LdN 386: BSW Polemik im Podcast

Das konkreteste was da im Text steht ist folgendes:

„Lulas Friedensansatz ist zunächst nicht mehr als ein Vorschlag, ohne genauere Details. Er basiert auf der Überzeugung, dass eine gemeinsame und breit angelegte Initiative einer Gruppe friedensorientierter Nationen zur Beendigung der Feindseligkeiten in der Ukraine beitragen kann. Im Kern wird ein sofortiger Waffenstillstand gefordert, sowie der Kompromiss, dass alle beteiligten Parteien an einem fairen und dauerhaften Friedensplan arbeiten.“

Also eine Idee, kein konkreter Ansatz.

Basiert stark auf der Annahme, das sowohl Russland als auch die Ukraine primär an einem Frieden interessiert sind. Bei der Ukraine nehme ich das stark an.

Das ist ja noch kein Friedensplan

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Es ist mehr als alle anderen haben. Und ich hoffe ihr denkt nicht, dass Russland tatsächlich militärisch besiegbar ist? Das ist wahrscheinlich eher nicht so, was auch etliche Generäle bestätigen. Man kann R. Verluste zufügen aber militärisch wird dieser Krieg nicht gewonnen werden. Frage ist jetzt wieviele Tote es noch geben muss bis diese Verhandlungen ernsthaft beginnen.

Wenn ich das mal aufdröseln darf:

  1. eine gemeinsame und breit angelegte Initiative einer Gruppe friedensorientierter Nationen zur Beendigung der Feindseligkeiten in der Ukraine.

Das könnten ja ggf nur eher neutrale Staaten wie Brasilien, Indien oder so sein. Diese müssten dann also an Putin und Selenski herantreten und einen Waffenstillstand aushandeln. Was voraussetzt, das nicht nur die Ukraine einen Waffenstillstand will (wie die aktuellen Aussagen der Ukraine ja zeigen), sondern auch Russland müsste ernsthaft an einem Waffenstillstand interessiert sein, also der Wunsch nach Frieden müsste höher sein als der Wunsch, die gesetzten militärischen Ziel zu erreichen.

  1. der Kompromiss, dass alle beteiligten Parteien an einem fairen und dauerhaften Friedensplan arbeiten.

Wer wären dann alle beteiligten Parteien? Russland, Ukraine. Wer noch? USA? Europa? China?
Da es ein fairer Friedensplan sein soll, der dauerhaft hält, müsste ja Russland im Grunde alle eroberten Gebiete im Rahmen von Verhandlungen zurückgeben bzw vollständig räumen, inkl. Krim.
Weil alles andere wäre nicht fair der Ukraine gegenüber.
Dafür müsste man Russland ja andere Zugeständnisse machen. Welche?
Vor allem, wie erklärt Putin in so einem Fall, das fast 3 Jahre Krieg und rund 150.000 Opfer nur auf russischer Seite halt umsonst waren? Wie will er das innenpolitisch überleben?
Sollte man andererseits keinen fairen Frieden vereinbaren, sondern die Ukraine gibt Gebiete dauerhaft ab, legt man damit den Grundstein für weitere Kriege. Entweder Russland sagt, wenn das schon mal so geklappt hat, probier ich das nochmal und hole mir noch mehr Ukraine, bis ich alles habe.,
oder in der Ukraine wächst der Wunsch, die verlorenen Gebiete zurück zu holen.
Klingt nicht dauerhaft…

Also für mich klingt das zu dünn, um als ernsthafter Vorschlag gelten zu können.

Es gibt Russland-Kenner, die sagen, das Putin tatsächlich nur auf Stärke reagiert. Also jegliche Art von Entgegenkommen und Kompromiss als Schwäche ansieht und dadurch zu mehr Aggression angestachelt wird.
Also haben wir da ein sehr starkes personelles Problem

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Wie geht der Plan damit um, dass Russland nicht (ohne vorherige massive Zugeständnisse) verhandeln will?

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Eine ganz hörenswerte Einordnung, die zeigt, wie problematisch das BSW ist:

Schon bezeichnend, wenn du genau ein Wort(!) von mir zitierst, aber Nullkommanull auf meine Argumentation eingehst, um dann mit einer rhetorischen Frage einzusteigen, die nichts mit dem zu tun hat, was ich geschrieben habe. Ich habe nicht danach gefragt, um wessen Atombomben es gehen könnte.
Unterstellungen wie die, dass „alle“ hier bereit seien, für die Ukraine „alles“ zu opfern, mögen dem eigenen Selbstbild dienlich sein, haben aber weder viel mit der Realität zu tun, noch mit einer sachlichen Diskussion über die Unterstützung der Ukraine. Ähnliches gilt für „Argumente“ wie „Geh doch selber erst mal an die Front“.

Diese Äußerung tut so, als ob über diese Frage zweieinhalb Jahre nicht nachgedacht und gesprochen worden wäre. Auch das hat mit der Realität wenig zu tun.

Es ist natürlich immer schwer in so etwas Komplexem wie der Realität einen Ist-Zustand zu vergleichen mit dem Zustand, wie diese Realität gewesen wäre, wenn X, Y oder Z nicht gewesen wären. Dennoch gibt es sehr konkrete Auswirkungen der Waffenlieferungen, die man auch nachvollziehen kann, wenn man sich wirklich dafür interessiert. Die sind nicht immer so positiv wie erhofft, aber dass es gar keinen positiven Effekt gab, ist einfach falsch. Ich habe ja schon ein entsprechendes Beispiel genannt, aber an einer konkreten Auseinandersetzung in der Sache scheint es da nicht wirklich Interesse zu geben.

Die Toten und Vertriebenen sind in erster Linie eine Folge des russischen Angriffs, nicht der ukrainischen Verteidigung. Zu ergänzen wären noch die Verschleppten, Verstümmelten, Gefolterten, Traumatisierten etc. pp.

Welchen Vorschlag meinst du? Den von Juni 2023? Warum redest du nur vom „Westen“ und nicht von der Ukraine? Die hat die Gründe für ihre Ablehnung dieses Plans deutlich gemacht, unter anderem hat sich Lula geweigert, nach Kyiw zu kommen, mit Selenskyi zu sprechen und hat stattdessen der Ukraine eine Mitschuld am Krieg gegeben. Warum sollte die Ukraine daran interessiert sein?

Dass „der komplette globale Süden“ beim Ukrainekrieg eine einhellige Meinung vertritt, ist schlicht nicht wahr. Zahlreiche Staaten im Globalen Süden haben den Angriff Russlands gegen die Ukraine scharf verurteilt, einige haben auch an Friedenskonferenzen teilgenommen, zuletzt in der Schweiz. Auch dass BRICS-Staaten „nicht mal angehört“ würden, ist schlicht falsch, sowohl die Ukraine als auch Staaten „des Westens“ stehen mit mehreren von ihnen regelmäßig im Austausch. Indien hat auch an dem Gipfel in der Schweiz teilgenommen, der nächste findet vielleicht sogar in Indien statt. Nur ist es eben so, dass gerade Brasilien und China eine tendenziell antiukrainische und prorussische Haltung vertreten. Das geht in einer bestimmten Sorte von Rufen nach „Frieden“ halt immer schnell mal unter.

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Ich fände es sehr hilfreich, wenn man bei Vorschlägen zu einer Friedenslösung mal wenigstens oberflächlich in Rechnung stellen würde, was dazu aus Russland für Signale kommen und kamen. Zuletzt das aktuelle Interview im DLF mit dem russischen Botschafter in Deutschland Botschafter Netschajew: Ukraine wurde zu "Anti-Russland" gemacht. Wenn man dem zuhört, welche Lügen da wieder und wieder erzählt werden, welche Forderungen gestellt werden, kann man wissen, dass das einzige Hindernis für einen gerechten Frieden in der Ukraine die russische Politik ist. Die wollen keinen Frieden, die sagen seit über 2 Jahren jeden Tag von Fernsehsendungen über Staatsbeamte bis zu Putin selbst ganz offen, dass sie das nicht wollen, die haben spätestens mit dem offenen Bruch der Garantien aus dem Budapester Memorandum 2014 völlig klar gemacht, dass sie keinerlei Rücksicht auf Verträge nehmen werden, wenn die nicht massiv militärisch abgesichert werden, die haben von Beginn an eine Besatzungspolitik der ethnischen und politischen „Säuberungen“ betrieben. Wie man mit so einem Gegenüber „Frieden“ schließen will, oder wenigstens ein Abkommen schaffen will, das nicht genauso gebrochen wird, wie die früheren, dazu höre ich kein konkretes Wort. Nur dass „der Westen“ es nicht wenigstens versucht hätte. Als wären im Vorfeld und in den Anfangstagen des Ukrainekriegs die westlichen Politiker alle nur zufällig zum Urlaub in Moskau gewesen und hätten mit Putin auch nur täglich über die Qualitäten seiner Lieblingshündin telefoniert. Wenn man nach über 2 Jahren noch immer keinerlei konkrete Vorschläge machen will, wie Verhandlungen und irgendein Frieden aussehen könnten, liegt es vielleicht daran, dass das einfach nicht funktioniert, weil ein Land sich wieder und wieder für den Krieg entscheidet, solange man es lässt? Und dass das dann trotzdem immer wieder gefordert wird, hat möglicherweise mehr damit zu tun, dass die Leute in Deutschland ihre Ruhe haben wollen, als damit, dass die sich um die Ukrainer sorgen. Dass die viel zu zögerlichen, viel zu geringen, viel zu begrenzten Waffenlieferungen des Westens den Krieg nicht zu Gunsten der Ukraine entscheiden, ist auch kein Grund, dieses Mittel als grundsätzlich unwirksam zu bewerten. Viele Terrorangriffe auf zivilie Infrastruktur wurden mit westlicher Luftabwehr verhindert und offensichtlich ist der Krieg für Russland ein strategisches Desaster. Das wäre ohne westliche Unterstützung nicht so ausgegangen. Dass das nicht massiver wirkt, ist kein Versehen, sondern (völlig fehlgeleitete) westliche Rücksichtnahme auf tatsächliche und vermutete russische „rote Linien“ die nichts anderes sind, als fortgesetzte nukleare Erpressung. Und jeder weiß ja, dass ein Erpresser, dem man gibt, was der will, danach Ruhe gibt und auf keinen Fall bei nächster Gelegenheit mehr fordern wird.

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Da wir uns hier im Kreise drehen und keine neuen Argumente kommen (können?), würde ich den Thread hier schließen, bevor es entgleitet.

Falls Interesse an einer konkreten Diskussion besteht die aktuell noch nicht Thema war, gerne eine konkrete Frage mit neuem Thread erstellen.

Vieles wurde ja hier schon diskutiert:

Vielen Dank an alle (!) für die Meinungen und auch sehr konträren Positionen.

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