  • Die Bahn nicht mehr als privatwirtschaftliches Unternehmen behandeln, sondern als Bereitsteller eines öffentlichen Guts. Also Ja:

Und was war nochmal der Grund, warum es noch kein Klimageld gibt? Man könnte bspw. als Zeichen, dass man es ernst meint, in einem ersten Schritt bei allen Sozialversicherten die Beiträge senken oder Streichen und sie staatlich gegenfinanzieren, oder eben gleich Direktauszahlungen.

Der Zahlungsmechanismus im bmf muss erst programmiert werden damit man jedem Bürger Geld überweisen kann.
Das Bildungsministerium hat für Studenten einen Mechanismus in einem Jahr hinbekommen. Aber seis drum. Vlt ist es wirklich so kompliziert und keine Schikane

Das muss er aber seit Ende 2021. Wenn das immer noch nicht fertig ist, dann fehlt schlicht der politische Wille, denn natürlich kann man ein solches System in unter einem Jahr live bekommen.

Wir wissen auch aus Hintergrundgesprächen mit verschiedenen Akteuren, die an diesem System mitwirken, dass das Finanzministerium da eine Art Bummelstreik praktiziert: man weigert sich nicht komplett, einen Auszahlungmechanismus zu bauen, und hat auch die nötigen gesetzlichen Regelungen schon veranlasst, ich meine mit dem Jahressteuergesetz 2023. Aber bei der IT gibt man einfach kein Gas. Mein persönlicher Eindruck: das Ziel war, dass das leider in dieser Legislatur nicht mehr klappt, so sorry.

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Muss man sich schon fragen, wie sehr eine Partei auf den Hund gekommen sein muss, damit sie ihre eigenen Programminhalte blockiert, oder? Da ist in meinen Augen völlig klar, dass die anderen mit so einer Partei nicht zusammenarbeiten kann, wenn die nach einem Jahr quasi die eine Hälfte ihrer eigenen Agenda über Bord wirft. Insbesondere, wenn die Hälfte die Grundlage für die Zusammenarbeit war.

Hatte man das nicht auch offiziell so kommuniziert? Lindner hatte doch immer wieder angekündigt, dass das Klimageld frühestens 2025 käme, auch weil die Mittel bereits in anderen Haushaltsposten verplant worden wären (da der Auszahlungsmechanismus noch fehle).

In der Praxis ist der CO2-Preis zum Jahreswechsel gestiegen, doch ein Klimageld gibt es weiterhin nicht. Das liegt zum einen daran, dass ein Auszahlungsmechanismus für eine solche Leistung erst noch geschaffen wird.Aber auch daran, dass das Geld im -Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem das Klimageld gezahlt werden soll, anderweitig verplant ist. Und so gestand Finanzminister Lindner am Wochenende ein, was Beobachtern längst klar war: In dieser Legislaturperiode werde es nichts mehr mit dem Klimageld.

Und Habeck hat darauf hingewiesen, dass die Auszahlung beim aktuellen CO2 Preis so gering sei, dass man es besser aktuell nicht auszahle. Ich glaube es ging um einen Betrag von ca. 20-30 € für 2024.

In Deutschland dagegen diskutiert die Bundesregierung noch gar nicht über Modelle oder Beträge. Grünen-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor Kurzem erklärt, dass die Einkünfte aus dem CO2-Preis viel zu niedrig seien, um jetzt schon eine Rückgabe an die Bür­ge­r:in­nen in Erwägung zu ziehen. Die soll es nach seinen Vorstellungen erst dann geben, wenn der Preis sehr viel höher ist.

Für mich ist das Verzögerung mit Ansage durch die Ampel insgesamt.

Du verwechselst Ursache und Wirkung: Nachdem es keinen Auszahlungsmechanismus gab, weil Lindner das verbummelt hat, hat man das Geld aus der CO2 Bepreisung natürlich anderweitig verplant.

Richtig ist allerdings auch, dass es zumindest bei den Grünen große Skepsis gegenüber einem zu geringen Klimageld gibt, weil das wiederum psychologisch die Akzeptanz von Klimaschutz unterminieren könnte. Insofern wollen auch die Grünen zunächst mal erreichen, dass so viel Geld im Topf ist, dass ein substantielles Klimageld gezahlt werden könnte, beispielsweise 25 € pro Kopf und Monat.

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Es wurde auch im Interview erwähnt, wenn ich mich recht erinnere, das Thema Schule/Bildung gehört für mich ganz dringend nach oben auf die Agenda. Gerade im Hinblick auf eine „sichtbare Demokratie“!
Wir diskutieren über Sozialkunde ab der 5. Klasse, über ein Fach „Demokratieerziehung“, zig Vorgaben, die Demokratiebildung fächerübergreifend abzubilden, und so weiter und so fort. Wir können den Kindern viel von Demokratie erzählen, solange sie sie nicht vor Ort als gewinnbringend erleben, ist das nutzlos.

Wenn die Kinder schon in der Schule täglich den Eindruck bekommen, sie seien der Politik egal und Geld ist für alle da, außer für sie, dann helfen auch schicke neue Fächer nichts. Das sind die kommenden Wählergenerationen, denen da gerade die Demokratie als unzuverlässiges, handlungsunfähiges und bürgerfernes Konstrukt vermittelt wird. Spoiler: An den Bemühungen der Lehrer:innen liegt es nicht…

Das Problem ist natürlich auch, wenn sonst für alles mögliche Geld zusammengehalten wird, dann muss man es aus dem Klima Transformationsfond dafür einsetzen und kann es nicht mehr als Kopfpauschale auszahlen, z.B. Intel Subventionen, die nur indirekt was mit Klimatransformation zu tun haben. Ungeachtet der Verschleppung im BMF.
2023 würden über den nationalen und EU CO2 handel 18 Mrd eingenommen. Wären schonmal knapp 18€/Monat/Person. In der Lebensrealität vieler Menschen und Familien ist das ein bedeutender Betrag.

Aber führt das nicht zu der ehrlichen Betrachtung, dass mindestens 2 von 3 Ampelparteien kein Interesse an einem Klimageld in der Form wie es im Wahlkampf versprochen und im Koalitionsvertrag verabredet wurde, hatten? Mehr noch, als Kompromissangebot haben sich SPD-Minister (bspw. Hubertus Heil) in die Diskussion eingebracht und erklärt man müsse jetzt eine umverteilende Komponente mit ins Gesetz rein verhandeln, ein weiteres Wahlversprechen dessen Bruch plötzlich gewünscht war.

Ich sehe da in Wort und Tat zwischen allen Ampelparteien nur Betrug am Wähler. Die FDP verzögert die Auszahlung. Grün plündert die Mittel für die Auszahlung für eigene Projekte (Intel) statt die Mittel zwecks zukünftiger Auszahlung anzusparen. Und die SPD, naja sag ich jetzt mal nichts zu.

Ich finde es zumindest irritierend die Schuld um das Desaster vor allem bei der FDP zu suchen.

Grundsätzlich finde ich das Blamegame nicht nur in der Politik sinnlos und ermüdend.
Es sollte nicht darum gehen, wer etwas verbockt hat (bzw. wer am besten sich darauf vorbereitet hat, die Schuld anderen in die Schuhe schieben zu können), sondern warum etwas nicht funktioniert hat.
Und da ist es nun mal der Finanzminister, der den Auszahlungsmechanismus torpediert hat.
Dass letztendlich alle Parteien ganz froh waren, eine Ausrede zu haben, warum man das Geld jetzt leider nicht in homöopathischen Beträgen auf die Bürger regnen lassen kann, darf man da durchaus auch beleuchten und wirft den Spot auf ein anderes Problem: dass die Weltlage und die daraus resultierende Inflation eine Stimmung schaffte, in der 30€ im Monat mehr auf dem Konto nicht als Entlastung empfunden worden wären.

Die Grünen hatten zwar Interesse an dem Klimageld, aber haben sich ebenso dafür eingesetzt dass riesige Summen des KTF in andere Maßnahmen gelenkt werden, so dass faktisch nie ausreichender Überschuss für ein nennenswertes Klimageld vorhanden war.

Mittlerweile, mit Aussicht auf die anstehenden Wahlen und das zwischenzeitliche Haushaltsurteil des BVerfG, ist das Thema doch auch in der kommenden Legislaturperiode durch. Der Fokus der CDU wird auf Ausgabensenkungen und angebotsorientierter Wirtschaftspolitik liegen und entweder sie koalieren mit den Grünen, die das leicht in Richtung Umweltpolitik lenken können, oder mit einer SPD, die sozialpolitische Umverteilung und/oder Industriepolitik bekommt.

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