LDN 333 Reform-Fahrerflucht

Du konstruierst vor allem ein Problem herbei, aber ich spiele mal mit.

Für mich ein klarer Fall: Unfall bemerkt, nicht überprüft, was die Lage ist, Personenschaden also billigend in Kauf genommen, und damit sind wir im „schlimmen Bereich“.
Wer das riskiert und auf die Ordnungswidrigkeit hofft, hat dann halt Pech, wenn’s doch Personenschäden gab.

Das Sehen des Radfahrer musst du für mich nicht nachweisen. Davon muss ein Autofahrer bei einem bemerkten Unfall im fließenden Verkehr ausgehen.

Ich habe meine Lebenserfahrung geteilt und wäre bereit, diesen Versuch in jeder Autowerkstatt zu wiederholen, die nicht deinem Onkel gehört, der sowas natürlich niemals machen würde.
Nein, du kriegst nicht meine Adresse und ich treffe mich auch nirgendwo mit dir.
Jeder Leser, der sich nicht so künstlich echauffieren will („solltest du besser nicht ohne Beleg in den Raum werfen“), weiß meine Bemerkung einzuordnen.

Es geht darum, ob man wegen eines Parkremplers einen ganzen Tag in seinem geparkten PKW verbringen muss, um auf einen Fahrer/Halter zu warten, der vielleicht erst übermorgen kommt, um nicht strafrechtlich belangt zu werden.
Nochmal: Zu keinem Zeitpunkt ging es darum, sich vor einer Schadensbegleichung zu drücken.

Richtig. Dann hätte Philip nämlich den Schaden und die behaupteten Reparaturkosten von einem Gutachter prüfen lassen und anschließend den gutachterlich festgestellten Schaden beglichen.
Also auch überhaupt kein Problem.
Auch hier: Zu keinem Zeitpunkt hat Philip versucht, die Geschädigte auf ihrem Schaden sitzen zu lassen.

Wenn es @Torpor und @Matder etwas beruhigt, könnte man als Alternative darüber nachdenken, die Wartepflicht am Unfallort explizit nur bei geparkten Fahrzeugen zu regeln und zu ändern. Denn das ist der hier diskutierte Fall: Man möchte den Schaden begleichen, aber es ist gerade niemand da, an den man sich wenden kann. Und die Nachricht am Scheibenwischer reicht nicht, weil das Gesetz einen dann behandelt, als ließe man ein Unfallopfer auf der Straße verbluten.

Bei einem „normalen Unfall“ sind die Geschädigten alle sofort vor Ort, und man kann die Sache schnell regeln.

Wenn die ad hoc Vermutung des Unfallverursachers, dass es keinen Personenschaden gab, vor Gericht wirklich völlig irrelevant ist, dann ziehe ich meine Bedenken hier gerne zurück. :slight_smile:

Damit wäre ich auch zufrieden.

Und man darf bei sowas auch nicht die ganze Sensorik vergessen, welche sich in diesem Bereich des Fahrzeuges befindet, wie zum Beispiel Ultraschallsensoren, Radar oder Kameras.

Im Justizministerium, im
Podcast und hier im Forum wird mir im Zusammenhang mit Fahrerflucht ein bisschen zu leidenschaftlich Rücksicht auf die Belange und Gefühle von Rowdys genommen.

Hier möchte ich mal erzählen, wie es mir als Unfallgeschädigten Anfang Januar gegangen ist. Eine Frau hatte mein Auto beim Ausparken berührt, eine kleine Delle hinten rechts am Kotflügel. Hätte ich auf ein paar hundert Euro wenn überhaupt geschätzt.

Dann zu Werkstatt und mal gefragt, ob das jemand angucken kann. Als klar war, dass das die gegnerische Versicherung bezahlen muss, wurde gleich mal ein Gutachter beim TÜV angefordert. Der kam dann auch vorbei, hat ein paar Fotos gemacht und für sein Gutachten wohl ein paar Textbausteine zusammenkopiert und es mit Daten aus Preislisten ergänzt. Kosten für das Gutachten: 960 Euro. Und der vom Gutachter geschätzte Schaden war dann auch bei etwa 4500 Euro. Von der Werkstatt wurde dann auch gleich alles mit einer Rechtsanwaltskanzlei abgewickelt, die dann den Schriftverkehr mit der gegnerischen Versicherung übernommen hat. Zusammen mit Nutzungsausfall und Anwaltskosten dürfte die gegnerische Versicherung also ungefähr 6000 Euro berappt haben.

Ganz ehrlich, ich hatte da echt den Eindruck, dass hier ein gut eingespieltes Team nur auf solche Fälle wartet, um hohe Rechnungen zu schreiben. Wäre die Delle von mir verschuldet gewesen, hätte ich wahrscheinlich für ein paar Euro einen Lackstift besorgt und drüber gepinselt, denn es ist eine Delle und kein struktureller Schaden der in irgend einer Weise die Verkehrssicherheit beeinträchtigen würde. Das Auto ist 7 Jahre alt und da muss ich mich doch nicht über eine Delle aufregen, die noch dazu kaum zu sehen ist. Und dass man dann auch gleich den Stoßfänger mit austauscht und die Kunststoffteile am Radkasten, nur weil die eine minimale Andeutung eines Kratzers haben, ich kann es obwohl ich „Geschädigter“ bin nicht nachvollziehen.

Wenn man das auf die Spitze treibt, dann ist am Ende so eine Delle dann ein „wirtschaftlicher Totalschaden“, weil das Auto weniger wert war als die Reparatur kosten würde. Vielleicht sind wir hier viel zu „autoverliebt“, für mich ist das Auto ein Nutzgegenstand der mich von A nach B bringt und funktionieren muss, Dellen etc. sind zwar optisch wenig schön, ändern aber nichts an der Funktionalität.

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Das hat doch nichts mit ‚autoverliebt‘ zu tun?

Wenn ich ein Loch im T-Shirt oder in der Socke habe, lass ich es doch auch stopfen. Wenn mir jemand eine Fasche Rotwein über meinen neuen Mantel kippt oder mir ein Brandloch in mein Hemd macht, verlange ich doch auch Reparatur oder Ersatz.
Bin ich dann textilverliebt?
Warum sollte ein Schaden bei einem hundert- bis tausendmal so teuren Gegenstand plötzlich halb so wild sein?
Man sollte die gebotene Sorgfalt bei der Feststellung und der Behebung des Schadens doch im Verhältnis sehen.

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Das ist definitiv der Fall, hat aber leider auch einfach mit der deutschen Wohlstands-Mentalität zu tun.

In einem reichen Land wie Deutschland schauen die Leute halt auf die Rechtslage („Ich muss so gestellt werden, wie ich ohne den Unfall stehen würde“) und wegen der Tatsache, dass jeder Fahrzeugführer eine Haftpflichtversicherung hat, wird auch das absurdeste Kosten-Nutzen-Verhältnis noch als akzeptabel angesehen, weil man eben die Kosten der Gegenseite aufbürden kann. Wann immer jemand die Kosten abwälzen kann, werden Reparaturen getätigt, die kein rationaler Mensch wegen ihres Kosten-Nutzen-Verhältnisses tätigen würde, wenn er sie selbst zahlen müsste.

Das beste Beispiel sind immer kleine Kratzer im Lack: Man könnte für 20 Euro einen Lack-Stift kaufen und den Kratzer mit minimalem Arbeitsaufwand „fast“ verschwinden lassen. Bei genauem Hinschauen, würde man aber noch sehen, dass da etwas leicht anders ist. Oder man kann das Teil ausbauen, den gesamten Lack abtragen und das Teil neu lackieren, was dann gerne bis zu 1.000 Euro kostet.

In keinem armen Land würde man letzteres machen, weil es einfach maximal irrational ist, für den minimalen Vorteil („der Kratzer ist auch bei genauer Betrachtung nicht mehr zu sehen“) einen derart großen Preis zu zahlen. Hier ist das jedoch ein absurder standard.

Ich finde diese Mentalität ehrlichgesagt auch sehr problematisch, weil das auch ein Grund für die immer höher steigenden KFZ-Versicherungsprämien ist. Es ist halt klar, dass wenn die Versicherungen für jeden Lack-Kratzer bis zu 1.000 Euro hinblättern, die Beiträge entsprechend aussehen. Das muss einfach nicht sein. Ich würde mir wünschen, dass es hier auch eher normal wäre, einen Kratzer am Auto zu haben - es ist halt ein Gebrauchsgegenstand, keine heilige Kuh…

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Du hast da einen Punkt. Bis zu den 2000ern war es komplett normal, dass Stoßfänger eben nicht lackiert waren, damit sie Stöße abfangen können.

Wegen der Rechtslage ist es aber auch klar, dass Autohersteller kein Interesse daran haben, den Schaden minimal zu halten.

Zeitgleich werden Autos immer breiter - mit einem normal breiten PKW (2m) kann man kaum noch in eine Parklücke fahren, neben der auf jeder Seite ein SUV steht, ohne sich aus dem Auto mühsam rausquetschen zu müssen.

Maximal 400€ pro einfachem Kratzer ohne Delle wäre vielleicht wirklich mal ein Idee.

Eine vollkommene Straffreiheit begrüße ich nicht.
Gerade dieses relativ hohe Maß an Bestrafung für einen Blechschaden sorgt meiner Meinung dafür, dass viele Leute sorgfältig mit ihrem und fremden Eigentum umgehen und es zu einer persönlichen Einigung oder zumindest die der beteiligten Versicherungen kommt.

Auf der einen Seite kann ich natürlich verstehen, wenn man sagt es ist nur eine Beule. Dafür muss ich jetzt nicht das große Gesetzbuch rausholen und jemanden einkerkern. Andererseits ist es Eigentum und mit jeder zusätzlichen Macken, Schramme, Beule und Lackabplatzer entstehen auf lange Sicht Wertminderungen zudem könnte man das große Wort: Prinzip hervorkramen. Jemand der beabsichtigt oder nicht jemanden einen Schaden zufügt sollte auch dafür gerade stehen. Das gehört sich einfach so.

Wenn dies nicht gemacht wird, wie wird dies in Zukunft gehandhabt?

Die Leute die jetzt schon die Tür ohne Bedenken an andere Autos anschlagen, wird man mit dieser Gesetzgebung noch weiter ermutigen keine Sorgfalt walten zu lassen.
Welche Möglichkeiten hätte man zB als Betroffener in einem solchen Fall von Ordnungswidrigkeit? Da Polizei und Justiz nun erheblich entlastet sind, gehen diese dieser Ordnungswidrigkeit zügig und ohne murren nach?
Kann ich dann im Büro der nächsten Polizeiwache anrufen (bei Blechschäden such ich mir die örtliche Rufnummer, nicht die Notrufnummer) und möchte diese Ordnungswidrigkeit belangt bekommen? Was wird mir der örtliche Wachtmeister erzählen, er leitet sofort eine Ringfahndung ein, oder wird er sagen, belassen Sie es dabei?

Ich denke es wird immer von Entlastung von Justiz und Polizei gesprochen. Aber ist es der richtige Weg, das Gesetzbuch weich zu spülen? Fängt die Entlastung bei Fahrerflucht bei Blechschäden an, wo hört es denn auf? Bei Legalisierung von Cannabis? Bei leichten, mittleren oder schweren Diebstahl? Bei Körperverletzung? Bei einfacher Zuhälterei?

Achtung zugespitzt: Demnächst kommt ein SPD geführtes Justizministerium auf die Idee Schwarzarbeit auf den Bau zu legalisieren, hätte ja auch für den einfachen Malocher Vorteile gerade in Zeiten der Inflation. Oder ein CDU/CSU geführtes Haus erlaubt Selbstjustiz an Klimaklebern, hätte ja auch Vorteile bei den lokalen Emissionen. Wieviele (zoll-)beamte man sich da einsparen könnte…

Ihr habt berichtet, dass nach einem Anruf bei der 110, bei dem ihr ja eine Adresse angeben musstet, noch fast eine Stunde warten musstet, bis 2 Cops vorbei kamen zur Aufnahme des Unfalls.

Ihr schlagt eine App vor, habt dann aber bedenken bzgl. einer möglichen Vertuschung.

Ich frage mich: Warum so kompliziert?

Warum kann man nicht einfach telefonisch den Unfall aufnehmen lassen? Entweder direkt durch die 110, durch ein Callcenter, an das durchverbunden wird oder z.B. bei seiner eigenen Versicherung - die ja alle eine 24/7 Hotline haben.

Anschließend muss man dann die Schadensnummer an’s Auto pappen und gut - aber abseits davon bekäme die geschädigte Person ja auch innerhalb von 2 Werktagen die Info, dass sich jemand gemeldet hat. Und wenn sie selber bei der 110 anruft kann die Info ja in einer Datenbank hinterlegt sein. (Das Bundeszentralregister für Fahrzeuge gibt es ja sogar schon…)

Vorteil hier: Wenn irgendwas nicht ganz koscher klingt, könnten die Cops trotz der telefonischen Aufnahme einen Streifenwagen raus schicken.

Nachteil: 2-3 Minuten längere Arbeit an der 110
Vorteil: 60 Minuten weniger Arbeit für die 2 Personen der Streife

Und das ganze komplett ohne komplizierte App. (Was nicht heißt, dass der Vorgang selber ja nicht digital gepflegt wird und sofort auch den Versicherungen zur Verfügung stünde)

(Und bezüglich Fotos hochladen, was mit einer App ginge: Kann die Person ja auch lokal erstmal halten. Die werden ja eh nur für die Versicherung und Regulierung der Schäden interessant. Kein Grund, die zentral zu hosten und vorzuhalten.)

Das ist auch nicht geplant. Es soll halt in Zukunft nur noch eine Ordnungswidrigkeit sein. Für die Polizei wäre es keine große Entlastung. Die würde weiterhin gerufen werden, damit sie Fälle aufnimmt. Mir ist auch nicht ganz klar, wie Versicherungen das finden werden.
Im Moment wird ein gemeinsamer Unfallbericht erstellt oder die Polizei stellt den Schaden fest. In Zukunft hätten wir nur die Fotos und das Wort des Verursachers. Die Gegenseite kann den Schaden Tage später begutachten lassen und die Fotos anzweifeln (Schmutz, schlechtes Licht…)

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Liebes Lage-Team,

ich teile eure Meinung grundsätzlich zur Entkriminalisierung der Fahrerflucht, vor allem in den von euch beleuchteten Fällen.

Jedoch besteht hierbei ein Problem der Zivilrechtlichen Verfolgung des Schadens, der nicht ausgeklammert werden darf. Als ehemaliger Anwalt für Verkehrsrecht habe ich die Erfahrung gemacht, dass Versicherungen in der Unfallregulierung häufig dazu neigen, einen Verkehrsunfall zu bestreiten, sofern nicht ein Polizeilicher Nachweis erbracht wird oder ein aussagewilliger Unfallgegner vorhanden ist. Insofern könnte die Hemmschwelle durch die Entkriminalisierung der Fahrerflucht auch ein Anreiz dafür sein, sich zu entfernen und so dem Versuch einer Höherstufung in der Versicherung zu entgehen.

Es würde mich interessieren, ob ihr oder die Community einen Vorschlag hat, womit dieses Problem wirksam bekämpft werden könnte.

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Ich glaube, die werden es ziemlich gut finden, denn dadurch dass man beim „Abhauen“ nach einem „Parkrempler“ nur noch eine Ordnungswidrigkeit riskiert, werden sehr wahrscheinlich bei spürbar weniger solcher Fälle die Verursacher ermittelt bzw. melden sich die Verursacher seltener selbst.

Dadurch werden solche „Parkrempler“ seltener ein Fall für die Haftpflicht-Versicherungen. Die Versicherungen müssen also weniger Geld für Schadensregulierung ausgeben. Diesen Kollateral-Nutzen nimmt die FDP sicherlich gerne mit.

Was mich daran etwas wundert, ist dass FDP-Wähler ja eher gut verdienen und entsprechend teure Autos fahren. Für die könnte das Ganze zum Nachteil werden, wenn die Vermutung, dass weniger „Parkrempler“ ermittelt werden, tatsächlich zutreffen sollte.

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Ich finde die Diskussion spannend. Ein Streitpunkt, der hier immer wieder aufkommt ist, dass Unfallverursacher den Schaden ja gar nicht richtig einschätzen können, weil sich hinter der Delle doch etwas „größeres“ verbergen könnte.
Hier frage ich mich: Ist der potentielle Schaden, ob jetzt in Wertverlust, Reparaturkosten oder Funktionsverlust gemessen, überhaupt ein relevanter Faktor für die Frage, ob ein Unfall angezeigt werden muss?
Interessant finde ich dabei, dass bei Autos in Deutschland im Allgemeinen ein Maßstab angelegt wird, der in anderen Lebensbereichen unrealistisch ist: Bei Autos sind auch (oberflächliche) Bagatellschäden ein Grund, die Versicherung und eine professionelle Ausbesserung hinzuzuziehen (nicht zuletzt auf Grund der „Industrie“, die sich dahinter entwickelt hat, sieh das Beispiel von rakoenig). Ich habe, und das ist zugegebenermaßen jetzt anekdotische Evidenz, noch nie gesehen, wie jemand nach dem versehentlichen Umwerfen eines Fahrrads auf den Halter gewartet oder nach einem versehentlichen Zerkratzen der Lenkstange einen Zettel hinterlassen hat. Wenn ich versehentlich einen E-Scooter hinwerfe könnte der ja sogar ganz kaputt sein. Die zu erwartende Schadenssumme ist in der Regel natürlich geringer, aber das Argument, dass sich ein größerer Schaden verbergen könnte, gilt ja genauso. Und wenn ich einen Lenker profesionell nachlackieren lasse bin ich bestimmt auch im 3-stelligen Bereich.

Das soll jetzt kein Ihr-bösen-Autohalter-Argument sein, sondern mich interessisert da total eure Wahrnehmung: Warum legen wir hier unterschiedliche Maßstäbe an?

Das ist in jedem Fall so. Leider.

Das liegt letztlich daran, dass die Rechtsprechung hier eine marktnahe Betrachtung heranzieht. Das kann man immer sehr schön in jeder BGB-Vorlesung beobachten, wenn es um die Frage nach Unfallfahrzeugen geht (und ob der Gebrauchtwagenhändler das Fahrzeug als „Unfallfahrzeug“ hätte verkaufen müssen). Die Argumentation ist, dass jeder Blechschaden (also selbst eine winzige Beule!) das Auto bereits zu einem „Unfallwagen“ macht, was erheblichen Wertverlust im Falle eines Weiterverkaufs nach sich zieht. Die Argumentation dahinter ist, dass die Grenze, ab wann ein „Blechschaden“ theoretisch möglicherweise schwerwiegende, verdeckte Folgen haben könnte (dh. Schäden am Fahrgestell usw.), kaum sinnvoll gesetzt werden kann, da hier nachvollziehbar messbare Parameter fehlen (dh. wie groß darf die Beule an welcher Stelle sein, um verdeckte Schäden auszuschließen?).

Diese Argumentation funktioniert beim Fahrrad oder Elektroroller in der Regel nicht (beim Elektroroller könnte man darüber diskutieren, wobei auch hier ein verdeckter Totalschaden wegen des i.d.R. modularen Aufbaus unwahrscheinlich ist).

So gesehen ist es schon nachvollziehbar, warum wir beim Auto hier etwas empfindlicher sind, aber das Problem, dass es dadurch zu völlig absurden Kosten-Nutzen-Verhältnissen im Rahmen von Reparatur und Weiterverkauf kommen kann, bleibt natürlich.

Bezüglich Lackkratzern gilt diese Argumentation natürlich nicht. Hier wird darauf verwiesen, dass der Verkaufswert eines teuren Kraftfahrzeuges durch einen (nicht 100% perfekt reparierten) Lackkratzer erheblich gemindert wird, während dies beim Fahrrad oder Elektroroller i.d.R. nicht der Fall ist… natürlich könnte man hier argumentieren, dass nicht auf den Verkaufswert, sondern auf den Gebrauchswert abgestellt werden sollte (wie gesagt, das Auto sollte mehr als Gebrauchsgegenstand angesehen werden!), aber da sind wir juristisch leider noch meilenweit von entfernt.

Lieber Philip und lieber Ulf,

ich wollte nur nochmal zu dem Podcast von vor einigen Wochen anmerken, dass ich kein Problem in der Umsetzung einer App zur Feststellung der Identität des Unfallbeteiligten sehe, um in Zukunft auf das Warten verzichten zu können. Ich beschäftige mich gerade im Rahmen meines Studiums mit Verkehrsdelikten und entgegen eurer Darstellung dient § 142 StGB gerade nicht dazu, die Strafverfolgung zu erleichtern und etwaige Alkoholpegel festzustellen, sondern es soll allein dabei helfen, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Insofern müsste in einer App keine Vorrichtung vorhanden sein, die feststellt, ob die Person betrunken war.

Liebe Grüße

Guter Punkt, ich habe das mal kurz recherchiert und bin auf den Gesetzesentwurf von 1974 gestoßen.

Aus dem geht hervor, dass das Leitmotiv tatsächlich die Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche war. Wobei natürlich angemerkt werden muss, dass Fragen von strafrechtlicher Relevanz und Alkoholpegeln auch in der zivilrechtlichen Aufarbeitung von größter Bedeutung sind, weil diese Aspekte natürlich direkten Einfluss auf die Frage nach der Schuld haben.

Daher läuft es in der Praxis ja auch i.d.R. so, dass wenn sowohl ein straf- als auch ein zivilrechtliches Verfahren im Gange sind, das zivilrechtliche Verfahren so lange pausiert, bis das strafrechtliche Verfahren durch ist und dann das Ergebnis des strafrechtlichen Verfahren als Beweis in den zivilrechtlichen Prozess eingebracht wird. Oder natürlich direkt in Form des Adhäsionsverfahrens zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geklärt werden.

Daher kann man schon sagen, dass hier auch wenn das primäre Interesse des Gesetzgebers die Durchsetzbarkeit von zivilrechtlichen Ansprüchen war, die strafrechtlichen Aspekte in jedem Fall auch relevant sind, wobei du Recht hast, dass es hier weniger um die strafrechtliche Rechtsdurchsetzung geht.

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