LdN 286: Rücktritt von Anne Spiegel

Es geht doch hier nicht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder darum, dass eine vorbildliche Feministin zum Freiwild der Springerpresse würde, sondern schlicht darum, dass Frau Spiegel in der Ahrtal-Katastrophe ihrer Aufgabe und Verantwortung nicht gerecht wurde, sondern sie sich um ihr Privatinteresse und ihr Image besorgt war und kümmerte.

Das war aber nicht der Grund, warum die Opposition einen Rücktritt forderte. Sie verwies stattdessen auf NRW und forderte Auge um Auge.

Ich glaube dir ist nicht klar, was Kabinettsmitglieder noch alles nennen ihrer Haupttätigkeit machen. Da wird ein lokales Bürgerbüro unterhalten, viele sitzen im Stadt- und/oder Kreisrat, die örtlichen Vereine wollen getätschelt werden und bei den wichtigsten Festen sollte man auch nicht fehlen nur weil man jetzt in Berlin ein wichtiges Tier ist.

Bei diesen Argumenten fehlt mir, wie auch in der Lage ein ganz wesentlicher Aspekt. Wenn jemand wirklich gut ist, dann ist ein ganz wichtiger Aspekt, dass derjenige auch nicht unersetzlich ist. Man stelle sich - rein hypothetisch - das Szenario vor, dass nach einer Katastrophe der zuständige Minister vom Blitz getroffen wird. In diesem Fall erwarte ich, dass trotzdem ein Katastrophenmanagement stattfindet und auch, dass es von ähnlicher Qualität ist. Heißt ein Minister bzw. Manager hat aus meiner Sicht die Aufgabe dafür zu sorgen, dass es Vertreter gibt, die jederzeit einspringen können. Ja, ein bisschen Schwund ist immer, aber gerade die Manager, die >80h pro Woche arbeiten tendieren dazu, dass im Alleingang zu machen, ohne Vertreter. Wenn das eine Firma macht, ist das ihre Sache, aber in einem Ministerium halte ich das für unverantwortlich.

Und Frau Spiegel kann man hier auf jeden Fall zu gute halten, dass es auch ohne sie funktioniert hat.

Das kann ich bestätigen.

1 „Gefällt mir“

Hab ich schon verstanden, aber genau DIESE Positionen will man ja eben vielleicht auch mal nicht durch alte weiße Männer besetzt haben…

Du hast noch die Pöstchen in diversen Aufsichtsräten vergessen :stuck_out_tongue:

Kannste das irgendwie mit Studien belegen? Ich höre da in meinem Umfeld nur positives - auch von Führungskräften.

Doch, genau DARUM geht es.

Das ist aber schlicht falsch. Sie war eben nur nicht verfügbar um sich Schröder-mäßig in Gummistiefeln in der Matsche vor dem Staudamm ablichten zu lassen. Fachlich wurde im Untersuchungsausschuss letztes Jahr bereits festgestellt, dass sie und ihr Ministrerium da KEINEN Fehler begangen haben…

Es geht ausschließlich darum, wie sie sich jetzt in den Medien verhalten hat.
Also nicht um fachliche Kompetenz, sondern nur Kosmetik!

Absolut, so funktioniert gute Führung!
Viele konservative Vorgesetze kapieren das aber nicht.
Wie Du schon schreibst: Ein guter Manager ist nicht derjenige der unersetzlich ist, sondern derjenige sich selber überflüssig macht und wo der Laden auch weiterläuft, wenn er mal einen Monat ausfällt…

1 „Gefällt mir“

Der Untersuchungsausschuss hat festgestellt, dass man sie nicht direkt für den Verlust von Leben verantwortlich machen kann. Das ist himmelweit entfernt von „KEINEN Fehler“, und letztlich auch nur eine politische Beurteilung.

Ich persönlich nenne eine Pressemitteilung, die bis heute verfügbar ist und dokumentiert, dass das Umweltministerium unter Spiegel wenige Stunden vor der Katastrophe keine Anzeichen für ein Extremhochwasser sieht, während dem Amt klare Prognosen vorlagen, die das Gegenteil sagten, einen Fehler, und zwar einen gewaltigen und ganz klar fachlichen. Immerhin waren die „Campingplatzbesitzerinnen und -besitzer“ korrekt gegendert, dafür hat Frau Spiegel ja glücklicherweise gesorgt. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn dieser optische Fauxpas nicht durch Frau Spiegels kompetenten Reviewprozess der Meldung in letzter Sekunde aufgedeckt worden wäre! An den „keinen Anzeichen für Extremhochwasser“ hatte sie dagegen nichts auszusetzen.

Zu diesem Themenkomplex wurde btw auch in dem vorigen Thread schon einiges diskutiert: Anne Spiegel - ungerechtfertigte Rücktrittsforderungen?

1 „Gefällt mir“

Also sorry, aber die wiederholte Nutzung dieses linken Kampfbegriffs leistet keinen Beitrag zu dieser Diskussion. Nichts von dem was ich schrieb bezieht sich auf Hautfarbe oder Geschlecht der Menschen in den Positionen, die ich skizzierte. Und die einzige Aussage zum Alter der entsprechenden Personen war, dass die Familie nicht mehr so viele Ressourcen frisst, was bei den meisten Elternteilen so mit 45-55 Jahren erreicht sein sollte (Kinder sind zu dem Zeitpunkt hoffentlich ziemlich selbstständig, brauchen höchstens mal nen Fahrer oder so). Das ist kein Alter, welches ich mit dem stereotypischen „alten weißen Mann“ verbinde. Da denke ich eher an Joe Biden oder Wolfgang Schäuble. Alles was ich schrieb könnte also auf eine 50-jährige, dunkelhäutige Frau zutreffen, die jetzt nochmal in der Karriere durchstarten will. Was das jetzt mit alten weißen Männern zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

2 „Gefällt mir“

Ich sehe nicht, an welcher Stelle das meiner Position widersprechen würde.

Als Frau stimme ich völlig zu! :slight_smile:

Dazu gibt es ja auch schon Forschung, und das Bild ist gemischt, aber diese Tendenz gibt es, glaube ich, schon:
https://ejpr.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/1475-6765.12300
„…the inclusion of women in local councils is strongly negatively associated with the prevalence of both petty and grand forms of corruption.“

1 „Gefällt mir“

Wenn diese fiktive Frau aber in ihren 20ern und 30ern nicht fleißig an der politischen Karriere arbeiten konnte, wird sie nicht „nochmal durchstarten“ können. So funktioniert das momentan nicht.

Es müsste aber so funktionieren, damit eben solche Lebensläufe entstehen können.

Im Moment geht wohl nur: aufwendig studieren, ackern, ackern, 80-Stunden-Woche, auch in den „niedrigen“ politischen Ämtern, und dann, wenn man Glück und Connections hat, irgendwann Ministerin sein.

1 „Gefällt mir“

Das ist imo DAS zentrale Problem in der Politik… Kenne manche Leute - mich eingeschlossen - die Bock hätten in die Politik zu gehen, die aber nicht mit 12 Jahren schon Plakate geklebt haben und es sich karrieremäßig erlauben können sich mal ehrenamtlich für 10 Jahre in einer Partei zu engagieren.

Am allerwenigsten in meinem Alter
Am allerwenigsten Freuen.

Wenn ich EINE Sache in Deutschland ändern könnte, würde ich ein Gesetz erlassen, das in JEDEM politischen Amt - vom Dorfbürgermeister bis zum Bundeskanzler nur zwei Amtsperioden erlaubt… Egal was passiert, spätestens alle acht Jahre wird der Bundestag einmal komplett neu belegt…

1 „Gefällt mir“

Grundgesetz, Artikel 66: /„Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“/

Und das mit den Nebentätigkeiten (Matti erwähnte beispielhaft ein „lokales Bürgerbüro“) ist gerade bei Frau Spiegel nicht ganz so einschlägig, da sie - anders als manche ihrer Kabinettskolleg:innen - kein Bundestagsmandat hat. Klar, Minister:innen können auch noch ehrenamtliche Pöstchen beim Kaninchenzüchterverein haben die etwas Zeit beanspruchen, aber mehr noch als ein Parlamentsmandat ist dieser Job als Vollzeittätigkeit gedacht.

Ist ja alles Ehrenamt. Die “Aufwandsentschädigungen“, die aber gerade in Aufsichträten oft gezahlt werden, verdienen die Bezeichnung eigentlich nicht mehr.
Und was die besoldeten Ämter betrifft: ist ja der Parteifreund, der das genehmigen muss. Da fehlt ein echtes Kontrollgremium. Aber wer wird das gegen den Widerstand der Betroffenen durchsetzen wollen.

Da stimme ich Ihnen sogar zu. Es bräuchte eine neue Partei, ein politisches Start-up, welches nicht Parteiknechtschaft, sondern Kompetenz belohnt. Die Satzung sollte es verbieten, dass bestimmte Ämter länger als ein paar Jahre von derselben Person ausgefüllt werden. Und es sollte nur in Führungspositionen gewählt werden können, wer 10 Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik vorweisen kann.

Da musst du dich schon entscheiden: Entweder Leute mit Kompetenz, oder Leute ohne Amtserfahrung. Beides gleichzeitig ist wie Blitzeinschlag bei Hochwasser: möglich, aber selten.

Natürlich ist es nachvollziehbar, wenn man z.B. sagt „ich lasse mein Auto nur von jemandem reparieren der das gelernt hat“. Nach dieser Logik sollten auch ein Ministerium fachlich versierte Leute leiten. Allerdings liegt die Aufgabe von Minister:innen gar nicht so sehr darin, fachliche Entscheidungen zu treffen (das macht die Führungsebene eines solchen Hauses schlichtweg nicht, dafür gibt es Dutzende von Mitarbeiter:innen), sondern vielmehr darin, Mehrheiten zu organisieren und Ziele bzw. Maßnahmen nach innen und außen zu kommunizieren. Und das ist kein klassischer Ausbildungsberuf. :slight_smile: Lauterbach ist ja gerade dabei, zu zeigen dass es nicht automatisch besser sein muss, wenn der Gesundheitsminister von Hause aus Arzt ist, weil wir ihm alle live bei seiner Interessenkollision zusehen können: Fachlich richtig oder politisch durchsetzbar? Auch jemand „vom Fach“ kann das nicht auf magische Weise immer deckungsgleich bringen.

1 „Gefällt mir“

Aber so ein Minister hat sowas wie eine Richtlinienkompetenz? Also wo es denn nun hin gehen soll mit dem, wofür das Ressort zuständig ist. Im Landwirtschaftsministerium muss ja jemand entscheiden, gehen wir Richtung ökologischer Agrarwirtschaft oder schauen wir mal, wie hoch man Schweine stapeln kann.

Liebes Team von Lage der Nation, ich würde Sie gerne auf etwas hinweisen: Das Umweltministerium in Rheinland-Pfalz ist nicht für Katastrophenschutz zuständig. Aufgabe des Umweltministeriums ist es, Pegelstände zu messen und die Daten an die Kommunen weiterzugeben. Wie inzwischen deutlich geworden ist, hat das auch im Juli 2021 funktioniert: vor Ort lagen alle Daten vor. Die Kommune entscheidet dann über eine mögliche Evakuierung von Menschen. Auf Landesebene ist dann das Innenministerium für Katastrophenschutz verantwortlich, das eingreifen kann, wenn eine Kommune Unterstützung benötigt und das im Zweifel Hubschrauber, etc. bereitstellt/organisiert.

Sie haben in der Lage gesagt, Anne Spiegel sei für den Katastrophenschutz verantwortlich gewesen. Das ist falsch. Das mag wie ein kleines Detail erscheinen. Es ist aber wichtig, wenn man die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Frage der Verantwortung anschaut.

1 „Gefällt mir“

Ich teile die Argumentation, dass gute Führungskräfte ihre Organisation so aufstellen und besetzen müssen, dass es im Normalbetrieb notfalls auch ohne sie geht. Wobei man in Fällen, in denen eine Führungskraft plötzlich bspw. krankheitsbedingt ausfällt, das Umfeld im Normalfall für einen überschaubaren Zeitraum auch tolerant mit verzögerten Entscheidungsprozessen etc. umgeht, es also ruhig auch etwas weniger rund laufen darf.

Hier lag der Fall aber anders. Weder handelt es sich bei einem Familienurlaub um einen Notfall, noch bestand in der Situation Normalbetrieb. Das Bundesland hatte gerade die größte Katastrophe seit dem 2.Weltkrieg erlebt, die übrigens regional die Zerstörungskraft des Krieges vermutlich überstieg. Und auch wenn das Umweltministerium nur mittelbar zuständig war, war es einfach unverantwortlich, sich in dieser Situation in den Urlaub zu verabschieden. Offenbar ist nichts „angebrannt“, wie es im Podcast formuliert wurde. Das ist aber erst hinterher klar gewesen. Außerdem ist gar nicht zu bewerten, ob die Performance des Ministeriums eine andere gewesen wäre, wenn Frau Spiegel vor Ort geblieben wäre. Denn eines ist tatsächlich weiterhin die Aufgabe moderner Führungskräfte: Ihrem Team ein Vorbild und Orientierung zu sein. Und in dieser Beziehung ist dieses Verhalten als Signal nach innen verhängnisvoll.

2 „Gefällt mir“

Es ist aber auch denkbar, dass in so einem Katastrophenfall der zuständige Minister von dieser Katastrophe betroffen ist. Genau in so einem Fall ist es daher am wichtigsten, dass das Katastrophenmanagement auch ohne Minister funktioniert.
Ich sehe Minister auch nicht als Katastrophenmanager. Also Habeck mit Gas momentan ja, aber was soll ein Minister bei einer Naturkatastrophe machen? Sandsäcke schleppen und stapeln? Er muss Ressourcen bereitstellen und dann aus dem Weg gehen, das ist in meiner Vorstellung seine primäre Aufgabe bei einer Katastrophe. Das Entscheidende, was er machen muss, ist eigentlich vor der Katastrophe: Er muss dafür sorgen, dass die zuständigen Leute ausgerüstet sind, die passenden Pläne vorliegen und die Befehlketten funktionieren.
Ich finde die Diskussion über Frau Spiegel zwar notwendig, aber deutlich zu aufgeblasen. Da gibt es größeren Aufarbeitungsbedarf. Ich erinnere mich z. B. daran, dass es keinen Cell-broadcast gab. Und die Rettungskräfte hatten keine passende Kommunikationsausrüstung. Wer hat das vergeigt? Und das ist das was ich spontan noch im Kopf habe von damals.

1 „Gefällt mir“

Nein, war es nicht! Es geht hier um eine rein kosmetische Geschichte!

Krisen und Katastrophen-Management ist nicht die Aufgabe des Umweltministeriums.

Es sieht nicht schön aus! Nicht mehr, und nicht weniger!
Das lasse ich so stehen!

2 „Gefällt mir“