Ich halten den Begriff „Regionalparteien“ in diesem Zusammenhang nicht für angemessen. Wir haben in Deutschland die Situation, dass bestimmte Parteien in manchen Regionen die Rolle einer anderen Partei einnehmen. Dies mag nach Absprache geschehen, wie bei der Aufteilung in CDU und CSU oder historisch bedingt sein, wie in vielen Regionen in Ostdeutschland, wo die SPD quasi nicht existent ist und deren Rolle von den Linken eingenommen wird.
Stattdessen fände ich es besser, von „regional verwurzelten Parteien“ zu sprechen, die in bestimmten Regionen starke Strukturen haben oder gerade dort gewählt werden, wo andere Parteien keine starken Strukturen haben.
Dein Argument, dass regional verwurzelte Parteien
halte ich auch für nicht schlüssig, denn die Linke und die CSU haben ja gerade bundesweite und internationale Anliegen, für die sie ausführliche Programme aufstellen und deretwegen sie in den Bundestag wollen.
Was mich an dieser Aktion so auf die Palme bringt, ist diese Wurschtigkeit und Arroganz, die hier zu Tage tritt. Es tut mir weh als jemand, der die Politik der Ampel in vielen Punkten unterstützt, das hier schreiben zu müssen. Aber wenn über Nacht, ohne den Hauch einer gesellschaftlichen Diskussion, ohne Not, in der Annahme dass das Thema eh zu technisch sei, um die Menschen im Land zu interessieren, mit Regierungsmehrheit zwei unliebsamen Oppositionsparteien das Leben deutlich schwerer gemacht wird, dann fühle ich mich an Dinge erinnert, die wir eher aus Polen oder Ungarn gewohnt sind. Die Pandorrabüchse des Gerrymandering ist nun geöffnet.
Ich sage nicht, dass die Grundmandatsklausel in dieser Form hätte bleiben müssen und ich halte sie auch nicht für die elegenateste Lösung. Aber aus dem Stegreif fallen sofort Vorschläge ein, mit denen man den real existierenden regionalen politischen Disparitäten auf ähnliche Art hätte Rechnung tragen können (Senkung der 5%-Hürde, andere regional bedingte Wege um die 5%-Hürde, etc.). Dass dazu nicht einmal eine Debatte gestartet wurde, ist ein grobes Faul.
Mir graut vor der ersten Wahl, bei der die Linke oder die CSU (oder eine andere Partei) wegen dieser Reform aus dem Bundestag fliegt und die „Big Steal“-Debatte losgeht.