Weiß man etwas genaueres dazu, warum das in Deutschland so schwierig ist bzw. wie andere Länder das hinbekommen haben? Ganz allgemein und gar nicht Mal speziell auf einzelne bevölkerungsgruppen ausgerichtet.
Beispiel Hongkong:
Dort gibt es die sog. Octopus Card. Ursprünglich Mal gestartet als Zahlmethode für den Public Transport (an U-Bahn Stationen mit Bargeld am Automaten aufladen, dann für alle Züge sowie in Bussen und Straßenbahnen als Zahlungsmittel nutzbar bzw sogar verpflichtend). Mittlerweile ist diese jedoch auch in extrem vielen Läden, Restaurants, am Flughafen usw. akzeptierten Zahlungsmittel. Teilweise sogar das einzige akzeptierte bargeldlose Zahlungsmittel, wahrscheinlich da günstiger als Kreditkarte. Die Chipkarte kann anonym erworben und genutzt werden, auf Wunsch aber auch mit der Handynummer oder sonstigen Merkmalen verknüpft werden. So konnten theoretisch auch staatliche Corona-Hilfen in Form von Consumption Vouchers direkt auf der Karte empfangen werden.
Spannend aus Sicht des Geld vs. Waren -Blickwinkels, der im Beitrag angesprochen wurde:
Gewisse Online-Shops und insbesondere Geldähnliche Produkte wie Gutscheine, iTunes Gift cards etc. konnten mit diesen Consumption Voucher Guthaben dann explizit nicht erworben werden, sodass ein tatsächlicher Konsum statt Versendung des Geldes erzwungen wird.
Generell scheinen diese Karten in der Bevolkerung super akzeptiert zu sein. Vielleicht sollte man auch als Deutschland mal öfter in anderen Ländern nach Inspirationen suchen, statt immer das Rad neu erfinden zu wollen.
Du hättest gerne einen Link angeben können: Octopus-Karte – Wikipedia
Die Funktion dieser Karte übernimmt bei uns weitgehend die Debit- oder Kreditkarte, d.h. so was Ähnliches gibt es schon, inzwischen auch für Kleinstbeträge ohne PIN-Abfrage. Zusätzlich hat die Octopus-Karte wohl den Vorteil, genauso anonym wie Bargeld zu sein.
Ich denke, viel wichtiger, als warum wir das nicht hinbekommen, ist doch, ob es wirklich etwas bringt.
Wenn ich kein Bargeld habe, aber gut in einer Community vernetzt bin, gehe ich mit oder für jemand anderen (regulär arbeitenden) einkaufen. Ich bezahle mit der Chipkarte und mein „Freund“ gibt mir das Geld für seinen Einkauf, den ich mitbezahlt habe.
Vielleicht finde ich auch ein Geschäft, dass an das Hawala-System (Geldtransfer in der islamischen Welt) angeschlossen ist. Die rechnen mir Waren ab und schicken (nach saftigen Kosten) das Geld an meine Verwandten.
Wenn es ganz schlimm kommt, kaufe ich etwas ein, was ich im nächsten Park halbwegs gut verkaufen kann, bekomme dort Bargeld und kann das verschicken.
Ja, es wird dann weniger ins Ausland verschickt, aber nur weil es dann teuerer ist. Der Staat spart damit nicht, finanziert damit aber statt dessen möglicherweise noch dubiöse Geschäftspraktiken bei den Leuten, die die Not der Asyslbewerber ausnutzen.
Ein Pro-Chipkarten-Argument, das ich in irgendeiner Podiumsdiskussion neulich gehört habe, war, dass das allmähliche Versiegen der Geldflüsse aus den europäischen Einwanderungsländern die derzeit geringe Bereitschaft einiger Herkunftsländer, ihre BürgerInnen zurückzunehmen, erhöhen würde. Würden parallel dazu die Angebote einer regulären Arbeitsmigration ausgebaut und eine Kontingentlösung für besonders Schutzbedürftige umgesetzt, könne dies ein sinnvoller Beitrag zur Steuerung von Migration sein. So lautete die Argumentation. Meine Befürchtung wäre (abgesehen von der Frage, ob diese Strategie tatsächlich funktionieren kann), dass der Plan des parallelen Ausbaus der Arbeitsmigrationsangebote ebenso wie die Kontingentlösung recht schnell in Vergessenheit geraten oder wieder an Finanzierungsvorbehalten und der innenpolitischen Großwetterlage scheitern.
Solange es Bargeld gibt, kommt man auch dran.
Zum Beispiel kann ich mit meiner Karte für einen Kumpel Lebensmittel kaufen und dann mit ihm abrechnen.
Und dieses lässt sich dann auch auf irgendeine Weise transferieren, zum Beispiel mit Kryptowährungen.
Auch wären sicher illegale Kräfte schnell da, um das System auszuhebeln, gegen eine Gebühr versteht sich.
Ich sehe keinerlei Vorteil darin. Außer wir kontrollieren in Zukunft Kryptoströme und schaffen Bargeld ganz ab.
Danke, der_Matti, das war etwas knapp das, was ich auch gemeint hatte.
Nur Bargeld abschaffen hift auch nicht. Wenn ich mit der Karte für einen Kumpel einkaufe und dann an meine Verwandten irgendwo in der Welt Geld überweist, geht das auch ohne Bargeld bei uns. Ob die Verwandten das Geld irgendwo vom Finanznetz das Geld auf ein Konto erhält oder in der dortigen Währung in bar oder wie auch immer erhält, kann man sicher nicht bei uns regeln.
Da ja nichts Verbotenes getan wird bzw. wir uns maximal in einer Grauzone bewegen würden, ist stark davon auszugehen, dass diverse Hilfsorganisationen ganz schnell ein (legales!) Hilfsnetzwerk aufbauen würden, um den Menschen dabei zu helfen, Geld überweisen zu können. Wir unterschätzen hier sehr die Selbsthilfefähigkeit dieser Gruppen und die Hilfe, die sie von der Zivilgesellschaft bekommen würden.
Dazu kommt wie gesagt die Paradoxie, dass Geldzahlungen an die Angehörigen auch als indirekte Entwicklungshilfe betrachtet werden können, die gerade dazu führen, dass die Angehörigen im Ausland bleiben können, statt fliehen zu müssen. Diese ganze Diskussion um Chipkarten ist doch wieder nur der Versuch einer repressiven Maßnahme gegen Migranten, um es den Menschen so schwer und unangenehm wie möglich zu machen. Aber das sagt natürlich niemand offen, zu sagen, man wolle „Pull-Faktoren vermeiden“ klingt natürlich viel menschlicher…
Da würde ich eher davon ausgehen, dass mangelnde Bereitschaft von Herkunftsländern als Abschiebeziel bereitzustehen eher damit zusammen hängt, dass die uns viel rationaleres Handeln unterstellen als real üblich ist. Warum sollte ein vernünftiges Land z.B. irgendwelche Leute abschieben, die fleißig sind und feste, gesellschaftlich sinnvolle Arbeiten verrichten? Nur um irgendwelche Statistiken zu füllen, mit denen man sich im Wahlkampf als Abschiebekönig brüsten kann? Weil diese Leute am einfachsten zu deportieren sind, weil sie sich bspw. am gemeldeten Ort aufhalten? Das wäre doch komplett irrational. Viel logischer wäre doch, wenn nur echte Kriminelle ausgewiesen würden, und die will das Land natürlich ungern wieder entgegennehmen.
Wie soll denn so eine Kontingentlösung aussehen? Verträge mit Terrorregimes, dass die ihre Oppositionellen statt sie politisch zu verfolgen, zu foltern, zu ermorden usw. lieber in einen Flieger nach Deutschland setzen sollen, aber selbstverständlich nur bis zu einer gewissen Anzahl, kann damit ja nicht gemeint sein. Sondern es geht darum, die Menschen einfach irgendwelchen anderen Staaten aufzudrücken, die auf dem Reiseweg der Menschen liegen könnten, aber nicht müssen, und die Ersparnis für den deutschen Staat liegt dann darin, diesen Drittstaaten weniger Geld zu zahlen als für den Unterhalt der Leute auf menschlichem Niveau notwendig wäre, und dann wegzuschauen, wenn humanitäre Standards eben komplett missachtet werden.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Das sind nicht meine bzw. von mir befürwortete Ideen, ich habe lediglich ein Argument ergänzt, das ich gehört habe und das es ggf. zu entkräften gilt - was du und andere ja getan habt. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, waren mit den „besonders Schutzbedürftigen“ z.B. afghanische oder iranische Frauen und Mädchen oder auch Kranke gemeint, die in ihrem Herkunftsland nicht behandelt werden können - also Gruppen, die eher nicht über gefährliche Routen nach Europa migrieren.
Den BefürworterInnen der Chipkarten-Lösung geht es außerdem nicht um „Leute, die fleißig sind und gesellschaftlich sinnvolle Arbeiten verrichten“, sondern um AsylbewerberInnen und abgelehnte/geduldete AsylbewerberInnen, die aufgrund unserer Bestimmungen überwiegend nicht arbeiten dürfen oder aus den unterschiedlichsten Gründen keine Arbeit finden. Ob deren Geldtransfers in die Herkunftsländer für diese Länder so wichtig sind, dass sie ihre Leute schon aus diesem Grund nicht zurücknehmen wollen, kann ich schlicht nicht beurteilen. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass von dem Geld, das AsylbewerberInnen regulär erhalten, sehr viel zum Zurückschicken übrig bleibt.
Hi DeFu,
ich merke mir auch nicht alle Teilnehmer von Podiumsdiskussionen und verstehe, warum Du es so formulierst. Für uns als Leser ist das aber genauso hilfreich wie „der Onkel eines Bekannten hat eine Tochter, deren Kollegin folgendes passiert ist.“
Um es richtig einzuordnen, müssen wir wissen, waas das für eine Podiumsdisskussion war, wann sie war und wer das gesagt hatte.
Es ist besonders wichtig ob es eine reine Vermutung ist, ob es irgendeine Substanz aus Erfahrungswerten von Personen, die in dem Bereich arbeiten und zumindest einen qualifizierten Einblick haben oder ob es gar qualifizierte Untersuchungen dazu gibt.
Und in Podiumsdiskussionen gibt es auch Behauptungen, von denen die Person, die das sagt, soagr weiß, dass es Blödsinn ist, es aber im Augenbick nicht zu widerlegenist und für den Zuschauer sogar plausibel klingt.
Hallo Olaf K.
ich glaube nicht, dass die Kontingentlösung, die die Union anstrebt irgendwie mit dem ODP in Einklang zu bringen ist.
Das würde ja bedeuten, dass die EU-Staaten, den nordafrikanischen Staaten und der Türkei anbieten würde, den Großteil der dort gelandeten Flüchtlinge aufzunehmen, um zu verhindern, dass diese in kleinen Booten nach Italien, Spanien oder Griechenland fahren.
Aber das ist ja gerade nicht das, was Union und AfD mit einer Kontingentierung wollen.