LdN 286: Rücktritt von Anne Spiegel

Ist ja alles Ehrenamt. Die “Aufwandsentschädigungen“, die aber gerade in Aufsichträten oft gezahlt werden, verdienen die Bezeichnung eigentlich nicht mehr.
Und was die besoldeten Ämter betrifft: ist ja der Parteifreund, der das genehmigen muss. Da fehlt ein echtes Kontrollgremium. Aber wer wird das gegen den Widerstand der Betroffenen durchsetzen wollen.

Da stimme ich Ihnen sogar zu. Es bräuchte eine neue Partei, ein politisches Start-up, welches nicht Parteiknechtschaft, sondern Kompetenz belohnt. Die Satzung sollte es verbieten, dass bestimmte Ämter länger als ein paar Jahre von derselben Person ausgefüllt werden. Und es sollte nur in Führungspositionen gewählt werden können, wer 10 Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik vorweisen kann.

Da musst du dich schon entscheiden: Entweder Leute mit Kompetenz, oder Leute ohne Amtserfahrung. Beides gleichzeitig ist wie Blitzeinschlag bei Hochwasser: möglich, aber selten.

Natürlich ist es nachvollziehbar, wenn man z.B. sagt „ich lasse mein Auto nur von jemandem reparieren der das gelernt hat“. Nach dieser Logik sollten auch ein Ministerium fachlich versierte Leute leiten. Allerdings liegt die Aufgabe von Minister:innen gar nicht so sehr darin, fachliche Entscheidungen zu treffen (das macht die Führungsebene eines solchen Hauses schlichtweg nicht, dafür gibt es Dutzende von Mitarbeiter:innen), sondern vielmehr darin, Mehrheiten zu organisieren und Ziele bzw. Maßnahmen nach innen und außen zu kommunizieren. Und das ist kein klassischer Ausbildungsberuf. :slight_smile: Lauterbach ist ja gerade dabei, zu zeigen dass es nicht automatisch besser sein muss, wenn der Gesundheitsminister von Hause aus Arzt ist, weil wir ihm alle live bei seiner Interessenkollision zusehen können: Fachlich richtig oder politisch durchsetzbar? Auch jemand „vom Fach“ kann das nicht auf magische Weise immer deckungsgleich bringen.

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Aber so ein Minister hat sowas wie eine Richtlinienkompetenz? Also wo es denn nun hin gehen soll mit dem, wofür das Ressort zuständig ist. Im Landwirtschaftsministerium muss ja jemand entscheiden, gehen wir Richtung ökologischer Agrarwirtschaft oder schauen wir mal, wie hoch man Schweine stapeln kann.

Liebes Team von Lage der Nation, ich würde Sie gerne auf etwas hinweisen: Das Umweltministerium in Rheinland-Pfalz ist nicht für Katastrophenschutz zuständig. Aufgabe des Umweltministeriums ist es, Pegelstände zu messen und die Daten an die Kommunen weiterzugeben. Wie inzwischen deutlich geworden ist, hat das auch im Juli 2021 funktioniert: vor Ort lagen alle Daten vor. Die Kommune entscheidet dann über eine mögliche Evakuierung von Menschen. Auf Landesebene ist dann das Innenministerium für Katastrophenschutz verantwortlich, das eingreifen kann, wenn eine Kommune Unterstützung benötigt und das im Zweifel Hubschrauber, etc. bereitstellt/organisiert.

Sie haben in der Lage gesagt, Anne Spiegel sei für den Katastrophenschutz verantwortlich gewesen. Das ist falsch. Das mag wie ein kleines Detail erscheinen. Es ist aber wichtig, wenn man die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Frage der Verantwortung anschaut.

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Ich teile die Argumentation, dass gute Führungskräfte ihre Organisation so aufstellen und besetzen müssen, dass es im Normalbetrieb notfalls auch ohne sie geht. Wobei man in Fällen, in denen eine Führungskraft plötzlich bspw. krankheitsbedingt ausfällt, das Umfeld im Normalfall für einen überschaubaren Zeitraum auch tolerant mit verzögerten Entscheidungsprozessen etc. umgeht, es also ruhig auch etwas weniger rund laufen darf.

Hier lag der Fall aber anders. Weder handelt es sich bei einem Familienurlaub um einen Notfall, noch bestand in der Situation Normalbetrieb. Das Bundesland hatte gerade die größte Katastrophe seit dem 2.Weltkrieg erlebt, die übrigens regional die Zerstörungskraft des Krieges vermutlich überstieg. Und auch wenn das Umweltministerium nur mittelbar zuständig war, war es einfach unverantwortlich, sich in dieser Situation in den Urlaub zu verabschieden. Offenbar ist nichts „angebrannt“, wie es im Podcast formuliert wurde. Das ist aber erst hinterher klar gewesen. Außerdem ist gar nicht zu bewerten, ob die Performance des Ministeriums eine andere gewesen wäre, wenn Frau Spiegel vor Ort geblieben wäre. Denn eines ist tatsächlich weiterhin die Aufgabe moderner Führungskräfte: Ihrem Team ein Vorbild und Orientierung zu sein. Und in dieser Beziehung ist dieses Verhalten als Signal nach innen verhängnisvoll.

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Es ist aber auch denkbar, dass in so einem Katastrophenfall der zuständige Minister von dieser Katastrophe betroffen ist. Genau in so einem Fall ist es daher am wichtigsten, dass das Katastrophenmanagement auch ohne Minister funktioniert.
Ich sehe Minister auch nicht als Katastrophenmanager. Also Habeck mit Gas momentan ja, aber was soll ein Minister bei einer Naturkatastrophe machen? Sandsäcke schleppen und stapeln? Er muss Ressourcen bereitstellen und dann aus dem Weg gehen, das ist in meiner Vorstellung seine primäre Aufgabe bei einer Katastrophe. Das Entscheidende, was er machen muss, ist eigentlich vor der Katastrophe: Er muss dafür sorgen, dass die zuständigen Leute ausgerüstet sind, die passenden Pläne vorliegen und die Befehlketten funktionieren.
Ich finde die Diskussion über Frau Spiegel zwar notwendig, aber deutlich zu aufgeblasen. Da gibt es größeren Aufarbeitungsbedarf. Ich erinnere mich z. B. daran, dass es keinen Cell-broadcast gab. Und die Rettungskräfte hatten keine passende Kommunikationsausrüstung. Wer hat das vergeigt? Und das ist das was ich spontan noch im Kopf habe von damals.

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Nein, war es nicht! Es geht hier um eine rein kosmetische Geschichte!

Krisen und Katastrophen-Management ist nicht die Aufgabe des Umweltministeriums.

Es sieht nicht schön aus! Nicht mehr, und nicht weniger!
Das lasse ich so stehen!

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Bei solchen Dumps tu ich mich echt schwer, den Rest des Beitrages noch zu lesen. Kannst du dir das nicht einfach sparen? Es trägt doch durchaus nicht zum Klima in der Diskussion bei hier einfach Zynisch zu werden und hat mit dem Rücktritt nichts zu tun. Das Ministerien in NRW ‚Gendern‘ liegt wohl an einem übergeordnetem Vorgehen was durch das Ministerium für Arbeit und Soziales ‚angeleitet‘ wird.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, abgekürzt MAGS NRW, ist eines von zwölf Ministerien in der Landesverwaltung des deutschen Landes Nordrhein-Westfalen. Es wird seit dem 30. Juni 2017 durch Minister Karl-Josef Laumann geleitet.

Nicht Anne Spiegel.

Das scheint auch im Thread manchmal aus dem Blick zu geraten :wink:

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Aber Pressemitteilungen mit Entwarnungen vor potenziell drohenden Katastrophen rauszuschicken, obwohl Prognosen für Pegelstände, die massive Überschwemmungen nach sich ziehen würden, vorliegen, ist dann irgendwie doch wieder Aufgabe des Umweltministeriums?

Leider doch, denn kritisiert wurde von mir die Aussage von @Dave dass angeblich fachlich nichts am Handeln des Umweltministeriums im Zusammenhang mit der Flut auszusetzen sei. In dieser Hinsicht spielt es schon eine erhebliche Rolle, dass das Einzige, was Frau Spiegel an einer hochgradig fragwürdigen Pressemitteilung Stunden vor der Flut zu kritisieren hatte, nicht die fachlich falsche Aussage „es gibt keine Anzeichen für Extremhochwasser“ gewesen ist, sondern eine Stelle, an der das korrekte Gendern vergessen wurde.

Unter anderem diese aus den veröffentlichten SMS-Logs gewonnenen Erkenntnisse haben signifikant dazu beigetragen, das Bild von Frau Spiegels Mangel an fachlicher Kompetenz einerseits sowie übertriebenem Interesse an ihrem öffentlichen Bild andererseits zu festigen, und diese wahrgenommene Diskrepanz ist ein wichtiges Element gewesen für den Aufbau des öffentlichen Drucks, der letztlich zum Rücktritt führte.

Es spricht allerdings Bände, dass das Einzige, was du an meinem Beitrag kommentationswürdig findest, die zugegebenermaßen etwas bissige Formulierung ist, und nicht etwa die sachliche Aussage, dass das Ministerium sehr wohl mindestens einen ganz erheblichen Fehler begangen hat.

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Was hat das mit dem Urlaub zu tun?

Es weist auf einen Widerspruch hin: wenn ein Ministerium angeblich so gar nichts mit „Krisen und Katastrophen-Management“ zu tun hat, warum fühlt es sich dann berufen, zu versichern, es drohe keine Katastrophe? Das weist IMHO doch schon deutlich auf gewisse Berührungspunkte mit Katastrophen-Management hin.

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Du bist tatsächlich der erste User hier der sich meinen Block verdient hat. Ich kann dieses zynische hin und her einfach nicht abbilden. Mir gehts ums Thema. Danke. Ich versuche mal ein paar Tage Pause einzulegen.

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Mich hat an der ganzen Angelegenheit v.a. überrascht, dass selbst auf höherer Regierungsebene (Ministeramt in einem Bundesland) anscheinend wenig Hilfe zur Entlastung in privaten Notlagen seitens des Arbeitgebers bereitgestellt wird.

Ich hatte etwas ähnliches in einem Interview mit Habeck gelesen, der es nichtmal zum einkaufen geschafft hat in den ersten Wochen als Minister.

Das könnte man doch mit einer gestellten Haushaltshilfe alles abmildern, so dass sich unser Spitzenpersonal primär auf den Job fokussieren kann und es nicht zu Überlastung kommt (oder alles auf den Partner abgewälzt werden muss).

Generell gibt es schon Angelegenheiten, die einfach Chefsache sind. Wenn es Samstags zu einer Krise kommt, erwarte ich schon, dass Minister und Ministerpräsidenten arbeiten, auch wenn das manchmal nur „da sein“ und repräsentieren bedeutet. Manche Dinge kann man einfach nicht delegieren.

Andererseits will ich auch nicht, dass nur noch Kinderlose, Alte, etc. für solche Ämter in Frage kommen. Wir als Gesellschaft (und Arbeitgeber) profitieren IMO von der Erfahrung, die Eltern, Pflegende etc mitbringen.

Das kann er ja auch selber finanzieren, doer sehe ich das falsch? Die Leute unterschätzen die Arbeitsbelastung anscheinend alle.

Klar, könnte man auch privat finanzieren, aber die Hürde ist oft weniger das Geld als der Organisationsaufwand.

Solche Sachen sind häufig leichter vom Arbeitgeber zentral zu organisieren und gar nicht unüblich. Deswegen fliegen viele CEOs in der Business Class oder im Privatjet auf Kosten der Firma, spart einfach in Summe Zeit und Geld für alle.

Für Politiker gibt es teils ja auch schon solche Perks, die Zeit sparen, wie z.B. den Fahrdienst. Warum nicht in kreativere Richtungen denken?

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War es bei der Flut 1962 auch nicht Zuständigkeit des Senators der Polizeibehörde, aber er hat es halt gemacht.
Gute Politik ist nicht nur Dienst nach Vorschrift.
Und wer von beiden das besser gemacht hat, ist für mich offensichtlich.

Das und die Betonung der Suche nach einem guten „Wording“ kurz nach der Flut (oder nach einem guten Abbinden später) ist für mich auch exemplarisch dafür, wie sich Menschen für politische Ämter de facto „qualifizieren“ - bei den Grünen ist da wohl Gendern ein notwendiger Faktor, und gute Selbstdarstellung vermutlich bei den meisten Parteien.
Nach solchen Kriterien Poltiker für Entscheidungspositionen auszuwählen, halte ich für fragwürdig, weil sie wenig darüber aussagen, wie gut sie in den Positionen dann zum Wohle der Bevölkerung agieren.

Ob sie es besser oder schlechter gemacht hat, ist aber nicht die Frage, sondern, ob sie es so schlecht gemacht hat, dass sie deswegen zurücktreten musste.

Es ist ja kein Rücktrittsgrund, wenn man in einer außergewöhnlichen Situation nicht mehr als das getan hat, als verlangt ist.

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Nach welchen Kriterien werden denn Politiker sonst ausgewählt, dass so Leute wie Horst Seehofer in ihre Position kommen?