LDN 345: Prigoschins Flieger

In der aktuellen Folge erwähntet ihr in einem Nebensatz, dass Putin unschuldige Opfer in Kauf genommen hat, nur um Prigoschin umzubringen.

An der Stelle musste ich kurz stutzen, auch wenn der Gedanke total nachvollziehbar ist. Aber wer saß in diesem Flugzeug?

Hier wurde ja keine Linienmaschine abgeschossen, sondern ein Privatflugzeug. Neben Prigoschin und Utkin (seinem Stellvertreter) noch fünf weitere „Gäste“ und eine dreiköüfige Besatzung. Bei der Besatzung kann man nicht sicher sagen, ob die aus Überzeugung bei Wagner dabeiwaren oder einfach Geld als Piloten verdient haben. Der Rest an Bord dürfte aber zur Führungsetage von Wagner gehört haben. Unschuldig dürfte daher maximal die Besatzung gewesen sein.

Das ändert nichts daran, dass Putin auch einen Linienflieger hätte abschießen lassen.

Und wie ihr gut herausgearbeitet habt: Ob Putin selbst den Befehl gegeben hat, ist am Ende egal. Er kann sich schlecht hinstellen und Kritik am Abschuss äußern (oder an der Bombe an Bord, etc.), denn damit würde er einen Kontrollverlust eingestehen.

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Ich muss zugeben, dass ich auch kurz gestutzt habe, aber letztlich stimme ich der Schilderung zu:

Die Crew ist in jedem Fall unschuldig in dem Sinne, dass sie keinerlei militärische Funktion hatten und daher in jedem Fall Zivilisten sind. Deren Überzeugung gegenüber Wagner ändert daran übrigens nichts - alles andere wäre Gesinnungsrecht.

Insgesamt ist hier jedoch kein Völkerrecht anwendbar, sondern rein internes russisches Recht und die allgemeinen Menschenrechtskonventionen, denen auch Russland angehört, eben weil es eine Handlung des russischen Staates gegen russische Bürger auf russischem Hoheitsgebiet war. Vor diesem Hintergrund ist selbst der Mord an Prigoschin schon massiv verwerflich und durch nichts zu rechtfertigen (selbst wenn man die Todesstrafe als legitim ansieht hatte Russland ohne jeden Zweifel die Möglichkeit, die gesamte Besatzung nach der Landung festzunehmen, sodass eine Exekution ohne Prozess nach jeder denkbaren Definition - auch innerhalb des russischen Rechts - rechtswidrig war). Beim Mord an der Flugzeugbesatzung handelt es sich dabei in jedem Fall um „unschuldige Opfer“, die schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort für den falschen Arbeitgeber tätig waren.

Von der unmöglich auszuschließenden Gefahr, dass Menschen am Boden von Trümmerteilen verletzt werden könnten, mal ganz abgesehen. Auch wenn man ein Flugzeug über unbewohnten Gebiet abschießt kann man sowas nie ganz ausschließen.

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Eigentlich sollte es ja keine große Rolle mehr spielen, ob er neben Zehntausenden unschuldigen Zivilisten als Kriegsopfer noch ein paar Leute der Flugzeugbesatzung in Kauf genommen hat. Mit Sicherheit hätte es Putin nicht interessiert.

Ich dachte zuerst: Cool, die Lage befasst sich mit dem Thema. Da wird man bestimmt noch ein paar mehr Hintergrundinfo erfahren, als man aus der Boulevardpresse eh schon weiß. Es war auch sehr schön erzählt und ein ermunternder Einstieg nach der Sommerpause, keine Frage. Aber Lange-Detail gewohnte Hintergründe vermisse ich noch. Die brennende Frage: Warum steigt er überhaupt in das Flugzug nach Moskau. Er hätte es ja wissen müssen und hatte sicher noch irgend ein Netzwerk von einflussreichen Personen gehabt, von denen Putin noch was wollte bzw. irgend welche Druckmittel in der Hinterhand. An welcher Stelle war also seine Fehlannahme ? Wer sind diese Leute und hat das etwa noch Konsequenzen für Putin ? Oder war er wirklich ein, von Putin geblendeter Draufgänger, der dachte, Putin wird ihm das schon verzeihen. Auf jeden Fall sollte man ihm nicht per se Dummheit unterstellen.

Und auch ist es irgendwie sehr Plump, zu sagen, seine Armee sei plötzlich kopflos. Dort ranken sich ja viele Generäle um ihn und irgend jemand wird sicher schon als Nachfolger designiert worden sein, so wie es in jeder anderen Organisation auch üblich ist. Also wer sind diese Personen ?

Und dann der Schwenk zu den USA hat mal wieder aufgezeigt, mit welchem zweierlei Detailgrad wir über die Welt berichten. Dort kennt man jedes Gerichtsverfahren gegen einen nicht mal amtierenden Präsidenten. Das Gerichtssystem, bzw die Unterschiede in den Bundesstaaten, parteiinterne Gegenkandidaten, Teilnehmer von Gerichtsverfahren usw.
Während es sich bei Russland im Grunde auf „2 Gangster mögen sich nicht - einer tot“ beschränkt.