LdN 351 Jobs für Geflüchtete

In diversen Folgen erwähnt Ihr völlig richtig, dass Geflüchtete ohne anerkannten Asylantrag und Migranten mit Duldungsstatus eine Genehmigung der Arbeitsagentur brauchen, um eine Stelle anzutreten. Als Hinderungsgrund, wieso das oft so schwierig ist, werden von Euch auch die langen Wartezeiten angeführt.
Aus meiner ehrenamtlichen Erfahrung in diesem Bereich sind die langen Wartezeiten zumindest in München nicht das Problem.
Der Grund, wieso überhaupt eine Genehmigung eingeholt werden muß, findet sich in der offiziellen Quelle hier: Zugangsvoraussetzungen zum Arbeitsmarkt

Zugespitzt ist vor allem der Punkt 8.3 Vorrangsprüfung ein entscheidender Grund, wieso viele Menschen aus Drittstaaten KEINEN Job antreten dürfen.
Gesetzt den Fall, dass eine Duldung oder eine Fiktionsbescheinigung vorliegt und auch ein Arbeitsvertrag, prüft die Arbeitsagentur, ob es deutsche oder EU-Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer aus bevorrechtigten Drittstaaten (Schweiz, Australien, USA etc.) gibt, die ebenfalls auf das Stellenprofil passieren würden. Ist das der Fall, bekommt der Antragsteller den Job nicht. Die Prüfung erfolgt rein abstrakt - sind theoretisch andere Kandidaten da, die müssen nicht real am gleichen Ort da sein.

Handelt es sich um einen schlecht bezahlten Job hart am Mindestlohn (Spülhilfe etc.), dann wird die Genehmigung in der Regel erteilt. Sobald der Stundenlohn aber nur marginal höher liegt (da reichen meist schon 13 oder 14 Euro), wird die Genehmigung nicht erteilt. Nur, wer sich auf die Hinterbeine stellt und den Arbeitgeber bescheinigen lässt, dass er trotz intensiver Suche niemand sonst gefunden hat, kriegt den Job.

Angesichts des Arbeitskräftemangels ist diese Vorrangprüfung ein totaler Anachronismus. Es ist mitnichten so, dass die Prüfung zum Schutz des AN erfolgt, um eine Beschäftigung zu illegalen Bedingungen zu vermeiden. Das ist schon daran erkennbar, dass AN, die aus der EU kommen, sich der Freigabe der Arbeitsagentur gar nicht stellen müssen, so dass in aller Regel gerade Rumänen, Bulgaren, Polen etc. hier in Deutschland regelmäßig in Jobs arbeiten, die faktisch unter dem Mindestlohn liegen, wo der Arbeitgeber der xte Subunternehmer ist und in vielen Fällen der Lohn nicht gezahlt wird.

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Das wird wohl juristisch richtig sein, aber ich verstehe es trotzdem nicht.
Es handelt sich ja um Mitbürger mit Wohnsitz in Deutschland, die auch nicht einfach „nach Hause“ fahren, wenn sie keinen Job bekommen, sondern hierbleiben und dann von der öffentlichen Hand bezahlt werden müssen.
Dafür muss man dann ggf. jemanden aus einem anderen Eck Deutschlands oder dem EU-Ausland anwerben und die Umzugskosten übernehmen

Schilda lässt grüßen

Danke, sehr interessanter Beitrag. Ich habe das gleich gegooglet, da es mir unbekannt war. Hier ein Infoblatt der Agentur für Arbeit dazu. Kleine Ergänzung: Daraus jedenfalls ergibt sich allerdings nicht, dass es über den EWR (EU+Island, Liechtenstein, Norwegen) bevorrechtigte Drittstaaten gäbe (das macht es aus arbeitsmarktpolitischer Sicht aber lediglich noch absurder).
Zitat aus dem Infoblatt:

Ziel der Arbeitsmarktprüfung ist, nachteilige Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt sowie Wettbewerbsverzerrungen durch die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu verhindern.

Dort sollte, ist man ehrlich, wohl eher „nachteilige Auswirkungen auf die bio-deutschen Arbeitnehmer“ stehen. Zähneknirschend musste man dann auch EWR-Bürger:innen den gleichen Schutz gewähren. Auch wie die bloße Beschäftigung von Nicht-EWR-Staatsangehörigen bei sonst gleichen arbeitsrechtlichen Bedingungen den Wettbewerb verzerren sollte, ist mir auf den ersten Blick schleierhaft.

Bzgl. Ausnahmeregelungen hatte ich das hier gefunden, aber nicht extra verlinkt:

Da sind die EFTA-Staaten vermerkt, sowie einige weitere.

Was ihr bei dem Thema weggelassen habt und was meiner Meinung nach nicht nur kein unwesentliches Detail ist, sondern eine gute Stellschraube ist:

Nach 4 Jahren können Geflüchtete ohne Einbeziehung der Ausländerbehörden und auch ohne Bundesagentur für Arbeit arbeiten (Unternehmen: Aufenthaltsstatus und Arbeitsmarktzulassung | Bundesagentur für Arbeit)

Wenn man das auf drei oder zwei Jahre ändert und entsprechend kommuniziert, ist es ohne den von Euch stets befürworten aber politisch wohl nicht ohne weiteres umsetzbaren Systembruch, die Unterscheidung zwischen Asyl- und Visumstrack aufzugeben / aufzuweichen, möglich, die Arbeitsaufnahme erheblich zu vereinfachen.