LdN 333 Kamala Harris- asset or liability?

ob Kamala Harris ein gutes Argument für Biden ist, kann man durchaus hinterfragen. Über Woman of Color hinaus, scheint nicht viel für sie zu sprechen, ja sie scheint recht instinkt-los und nur bei linken Akademiker:innen gut anzukommen:

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Artikel ist hinter der Paywall…
Der einzige andere Artikel, den ich auf die schnelle zu dem Thema gefunden habe ist vom Stern:

Es ware für eine sinnvolle Diskussion gut, wenn du deine Position bzw die aus den Artikeln etwas klarer/ausführlicher darstellen könntest. So bleibt außer dass du Harris nicht magst, nicht viel Inhalt übrig.

Ich persönlich habe gar nichts gegen sie; ich habe keinen eigenen Eindruck.

Ich habe allerdings diesen Artikel gelesen, dessen Essenz ich kurz zusammengefasst habe. Ich denke, das sollte auch reichen.

Ich finde es persönlich auch ärgerlich, dass Medien sich dieser Abo-Fallen bedienen, aber deshalb muss ich nicht den Artikel abschreiben. Die Alternative wäre für mich, gar nicht zu posten. Da fand ich diesen Hinweis aber sinnvoller.

Sie hat es aber auch nicht einfach. Wenn sie Akzente setzt, heißt es, sie stiehlt Biden die Show. Wenn sie keine setzt, heißt es, sie ist zu blass. Ich halte es nicht für abwegig, an ihr festzuhalten. Er muss allerdings seine zweite Amtszeit nutzen, um sie als Nachfolgerin aufzubauen. Sie muss beweisen, dass sie bisher unterschätzt wurde. Und Biden muss diese zweite Amtszeit natürlich erst mal bekommen.

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Ulf sagte (~11:50):
„Ein Pluspunkt ist Kamala Harris[…] Sie hat neben ihren inhaltlichen Stärken zwei eher äußere Merkmale die Pluspunkte geben […]“
Welche inhaltlichen Stärken das sein sollen, ist mir nicht klar geworden. Im deutschen Feuilleton wird sie als starke schwarze Frau gefeiert, aber wer ein bißchen über den Tellerrand guckt, der weiß, dass sie in den USA unbeliebter als Biden ist. Ähnlich unbeliebt wie Trump. Kamala ist kein Zugpferd für Biden, Biden ist ein Zugpferd für Kamala.

Teil 1:

Vielleicht schadet es nicht, hier ein bisschen weiter auszuholen:

Kamala Harris ist vor allem als aggressive und gut informierte Fragestellerin in den Hearings des Senate Judiciary Committee bekannt geworden und ins politische Rampenlicht gerückt. Legendär ist zum Beispiel eine Befragung, in der sie Trumps ersten Attorney General Jeff Sessions so heftig auseinander genommen hat, dass er vollkommen sprachlos war. Dies ist natürlich ein Talent, das sie als Vizepräsidentin kaum zur Geltung bringen kann (und auch im Wahlkampf nicht zur Geltung bringen konnte).

Harris galt vor dem Wahlkampf für 2020 als bestens positioniert und als mögliche Konsenskandidatin, auf die sich alle Flügel der Demokratischen Partei einigen könnten. Genau wie bei Cory Booker, der ähnlich positioniert war, ist ihre Kampagne dann allerdings völlig in sich zusammen gebrochen. Dafür kann man vermutlich mehrere Gründe finden.

  • Große Turbulenzen innerhalb ihrer eigenen Wahlkampagne, die u.a. auch damit zu tun hatten, dass ihre Kampagne von ihrer Schwester geleitet wurde.

  • Schlechte Beratung oder mangelndes Talent haben dazu geführt, dass Harris die Erwartungen an sie als Debatteurin nicht erfüllen konnte - teilweise gab es da in den Debatten einige seltsame Momente, die vermutlich auf fehlgeleitete strategische Entscheidungen zurückzuführen sind.

  • Kamala Harris wurde vom progressiven Teil der Demokraten ziemlich stark angegangen, was mit ihrer Vergangenheit als Strafverfolgerin in Kalifornien zusammenhängt.

  • Nach dem Hilary-Schock von 2016 hat man für 2020 nach Kandidaten gesucht, die „electable“ sind, was häufig nur eine ziemlich durchschaubare Chiffre dafür war, dass man nach einem älteren weißen Mann sucht. Nach den Vorwahl-Erfolgen für Bernie Sanders und Pete Buttigieg hat sich das Partei-Establishment dann ja auch auf Joe Biden geeinigt. Federführend orchestriert durch Jim Clyburn, was auch dafür spricht, dass Kamala Harris auch innerhalb des Congressional Black Caucus - zu der Zeit - nicht erste Wahl war.

  • Freilich: Rassismus oder strategische Erwägungen, die den Rassismus der amerikanischen Gesellschaft einkalkulieren.

Dass eine Vize-Präsidentin etwas unbeliebter ist als der amtierende Präsident ist jetzt auch nicht sonderlich verwunderlich. Vize-Präsident:innen werden normalerweise mit eher undankbaren Aufgaben betraut, da sie in gewisser Weise ja auch immer Rival:innen sind. Zudem gab es schon früh Berichte darüber, dass zwischen Bidens Team und Harris’ Team nicht immer alles rosig gelaufen ist. Harris war beispielsweise für die sogenannte „border crisis“ verantwortlich, was sie zum einfachen Ziel der Republikaner gemacht hat. Darüber hinaus ist sie freilich einer großen Menge an online abuse ausgesetzt. Zudem hat sie bei einigen vor allem außenpolitischen Terminen nicht immer glücklich agiert.

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Teil 2:

Vize-Präsident:innen werden für gewöhnlich nicht primär wegen ihres politischen Talents ausgewählt, sondern um ein möglichst breites Sprektrum der Wählerschaft abzudecken. Barack Obama hat Scranton Joe nominiert, einen etablierten weißen Senator aus dem Mittleren Westen, um eine bestimmte Klientel nicht zu verlieren. Biden im Gegenzug hat Kamala Harris aufgestellt und hat bei der Wahl 2020 Swing States sowohl im weißen Mittleren Westen (Michigan, Wisconsin, Pennsylvania), Staaten im Süden mit größerem Black Electorate (Georgia) und im Westen mit vielen Latin Americans (Nevada) gewonnen. Ein voller Erfolg, könnte man sagen. Wie das 2024 aussieht ist schwer vorherzusagen und von vielen Faktoren abhängig.

Zudem: Wer wäre denn die bessere Alternative zu Kamala Harris? Stacey Abrams zum Beispiel, die für 2020 ebenfalls hoch gehandelt wurde, hat seitdem noch eine Gouverneurs-Wahl verloren und ist etwas von der großen politischen Bühne verschwunden.

Was man vermutlich sagen kann: Wenn Kamala Harris 2028 bei den Vorwahlen antritt, wird sie das als Favoritin tun - vielleicht nicht „relative to the field“, aber sehr wahrscheinlich gegenüber allen anderen Einzelkandidat:innen. Joe Biden jedenfalls, der vor 2020 mehrere Vorwahlen zur Präsidentschaft verloren hat, war nach acht Jahren als Vizepräsident plötzlich every establishment democrat’s darling.