Nach meinem Verständnis seiner Aussagen in der BPK ist grundsätzlich genug impftstoff für das erste Quartal bestellt. Diese Bestellung laufen aber über das gesamte erste Quartal. Wir brauchen nach Ansicht des Ministers aber diese Dosen möglichst jetzt und nicht erst im Februar, denn gerade jetzt läuft die inpfkampange äußerst gut und ohne vorgezogene Lieferungen käme es zu Impfstoffmangel in den ersten Januarwochen, wenn das jetzige Tempo nicht nachlässt.
Vorausgeschickt, ich bezweifle auch, dass es eine „Inventur“ gab und vermute, wir sprechen einfach über die Vorlage der Buchhaltung.
Meine These zu dem Auftritt von Lauterbach wäre, dass er sich Kontrollverlust bei seiner zentralen Strategie ausgesetzt sieht. Der neue Minister hat nahezu leere Lager geerbt, weil in Folge des deutlich gestiegenen Bedarfs, das meiste schon rausgeschickt wurde. Man kann aufgrund der gemeldeten, verimpften Dosen abschätzen, wieviel Impfstoff sich noch im System befindet. Dieser Aspekt hat bei Lauterbachs Erklärungen zu dem Thema in der Pressekonferenz, selbst als er danach gefragt wurde, keine Rolle gespielt. Denn in der Tat garantiert das nicht Verfügbarkeit.
Was man sich vorstellen kann: In einer impfskeptischen Region liegt Impfstoff ein paar Wochen ungenutzt im Kühlschrank, weil man die Leute kaum überzeugt bekommt. Woanders fehlt er. Oder bereits bestellter Impfstoff bleibt, weil die niedergelassenen Ärzte (verdient) Weihnachtsferien machen, eine Woche ungenutzt, während das in der Zeit noch offene Impfzentrum Leute wegschickt, weil sie nicht genug haben.
Mit den angekündigten Liefermengen, die für sich wohl nicht mehr den Bedarf decken, sprich ohne Überschüsse, fehlt Lauterbach ein Instrument der Kontrolle, mit dem er sicherstellen kann, dass überall, wo gerade intensiv verimpft wird, auch wirklich ausreichend Impfstoff vorhanden ist. Insofern Kontrollverlust.
Praktisch ist das Problem vielleicht nicht allzu groß. Denn dafür müsste die Impfrate diesmal kein Maximum deutlich vor Errreichen der theoretisch möglichen Zahl von Geimpften aufweisen, so wie es für die Erst- und Zweitimpfungen der Fall war. Aber nehmen wir Israel als Gegenbeispiel. Die haben bisher zwei Drittel der Personen mit zweiter Impfung mit einer dritten Dosis geimpft. Die Hälfte dieser Auffrischimpfungen war nach einem Monat abgeschlossen, danach ging die Impfrate deutlich zurück.
Das Interview mit Andrej Reisin in der Wochendämmerung habe ich auch gerade gehört, und kann das auch nur weiterempfehlen.
Long story short: Moderna hat angeblich 80Mio Dosen geliefert. Davon sind 40Mio tatsächlich nie geliefert worden, und wurden vor kurzem als (unausglieferte) TRIPS-Spende umdeklariert. Von den restlichen 40Mio wurden nach den entsprechenden Statistiken nur 20Mio verimpft, wobei sich jetzt die Frage stellt, was eigentlich mit den anderen 20Mio passiert ist.
TLDR: Von 80Mio bestellten Moderna-Impfungen sind 20Mio in der Bevölkerung angekommen.
Weiß nicht, ob der anklagende Tonfall des Artikels bei der Datenlage gerechtfertigt ist. Aber die Zahlen sind in der Tat nicht ganz einfach zu durchschauen.
Wobei ich als bekannt voraussetzen würde, dass Moderna im ersten Halbjahr Probleme mit dem Hochfahren der Produktion in Europa hatte. - Klingt in dem Artikel fast ein bisschen so, als wäre das eine Neuigkeit. - Hat sich in jedem Fall zum dritten Quartal gebessert. Nur zu diesem Zeitpunkt hatte die deutsche Impfkampagne schon deutlich an Tempo verloren und die Nachfrage nach Spikevax fing an einzubrechen. Die Zahl von Spikevax-Impfungen ist im dritten Quartal bei um die zehn Millionen verimpften Dosen stagniert und hat erst kürzlich Ende November wieder angezogen. In den letzten Wochen wurden acht Millionen Dosen verimpft.
Das Problem bei den publizierten Daten ist, dass es keine separate Übersicht von Auslieferung und Einlagerung gibt. Das war anfänglich auch nicht nötig, da der Bund alles, was reingekommen ist, sofort wieder verteilt hat. Die Datenhaltung, auf die sich der Artikel hier bezieht:
An Impfzentren, Arztpraxen und andere Impfdienste ausgeliefert wurden davon laut BMG bislang sogar nur knapp 20 Millionen Dosen.
beschreibt aber nur die ausgelieferten Impfstoffe. (Insofern ist die Aussage auch nicht genau. Denn im Oktober wurden insgesamt 2.7 Millionen Dosen Spikevax von den Ländern, mit Ausnahme von Berlin, an den Bund zurückgegeben. Im Datensatz ist die ausgelieferte Menge um diesen Betrag „gesunken“. Das heißt eigentlich wurden 23 Millionen Dosen ausgeliefert. Einige davon dann möglicherweise zweimal.) Was der Bund einlagert, wurde soweit ich weiß bisher nicht veröffentlicht.
Bei der Frage, was zu erwarten ist, muss man denke ich zunächst auf die EU-Bestellung schauen:
Die mit Moderna vereinbarte Abnahmegarantie sieht einen ersten Ankauf im Namen aller EU-Mitgliedstaaten von 80 Millionen Impfdosen mit der Option auf Bestellung von bis zu 80 Millionen weiteren Dosen vor. Am 15. Dezember 2020 fasste die Kommission den Beschluss zum Erwerb der weiteren 80 Millionen Dosen.
Am 17. Februar 2021 hat die Europäische Kommission einen zweiten Vertrag mit Moderna genehmigt, der den zusätzlichen Kauf von 300 Millionen Dosen (150 Millionen im Jahr 2021 und eine Kaufoption auf weitere 150 Millionen im Jahr 2022) vorsieht.
Also 310 Millionen Dosen (2 x 80 + 150) für 2021. Davon stehen Deutschland nach dem Bevölkerungsschlüssel 57 Millionen zu, aber es ist wohl so, dass wir Anteile übernommen haben, die andere EU-Länder nicht wollten und damit auf diese 78 Millionen Dosen (oder mehr) kommen könnten. Im Juni waren 80 Millionen geplant. Es wird vermutlich stimmen.
He confirmed that Moderna would definitely be able to deliver around 80 million doses in total for 2021, as expected by the German health ministry.
Andererseits haben wir verzichtet, es könnte also weniger sein, allerdings wie sich dann noch zeigt offenbar tatsächlich mit Optionstausch. Insofern hat sich die Liefermenge wohl nicht mehr geändert.
Gerade bei diesem Punkt finde ich es merkwürdig, dass der Eindruck einer aus dem Hut gezogenen Erklärung erweckt wird. Denn, dass der Bund nach dem Abfall der Impfrate auf neue Lieferungen zu Gunsten anderer EU-Länder verzichten wollte, hat auch die Tagesschau schon im August berichtet:
Und wenn man sich die alten Lieferpläne angesehen hat, sollte einem aufgefallen sein, dass im August bereits transparent gemacht wird, dass auf den Großteil der Moderna-Lieferung des Monats verzichtet wurde:
Mit Stand Ende September wird auch die Moderna-Lieferung aus dem September als nicht erfolgt ausgewiesen:
Die Lieferungen aus den ersten fünf Wochen des dritten Quartals, die noch vom Bund abgenommen wurden, ergeben die angegebenen 6.63 Millionen Dosen. Wenn man alles, auf das wir im dritten Quartal verzichtet haben, zusammenrechnet sind das etwa 20 Millionen Dosen Spikevax.
Dann 32 Millionen Dosen gespendet - ebenfalls nicht klar, warum es daran Zweifel gibt, die 30 Millionen sind eine Zusage Monate zurück, soweit ich mich entsinne - die jetzt in Auslieferung sind (und ich nehme an nie physisch im Besitz des Bundes waren, sonst wäre die Bundesregierung vielleicht versucht gewesen, auch diese Lieferung zu stoppen):
Zusammengefasst, bis zum dritten Quartal haben wir 8.47 (Q1, Q2) und 6.63 (Q3) Millionen Dosen erhalten, auf 20 Millionen haben wir zunächst verzichtet und 32 Millionen gespendet. Ergibt zusammen rund 67 Millionen Dosen Spikevax. Fehlen noch 11 zu 78 Millionen.
Nach dem letzten Stand der Lieferprognose, auf den sich der Artikel bezieht, vom 16. Dezember 2021, wurden von Moderna im vierten Quartal bisher 21.6 Millionen Dosen geliefert. Das deckt also schonmal die Menge ab, auf die wir im dritten Quartal verzichtet haben. Damit sind wir jetzt bei 68 Millionen gelieferten Dosen. Und laut der Prognose stehen für das Jahr noch knapp 10 Millionen aus. Wenn die erfolgt, ist die Lieferung von 78 Millionen Dosen Spikevax durch Moderna für dieses Jahr vollständig.
Danke, das Interview in der Wochendämmerung finde ich auch sehr interessant… klingt sehr nach Scheinbuchungen (ist das der richtige Begriff?)… wenn was fehlt, dann sind das einfach gespendete Mengen, die aber noch gar nicht gespendet wurden… toller Kniff
Ich setze „Filter by mechanism“ auf „Through COVAX“.
Ich sortiere die Liste nach „Vaccine developer“.
Da finden sich dann unter Moderna als Empfängerländer von Deutschland gespendeter Impfstoffdosen Angola, Bolivien, Indonesien, Nepal, Pakistan, Phillippinen, Tadschikistan, Vietnam und die Palästinensischen Gebiete. Zusammen sind das etwas mehr als 32 Millionen Dosen. Ausgeliefert sind laut diesen Daten etwa 19 Millionen, wobei zum Beispiel die Spende an Vietnam, deren Ankunft im oben verlinkten Artikel vermeldet wurde, da bisher nicht drin ist.
Zusammengefasst im Gegensatz dazu, was das Investigativ-Ressort von Tagesschau berichtet (und ich nehme bei Die Wochendämmerung wiederholt wird), zeigen zumindestens veröffentlichte Daten, dass Moderna kurz davor ist, seine Lieferzusagen an Deutschland für 2021 zu erfüllen.
Wieder gleiches Vorgehen, mittlerweile sind dort bis auf Pakistan, wo erst ca. 8 von 14 Millionen ausgeliefert wurden (und bis auf ein paar tausend Dosen an Vietnam), alle von Deutschland gespendeten Dosen Spikevax als ausgeliefert angegeben.
Den Daten von impfdashboard.de kann man zumindestens entnehmen, dass in den letzten zwei Wochen des Jahres knapp vier Millionen Dosen Spikevax ausgeliefert wurden. Allerdings ist die Impfaktivität deutlich zurückgegangen, mehr wurde vermutlich nicht abgerufen.
Ich würde davon ausgehen, dass Moderna seine Lieferverpflichtungen für das letzte Jahr erfüllt hat.
