LdN 302: Standards

Ich habe 12 Jahre Erfahrung als Hardware-Entwickler, und nochmal einiges mehr als Tech-Nerd…

Standards sind ja eine tolle Sache, aber sie haben eine besch***ene Eigenschaft: Nur die selbstgeschrieben Standards werden akzeptiert (siehe DVD+/DVD-, FTP vs. DropBox vs gDrive vs iDrive, SMTP vs Exchange vs GMail App vs, Matrix vs Whatsapp vs Threema vs Telegram, …)

Wenn jemand im Bund auf den Tisch haut, und den eigenen Vorschlag als Standard umsetzen will, wird das nicht akzeptiert werden. Stattdessen müsste sich der Bund mit allen Ländern zusammensetzen, und einen gemeinsamen Standard erarbeiten, um so eine Akzeptanz zu schaffen. Aufgrund der mangelnden Digitalkompetenz wird sowas in Deutschland aber leider innerhalb der nächsten 10-20 Jahre zum Scheitern veruteilt sein.

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Warum soll es denn in der öffentlichen Verwaltung keine Digitalkompetenz geben? Es gibt große Dienstleister und Rechenzentren, in denen inzwischen in ausreichender Menge „echte Informatiker“ unterwegs sind.
Nur mal ein Beispiel: In München sind ca. 1.400 Menschen in der IT beschäftigt, viele davon auch mit abgeschlossenem Hochschulstudium und nicht wenige promoviert. Eine solche „Personalressource“ haben viele Softwarehäuser und Beratungsunternehmen nicht zu bieten Bei der AKDB, bei Dataport, bei eKOM21, bei Komm.one und vielen anderen öff. Dienstleistern und beim Bund sieht es ähnlich aus. Ich glaube hier werden mit gewisser Arroganz viele Vorurteile wiederholt. IT in öffentlicher Hand ist inzwischen durchaus ein Profijob. Natürlich gibt es - siehe Beispiel im Podcast - auch kleine Gemeinden, bei denen der Förster die IT administriert. Aber auch in diesen Gemeinden werden die „Fachanwendungen“ in ordentlichen und zertifizierten Rechenzentren betrieben. Zudem kann immer noch auf einen unendlichen Pool an Beratern etc. zurückgegriffen werden und Standards muss man ja nicht immer neu bauen - oft gibt es etablierte Standards die ausgebaut, weiterentwickelt oder auch nur übernommen werden können.

Das Problem ist eher, wenn - wie im Podcast - alle IT-Berufe und Qualifikationen in einen Topf geworfen werden. Der Förster und sein Chef meinen, er könne Fachanwendungen konzipieren, Sicherheitskonzepte schreiben und Digitalstrategien entwickeln - nein, die Verwaltungskräfte, die zwischendurch IT machen brauchen wir auch - im Support oder als Admins, aber nicht für die großen Herausforderungen. Wir brauchen in der öff. Vw ein ganzes Spektrum an Fachkräften - viele davon gibt es schon - und einige sind auch in der Lage, gute Standards zu schreiben - ganz sicher!

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Obligatorischer xkcd:

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Nein, das eigentliche Problem an Standards speziell im IT-Bereich ist, dass sie insbesondere dann, wenn viele Beteiligte und ihre Wünsche unter einen Hut gebracht werden mussten, unglaublich zäh und „sticky“ werden, sprich sie meißeln den Status Quo in Stein und können kaum bis gar nicht mehr weiterentwickelt werden. Denn wenn erst mal die zig Beteiligten jeweils Implementierungen auf Basis des einmal „ins Blaue hinein“ definierten Standards entwickelt haben, wird es mit jeder weiteren Implementierung exponentiell schwieriger, den Standard an neue Anforderungen anzupassen und zu erweitern.

Das von Ulf und Philipp gern genannte Beispiel e-Mail ist auch hier ein perfektes Beispiel, nur eben im negativen Sinne: die e-Mail hat sich seit Jahrzehnten praktisch nicht mehr weiterentwickelt, und wird unter anderem deswegen inzwischen mehr und mehr von Instant Messaging verdrängt - und wohlgemerkt nicht EINEM Instant-Messaging-Standard, sondern zig unterschiedlichen proprietären Standards: WhatsApp, Threema, Facebook Messenger, MS Teams, Slack, … die Liste ist endlos.

Deswegen funktionieren IT-Standards vor allem dann, wenn die zu standardisierende Schnittstelle schon aus fachlicher Sicht „abgehangen“ ist, also die Anforderungen daran sich nicht mehr nennenswert ändern bzw. nur noch sehr langsam. Und an dieser Stelle beißt sich jetzt gerade im behördlichen Kontext die Katze in den Schwanz. Eigentlich sind behördliche Prozesse ja relativ starr und schwerfällig, ändern sich also nicht sonderlich oft. Aber: wir wollen ja alle mehr Digitalisierung, mehr digitale Prozesse, vor allem auch neu gedachte Prozesse, die digitale Möglichkeiten nutzen und nicht einfach nur alte analoge Fachprozesse mit PDFs abbilden. Dieser Wunsch nach Innovation in den Fachprozessen erzeugt nun höchstselbst genau die Instabilität in den Anforderungen an die Schnittstellen durch die Fachprozesse, macht es also inhärent schwer, die nötigen Standards in einer brauchbaren Qualität zu definieren und zu evolutionieren, die man aber bräuchte, um die verbesserten digitalen Prozesse realisieren zu können.

Es gibt aus diesem Teufelskreis keinen wirklichen Ausweg außer den für alle Seiten schmerzhaften und frustrierenden Weg einfach zu beschreiten, in vollem Wissen, dass er schmerzhaft und frustrierend sein wird, und auch garantiert länger dauert als zunächst gedacht. Und man muss sich im Klaren sein, dass Standards zwar ein wichtiges Tool sind, aber kein Allheilmittel, und dass sie ihre eigenen neuen Probleme mit sich bringen.

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Vielen Dank für die tolle Recherche und die interessante Diskussion.

Es scheint hier ja durchaus auch eine Prioritätenordnung zu geben. Möglicherweise ist es nicht so schlimm, mehrere verschiedene Standards zu haben dafür was eine Gewerbeanmeldung ist. Ein bisschen Wettbewerb hat auch Vorteile.

Aber es gibt so ein paar grundsätzliche Bausteine die ja genannt worden sind: Identität, Unterschrift, Bezahlung,…

Für diese Bausteine macht es doch schon Sinn, einmal einen Standard festzulegen, weil dann kann man anfangen, andere Dienste darauf aufzubauen.

Was ich mich als Nicht-ITler immer frage: Gibt es nicht die Möglichkeit, z.B. beim Thema Standards schlicht von bereits existierenden und (halbwegs) funktionierenden Lösungen zu profitieren. Ich stelle mir vor, dass in Dänemark zwar eine andere Sprache gesprochen wird, aber die Menschen auch heiraten, umziehen, Steuern bezahlen usw. Ist es so absurd zu glauben, dass wir mit dänischen Standards nicht klarkommen würden?

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Manchmal ja. Idealerweise schaut man sich im Rahmen eines Standardisierungsvorhabens natürlich schon bestehende Standards im selben oder ähnlichen Bereichen genau an und versucht, daraus zu lernen. In der Praxis funktioniert das aber meist nur auf sehr grundlegenden technischen Ebenen - die Komplexität steckt aber in der Fachlichkeit, nicht in der Technik, und bei der Fachlichkeit wiederum steckt der Teufel nahezu immer im Detail, will sagen, dass sich gleich aussehende Dinge in der Praxis dann doch oft an vielen Stellen unterscheiden.

Tja, da geht’s schon los. Sie mögen ja auch irgendwie heiraten, die Dänen, aber das mit den Steuern nach dem Heiraten ist dann schon wieder anders, denn die Dänen kennen keine gemeinsame Veranlagung von Ehegatten. Und eine Sonderregel für eine gemeinsame Steuererklärung die mehrere Personen umfasst ist schon ein ziemlich fundamental anderes Ding als wenn jede Person immer getrennt veranlagt wird.

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Mit den damit verbundenen Folgen: man erreicht nicht mehr alle …

Ja und nein.

Nur weil man den Prozess digitalisiert, muss man ihn doch nicht neu erfinden.

Bleiben wir beim Beispiel Heirat:
Du beantragst also deine Heirat, die Unterlagen die da generiert schleppst du zum Standesamt zur Durchführung, mit den Stempeln drauf geht’s weiter zum Finanzamt damit die aus den zwei getrennten Akten eine gemeinsame machen.

Soweit der Prozess.

Den musst du doch aber gar nicht ändern, nur weil die Daten statt auf einem standardisierten Papier auf einer standardisierten Schnittstelle weitergereicht werden.

Die Bürokratie würde schon erheblich verringert werden wenn nicht der Bürger bei jeder Behörde die Daten erneut vorlegen muss, sondern einfach nur die Genehmigung erteilen, dass die Daten frei gegeben werden.

Die Prozessoptimierung kommt später.

Und es wäre ja schonmal ein Anfang, wenn man so Grundbausteine wie die digitale ID oder das Bezahlsystem standardisiert, welches dann zwingend angewendet werden muss.

Den Standart für diese Bausteine kannst du dann immernoch überarbeiten und anpassen.

Bei den vorgestellten Beispielen wird es doch auch so gemacht. Man definiert die Standarts in den Grundbausteine, nicht in der Verwaltung oder den Prozessen.

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Ich glaube, die tatsächliche Situation mit Standards dürfte deutliche besser sein als die wahrgenommene. Gerade im IT Bereich gibt es sehr viele (auch offene) Standards, die wir täglich benutzen und die sehr gut funktionieren, z.B. HTML, TCP/IP, HTTP, ATX, USB… und nicht zu vergessen die 230V aus der Steckdose und DIN A4. Gerade das Modell der RfC-Dokumente würde ich als außerordentlich erfolgreich bezeichnen. Nicht ohne Grund gibt es mittlerweile 9296 Stück davon.

Seitdem ich in der IT-Branche arbeite (das sind mittlerweile auch schon fast 24 Jahre) wird die E-Mail tot gesagt. Dafür geht es ihr aber prächtig und das jährliche E-Mail Volumen steigt. Im Geschäftsbereich ist E-Mail immer noch das zentrale Kommunikationsmittel und nicht wegzudenken. Ansonsten hat sich die Funktion gewandelt. Es ist heute weniger die Kommunikation von Mensch zu Mensch als von Maschine zu Mensch sowie als eine Art „Hauptschlüssel“ für alle die Accounts, die man irgendwo hat. Letztendlich ist E-Mail der zentrale Punkt, an dem alle andere Plattformen zusammenfließen und die ganzen Benachrichtigungen für die vielen Plattformen, die man täglich so nutzt, ankommen. Sie ist sozusagen eine Art universeller Feed geworden.

Eine Verdrängung durch IM sehe ich nicht. Dazu habe ich schon viel zu viele andere Kommunikationslösungen kommen und gehen sehen (IRC, XMPP, ICQ, MSN Messenger, SMS, Hipchat, Google Messenger etc. etc.) aber die E-Mail ist geblieben.

Technisch hat sich im E-Mail Bereich auch vieles getan, insbesondere im Bereich Spam-Bekämpfung und Security (SPF, DMARC, DKIM) und auch IMAP und SMTP entwickeln sich weiter (z.B. RFC 7162 für die schnelle Synchronisierung von Mailboxen).

E-Mail hat einige großartige Eigenschaften (z.B. dass E-Mails immutable sind) und dass Protokoll asynchron, verteilt und unglaublich robust ist. E-Mail Mailboxen waren schon lange eventually consistent bevor Tanenbaum sein Buch über verteilte Systeme geschrieben hat. Ich würde wetten, dass sie uns alle überlebt.

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@All: Die Lösung lautet FIM!
Erst leiten FIM-Methodenexpert*innen aus Rechtsqellen IST-Prozessmodelle und Datenstrukturen, sowie einheitliche Leistungsbeschreibungen ab.
Diese Stamminformationen werden über www.fimportal.de bereitgestellt und können durch SW-Entwickelnde nachgenutzt werden.

Erst muss ein Fach-Standard via FIM definiert werden und dann wird daraus ein techn. Standard (XÖV) entwickelt, wodurch letztlich OZG-Lösungen per xsd-Pharsing eine einheitliche Datenstruktur nachnutzen.

Ich empfehle euch das 3 min-Video aufm FIM-Portal :slight_smile:

Hast du zufällig einen AKÜFI?

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Das stimmt, aber ich gehöre nicht zu den Totsagern. Sie hat ihren Platz, aber für viele Zwecke, für die sie mal eingesetzt wurde, wird sie eben heute nicht mehr eingesetzt, das lässt sich nicht leugnen.

Nur wenn man Spam und die ganzen automatisierten Mails, von denen fraglich ist, wie viele davon wirklich von irgendwem für relevant gehalten werden, mitzählt.

Dem kann ich zustimmen.

Ich sehe diese in meinem Alltag massiv. Auch im Arbeitsumfeld - wir arbeiten fast nur noch mit MS Teams in der Firma (auch IT-Branche), und da das nahezu jeder Kunde von uns ebenfalls tut, findet inzwischen selbst Kundenkommunikation zu großen Teilen darüber statt.

Und im Privaten gilt das noch viel stärker. Selbst zu Zeiten als ICQ gerade aufkam haben ich und viele andere noch ständig Mails geschrieben, die wurden teilweise wie ein Chat genutzt. Wenn ich mir die Kids heute ansehe, die haben größtenteils noch nicht eine einzige Mail selbst geschrieben. Und auch die Kommunikation mit der Schule z.B. läuft eher über Teams oder dedizierte Schulplattformen als über Mails.

Ich sage nicht, dass ich diese Entwicklung gutheißen würde, aber man muss die Augen schon kräftig zudrücken, um hier keine Verdrängung zu sehen.

IRC gibt es noch, in gewissen Kreisen. War aber auch damals kein Alltagsinstrument für alle, sondern eher in bestimmten Subkulturen verbreitet.

XMPP als Protokoll ist die Basis einiger moderner Messenger.

SMS hat eine ähnliche Entwicklung gemacht wie die Mail, ist jetzt Maschine-zu-Mensch-Vehikel (was ja ursprünglich auch mal die Intention war, bis Leute das als Kommunikationsmittel und Provider als Gelddruckmaschine entdeckt haben). Wenn deiner Argumentation zufolge die Mail nicht tot ist, gilt das exakt genauso für die SMS.

Ja, aber das sind drumherum aufgepfropfte Mechanismen im Hintergrund, die an der Natur der Mail und ihren Fähigkeiten nichts geändert haben. Das würde ich nicht als Evolution des Standards betrachten. Wir sagen ja auch nicht, dass sich der DIN A4 Standard weiterentwickelt hat, nur weil jemand eine kreative neue Anwendungsmöglichkeit für Papier gefunden hat, z.B. es in Origami zu falten.

Mails können heute nahezu exakt das gleiche wie vor 25 Jahren schon. Unser einziges Glück ist, dass man klugerweise in den Standard damals einige Erweiterungsoptionen eingebaut hat, z.B. mit den MIME-Anhängen. Das ließ über die lange Zeit immerhin ein bisschen Evolution zu (und lehrt uns wichtige Lektionen für künftige Standards, um das Problem des einfrierens des Status quo zumindest etwas in den Griff zu kriegen). Mit der Lupe suchen muss man sie trotzdem.

Keine Frage, hat sie. Hat sie aber auch schon immer gehabt, das ist ja hier mein Punkt. Ich will die Mail ja nicht madig machen, sondern auf ein Problem mit Standards hinweisen, das Ulf und Philipp weitgehend ignoriert haben.

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Ich glaube, wir bewegen uns gerade von dem eigentlichen Thema weg. Der Punkt im Podcast war, dass es für E-Mail zwei Standard Protokolle gibt (SMTP und IMAP), mit deren Hilfe E-Mail Clients und Server von beliebigen Herstellern miteinander kommunizieren können und es keinen Vendor Lockin gibt. Und natürlich haben sich beide Standards weiterentwickelt (ESMTP, Start TLS, Serverseitige Suche bei IMAP) - und das funktioniert, gerade weil beide Protokolle so gebaut sind, dass selbst Programme mit unterschiedlichen Featuresets trotzdem miteinander kommunizieren können (z.B. über den Extension Mechanismus in SMTP oder Capabilities in IMAP). Aus meiner Sicht ist das geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie man zukunftssichere Protokolle baut, die rückwärtskompatibel sind.

Dass sich jetzt am eigentlichen Use-Case E-Mail wenig geändert hat ist eine ganz andere Diskussion.

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Diese Kompetenz muss klar beim Bund liegen.

Geht ihr die Sache nicht etwas zu verkopft an?

Es ist ja so, dass diese Probleme schon 1000-fach in allen Konzernen dieser Welt gelöst wurden.

Es ist wirklich wie Ulf und Philipp in 301 analysiert haben, die Leute im System kennen es nicht anders und halten es für voll in Ordnung.

Ich schreibe diesen Beitrag auf der Wochenstation eines Kreiskrankenhauses und es ist eine Zeitreise in die 80er. Die Ärzte fahren duzende Patientenakten auf Rollwägen durch die Gegend und von der Schwesternstation tönen alle 5 Minuten Modem-Geräusche eines Faxgeräts.

Allein für die Anmeldung von uns und dem neuen Erdling musste ich unsere Personaldaten 3 mal ausfüllen.

Informationen, die man super easy am jeweiligen Standesamt bzw. direkt vom Perso abfragen könnte…

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Das ist ja exakt der Punkt: man muss diese Probleme halt auch immer und immer und immer wieder aufs Neue lösen. Es gibt keine Patentlösung für die reibungslose (Weiter-)entwicklung von Standards, sondern nur einen Werkzeugkasten von Tools, mit denen man arbeiten kann, aber die Arbeit selbst ist immer noch schwierig und von nicht zu unterschätzender Komplexität.

Ich wiederhole mich nochmal: ich will nicht sagen, man solle den Weg nicht beschreiten. Ganz im Gegenteil: man sollte. Nur sollte man nicht glauben, dass es mit ein bisschen Anwendung irgendeiner Technik hier und da getan ist.

Die Steuerverwaltung, die irgendwo in einem anderen Thread hier mal als (relatives) Vorbild was digitale Prozesse angeht genannt wurde - eine Sicht, der ich zustimmen würde - hat schon vor mehreren Jahrzehnten angefangen mit der Definition und Umsetzung von Standards und digitalen Prozessen. Das Ergebnis heute ist das Resultat jahrzehntelanger Arbeit. Die hat sich zweifellos gelohnt, gibt aber auch einen Hinweis auf die Zeiträume, die man für derartige Transformationen veranschlagen muss.

Schlechtes Argument. In den meisten Konzernen (bitte mal die GAFAs oder wie sie gerade heißen raus lassen) sind viele viele Büroarbeiter damit beschäftigt, das Fehlen dieser Standards und die Inkompatibilitäten durch manuelle Datenpflege aufzufangen.
Genau wie in Behörden.

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Abkürzungen korrekt zu verwenden ist elementar wichtig im Public Sector.
Von daher, ja olaf ich habe hart aküfi :slight_smile:

Ich möchte einmal auf das Solid Projekt hinweisen, das im Prinzip genau die Standards definiert, die wir für eine effektive Digitalisierung der Verwaltung brauchen:

  1. Einheitlche Identität(en) und Single-Sign-on im ganzen Web - bei Bedarf in mehreren Abstufungen von anonym bis per ePerso verifiziert. (Solid WebID / Solid OIDC)
  2. Flexible, verteilte Datenhaltung bei unterschiedlichen Behörden oder direkt unter Kontrolle der Bürger*in (Solid Pods)
  3. Verknüpfbare Daten (Linked Data) über die Datentöpfe hinweg (z.B. zwischen Behörden, freier Wirtschaft oder dem PC / Smartphone der Bürger*innen)
  4. Einheitliche Zugriffssschnittstellen, unabhängig von einzelnen Anwendungen
  5. Meta-Standard für Daten, auf denen spezifische Standards für verschiedene Anwendungsfälle geschaffen (und kontinuierlich weiterentwickelt) werden können
  6. Kontrolle und Transparenz wer auf welche Daten zugreifen kann
  7. Standards die nicht auf Behörden beschränkt sind, sondern an die Wirtschaft anknüpfen kann

Solid erfindet dabei das Rad nicht neu, sondern baut auf die existierenden Standards des World Wide Webs auf. Solid wurde auch von dessen Erfinder Tim Berners-Lee initiiert, um genau solche Probleme zu lösen, wie wir sie gerade in der Veraltung, aber auch Teilen der Wirtschaft sehen.

Ein Solid-basierter Verwaltungsvorgang könnte wie folgt ablaufen:

  1. Ich melde mich mit meiner WebID bei Behörde A an
  2. Behörde A stellt mir eine digitale Geburtsurkunde aus und speichert diese, digital signiert in meinem Solid Pod
  3. Ich wechsle online zu Behörde B und erteile ihr Zugriff auf die Geburtsurkunde
  4. Behörde B kann die Urkunde abrufen und mit ihrem Verwaltungsvorgang weiter machen

Aus Datenschutz-Sicht ist hier anzumerken, dass dabei eben kein Datenaustausch unter den Behörden (quasi unbemerkt von mir) stattfindet, sonder der digitale Ablauf im Prinzip dem bisherigen manuellen Ablauf entspricht: Behörde A druckt die Urkunde aus, ich nehme sie physisch mit zu B und gebe Sie dort (aktiv) ab. Der gleiche Ablauf passiert hier digital, in sekunden schnelle ohne nerviges drucken und rumlaufen, aber mit der gleichen Kontrolle, durch mich als Bürger*in.

Ich wünsche mir, dass Deutschland solche existierenden, offenen und dezentralen Standards bei der Digitalisierung berücksichtigt. Man muss weder das Rad neu erfinden, noch sollte man eine zentralisierte Bundes-Plattform schaffen.

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Okej, dann lass es mich anders ausdrücken: Es ist schön wenn du ein(die) Lösung hast, nur nicht zielführend,.wenn dich vor lauter Abkürzungen niemand versteht.

Aber hey, vielleicht wirds ja was wenn die Amtssprache dann endlich Englisch ist im öffentlichen Sektor :wink: