LdN288: 30.000 Startgeld für junge Erwachsene

Es gibt den vielzitierten Science-Artikel Poverty Impedes Cognitive Function von 2013, in welcher die Autoren feststellen, dass Armut per se Menschen weniger leistungsfähig macht. Besonders prominent sei dies be bestimmten Farmern in Indien, die nach der Ernte bestimmte kognitive Aufgaben viel besser erledigen, als vorher.

Wenn man die Ergebnisse dieser Studie ernst nimmt, dann wären die Perspektive auf 30.000€ am 21. Geburtstag - man kann es auch zwei bis drei Jahre bedingungsloses Grundeinkommen nennen - für viele eine massive Hilfe, in einer Zeit, in der viele Weichen im Leben gestellt werden, nicht kognitiv eingeschränkt sein zu müssen.

2 „Gefällt mir“

Ich kann den Reiz des Startgelds verstehen, bin aber eher gegen diese Gießkannen-Geldpolitik.

Im Interview wurde an anderer Stelle ja deutlich betont, wie wichtig Investitionen in die Zukunft sind und wie hoch dort der ROI ist.

Anstatt jeder Abschlussklasse von 30 Schülern als Staat jetzt mal 900k in die Hand zu drücken, fände ich als Steuerzahler mein Geld viel besser angelegt in gut bezahlten, hochqualifizierten Lehrern, Infrastruktur, Familienangeboten etc.

30k sind doch ein Strohfeuer, die im Konsum untergehen. Damit ersetzt man kein Bafög, Gründungszuschüsse, Bildungsnachteile durch sozial schwaches Elternhaus, Ungerechtigkeiten weil einer Omas Haus erbt etc. etc.

Wenn wir dies als gesellschaftliche Probleme ansehen und lösen wollen bedarf es in den jeweiligen Bereichen besonderen Anstrengungen. „Hier hast du Geld“ entlässt uns als Staat nicht aus der Verantwortung und löst auch direkt keine Probleme.

1 „Gefällt mir“

Verstehe ja, dass man nicht alle Beiträge lesen kann, aber man kann erwarten, dass man sich zumindest die Mühe macht, den Eingangspost zu lesen, was Du offensichtlich nicht gemacht hast.

Die führen aber alle nicht dazu, dass eine Familie Vermögen - respektive Immobilien - erwerben können. Bestes Beispiel ist das Baukindergeld…
Ist für Leute die es sich eh schon leisten können ein nettes Sahnehäubchen, dass sie 100 Euro im Monat zusätzlich ausgezahlt bekommen. Denjenigen denen es an Eigenkapital fehlt, bringt das garnichts.

Ich denke bei jungen Erwachsenen wäre eine monatliche Pauschale effizienter…
Fünf Jahre lang 500 Euro im Monat! Steuerfrei! No questions asked!

Das hilft genauso bei Studium, Selbstständigkeit und dergleichen.

Wenn es aber darum geht, eine große Summe Geld auf einen Batzen auszuzahlen finde ich, dass es in Familien besser investiert ist, weil die das dann eben als Eigenkapital nutzen könnten.

Naja, wie gesagt… Fünf Jahre 500 Euro im Monat… Das dürfte vielen das Studium erleichtern. Ich kenne wenige die so viel Bafög angehäuft haben.

Das ist ja genau mein Punkt. Wenn wir Studenten das Studium erleichtern wollen, warum erhöhen wir nicht einfach das Bafög um 500 EUR / Monat?

Weil nicht nur Studierende Ziel dieses Startgeldes sein sollen. Es soll ja gerade dem jungen Menschen überlassen sein, wofür er diese 30.000€ genau verwendet. Als Beispiel wurde jemand angeführt, der das Geld in seine Ausbildung investiert.

Ich denke, dass die steigende Eigenmotivation unterschätzt wird. Natürlich kann man das Geld auch in Lehrkräfte stecken. Aber es macht für viele angehende Studierende einen großen Unterschied, ob sie ihr eigenes Geld für diesen Zweck verwenden oder „fremdes Geld“ via Bafög, an das sie anders auch gar nicht kommen würden. So muss sich ein junger Mensch eben genau damit auseinandersetzen, ob dieser Weg für ihn persönlich die richtige Möglichkeit ist, um die 30k € gewinnbringend anzulegen.

2 „Gefällt mir“

Was ist denn das Ziel des Startgelds? Ich hatte das eher so als „Bedingungsloses Grundeinkommen light“ verstanden. D.h. zum 18. Geburtstag kriegt man 30k überwiesen und muss sich eben nicht rechtfertigen, sondern hat einfach das Geld.

Finde ich wie gesagt nicht so sinnvoll, aus den gleichen Gründen weshalb ich auch dem Bedingungsloses Grundeinkommen eher skeptisch gegenüberstehe.

Es gibt IMO gute Gründe für den Sozialstaat und dort sitzt der Hebel, um Ungerechtigkeiten und Härten auszugleichen.

Das ist ja wieder eine andere Zweckrichtung

Der Kredit fördert Familiengründung
Das Startgeld gleicht Ungleichgewichte der Lebenschancen im Erwachsenenalter aus

1 „Gefällt mir“

Die Idee ist grundsätzlich nicht verkehrt. Evt. macht man es etwas zweckgebunden, als eine Art individuellen Bildungsfonds. Ich bekomme vom Staat eine Summe X, um mir damit ein Studium, eine Meister- oder Techniker-Ausbildung oder auch ein Auslandsjahr zum Sprachenlernen und Kultur entdecken finanziert. Der Rahmen nicht zu eng gefasst, aber schon bildungsbezogen, unter dem Begriff lebenslanges Lernen.
Ob man dann ggf ähnliches vorsieht zur Existenzgründung oder zum Erwerb von Wohneigentum, wäre eine weitere Option. So wäre das Risko des „Verballerns“ etwas minimiert, und der Staat hätte langfristig auch was davon.

Weil Bafög an hundertausend Bedingungen geknüpft ist.
Bei mir war es z.B. so, dass mein Vater zu viel verdient hat, er mich also finanziell hätte unerstützen müssen. Ich hatte damals in der Studienzeit aber extremen Stress mit ihm.
Mitarbeiter beim Amt: „Ja, dann müssen Sie Ihren Vater halt einfach verklagen!“
(SO viel Stress hatte ich aber dann doch nicht mit ihm).

WENN man sowas macht, dann muss das einfach ähnlich wie ein BGE funktionieren.

DIESE Spielart fände ich dann wie gesagt wieder gut (besser als die 30,000): Jeder junge Erwachsene kriegt fünf Jahre lang 500 Tacken im Monat - steuerfrei! Das hilft bei Ausbildung und Studium, ist aber eben auch eine gute Basis für ein Startup.
Auch mit einer Bank würde man vermutlich eher über einen Immobilienkredit reden können.

lg

2 „Gefällt mir“

Same here, nur anderer Teil der Familie. Es müsste einfach jedem Bürger das Geld zum studieren zur Verfügung stehen. Das tut es de-facto einfach nicht. So ein ‚Grundgehalt‘ oder Startgeld wäre ein guter Start. Mit Diplom oder Master hätte ich in den letzten 10 Jahren (35 Jahre - 45 Jahre) locker 200K mehr verdient und versteuert. Dazu war mein Ersatz für das Studium sehr teuer (ca 1.5-2x das was ein Studium so
kostet) und lang andauernd. Die nächsten 15 werde ich das auch weniger verdienen. Nicht so wild, hungern tu ich nicht (mehr), aber einfach mal um zu verdeutlichen, dass so eine Förderung wirtschaftliche Konsequenzen für den Staat auf der Einnahmenseite hat.

2 „Gefällt mir“

Mal eine ganz schlichte Idee, ohne sie volkswirtschaftlich wirklich untermauern zu können, alle Zahlen und Daten nur beispielhaft:

  1. Jeder Bürger*in erhält ab dem 18 Lebensjahr eine Art Grundeinkommen von zum Beisopiel 1200 €. Damit können zum Beispiel Ausbildungen, Fortbildungen oder das Studium finanziert werden, oder die erste Wohnung oder ähnliches.
  2. Dieses Geld wird bis zum 25. Lebensjahr gezahlt. Weise ich nach, das ich noch in einer Ausbildung oder Fortbildung bin, kann evt bis 27 Jahre weitergezahlt werden.
  3. Verdiene ich vorher schon Einkommen, kommt das on top, ich könnte somit sparen für eine Immobilienanzahlung oder ein Sabbatical oder so.
  4. Ab 25 Jahre bzw bei eigenem Einkommen zahle ich, unabhängig vom Einkommen, einen festen Satz/Summe in eine „Grundrente“. Diese wird nach eigener Entscheidung ab 60 bis 65 Jahre fällig und liegt auch etwa bei der Summe des Grundeinkommes. Also für alle gleich, unabhängig vom Einkommen, immer orientiert an den aktuellen Lebenshaltungskosten. Steigen diese, steigt auch der individuelle Rentenbeitrag für alle gleich. Wer mehr Rente möchte bzw mehr verdient, kann eigenständig in staatlich geförderte oder garantierte Vorsorge-Angebote, z.B. Fonds einzahlen, um seine spätere Rente zu erhöhen. Der zusätzlich Betrag kommt dann später monatlich auf die Sockelrente oben drauf.

So gewinnt die Rente mehr Eigenverantwortung und wird transparenter, garantiert ein Mindestmaß an lebenswürdiger Grundsicherung. Das aktuelle Umlagesystem wäre prinzipiell weiterhin möglich, der Staat nimmt sich etwas aus der Verantwortung (und Finanzierung) heraus, bietet trotzdem eine soziale Grundsicherung…
Junge Menschen starten mit einem finanziellen Polster, um ohne Risiko die eigene Entwicklung voranzutreiben, beruflich und privat. Wer diese Zeit verpennt, steht dann mit einem reduzierten Satz einer Art „Sozialhilfe“ dar. Um den alten Lebensstandard wiederzuerlangen, hilft nur ein eigener Verdienst.

Mal so ins Blaue als grobe Idee…

1 „Gefällt mir“

Die Idee hat was für sich.
Das verringert den Stress sofort nach der 10. Klasse zu entscheiden womit man den Rest seines Lebens verbringen will.

Und es verhindert, dass die Summe auf einen Schlag verkonsumiert wird.

Die Ausbildungsvergütungen dürften auch nach wie vor im Handwerk derart niedrig sein, dass sie eher einer Aufwandsentschädigung gleich kommen.

Das heißt wenn man den Blick mal von den Studierenden weg zu den Lehrberufen wendet erfahren diese damit eine deutliche Aufwertung und gerade im Handwerk ist es durchaus einfacher mit mehr Willensstärke und weniger Begabung was eigenes Aufzuziehen.
Das heißt so wurde men genau in den benachteiligten Schichten etwas bessere Aussichten schaffen.

Das es für die Leute mit mehr Begabung und mehr Lernwillen auch nett ist ist dabei unbestritten.

Aber wenn ich an meine Lehrzeit zurück denke: wenn ich nicht durch Zufall eine Industrieausbildung angegriffen hätte, wäre es unmöglich gewesen von zu Hause auszuziehen und meine Ausbildung überhaupt anzutreten.

1 „Gefällt mir“

Ich glaube da gibt es massive Unterschiede zwischen den Berufen und ob es Tarifvertrag gibt. Industrie-Isolierer verdienen in der Lehre schon ordentlich im Vergleich zu vielen Bürotätigkeiten als Beispiel. Häufig sind industrielle Berufe besser vergütet. Aber das sagst du ja selbst. Ich finde insgesamt sollte Ausbildung höher vergütet werden.

Deswegen schrieb ich Handwerk und nicht Industrie oder Ausbildung allgemein ^^

PS: Büro hab ich keine Ahnung, aber bei Friseuren springt bei manchen nichtmal 'ne Monatskarte raus.

Mit der Trennung hast du wohl Recht. Aber man fragt sich wieso solche erbärmlichen Vergütungen in Ordnung sein sollen. Hier sollte es eine wesentlich höhere Mindestvergütung geben.

Ich glaube, dass sich das auch aufgrund der psychologischer Wirkung politisch besser verkaufen ließe, als die 30.000 Euro-Variante.

Vor allem: Man müsste das ja garnicht an ein Alter binden. Man stellt einen Antrag und dann kriegt man es nach Wunsch…
Wäre ja quasi ein zeitlich limitiertes BGE.

1 „Gefällt mir“

Wenn ich die so lese, habe ich das Gefühl als wenn die meisten davon ausgehen dass es diese 30.000 Euro !!! vom Himmel regnet, tut es aber leider nicht. Ach so - das Geld kommt vom Staat - verstehe - woher hat der eigentlich das Geld? Ach so der Staat gibt denen das Geld von denen er es vorher genommen hat - dem Bürger also. D.h. wenn der Staat jemanden 30.000 Euro in die Tasche steckt, dann nimmt er jemanden 30.000 Euro aus der Tasche. Wer von euch würde denn gern 30.000 Euro abgeben? Ok, Herr Lindner könnte Schulden machen - es geht bei dem Geld ja um unsere Zukunft - stimmt die Zukunft - also die jungen Leute zahlen es wieder zurück :slight_smile: So sind alle happy - auch die Gutmenschen die sich wieder etwas besser fühlen - sich sozial fühlen in diesem bösen kapitalistischen System welches sie ernährt. Schönes Wochenende

1 „Gefällt mir“

Ich sehe nicht, wo hier ein tatsächliches Argument versteckt sein soll, außer dass du Befürworter anscheinend abschätzig als Gutmenschen titulierst.

Es handelt sich bei dem Startgeld prinzipiell um ein Instrument der Umverteilung. Anders gesagt werden die ausgezahlten Startgelder überwiegend über Besteuerung von Gutverdienern bezahlt. So wie bei allen anderen Staatsausgaben auch. Und selbstverständlich würde ich - als Befürworter dieser Maßnahme sowieso - dafür gerne meinen Teil beitragen. So wie meine Steuergelder auch für Straßenbau verwendet werden, obwohl ich kein Auto besitze.

Ist die Maßnahme erst einmal eingeführt, wird es sogar noch einfacher. Jeder erhält das Startgeld und zahlt es indirekt und abhängig von seinem Einkommen über sein Erwerbsleben zurück. Wo ist hier also das Problem für’s Staatssäckel?

2 „Gefällt mir“

Einen Gedanken wollte ich mal aufgreifen. Der Gedanke, dass Menschen aus sozial schwächeren Schichten Geld oft wenig sinnvoll ausgeben, taucht häufig auf.

Ich vermute, dass hier eine ungerechtfertigte Stereotypisierung vorliegt. Das Problem der Armut ist nicht, dass Menschen nicht mit Geld umgehen können, sondern, dass sie keins haben.

Laut Rutger Bregman, niederländischer Historiker, liege es genau daran. Nach ihm zeigen zahlreiche Studien, dass bedingungslos verschenktes Geld a) den Betroffenen hilft, b) insgesamt günstiger ist, da Geld für Maßnahmen, Verwaltungsaufwand gespart werde.

Dazu empfehle ich das folgende Buch:
Rutger Bregman: „Utopien für Realisten – Die Zeit ist reif für die 15-Stunden-Woche, offene Grenzen und das bedingungslose Grundeinkommen“

3 „Gefällt mir“

Weil nur noch 11% der Studierenden Bafög erhalten. Diese Erhöhung würde also an 89% der Studierenden vorbei gehen.

Ich arbeite aktuell in einem Bundesministerium und rede dort auch öfters mal mit den Praktikant:innen. Diese erhalten während ihrer drei bis sechs Monate langen Praktika 500 Euro Gehalt im Monat. Das ist gerade mal ein Drittel des Mindestlohnes. Da habe ich bei meinem Praktikum bei der Telekom vor über zehn Jahren schon deutlich mehr bekommen. Heutzutage bekommt man in Städten wie Bonn oder Berlin für 500 Euro gerade mal ein WG-Zimmer. Ohne finanzielle Unterstützung von den Eltern bzw. Wohnmöglichkeit bei ihnen kann man sich solche Praktika nicht leisten. Selbiges gilt für die Auslandsaufenthalte. Sicher benötigt man nicht für alle Studiengänge Praktika, aber Menschen aus einkommensschwachen Familien studieren dann eher Informatik als Politikwissenschaften, weil sie sich letzteres schlicht nicht leisten können.

Solange der politische Wille nicht da ist etwas an den klassizistischen Strukturen in der Gesellschaft zu verändern, werden es Ideen wie ein Startgeld für alle Erwachsene sehr schwer haben.

2 „Gefällt mir“