LdN 333 - Lindner, Söder und der Populismus - Mangel an Führungs- und Gestaltungsanspruch

Pragmatischer ja:

Weitaus nein. Die Grünen müssen sich in Themen wie Homöopathie und grüner Gentechnik dringend bewegen. Das wird auch dadurch nicht besser, dass sich die FDP in anderen Bereichen dringender bewegen muss

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Politikverdrossenheit kommt auch daher, dass man sich nicht mehr von irgendeiner Partei vertreten fühlt oder verraten fühlt. Weder Grüne, noch SPD fordern wirklich vehement sozialen Ausgleich, obwohl sie damit sehr aktiv auf Stimmenfang gegangen sind. Stattdessen werden die Fördertöpfe für Förderungen genutzt, die vor allem Vermögende abgreifen können. Nur Hubertus Heil hat letztes Jahr nochmal ein einkommensabhängiges Klimageld gefordert, was absolut richtig wäre im Moment. Und ja, das Problem liegt bei Lindners Unfähigkeit im Moment, aber wo sind denn die Stimmen von SPD und Grünen, die immer wieder Druck machen? Das macht die kleine FDP be Ihren Themen schon besser. Das sagt mir nur, dass ich meine nächste Wahlentscheidung überdenken muss, da die Grünen und die SPD beide eben keinerlei Interesse haben irgendwas mit echtem sozialem Ausgleich zu fördern. Man würde hiermit übrigens, wie in der Lage erwähnt, auch Menschen auf seine Seite ziehen und mehr Zustimmung für Maßnahmen ernten. Jetzt haut man nur Maßnahmen und Forderungen nach Maßnahmen raus und verunsichert so sogar ohne die Populisten viele Menschen. Wenn man aber mal Geld aus Maßnahmen wie der CO2 Bepreisung verteilen würde, käme das ganze anders rüber.

Ein starker sozialer Ausgleich würde m.E. sowohl von wissenschaftlicher Seite als auch von der Bevölkerung Rückendeckung bekommen. Dass SPD und Grüne hier zurückhaltend sind kann ich mir nur dadurch erklären, dass sie befürchten, die FDP würde andernfalls die Koalition sprengen.

Sorry, Markus, aber diese beiden Themen spielen in der öffentlichen politischen Diskussion der letzten 2 Jahren so gut wie überhaupt keine Rolle und sind m.E. in der Partei „durch“:

Google mal „Wie steht die Partei „Die Grünen“ zur Gentechnik?“: Die Top-Treffer sind aus den Jahren 20 und 21.

Und Homöopathie betraf eine grüne Kernwählerschaft v.a. in BaWü - das Thema ist seit dem Parteitag 2020 faktisch abgeräumt und die Parteispitze im Bund und in vielen Landesverbänden haben sich klar distanziert.

Ich würde sehr gerne noch einmal auf die Frage zurückkommen, was die systemischen Ursachen des populistischen Verhaltens sind, wegen dem dieser Thread gestartet wurde: Falsches Framing und offen Lügen über wissenschaftliche oder technische Fakten, mit denen Teil der Wählerschaft verunsichert und auf die eigene Seite gezogen werden sollen.
Beispiel:

  • Framing „Heizungsvorbotsgesetz“,
  • Insinuieren: „Mit Wärmepumpen wird es in viele Wohnungen im tiefen Winter kalt“ / „Wegen der Grünen werdet Ihr im Winter frieren“
  • Insinuieren: „Für Wärmepumpen muss man große Teile der Bestandsimmobilien kostspielig sanieren“ / „Die Grünen sorgen für die Verarmung der Immobilienbesitzer“ / „Enteignung“
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Was für mich als Grund das Ganze nicht besser macht. Da muss ich meine Wahlentscheidung sehr überdenken. Gerade die Grünen haben sehr auf dieses Thema gepocht und damit Stimmenfang betrieben. Nun entwickelt sich das Gefühl, dass es den grünen reicht, ihre gut bürgerliche Klientel zu versorgen. Bei der SPD sind die jungen Wilden und Kühnert auch eine Enttäuschung. Da kommt halt auch zu wenig, wobei dort zumindest intelligente Dinge wie die einkommenssteuerpflichtigen Zahlungen kamen. Aber beiden werde ich Stand jetzt ehr nicht mehr meine Stimme geben, dann gehe ich er zu einer Kleinstpartei.

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Offensichtlich nicht, denn wir haben nach wie vor ein Homöopathie-Gesetz und keine eine Neuregelung Gentechnikscher Verfahren in der Zulassung neuer Pflanzenarten. Und ich habe auch noch nicht vernommen, dass die Grünen sich geeinigt hätten, das zu ändern. Zu letzterem Thema gab es in den letzten 2 Jahren durchaus vermehrt Beiträge in den öffentlich rechtlichen Wissenschaftskanälen - Terra X, Quarks, Maithink-X, gerade weil offensichtlich die öffentliche Wahrnehmung gestärkt werden sollte. Dass Formate wie die Lage das Thema bisher nicht interessiert ist schade, aber ist halt so.

Ja, stimmt, damit hast Du sicherlich recht.

Lauterbach hat angekündigt, das ändern zu wollen, die FDP hat Zustimmung signalisiert. Wie die Grünen „offiziell“ dazu stehen, dazu habe ich nichts gefunden.

Allerdings fürchtet v.a. der Landesverband BaWü um einen nicht unerheblichen Teil seiner Wählerschaft (warum dieser Irrglauben da unten immer so weitverbreitet ist, habe ich nie verstanden).

Zum Thema Gentechnik habe ich nichts gefunden. Allerdings stecke ich in dem Thema auch nicht tief drin.

Die beiden Themen unterscheiden sich im Hinblick auf die Wissenschaftlichkeit / Evidenzbasiertheit wie folgt:

  • Bei Homöopathie müsste der Nutzen nachgewiesen werden. Das kann Wissenschaft nicht. Daher gibt es keinerlei Grund für eine wie auch immer geartete Förderung / Erstattungsfähigkeit.
  • Bei der Gentechnik muss die Wissenschaft mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass sie keinen Schaden anrichtet. Dieses Problem gilt für alles, bei dem man begründete Zweifel haben kann, dass es einen nicht unerheblichen Schaden anrichten könnte. Atomkraft ist solch ein Fall. Aktuell auch Künstliche Intelligenz. Das ist m.W. schwer bis unmöglich (und war nicht wg. den Technologien an sich, sondern gilt das nach meinem Verständnis prinzipbedingt für wissenschaftliche Nachweise; wie lange hat die Wissenschaft z.B. gebraucht, um Zweifel an der Schädlichkeit von Mobilfunkstrahlen ausräumen zu können?). Bei allen diesen Dingen ist es zumindest theoretisch begründet denkbar, dass diese Technologie einen ganz erheblichen Schaden anrichten können. Und das man die Sache nicht mehr „zurück in die Tube“ kommt, wenn man der Technik freien Lauf lässt. [Ähnliches gilt übrigens für die aktuell hier im Forum diskutierte Wahrscheinlichkeit, dass das Erreichen bestimmter Kipppunkte die Klimakrise unabwendbar erheblich beschleunigen könnte.]. Ist es dann unwissenschaftlich oder gar wissenschaftsfeindlich, solchen Technologie zunächst einmal mit einer gesunden Skepsis zu begegnen?
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Ich fände es auch gut, mal wieder auf das Hauptthema des Threads zurückzukommen. Ich denke, dass es unterschiedliche Ursachen für Populismus gibt. Als eine zentrale Ursache kann eine hier ja z.T. schon erwähnte Entfremdung angesehen werden. Das hat Colin Crouch in seinem Buch Postdemokratie m. E. sehr treffend beschrieben. ChatGPT fasst den Inhalt so zusammen:

Die Hauptthese von Colin Crouchs Buch „Postdemokratie“ ist, dass die westlichen Demokratien sich in den letzten Jahrzehnten von einer „partizipativen Demokratie“ zu einer „postdemokratischen“ Gesellschaft entwickelt haben. Crouch argumentiert, dass politische Entscheidungen zunehmend von Experten und Eliten getroffen werden, die weitgehend unabhängig von öffentlicher Kontrolle und Beteiligung agieren. In der Postdemokratie hat die politische Elite mehr Macht und Einfluss als die Bürger, und die politischen Institutionen haben ihre Verantwortung an private Unternehmen und supranationale Organisationen abgegeben. Crouch behauptet, dass diese Entwicklung zu einem Demokratiedefizit führt, da die Bürger immer weniger Einfluss auf politische Entscheidungen haben und sich immer mehr von der politischen Klasse entfremden.

  • Fortsetzung folgt -
  • Teil 2 -

Dabei geht Crouch auch auf die Rolle des Populismus ein - ich übergebe wieder an die Maschine:

Crouch beschreibt Populismus als eine politische Strategie, die darauf abzielt, die öffentliche Meinung durch Vereinfachung von Themen und die Schaffung einer emotionalen Verbindung mit der Bevölkerung zu manipulieren. Crouch argumentiert, dass Populismus ein Symptom der Postdemokratie ist, da es in einer politischen Landschaft, in der Bürger sich von der politischen Klasse entfremdet fühlen, leichter ist, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Populistische Führer versprechen oft einfache Lösungen für komplexe Probleme und schüren Ängste und Unsicherheit, um Unterstützung zu gewinnen.
Crouch betont jedoch auch, dass Populismus nicht die Ursache, sondern vielmehr ein Symptom der Postdemokratie ist. Er argumentiert, dass eine Rückkehr zur partizipativen Demokratie und zur Stärkung der öffentlichen Kontrolle über politische Entscheidungen notwendig ist, um den Einfluss des Populismus und anderer politischer Manipulationen zu reduzieren.

Ich würde noch hinzufügen, dass eine Bedingung (wenn vielleicht auch nicht Ursache) für Populismus auch eine mediale Öffentlichkeit ist, die sehr stark mit Meinungen und Emotionen arbeitet. Und das möchte ich nicht als einseitige Manipulation verstanden wissen. Die Medienkonsument:innen verhalten sich ja auch entsprechend. So ist etwa die Nachfrage nach Beiträgen, in denen kurzfristige Emotionen mobilisiert werden, besonders hoch (sei es nun das Entsetzen über eine Flutkatastrophe, die Aufregung vor einer Wahl oder die Empörung über den jeweiligen politischen Gegner). Also versuchen die Medien dies zu bedienen und ein Thema, das „viel geklickt“ wurde, weiter auszunutzen. Und ebenso wie Politiker:innen häufig nur an den eigenen Posten oder die nächste Wahl zu denken scheinen, scheint es vielen Medien häufig eher um die Klickzahlen bzw. Quoten zu gehen. Das sage ich nicht, um „der Politik“ oder „den Medien“ die alleinige Schuld zu geben, sondern als Beschreibung eines Systems, an dem wir alle mitwirken.

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5 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: Homöopathie vs. Wissenschaft, / Populismus

Ich versuche es mal ganz kurz auf den Punkt zu bringen, damit mehr Platz für das Hauptthema des Threads ist.
Haupt-Streitpunkt bei der Gentechnik Debatte ist, ob eine durch Züchtung entstandene Pflanzenart gegenüber einer Pflanzenart mit identischem Erbgut (!), die mit der Genschere erzeugt wurde, eine andere Gefahr für ihre Umwelt darstellt. Hierzu gibt es seit Jahren einen gut dokumentierten wissenschaftlichen Konsens, den in Frage zu stellen ich in der Tat als Wissenschafts-Skepsis bezeichnen würde. Für weitere Diskussionen gibt es ja den entsprechenden Thread:

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Aber liegt das alleinig in der Verantwortung der Grünen?
Wer ist denn Gesundheitsminister?
Und wer hat das Gesetz damals eingeführt?

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Siehe dazu dieses interessante Experiment.

Die Vorschläge, die nach dem ersten Teil von Menschen eingingen sind wirklich außerordentlich interessant und vor allem konstruktiv.

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Hallo beelar,

Ich teile Deine Einschätzung was die Entwicklung der Beiträge betrifft. Ich bin seit Anbeginn regelmäßiger Hörer und sehe da mittlerweile auch Tendenzen zu einer stärkeren Betonung der eigenen politischen Präferenzen. Den Vergleich mit Brandts Ostpolitik fand ich auch recht eigenwillig. Ich werde dennoch die Lage weiter hören, da es kaum ein Format gibt, das -zumindest vor der Einordnung in das eigene politische Weltbild - die relevanten Fakten zuverlässig zusammenträgt.

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Da haben Lindner, Merz und Söder aber kein Patent drauf.
Mit geschickt eingepflanzten Märchenvorstellungen und massenhafter Minderinformiertheit ist Olaf Scholz Kanzler geworden (Stichworte: Sichere Rente, 400.000 neue Wohnungen p.a.)

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Was ich oft schade finde, ist aber eine Eigenart der Demokratie, das Parteien sich oft primär mit sich und ihren Befindlichkeiten beschäftigen oder mit der Profilierung von Einzelpersonen, statt mit dem Wählerwillen oder dem Wohl des Staates.
Selbst zu Zeiten von Corona oder zu Beginn des Ukraine Krieges war der „Zusammenhalt und die Einigkeit“ doch sehr verkrampft und politisch kalkuliert.
So richtig gemeinsam können wir offenbar nicht…zu sehr Individuen

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Danke für die Moderation.
Ich weiß nicht wo ich überall ein Problem mot Populismus habe. Vor allem wohl dort wo Populismus innerhalb einer Regierungskoalition dazu eingesetzt wird sich zu profilieren. Zu Lasten der anderen in der Koalition, zu Lasten der Realität das man eigentlich ein Land leiten (regieren) sollte und - nicht zuletzt - zu Lasten der Regierten.
Was Lindner und die FDP gerade anstellen ist alles andere als konstruktiv. Unter dem Deckmäntelchen der Technikoffenheit wird konsequent dem Althergebrachten das Wort geredet. Statt Lösungen anzugehen wird in die Zukunft verschoben. Und eine Technikgläubigkeit und „der Markt wird’s schon richten“ an den Tag gelegt, die völlig realitätsfern ist.
Und das schlimme ist, dass dabei Tatsachen und wissenschaftlich belegts geleugnet werden.
E-Fuels? Ernsthaft? Wer von den Technikjüngern sagt denn einmal offen, dass Verbrenner ineffektiv wie Sau sind?
Gasheizungen mit Biogas? Ja klar. Aber statt darauf hinzuweise, dass die ja nicht verboten würden - wenn (!)es denn genügend Biogas zur verfügung stehen würde.
Statt konstruktiv in eine Regierung mit zu arbeiten benimmt sich genau diese Partei wie eine lamentierende Opposition. Zerlegt die Beschlüsse - die doch hoffentlich gemeinsam getroffen wurden - direkt anschließend vor der Presse oder der eigenen Fanbase. Nutzt populistische Schlagworte und macht bewusst die Grünen schlecht - in dem man sie als den Buhman mit den falschen, übertriebenen Entscheidungen hinstellt. Unterminiert, durch Finanzierungs-Verweigerung, Teile des Koalitionsvertrags (Familienfinazierung). Schleimt sich mit Schwachsinn wie „nicht genügend Schilder“ bei seinen Stammwählern ein. Und verhindert damit notwendige Änderungen. Selbst offensichtliche Tatsachen wie die Brauchbarkeit von Wärmepumpen (Dänemark, Norwegen, Finnland machen es doch vor) wird geleugnet, weil ja „dasVolk“ es nicht versteht.
Und in all’ dem populistische Gelärme gehen die Erklärungsversuche unter.
Warum? Mein Eindruck ist es, weil man genau weiß, dass man als kleiner Partner in einer Regierung leicht an Kontur verliert. Und um das zu vermeiden muss man laut sein.
Aber das ist Wahlkampf-Modus, nicht Regieren. (Wie war das? Zum Wohle des Deutschen Volkes…?) Das ist Egoismus auf Kosten der Demokratisch regierten.

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Oder aber die FDP sagt und tut Dinge die FDP Wähler hören und sehen möchten. Als limitierender Faktor in einer linken Regierung fällt das natürlich bei Linken negativ auf.

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Ja, es wäre ein Traum, wenn man mit der FDP über das WIE der Klimapolitik streiten könnte.
Wenn schlimmstenfalls die Klimaziele mit sozialen Verwerfungen erreicht würden. Stattdessen scheint die FDP nur gegen eine wirksame Klimapolitik zu kämpfen, sodass die sozialen Verwerfungen (in weit größerem Umfang) durch die Folgen der verfehlten Klimaziele kommen.

Leider stimmt das nur halb. Für ihr Klientel wird sich der Geldbeutel nämlich wieder mal dicker, während die mittlere Einkommen ausbluten.