Liebes Lage-Team,
vielen Dank für die erste Folge zur Digitalisierung; mit dem Thema „Digitalisierung“ habe ich mich ausführlich beschäftigt, allerdings noch nicht im Verwaltungsbereich.
Aus der Folge 301 kann man sehr schön sehen, dass man bei Digitalisierung zwischen verschiedenen „Graden“ unterscheiden muss:
- Analog
- Digitization (unstrukturiert, Scannen von Formularen)
- Digitalisierung (digitales Arbeiten)
Die Digitalisierung geht dabei i.d.R. mit der Änderung von Prozessen einher; es kommt häufig auch zu der sog. Digitalen Disruption.
Man denke z.B. an die Versicherungsbüros, die von Vergleichsportalen weitgehend abgelöst wurden oder an die Bankfilialen, die man heute i.d.R. online aufsucht. Vielfach werden hierbei auch Prozessschritte auf den Kunden übertragen, z.B.bei der Bestellung in McDonald’s Restaurant, hier mit Vorteilen auf beiden Seiten: McDonald’s spart Personal ein und der Kunde „freut“ sich, dass er beschäftigt ist und selbst etwas tun kann.
Für die öffentliche Verwaltung bedeutet eine vollständige digitale Transformation m.E. Folgendes:
- Kompetenzen der Gemeinden, Landkreise, …(?) müssen an Land und/oder Bund abgegeben werden
- die Prozesse werden in allen öffentlichen Verwaltungen vereinheitlicht (landesweit oder bundesweit)
- dadurch kann viel Personal „eingespart“ werden
- als Folge des Fachkräftemangels ist das ein willkommener Effekt; evtl. sogar notwendig
- nicht mehr jede Gemeinde wird eine eigene Verwaltung benötigen
Ich denke, man sollte auch in diesem Thema offen kommunizieren, dass eine Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland nur dann vollständig gelingen kann, wenn die „dezentrale“ Verwaltung durch eine zentrale Verwaltung abgelöst wird.
Sonst wird es immer die „Fürstentümer“ (Gemeinden, Kreise, Regierungsbezirke, Länder,…) geben, die eigene Regeln und Prozesse festlegen.
Aus unserer Geschichte heraus wissen wir allerdings, wie gefährlich zentrale Datenhaltungen sein können. Man stelle sich nur einmal vor, was die Nazis mit einem solchen „Datenschatz“ angestellt hätten. Ich unterstelle hierbei einmal, dass es wesentlich aufwendiger ist, in zehntausenden Gemeinden „Listen“ zu beschlagnahmen als zentral darauf zuzugreifen. Und dass auch heutzutage noch Genozide stattfinden zeigt, dass auch den „modernen“ (digitalen?) Menschen vieles zuzutrauen ist (oder nicht zu trauen ist).
Dennoch kann unsere Geschichte und die damit einhergehende besondere Verantwortung nicht dazu führen, dass wir auf dem Stand des letzten Jahrhunderts stehenbleiben. Wie bereits erwähnt, sollte eine gesellschaftliche Diskussion ergebnisoffen geführt werden, wie stark wir zu einer Zentralisierung bereit sind und welche Unbequemlichkeiten wir für eine dezentrale Datenhaltung (mit bessern Datenschutz) in Kauf nehmen möchten.
Im Fehlen dieser Diskussion sehe ich die größte Hürde für eine Digitalisierung der Verwaltung.
Ich freue mich auf die nächste Folge wünsche bis dahin allseits schöne Tage…