LdN 280: Interview mit Thomas Wiegold zur Bundeswehr

Genau deshalb sollte man die Situation in Deutschland nie mit der aus Israel oder Südkorea vergleichen. Diese Länder befinden sich halt seit Jahrzehnten in - mehr oder weniger kalten - Kriegen mit ihren Nachbarn.

Das führt eben dazu, dass die Bevölkerung wesentlich höhere Militärausgaben und wesentlich mehr Grundrechte-Einschränkungen im Hinblick auf (Militär-)Zensur und Pflichtdienste akzeptiert.

Diese Länder sind daher ausdrücklich kein Vorbild für Deutschland.

Die Situation in der Ukraine wird leider schon dazu führen, dass die gesamte europäische Gesellschaft wieder stärker militarisiert wird. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir aus diesen Zeiten rausgewachsen sind, aber leider war Putin da anderer Meinung und hat uns wieder in die Realitäten des Kalten Krieges zurückgeschleudert.

Daher stimme ich der Notwendigkeit zu, dass wir die Bundeswehr wieder stärker aufrüsten müssen, warne aber davor, es zu übertreiben. Denn ganz ehrlich: Wäre an der Situation in der Ukraine irgendetwas dadurch anders, wenn die Bundeswehr die letzten 10 Jahre maximal finanziert worden wäre? Wir könnten mehr Waffen liefern - aber das war’s dann auch.

Die NATO ist Russland schon jetzt so massiv überlegen, dass von Russland keine direkte Gefahr für die NATO ausgeht. Und wenn Russland sich Länder wie die Ukraine oder Georgien teilweise einverleibt, wird die NATO daran nichts ändern, egal, wie stark Deutschland hochrüstet…

Dazu ein kleiner Denkanstoß:

Hätte Deutschland ab 2014 100 Milliarden in die Bundeswehr investiert, hätte sich an der Lage in der Ukraine dadurch vermutlich nichts geändert.

Hätte Deutschland ab 2014 100 Milliarden in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert, könnten wir jetzt wesentlich weniger schmerzhaft schlicht alle Gaslieferungen von Russland abblasen und so maßgeblich Einfluss auf die Lage in der Ukraine nehmen.

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Mehr Waffen würden für die Ukraine aber schon einen Unterschied machen, je nach Waffensystem auch einen großen.

Nicht die Nato, sondern die USA. Aber was passiert, wenn der nächste US Präsident anders als Biden wieder eine „america first“ Politik betreibt und Putin dann Richtung Baltikum agiert?

Beides wäre richtig gewesen. Wir müssen aus meiner Sicht in der Lage sein, einen unserer Größe entsprechenden Beitrag zur Verteidigung der Nato zu leisten. Heute sind wir militärisch wahrscheinlich auf dem Niveau von den Niederlanden oder Dänemarks. Wenn überhaupt…

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Zusammen mit der ‚Windrad‘ Doppelfolge mit eines meiner Highlights im letzten halben Jahr. Auch wenns mir beim Bund gegen ideologisch den Strich geht. ‚Augen Geradeaus‘ ist wirklich ein gutes Podcast format - Auch um sich den linkssitzenden Aluhut manchmal mit kognitiver Dissonanz zurecht zu rücken (auf mich alleine bezogen).

Ich glaube, die Anforderungen für die Hochschwangeren ist nicht der Grund für alle der ‚etlichen Sonderanforderungen‘. Besonders wenn wir uns, die hier recht humorig aufbereitete, Geschichte des verwandten ‚Bradley‘ vor Augen halten.

Pentagon Wars - Bradley Fighting Vehicle Evolution

Die ganzen Sonderanforderungen waren übrigens auch der Grund, warum die Ausschreibung zum Schweren Transporthubschrauber (STH) aufgrund von zu hohen Kosten erst einmal abgebrochen wurde. Aber überbordernde Kosten und zu geringe Performance sind bei Rüstungsprojekten generell ein Problem, nicht nur in Deutschland. Das Video, was @sebs303 geteilt hat, zeigt das ja schon sehr gut. Wer sich noch etwas weiter einlesen möchte, kann sich ja mal die Geschichte der F-22, der F-35 oder des Littoral Combat Ships (LCS) auf Wikipedia durchlesen. Vom KC-46-Tanker braucht man erst gar nicht reden. Und auch bei den US-Streitkräften gibt es zahlreiches Material, was nur noch bedingt einsatzfähig ist und miserable Klarstände aufweist. Dazu zählen unter anderem die RC-135 Aufklärungsflugzeuge:

Hier auch noch ein schöner Artikel über den Jäger 90 (heute: Eurofighter) aus dem Spiegel von 1988, der zeigt, dass Kostenprobleme bei Rüstungsprojekten auch keine neue Erfindung sind:

Spannende ist auch, wie deutlich der Spiegel damals zwischen den Zeilen Position gegen die Aufrüstung bezogen hat:

Der einst wegen seiner hervorragenden Tiefflugeigenschaften gepriesene Tornado nämlich ist längst nicht mehr unverwundbar: Er kann zwar Boden-Radar unterfliegen, aber die Sowjets haben inzwischen Jagdflugzeuge, die den Tiefflieger von oben orten und mit Raketen bekämpfen. Solche Gegner soll der Jäger 90 dem Tornado vom Leibe halten - so lange wenigstens, bis die Sowjets ihr Gegenstück zum Jäger 90 gebaut haben.

So zieht ein Rüstungsprojekt das nächste nach sich. […]

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