Inhaltlich bin ich zwar bei euch aber im politischen Bereich muss es erlaubt sein, dass der politische Gegner andere Ideen hat und verfolgt. Zu verlangen, dass man das Wahlvolk überzeugt, bedeutet als Vorbedingung, die präferierte Variante ist alternativlos. Das mag für die Ostaussöhnung stimmen, für die Frage der sektorscharfen oder globalen Klimazielbetrachtung seh ich das jedenfalls nicht im gleichen Maße.
Liebes Lage Team,
ich gebe es ganz offen zu, ich höre euch als Kontrapunkt, ich vertrete oftmals politisch andere Ansichten als ihr, ich bin aber der Meinung, dass man nur auf Augenhöhe miteinander sprechen kann, wenn man auch regelmäßig mit Meinungen und Ansichten außerhalb der eigenen Bubble konfrontiert wird. Ich höre euch nur seit 2018, ich verpasse keine Folge, der Journalismus ist meist sehr sehr hochwertig, auch wenn ich nicht mit euch übereinstimme, verstehe ich meistens worauf ihr hinaus wollt und warum.
In letzter Zeit habe ich leider das Gefühl, dass einige eurer Aussagen populistischer werden, und nicht bis zu Ende gedacht werden, diese Folge war für mich der traurige Höhepunkt:
Ihr sprecht über mehrere Dinge, die Zusammenbetrachtet leider sehr unglücklich rüber kommen.
Los geht es damit, dass ihr fordert, dass Politiker die Meinung der Bevölkerung beeinflussen sollen. Als Beispiel nehmt ihr Brandt und seine neue Ostpolitik. Da Frage ich mich: Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, in einer Reinform würde die Mehrzahl der Stimmen entscheiden. In unserem (guten) System ist die Entscheidungsfindung an Experten delegiert. Trotzdem stellt sich für mich die Frage, ob es nicht eine Perversion der Demokratie ist, wenn nicht Mehrheiten Politik, sondern Politik Mehrheiten macht?
Die Kirsche auf der (unerfreulichen) Torte ist für mich aber die Frage auf welcher Seite der Geschichte die FDP stehen will und wieder der Vergleich mit Brandt. Die CDU Rainer Barzel als die falsche Seite der Geschichte hinzustellen ist eine Sache, eine andere ist es das Misstrauensvotum gegen Brandt so zu verdrehen. Ich möchte daran erinnern, dass Brandt nur im Amt blieb, weil die Stasi mindestens einen Abgeordneten bestach. Die Stasi ist also dafür verantwortlich, dass es die „gute“ Seite der Geschichte gab. Ganz provokant und ad absurdum geführt: Steht die Stasi für euch damit nicht auch auf der „guten“ Seite?
Noch dazu zieht ihr das demokratisch absolut legitime Mittel des Misstrauensvotums mit der Darstellung meiner Meinung nach völlig durch den Dreck! Das ist sicher alles, aber keine Förderung der Demokratie, die euch ja auch am Herzen liegt.
Ein weiterer (unrühmlicher) Höhepunkt war für mich in letzter Zeit eure Kevin Kühnert Story.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und viel Erfolg bei den nächsten Aufnahmen, ich werde der Lage vermutlich den Rücken kehren.
Gottes Werk und Teufels Beitrag.
Die NATO wurde aus den Erfahrungen durch Nazi-Deutschland gegründet.
Manchmal erwächst auch gutes aus schlechtem.
Zur FDP: in der aktuellen Extra3-Folge sagt Volker Wissing: Die Bürger fahren Verbrenner, weil sie noch erlaubt sind.
Damit ist doch alles gesagt, warum der Staat manchmal eingreifen muss.
Ein Schwarm mag mehr Intelligenz haben als eine einzelne Person.
Aber ein Schwarm tut sich schwer, in eine neue Richtung zu schwimmen.
Das ist eine traurige Liste! Im Einzelnen:
- erst nach Fukushima beschlossen und nachdem man vorher den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen hatte
- hier hat Führung in der Tat stattgefunden, aber das Hartz IV-Regime ist kein Fehler im Detail, sondern scheint mir zerstörerisch für die Betroffenen, insbesondere Kinder
- hier hat Führung in der Tat stattgefunden, aber das Management scheint gefehlt zu haben, um es umzusetzen
- eine gute Rede, aber danach musste man Scholz zum Jagen tragen und bei der Bundeswehr ist auch noch nichts angekommen.
Das wollen ist ja gar nicht das Thema.
Bei der Mobilität haben wir keine Technologie-Offenheit, sondern eine eindeutige Zentrierung auf eine Technologie, neben dem Flugzeug für Strecken, die fürs Auto zu lang sind.
Sehr gelungene Analyse in LdN 333! Es muss schon seltsam sein für doch kluge Politiker (eben Lindner, aber auch Merz und Söder): Zu wissen, dass das eigene Potenzial zu einem Wahlerfolg in grossen Umfang entweder von der massenhaften Minderinformiertheit und/oder der „nach-mir-die-Sintflut“-Mentalität kommt, oder geschickt eingepflanzten Märchenvorstellungen. Irgendetwas müssen sie selbst ja doch glauben. Oder sind sie im logischen Denken und physikalischen Wissen tatsächlich so schwach, dass sie einfach mal annehmen, dass die Kernfusion rechtzeitig kommt, oder E-fuels irgendwann effizient werden? Oder verdrängt der Geltungstrieb die ehrliche Einsicht? Sonst könnte Lindner ja sagen: entweder ich lass die Politik sein oder ich gehe zu den Grünen.
Es gibt für Union und FDP in einer fairen und halbwegs ehrlichen politischen Auseinandersetzung praktisch nichts zu gewinnen zur Zeit. Wo man hinschaut ist Versagen in der Vergangenheit und null konstruktive Vorstellung für die Zukunft. Da bleibt nur, den leider grossen Teil der Wählerschaft mit falschen, gern gehörten Vorstellungen zu füttern und die politischen Gegner zu diffamieren. Da hat vor allem die Union auch gut vorgebaut mit einer schlechten, abgestandenen Bildungspolitik, die kritisches Potenzial (aus den benachteiligten Schichten) möglichst unten hält.
Schwer zu glauben, wie wenig Angst die Konservativen haben, auf der besagten „falschen Seite der Geschichte“ herauszukommen. Aber es ist eben ein Merkmal des konservativen Denkens, den gerade herrschenden und gewohnten Zustand für vorteilhaft und immerwährend (lediglich mit Tendenz zu noch mehr eigenen Wohlstand) zu halten.
Das dem nicht so ist, sagt ja auch keiner. Die Frage ist halt die Gestaltung des Eingriffs. Man könnte ja auch einfach ein Preissignal setzen (also ein ernsthaftes), dann würde automatisch begonnen werden, an der günstigsten Stelle zu sparen.
Oder noch verrückter, man kommt mal auf die Idee tragfähige Konzepte zu entwickeln, wie der ländliche Raum angeschlossen werden könnte.
Das ist doch die vornehmste Aufgabe der Politik! Natürlich nur in der Form, dass ohne Polemik und Falschaussagen die Wählerschaft informiert wird über Probleme und geplante Problemlösungen und so eine Diskussion in Gang kommt, an der sich Alle beteiligen können. Ohne das gäbe es nur das Recht des Stärkeren in einer düsteren Welt. Ein demokratisch zivilisiertes Volk ist aber diesen Beeinflussungen nicht ausgeliefert. Es kann sich seine eigene Meinung bilden, wenn eben nicht das Recht des Stärkeren herrscht. Eine konstruktive Wechselwirkung im besten Sinn, setzt aber Informiertheit der Beteiligten voraus.
Schade, dass du dich verabschiedest!
Was ist denn daran verwerflich? Wir versuchen doch hier alle, uns gegenseitig zu beeinflussen. Mit Argumenten. Diskutieren und überzeugen nennt man das.
Artikel 21 GG: „ 1Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Art. 21 GG - dejure.org
Nicht „sie ducken sich weg, versprechen Unmögliches, reden den Menschen nach dem Mund oder streuen ihnen Sand in die Augen“.
Du hast Brandt und Barzel erwähnt. Nehmen wir doch auch noch Scheel dazu:
„Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“
Diskussion lostreten ist eine Sache, aber Brandt hat z.B. zuerst Tatsachen geschaffen, die nicht umkehrbar waren. Und genau das fordern die beiden in der Lage ja leider auch durch die Blume. So funktioniert mMn Demokratie aber nicht.
In meinen Augen ist gerade das nicht die Aufgabe der Politik. Die Regierung ist ein exekutives Organ, ihre Aufgabe ist es den Wählerwillen umzusetzen, nicht eine eigene Agenda zu entwickeln und durchzusetzen.
Lindners Äußerung zum "Dienst"wagenprivileg ist vollkommen an der Realität vorbei und purer Populismus. Ich fahre keine S Klasse sondern einen Ford KA, trotzdem ist der private Vorteil, den ich dadurch erhalte (für wenig Geld) eigentlich schon abartig und steht in keiner Relation. Die Kritik an diesem Privileg ist berechtigt.
Ich würde sofort wieder mit dem Fahrrad und Öffis fahren, würde das abgeschafft - ohne mich zu beschweren. Nur werde ich nicht freiwillig auf solche Sonderleistungen verzichten, wenn sie angeboten werden.
Jedoch bekommt er so meine Stimme auch nicht.
Das stört mich auch sehr. Hab schon häufig darüber nachgedacht und komme immer zu dem Punkt:
Es geht um Mehrheiten, nicht um Wahrheiten.
Die Opposition hat nur ein Interesse daran, bestmöglich zu stören und gute Arbeit zu blockieren, damit die Regierung so wenig wie möglich umsetzen kann. So kann die Opposition am Ende schlechte Bilanzen vorwerfen.
Jeder Schüler lernt nach einem Referat, konstruktives Feedback zu geben. Konstruktives Zusammenarbeiten fehlt aber total im Plenum. Stattdessen findet man nur kindisches trotziges Verhalten von erwachsenen Menschen, die es zwingend besser wissen müssten.
Das Zitat war mir tatsächlich nicht bekannt, Danke dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Scheel ist sicher einer der großen deutschen Demokraten, ich bin an dieser Stelle zumindest teilweise anderer Meinung, das sei mir gestattet.
Es hat schon was von Hybris für sich in Anspruch zu nehmen, dass man immer entscheiden kann was „das Richtige“ ist.
Nochmals dezidiert: Eine politische Entscheidung zu treffen ist nicht Willensbildung. Wieder Beispiel der neuen Ostpolitik: Da wurden politische Tatsachen geschaffen, die nicht umkehrbar sind. Das ist in meinen Augen fast schon Antidemokratisch, da wurden Dinge umgesetzt für die es sicher keinen Wählerauftrag gab. Die Regierung ist ein exekutives Organ. Sie ist gewählt um den Wählerwillen umzusetzen, nicht ihre eigene Agenda zu pushen.
Es hat auch keiner die Union und die SPD um ihre schlecht gealterte Ostpolitik, insbesondere die Gas-Abhängigkeit zu Russland, gebeten, außer ein paar Wirtschaftszweige, die sehr davon profitierten.
Es hat auch keiner gebeten, Deutschland zu vierteln, um vier Quasi-Strommonopole zu schaffen usw.
Es ist immer wieder Aufgabe der Politik Entscheidungen zu treffen, auch wenn sich die öffentliche Meinung dazu noch nicht gebildet hat. Ob sie richtig war, weiß man oft erst hinterher.
Dass wir beim Klima handeln müssen, streitet kein ernsthafter Diskutant ab
Ja, könnte man. Man könnte aber auch ganz realistisch zugeben, dass solange 50 Millionen Autos auf der Straße sind, du einen doppelten Spritpreis nicht durchsetzen wirst können ohne dass es soziale Unruhen geben wird, da es zum einen bei Einigen um die Existenz geht und zum anderen Antidemokratische Kräfte das entsprechend nutzen werden.
Ja, das ist der FDP-Plan. Wer genug Vermögen hat, kann sich weiterhin das Recht kaufen den Planeten einzusauen, und wer das nicht hat, der dreht eben die Heizung auf 14°C runter und zieht sich drei Pullover an.
In die Richtung geht das ja jetzt schon. Aber weil die Leute das so nicht akzeptieren würden, wird dieses „Preissignal“ eben nur in homöopathischer Dosis eingesetzt und wo immer es geht aufgeschoben oder durch Subventionen konterkariert, und deswegen ist es für Wohlhabende auch weiterhin spottbillig ihren verschwenderischen Lebensstil aufrechtzuerhalten. So stellt die Masse derjenigen, die weitere „Preissignale“ nicht ohne große Einschränkungen stemmen könnten die politischen Fußtruppen der Privatjetelite.
Wenn es wirklich um den Wählerwillen ginge, würden wir zumindest teilweise Direktdemokratie wie die Volksentscheide in der Schweiz einführen.
Aber es geht noch nicht einmal um den Wählerwillen. Es geht erschreckend wenig um die Sache. FDP, CDU und natürlich AFD (ich finde, auch SPD) geht es (überspitzt ausgedrückt) nur um Stimmenfang und dafür lügen sie notfalls.
Wenn es wirklich um den Wählerwillen ginge: Warum gibt es dann noch kein Tempolimit??
Ehrlich gesagt bin ich auch nicht ganz sicher, ob Volksentscheide gut sind. Dabei riskiert man, dass die Mehrheit, die so beeinflussbar ist, die falsche Abzweigung nimmt. Notwendig wäre dafür eine faktenbasierte Information der Öffentlichkeit.
Ich wundere mich immer über die unreflektierte Veröffentlichung von Meinungsumfragen. Wer von den befragten Personen war denn zum Thema gut informiert? Natürlich kann man für den Erhalt von AKWs sein, wenn man nicht weiß, dass wir neue Brennstäbe bräuchten. Natürlich bin ich gegen das Verbot neuer Heizungen, wenn ich in den Medien immer wieder lese, höre, sehe, dass noch gut laufende Heizungen "herausgerissen " werden sollen. Usw.
Mir wäre es lieber, visionäre, entscheidungsfreudige, ehrliche, kommunikativ begabte PolitikerInnen zu haben. (Dann hätte man immer noch die Abwahlmöglichkeit). Ich frage mich aber, wer sich solche Eigenschaften im Politbetrieb und unter Lobbyeinfluss so lange erhält, bis er/sie in einem entscheidenden Amt ankommt…
Eine hervorragende Lösung wäre der Bürgerrat als Mittler zwischen Bürger und Politik. Als Informations- und Diskussionsmöglichkeit. Als Quelle von Selbstwirksamkeit. Am besten mit tatsächlicher Einflussmòglichkeit auf Politik, nicht bindend, aber auch nicht ohne Konsequenzen ignorierbar wie aktuell Expertenrat und Umweltbundesamt. Handeln gegen Entschluss eines Bürgerrats müsste dann gut begründet sein, ggf. mit Klagemöglichkeit.
Finde ich auch.
Zu dem Thema „auf der richtigen Seite der Geschichte“ will ich hier noch einen Podcast-Tip geben, nämlich Alternativlos Folge 20. Der Podcast von Felix von Leitner (Fefe) und Frank Rieger hat vor 12 Jahren den inzwischen leider verstorbenen Frank Schirrmacher (u.A. FAZ-Herausgeber) genau zu diesem Thema interviewt: