LdN 351 DB AG | InfraGo und die Lösung der Probleme

Liebes LdN-Team. Danke für die Zusammenfassung. Insbesondere auch für die Begründung, weshalb DB Energie nicht mit einbezogen wird. Dass das aktuell vorliegende Konzept der InfraGo nicht die Probleme lösen wird, habt ihr zum Teil ja schon beschrieben. Leider geht ihr der Argumentationslinie des Ministeriums auf dem Leim, dass es nach Abschluss des Sanierungsprogramm zu Hochleistungskorridoren besser wird. Ja, die Infrastruktur ist runter gewirtschaftet, aber das ist (wie ihr beschrieben habt) schon seit 20 Jahren das Problem und hat seine Ursache in der Bahnpolitik und -Führung der letzten 30-35 Jahre. Bisher (bis vor ca. 3-5 Jahren) hat es aber auch deshalb noch ganz OK funktioniert, weil im Hintergrund Menschen gearbeitet haben, die ihre Tätigkeit mit Sachverstand und Systemwissen ausgeführt haben.
Nun sind es in den letzten Jahren ein paar mehr Züge und Baustellen im Gesamtsystem geworden. Zusätzlich sind viele verdiente Eisenbahner in den Ruhestand gegangen und das mittlere bis obere Management noch mehr fachlich untaugliche Vorgaben gemacht. Es fehlt an (Organisations-)Struktur, offizieller Ermächtigung der Dispositionsebenen und Kommunikation zwischen den einzelnen Software-Tools. Das ist zum großen Teil auch von der „Beschleunigungskommission Schiene“ adressiert worden und wird von Wissings Haus, sowie der Konzernspitze der DBAG konsequent ignoriert.

Es würde mich freuen, wenn ihr diesen Aspekt ebenfalls beleuchten würdet, denn das scheint irgendwie keinen zu interessieren und könnte binnen weniger Monate zu einer spürbaren Verbesserung beitragen. 2030, wenn dann die Sanierungen (hoffentlich erfolgreich - was anhand der bisherigen Projektsteuerung zu bezweifeln ist) abgeschlossen sind, werden die strukturellen Probleme weiterhin bestehen und alle Verantwortlichen werden sagen „Das haben wir nicht geahnt.“

PS: In manchen Kreisen gelten die Handlungen von DB Netz seit 10 Jahren als Kriterium, um §14 ArbZG (Ausnahmen zur Dienstlänge) zu begründen. Diese sind in ihrer konkreten Form schließlich nicht vorhersehbar und gefährden u.U. das Ergebnis der Arbeit, bzw. richten unverhältnismäßige Schäden an.

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Welchen Aspekt denn? Bitte schreib doch noch einmal möglichst konkret auf, was genau passieren müsste, aber von Wissing und Co. ignoriert wird.

Hi, aus meiner Sicht wurden leider noch ein paar Dinge unterschlagen. In der Folge wurde beispielsweise ein Vergleich mit der Autobahn AG gezogen. Das Netz der Bahn ist aber eben nicht vergleichbar mit dem Straßennetz oder auch der Fluginfrastruktur, da es technisch deutlich anspruchsvoller ist und keinen freien Zugang für alle Eisenbahnunternehmen geben kann. Je nach Strecke können nur bestimmte Züge fahren. Abhängig von Art, Leitsystem, Antrieben, etc. Soll heißen, dass der Abstimmungsbedarf und die Kooperation zwischen Infrastrukturbetrieb und Verkehrsunternehmen deutlich höher ist, als auf der Straße, auf der erstmal alle fahren können. Dies macht eine deutlich stärkere Verzahnung zwischen Betrieb und Verkehrsunternehmen notwendig.

Zudem ist es ja bereits heute so, dass die Strecken und die Verkehre auf den Netzen über Ausschreibungen vergeben werden. Will man ein möglichst großes Angebot, dann bringt es nichts, wenn sich private Unternehmen die gewinnbringenden Rosinen picken und die DB Regio den Rest machen muss. Gleiches gilt für den Güterverkehr bei dem die DB Cargo nach wie vor den defizitären Verkehr von einzelnen Güterwaggons anbietet.

Die Reform der Organisation ist darüber hinaus nur halbherzig. Viele Unternehmen, die für die Infrastruktur entscheidend sind, wurden bei der Umstrukturierung nicht berücksichtigt. Dazu gehören beispielsweise die DB Kommunikationstechnik, DB Systemtechnik, DB Engineering & Consulting und weitere.

Die größeren Probleme werden aber, wie mein Vorredner schon sagte, der Fachkräftemangel und die Ineffizienzen sein. Derzeit werden bei der DB aber auch bei den Planungs-, Ingenieurs- und Baufirmen und in den Behörden in allen Bereichen massiv Leute gesucht, die das Geld auch tatsächlich in Infrastruktur umsetzen können.

Zudem ist es so, dass der Bund als Geldgeber noch zusehr in alten Denkmustern verhaftet ist. Die neue Reform bricht einige Sachen zwar erstmalig auf, so soll zum Beispiel zukünftig auch die Instandhaltung finanziert werden, andere Dinge werden allerdings nicht betrachtet. Wie sich die Infrastrukturgesellschaften selber aufstellen, welche IT zum Beispiel benutzt wird, ist den Unternehmen überlassen. Dies führt beispielsweise dazu - siehe auch die Anmerkungen meines Vorredners - dass diverse halbgare IT-Lösungen genutzt werden, die ineffizient sind und verhindern, dass zielgerichtet gearbeitet werden kann. Da die IT aber die Mittel der Infrastrukturunternehmen betrifft und nicht durch den Bund finanziert wird, ist meines Erachtens kurzfristig keine Besserung in Sicht.

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Danke für den Beitrag. Aber auch an dich die Frage: Was genau müsste sich denn ändern? Kannst du das konstruktiv formulieren?

Das ist abstrakt und kurz leider nicht leistbar. Gut zusammengefasst hat das die BKS in ihrem Abschlussbericht. Ich möchte da besonders auf die Cluster 1.4 bis 1.7 hinweisen. Leider fehlt die Verknüpfung aus 1.4 und 1.5: Es gibt viele Züge, denen ist es „egal“, wo und wann genau sie fahren. Wichtig ist nur, dass sie an bestimmten Stellen zu einer bestimmten Zeit sind. Dazu bedarf es einer Zentralisierung und Automatisierung der Prozesse für die Fahrplanerstellung und die Dynamisierung der bestehenden Fahpläne. 2 Beispiele:

  1. dem durchgehenden ICE von Berlin nach Köln (ohne Zwischenhalt) ist es egal, ob er über Lehrte, Hildesheim, Hannover Hbf, oder der Güterumgehung Hannover fährt, solange er möglichst pünktlich ankommt, wenig Verspätung bei weiteren Zügen induziert, möglichst wendig Antriebsenergie benötigt und alle Fahrdienstleiter und der Triebfahrzeugführer den gleichen Plan haben (1 Unterlage, die sich auch dynamisch ändern kann, aber immer eindeutig und identisch ist)
  2. Der Güterzug aus Wegliniec (Polen) nach Rotterdam kommt in einem Zeitfenster von ca. 6 Std. nach Deutschland. Es muss 1x der Triebfahrzeugführer gewechselt werden. Das könnte in Magdeburg Hbf geplant werden. Dann ist es aber auch egal, ob der Zug im Endeffekt über Magdeburg (wo sich das Personal befindet), Stendal Hbf, oder Halle Hbf (1 Std. Fahrzeit im Nahverkehr) fährt.
    Eine Voraussetzung wäre die Anforderungen für die Ortskunde der Triebfahrzeugführer und die Unterlagen dafür weiter zu verbessern. (Verantwortung: VDV, DB Netz, EBA)

Ja, viele der notwendigen Prozesse müsste DB Netz anstoßen. Wissings Ministerium müsste allerdings die Strategie vorgeben, ggf. Förderungen organisieren und die Fortschritte begleiten (mit vulgären Worten: der DB Netz und dem EBA in den A… treten).

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Noch etwas: Es kann nicht sein, dass der Bahnbetrieb großflächig eingestellt wird, weil der DWD etwas Wind, Schnee, Eisregen vorhersagt, oder Menschen egal welchen Alters, oder Uniform auf den Gleisen spazieren gehen! Solange der Bahnbetrieb nicht durch Hindernisse mechanisch gefährdet wird, müssen Lösungen (!) gefunden werden, um den Bahnbetrieb aufrecht zu erhalten. Das könnten wir binnen weniger Wochen haben:
→ Vorgabe, dass Bewuchs neben Bahnstrecken den Bahnverkehr nicht gefährden darf; der Eigentümer der Fläche haftet; DB Netz ist für das Monitoring verantwortlich; das EBA übernimmt die Hoheitliche Koordination (Mahnung, Auftrag der Behebung, Owi)
→ DB Netz bestellt Schneeräum- und Enteisungsfahrten, wie es bis vor 15 Jahren üblich war (solange auf einer Strecke Zugverkehr fährt, bleibt diese für gewöhnlich auch befahrbar)
→ Beräumung einer Kollisionsstelle geht vor der ausführlichen Dokumentation der Kollision: Teile von Lebewesen (egal, welcher Spezies) werden eingesammelt, Kfz-Trümmer werden von den Gleisen geräumt, damit der Regelbetrieb so schnell, wie möglich wieder aufgenommen werden kann (Vorgaben für Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr)
→ Konsequente, klare und zeitnahe Verfolgung von „Gefährdung des Bahnverkehrs“ als Straftat nach Vorfällen (zumeist Kollisionen an Bahnübergängen) (Verantwortung: BMJ + BMI)

PS: Es gibt eine Reihe von Einzelfällen, die Betriebseisenbahner erzählen können. Eventuell durchscheinende Verrohung und fehlendes Mitgefühl für Angehörige kommt aus psychischer Präkonditionierung für den Fall, dass man all die Dinge einmal selbst erlebt. Kollisionen mit Vögeln, Rehen und Wildschweinen sind geübte Praxis. Das wird inzwischen wegen der absurden betrieblichen Folgen zumeist nicht einmal mehr gemeldet. Die Tiere tun einem aber Leid, da sie es nicht haben besser wissen können…

@vieuxrenard, ein großer Faktor ist es, dass die Entwicklung von Anwendungen im Regelfall nicht finanziert wird. Plastisch gesagt, ist es im Bereich der Infrastruktur rentabler zusätzliche Arbeitsschritte und Ineffizienzen zu behalten als effizientere Anwendungen zu entwickeln, die Arbeit abnehmen. Die Arbeitsleistung wird als Beitrag zum Infrastrukturausbau finanziert, IT-Entwicklung nicht. Dabei gibt es ein Auseinanderfallen von Kosten und Nutzen. Die Kosten liegen zunächst bei der DB, profitieren würde aber die Allgemeinheit, da Projekte besser umgesetzt werden könnten. Hier müsste der Bund in die Finanzierung einsteigen und/oder seine Steuerungsfunktion stärker wahrnehmen.

Dies führt dann dazu, dass einzelne Abteilungen Insellösungen entwickeln, die nur für abgegrenzte Bereiche funktionieren. Dies wiederum führt dazu, dass die Anwendungen beispielsweise keine Schnittstellen besitzen, sodass gleiche Daten jedes Mal aufs Neue erfasst werden. Eine einheitliche Datenbasis fehlt. Ebenso sind Medienbrüche an der Tagesordnung. Soll heißen, dass Informationen in einer Anwendung gepflegt werden, dann als PDF verschickt werden und wieder manuell eingepflegt werden müssen.

Es gibt viele engagierte Personen, die versuchen den Status Quo zu verändern, allerdings ist dies noch ein langer Weg.

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