LdN 327 Eigenkapitalanforderungen

Im Interview mit Michael Peters von der Bürgerbewegung Finanzwende sagt Peters, dass Banken nur eine Eigenkapitalquote von 4-5 % haben (müssen). Dies ist eine sehr verzerrte Aussage. Ja, das europäische Recht (CRR) schreibt für das harte Kernkapital nur eine Quote von 4,5 % vor. Das deutsche Recht (KWG) ergänzt dies jedoch durch Pufferanforderungen, beispielsweise den Kapitalerhaltungspuffer (2,5 %) und den antizykl. Kapitalpuffer (für Exposure in D derzeit 0,75 %). Somit sind die CET1-Anforderungen schon mindestens 7,75 % für Banken in D (für Exposure in D). Hinzu kommen noch institutsspezifische Anforderungen für P2G und P2R, so dass in Summe selbst kleine Banken eine Anforderung von mindestens 8,5 % oder mehr haben. Für große Banken kommen noch weitere Anforderungen hinzu. Und dies gilt nur für das harte Kernkapital, Zusätzliches Kernkapital wird hier nicht berücksichtigt.

Selbst die Commerzbank gibt in ihrem Offenlegungsbericht von 09/2022 eine Harte Kernkapitalquote von 13,79 % an.

Auch kann man nicht sagen, dass in Europa die Basler Regeln nicht umgesetzt wurden. Die EU ist in einzelnen Teilen Non-Compliant gemäß Bericht des Basler Ausschusses (RCAP), aber dies trifft kleinere Spezialthemen. Die Finalisierung von Basel III ist in der EU im Moment in Umsetzung, wie in den meisten Ländern auch.

Ebenso ist die Aussage falsch, dass die Themen in der EU laxer umgesetzt werden als zB in den USA. Gerade durch die laxe Umsetzung der Ausnahmen für kleine Banken wurde die SVB so wenig überwacht, obwohl sie eine Bilanzsumme von über 200 Mrd. hatte. In der EU gilt eine Bank ab einer Bilanzsumme von 30 Mrd als systemrelevant und wird sehr stark überwacht, als kleines Institut gilt man mit einer Bilanzsumme von < 5 Mrd.

Ich fand die Darstellung sehr tendenziös und nicht an den Fakten des Aufsichtsrechts orientiert.

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Zustimmung!

Kleine anmerkung/Ergänzung
kapitalerhaltungspuffer von 2,5% gilt europaweit (Art 92(3) CRR)
Antizyklischer wird von den nationalen Aufsichtsbehörden festgelegt, ist aber auch in einigen anderen Mitgliedsstaaten nicht null

Und jetzt bitte in deutsch für den dummen Elektriker.

Ja, das Bankenaufsichtsrecht ist ein bisschen speziell und manchmal schwer zu erklären.
Herr Peters hat kritisiert, das die Banken zu geringe Eigenkapitalquoten haben, nur rund 4-5 %. Hier muss man sagen, dass das so nicht stimmt. Die Anforderungen an Banken sind viel höher und selbst sehr kleine Banken in Deutschland haben sicherlich eine Mindestquote von 8,5 % an Eigenkapital der höchsten Qualität (CET1) vorzuhalten. Große Banken noch deutlich mehr.

Die bisherigen Vorgaben des Basler Ausschusses (= Festlegung weltweiter Rahmenbedingungen für Banken) wurden in der EU in weiten Teilen umgesetzt, während Herr Peters erklärt, es sei keine Umsetzung erfolgt. Die Umsetzung der Finalisierung von „Basel III“ ist derzeit im Trilog der EU, aber auch hier ist die EU nicht wesentlich langsamer als andere Länder. Ja, es wurden kleine Teile anders umgesetzt in der EU als in Basel vorgesehen, daher gilt die EU als nicht compliant, aber daraus eine allgemeine Nichtumsetzung abzuleiten ist mE nicht sachgerecht.

Und schließlich sagt Herr Peters, dass die Regulierung in der EU schwächer wäre als in der EU. Das kann man nicht so pauschal sagen. Im Bankenaufsichtsrecht gibt es ein „Proportionalitätsprinzip“, also größere Banken werden strenger überwacht als kleinere. Aber die Grenzen, ab wann man groß oder klein ist, wurden unterschiedlich umgesetzt. Die SVB wäre in der EU als großes Institut klassifiziert gewesen mit einer sehr harten Überwachung, in den USA galt sie als kleines Institut und musste viele Regelungen nicht einhalten, insbesondere hinsichtlich Liquidität und Refinanzierung.

Ich hoffe, so ist es verständlicher.

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Ja, Danke für den Versuch. Ich hab auf jeden Fall etwas mehr vom Problem verstanden als im Eingangspost aus dem ich nur mitgenommen habe, dass es ein Problem gibt

DANKE. Hab LdN327 erst jetzt gehört und wollte genau darauf gerade auch hinweisen.
„Sehr verzerrt“ ist meiner Meinung nach noch sehr freundlich formuliert.

Allerdings hat Herr Peters Recht, dass die europäischen Banken seit Jahren (erfolgreich) versuchen die Basel-Anforderungen aufzuweichen.

Was mir ebenfalls aufgefallen ist: Die Darstellung Sparkasse und Volksbanken würden ohne Grund eine europäische Einlagensicherung sabotieren. Die Realität ist nämlich, dass die Sparkassen mit ihrem Haftungsverbund und auch die Genossenschaftsbanken über den BVR Sicherungssysteme aufgebaut haben, die weit über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus gehen. Vereinfacht gesagt: Wenn eine Volksbank in Schieflage gerät, sorgen die anderen mit ihren Mitteln dafür, dass das nicht passiert.

Finanzwende ist am Ende auch nur ein Lobbyverein, deren Aussagen genauso mit kritischer Distanz eingeordnet werden sollten wie die von BdB & Co.

Ergänzend fand ich den Beitrag ziemlich erschreckend: Hier wurde sehr einseitig argumentiert und die Bankenrettung als sehr negativ ausgelegt.
Die Eigenkapitaleigner / Aktionäre wurden bei der Silicon Valley Bank und den weiteren amerikanischen Pleiten auf Null gesetzt, nur bei der Credit Suisse nicht komplett. Etliche Fremdkapitalgeber mit Ausnahme der Einlagengeber / Kontoinhaber auch.
Was die Rettung (also Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs) gebracht hat, war das System zu stabilisieren. Das ist ähnlich als wenn der Staat die Lufthansa retten würde oder Galeria Kaufhof…
Gewinnen tun dabei nur Arbeitnehmer und Kunden.
und bitte nicht vergessen die meisten Arbeitnehmer bei der Credit Suisse, haben die Probleme bei der Bank nicht verursacht!

In Bezug auf USA vs Europa wurde auch nicht korrekt berichtet: Amerikanische Banken haben im Schnitt deutlich höhere Eigenkapitalrenditen als europäische Banken, weil die Regulierung dort deutlich laxer ist. Das stärkt das System!

Wie schon im Fall Wirecard, ist primär wichtig, dass die bestehende Regulierung richtig umgesetzt wird und nicht noch mehr Regulierung kommt, die dann einfach in der Prüfung durch gehakt wird!

Das eine schließt ja das andere nicht aus. Die Abneigung gegen die europäische Einlagensicherung beruht ja auf der (möglicherweise berechtigten) Unterstellung, dass andere EU-Staaten weniger gute Sicherungen haben und deutsche Einlagen für Banken anderer Länder herhalten müssten. Ob eigene Sicherungssysteme über die 100.000 hinausgehen ist eine davon unabhängige rein wirtschaftliche Entscheidung, die nur auf Kunden abzielt, deren Vermögen über die 100.000 hinausgehen.

Ich teile die Wahrnehmung einer sehr tendenziösen Darstellung. Zusätzlich sollte man noch erwähnen, dass eine höhere Eigenkapitalquote den Konkurs der SVB gar nicht verhindert hätte.

Das Problem war dort ja ein „Bank-Run“, der durch Gerüchte auf sozialen Medien erzeugt wurde. Da die SVB unzureichende Liquidität (vereinfacht „Bargeld“) hatte, musste sie dann langfristige Anlagen verkaufen, was aber insbesondere beim MBS (mortgage-backed securities)-Portfolio nicht möglich war.

Der relevante aufsichtsrechtliche Mechanismus ist hier die „Liquidity Coverage Ratio“ (LCR), die den Mindestumfang der vorzuhaltenden Liquidität regelt.

Auf https://som.yale.edu/story/2023/lessons-applying-liquidity-coverage-ratio-silicon-valley-bank findet sich eine gute Darstellung der Thematik. Dort wird aber auch aufgezeigt, dass Kapitalquoten und LCR keine Allheilmittel sind, sondern Stabilität letztendlich nur durch vernünftige Risikomanagementprozesse zu erreichen ist

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