LdN 267 Gas - gibt es echtes klimaneutrales Gas?

In der LdN wurde im Nebensatz „Biogas“ thematisiert und die Frage gestellt, ob es das überhaupt geben kann.
Hinweis: Die EWS bietet Gas an, das aus Prozessabfall aus der Papierproduktion entsteht. Hier wird ein Abfall nutzbar gemacht, und die noch vorhandene Energie darin wiedergewonnen. Das ist zwar keine Lösung für alle, aber es scheint mir doch für den Moment die beste Lösung für Gas zu sein.

Das ist keine Lösung für nichts. Natürlich ist es sinnvoll, anfallende Biomasse zur Energiegewinnung zu nutzen. Aber das deckt halt nur wenige Prozent des deutschen Energiebedarfs.

Die einzige (potenziell skalierbare) klimaneutrale Variante, diemir einfällt, Gas zu verbrennen, ist, einen Kreislauf zu haben, in dem man in Zeite von viel Sonne und Wind Power2Gas macht und in Zeite von Dunkelflaute dieses Gas verbrennt, wobei man das anfallende CO2 auffängt und für die Gasherstellung benutzt.

Die Wirkungsgrade sind nicht dolle, dafür ist das Gas vergleichsweise (etwa mit Wasserstoff) gut speicherbar.

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Biogas aus Abfällen zu gewinnen ist sehr sinnvoll.

Aber es lässt sich nicht genug Biogas produzieren, um damit alle Gaskraftwerke zu betreiben oder gar Gasthermen in Haushalten.
Ich glaube der Biogasanteil zur Stromgewinnung liegt bei ca. 10 %.

Selbst wenn wir mehr Bioabfälle aus Haushalten recyceln, macht das nicht so viel aus:

Trotzdem sollte so etwas angestrebt werden, weil es natürlich auch zum Klimaschutz beiträgt.

Was ich mich oft frage, vielleicht hat da ja jemand Erfahrungen zu:

Werden abgelaufene Lebensmittel in Supermärkten oder Essensreste in Restaurants / Kantinen eigentlich in der Biotonne gesammelt oder landet aus Zeitgründen alles im Restmüll?

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Guten Punkt, ein wenig klimaneutrales Gas haben wir schon z.B. behauptet diese Firma

Allein in Deutschland bleiben laut aktuellen Informationen des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Stroh ungenutzt, die für die Herstellung von Bioenergie zur Verfügung stehen. Die Energie aus dieser Menge Stroh entspricht dem jährlichen Kraftstoffbedarf von bis zu 10 Millionen PKW bzw. 200.000 schweren LKW.

https://www.verbiogas.de/verbiogas/

Wir müssten nur sehr genau überlegen, wofür diese knappe Ressource eingesetzt werden kann. Ich denke (Chemische) Industrie und Dunkelflauten wären ein guter Punkt, das für normale Pkw zu „verschwenden“ wohl weniger sinnig.

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Hallo liebe Freunde,

ich komme aus der Energieversorgung und ich tue mich sehr schwer mit dem Pauschalurteil in der Folge zu Erdgas - ich betreue alles von Strom über Fernwärme, Wasser, Erdgas und Glasfaser.

Ja es ist ein fossiler Brennstoff. Aber für den kompletten Sektor Wärme - sei es in Form von BHKW-Inselnetzen (Fernwärme/Nahwärme) mit Stromproduktion oder im Bestandsbau im ländlichen Raum ist das einfach die beste Möglichkeit mit vernünftigen Kosten Wärme zu erzeugen. „Oma Erna“ müsste sonst ihr Haus für 150-250T Euro sanieren für eine neue Heizung bspw Wärmepumpe.

Ulf und Philip neigen manchmal sehr zu einem urbanen Denken oder Neubau.

Meiner Einschätzung nach benötigt der Sektor Wärme vor allem im ländlichen Raum eine starke Unterstützung - sonst baut da kein Netzbetreiber mehr Leitungen. Alternative sind Öl und Pellets. Bei Erdgas hat man aber die Möglichkeit den Fuelswitch zu ermöglichen mit bspw. Wasserstoff (immer höhere Anteile im Leitungsnetz).

Die Wärmepumpe freut sich über großflächige Heizkörper mit Lüftern. Die „simulieren“ dann die Fußbodenheizung, die man im Bestandsbau manchmal nicht gut nachträglich integrieren kann. Das war’s dann aber fast schon in Sachen „must have“.

Wenn die Oma die Hütte dagegen auf KfW40-Standard modernisiern will, dann soll sie das bitte nicht der armen Wärmepumpe in die Schuhe schieben. (Die KfW würde der Oma aber dann mit bis zu 75.000 Euro pro Wohneinheit unter die Arme greifen. Also schnell noch eine Einliegerwohnung souterrain in den Keller puzzeln, schon gibt’s 2 x 75.000 geschenkt.)

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Ich glaube das Thema Wärme in Häusern is auch in Städten noch ziemlich ungelöst. Die meisten Häuser kommen vermutlich immer noch aus den Nachkriegsjahren (oder sind teilweise noch älter), viele wurden vermutlich schon besser wärmeisoliert, aber was die eigentliche Heizung in der kalten Jahreszeit angeht sehe ich hier auch noch keine Lösung. Wie heizt man denn ein 5 Etagenhaus in der Zukunft? Kennt sich da jemand aus?

Bei enger Bebauung wäre es eine Option, die Wärmepumpe im/auf dem Dach unterzubringen. Bei 5 Etagen zu je 4 Wohnungen könnte das noch klappen. Bei richtig hohen Gebäuden mit kleiner Dachfläche dürften die notwendige Wärmepumpe und der notwendige Luftdurchsatz aber so groß werden, dass dies nicht mehr realistisch ist. Da fällt mir nur Fernwärme ein. Gespeist durch eine Großwärmepumpe am nächsten größeren Fluß.

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Schön, dass sich jemand von dieser Fakultät in die Diskussion einbringt. Sehr interessanter Aspekt. ich postuliere mal, in einer Krise kann man nicht nur nach Gewinnmaximierung handeln (auch wenn das manche konservative Politiker gerade anders herum sehen). Ich halte es tatsächlich für ein Grundübel, dass vor vielen Jahren Zweige der Daseinsvorsorge einfach dem Kapitalismus übereignet wurden. Denn technisch ist das ja alles problemlos möglich. Alle Lösungen die wir bräuchten liegen auf dem Tisch. Aber jetzt auch technisch konkret. Nehmen wir mal an, auf dem Land gibt es 50% schlecht gedämmte Gebäue die eine Vorlauft-Temperatur von 80 Grad benötigen. Dann muss halt die Kommune oder der Energieversorger (da ist er wieder) ein Fernwärmenetz bauen, mit dem z.B. 50% der Gebäude mit 40 Grad versorgt werden und 50% bekommen zusätzlich entweder eine Hochtemperatur-WP oder schlicht eine zusätzliche elektrische Heizung. Die Zusatzkosten hat der Versorger zu tragen (der inzwischen wieder der Kommune gehört und einem Profit-Verbot unterliegt. Also wo gibt es hier ein Problem? Es geht nur um Profit und ums „Wollen“. Und bevor der Aufschrei kommt. Warum haben wir das Ahrtal nicht einfach zugeschüttet? Wäre viel billiger gewesen als die 30 Mrd. Euro die wir jetzt ausgeben.

Noch ganz wichtig: ich möchte damit weder die Energieversorger und noch weniger dich irgendwie angreifen. Wir haben heute eben ein System welches nicht so funktioniert wie ich’s beschrieben habe. Bzw die Wirtschaft funktioniert halt anders.

Hallo Günter - Fernwärme ist da das Mittel der Wahl! Aber mit hohen Vorlauftemperaturen. Am besten aus Müllverbrennungskraftwerken. Müll benötigt aber auch einen Zusatzheizstoff. Aktuell ist das oft Kohle. Besser ist natürlich Biomasse. Aber auch diese ist nicht gut für die Brenner/Roste so das am besten auch ein Teil Gas mitverbrannt werden sollte.

Ich weiß das klingt alles ein wenig banal - aber meiner Meinung nach sollten wir ganz stark auf Gas setzen und den Teil Erdgas immer mehr durch Synthetische Gase wie Wasserstoff und Biomethan ersetzen.

Alles mit Windrädern ist und PV klappt nicht im Winter im Wärmesektor. Auch Industriesektor und Wärmesektor koppeln klappt nur im unmittelbaren Umfeld - und das ist da natürlich eine super Lösung! Aber im ländlichen Raum benötigen wir in Europa Gas!

PS: Auch das Thema „Dunkelflaute“ war in der Folge vollkommen naiv dargestellt - die Wahrheit ist in den letzten Jahren ein temporärer extremer Einbruch der erneuerbaren aus Wind und Sonne.

Ich habe leider die Erfahrung, dass man beim ganzen Thema Energie der Energiewirtschaft nicht traut - ich kann nur für mich sprechen - aber alle die ich kenne in meinem Umfeld versuchen das Möglichste alles zu bewegen um von einem hohen CO2 Ausstoß herunter zu kommen und neue Quartiere nachhaltig zu gestalten. Die Energiekonzerne sind doch zum Großteil kommunal geführt oder beaufsichtigt. Traut denen doch mehr zu :slight_smile:

Hallo LdN,

Vielen Dank für die letzte Lage, diese hat mir sehr gefallen. Vor allem der Teil über den Freiheitsbegriff war super.
Mich hat jedoch irritiert dass Gas bei euch so schlecht abgeschnitten hat. Power2Gas ist meines Wissens die einzig sinnvolle großvolumige Speichertechnologie für die Zukunft. Vergleiche hierzu folgendes Video von Professor Volker Quaschning: YouTube

Wir haben doch gar nicht Gas allgemein kritisiert, sondern fossiles Gas … an dieser Stelle ist mal wieder der Hinweis angebracht, dass wir genügend echte Fehler machen :slight_smile: Bitte hört doch wenigstens erst mal zu, was wir eigentlich sagen, und arbeitet euch dann an echten Aussagen von uns ab. Niemand hat etwas davon, wenn ihr uns Aussagen unterstellt, die wir nicht gemacht haben.

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Ok, den Teil ab 23:30 habe ich folgendermaßen verstanden:

  • Keine neuen Gaskraftwerke bauen (ich impliziere, auch nicht in die Gas-Infrastruktur investieren)
  • Einer „Dunkelflaute“ kann man mit genügender Überkapazität an Windrädern begegnen.
  • In Zeiten hoher Energiemengen Wasserstoff erzeugen (Stichwort Sektorenkopplung)
  • Zitat: 24:48 „Gas ist nicht grün, Gas ist zwar ein bisschen grüner als Kohle, bleibt aber ein „böser“ Kraftstoff, weil CO2 Emission“.

Aus diesem kurzen Stück habe ich mir zusammengereimt, dass Ihr dem Gas als ganzem, nicht nur dem fossilen Gas skeptisch gegenübersteht.

Ich denke/glaube (bin nur Medien-Konsument) aber, dass es ohne „grünes“ Gas nicht gehen wird.

  • Wenn wir unseren Verkehr, Industrie und Gebäudeheizung auf erneuerbare umstellen, wird sich der Strombedarf was ich so lese und bei Euch gehört habe mindestens verdoppeln, eher mehr.
  • Das heißt es entsteht nicht nur eine Lücke durch wegfallende Kohle und Atomkraftwerke, sondern zusätzlich durch den Wegfall fossiler Energie in anderen Sektoren.
  • Die erneuerbaren Energien, also Strom, Wind, Biogas müssen dann grund- und spitzenlastfähig sein. Das geht entweder mit einer wie von Euch beschriebenen Überkapazität an Windrädern, oder man erzeugt, wenn mal genug Strom am Markt ist wie von Euch beschrieben Wasserstoff.
  • Wasserstoff ist aber extrem flüchtig, daher soll es geschickter sein daraus mit dem CO2 aus der Luft Methan zu erzeugen. Dieses Methan ist zu 100% kompatibel mit unserem europaweiten Gasnetz und kann dort mit der vorhandenen Infrastruktur gespeichert, transportiert und verkauft werden.
  • Es ist auch kompatibel mit bereits vorhandenen Gaskraftwerken und kann zu Strom umgewandelt werden.

Von dem was ich so bisher gelesen ist Gas die Speichertechnologie der Zukunft und wird das Rückgrat unserer Stromversorgung werden, wenn wir komplett auf erneuerbare umstellen.

Es macht den Umstieg auf erneuerbare auch irgendwie einfacher, denn wenn wir doch mal in einer Dunkelflaute hängen, können wir uns am Weltmarkt mit fossilem Gas und schlechtem Gewissen kurzfristig freikaufen und langfristig nachjustieren.

Ich will Euch keinen Fehler reinreiben, wahrlich nicht. Ihr habt mit der LdN ein wirklich tolles Medium geschaffen, das ich gerne konsumiere.

Aber weil Ihr meiner Ansicht nach viel Reichweite und Einfluss habt solltet Ihr, falls meine Einschätzung stimmt, Eure Einstellung zu Gaskraftwerken etwas nachschärfen. Ich vermute ohne Gas wird die Energiewende nicht funktionieren.

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Nein. Jedenfalls nicht ohne ein lokale Schwankungen ausgleichendes Stromnetz von Lissabon bis Moskau. Der Grund ist, dass sich die Windverhältnisse erst über eine Distanz von meheren 1000 km ausgleichen. Und selbst dann hat man natürlich noch die jahreszeitlichen Schwankungen.

Irgendeine Form von Speicherung brauchst es also immer. Deren notwendiger Umfang sinkt jedoch, je größer das durch ein leistungsfähiges Netz verbundene Gebiet ist.

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Ich hatte auch mal in einem Podcast zum Thema Windräder ein weiteres Problem gehört.

Schon jetzt müssen Windräder manchmal temporär abgeschaltet werden, weil nicht genug Strom abgenommen wird.
Baut man die Windräder noch weiter aus, steigt dieser Wert natürlich.

An dieser Stelle müsste dann eben ein Abnehmer sein, der den gesamten überflüssigen Strom in Wasserstoff (und dann ggf. in Methan) umwandelt. (Egal wie schlecht der Wirkungsgrad ist)

Nur ist da das Problem, dass es aus betriebswirtschaftlicher sich bestimmt einen Punkt gibt, bis zu dem sich eine Investition noch lohnt. Auch wenn darüber hinaus noch Kapazitäten (manchmal) genutzt werden könnten.

Hallo Guenter,

die Speicherkapazität mit Hilfe von Molekülen ist WESENTLICH wirtschaftlicher und die Infrastruktur ist vorhanden. Was verstehst du ganz konkret unter einem leistungsfähigen Netz? Ich nehme an du meinst ein Stromnetz? Hast du eine Vorstellung was für Stromnetze für die von dir eventuell angedachten Kapazitäten entstehen müssen (Baukosten, Flächenverbrauch, Eingriffe in Land, Gewässer und Natur)? Und könntest du dir vorstellen, dass mit möglichen Kapazitäten des Gasnetzes zu vergleichen und dessen Kosten?

Ich möchte dir keinen Vorwurf machen, ich habe nur die Erfahrung gemacht, dass wir außerhalb meiner „Bubble Energiebranche“ beim Thema Netzinfrastruktur nicht wirklich aufgeklärt und Faktenoffen diskutieren - das liegt natürlich auch am schlechten Bild der Branche - das wie oben schon geschrieben aber nicht nur aus Kohle- und Atomstromlobbyisten besteht sondern aus vielen Regionalversorgern, Stadtwerken und engagierten Bürgern :slight_smile:

Ich kann deinen Gedankengang schon nachvollziehen. Aber da steht ein gewaltiger Elefant im Raum. Wieviel bleibt von 1 kWh Strom übrig, nachdem man daraus Gas gemacht hat, dieses dann durch eine Pipeline geschickt wurde, um an anderer Stelle wieder verstromt zu werden? Wenn wir sehr optimistisch zweimal mit einem Wirkungsgrad von 50% rechnen, bist du schon bei einer Systemeffizienz von nur noch 25%. Und das als Bestcase-Annahme. Ups.

Wenn du dir schon Sorgen, um den Ausbau des Stromnetzes machst, wie stehst du dann zu einem Faktor 4 auf Seiten der Erzeugungsinfrastruktur? Das ist dann nicht nur ein finanzielles Problem, sondern schlicht eines der verfügbaren Ressourcen. Schon bei Annahme hoher Energieffizienz müssen wir ja das ganze Land und unsere ausschließliche Wirtschaftszonen in Nord- und Ostsee schon zu einem Gutteil mit Windkraft zubauen.

Dagegen ist der Aufbau eines europäischen (U)HVDC-Netzes wirklich Kleinkram. Da haben wir regulatorische Hürden und ein paar Querulanten entlang der Korridore. Aber auf Seite der Kosten und des Materialaufwands ist das vergleichsweise ein Klacks.

Man kann sich ja mal anschauen, was ein weniger wohlhabender und technisch entwickelter Wirtschaftsraum in nichtmal 10 Jahren aufgebaut hat: Ultra-high-voltage electricity transmission in China - Wikipedia

Ein paar 10 GW Verbindungen kreuz und quer durch Europa könnten schon für ein gutes Ausbalancieren von EE-Erzeugung und Verbrauch führen und so den Bedarf an Speichern mindern.

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Jemand vom „Markt“ der so eine Anlage baut will die natürlich 24/7 nutzen damit sie sich schnell amortisiert um dann Gewinne zu erwirtschaften.
Wenn so eine Anlage allerdings gebaut wird um nur die Überschüsse umzuwandeln wird das ohne entsprechende Zuschüsse nicht finanzierbar sein, oder die öffentliche Hand (ohne Absicht auf Gewinne) baut und betreibt die Anlage.

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