LdN 260 - Meinungen nicht abwerten sondern demokratisch stehen lassen

Die Linke hat sich definitiv professionalisiert. Es sind nur noch einzelne, fragwürdig Ausfälle. … Mir hat mal ein Mitglied der linksjugend ins Gesicht gesagt, dass Demokratie ausreichend hergestellt ist, wenn die Posten in der Partei gewählt sind und Die Linke einzige Partei in Deutschland ist. Also 1:1 SED Gedankengut. Aber solche Querschläger kennt jede Partei. Die Afd hat ein strukturelles, destruktives Politikverständnis. Überdeutlich ausgedrückt im innerparteilichen Verhalten, Gegner zu vernichten.

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Oh ja, ganz sicher verstehe ich dich nicht falsch.^^ Und genau das ist eben ein wesentlicher Unterschied zwischen Ost und West. Im Osten sehen viele es offensichtlich als völlig normal an, dass Leute Faschisten sind, faschistisch denken und faschistische Parteien wählen. Der Ronny ist eben ein bisschen rechts, aber eigentlich ok. Und mir tut er ja nichts. Ich bin ja kein Ausländer. Oder Jude, haha!

Natürlich gibt es auch hier im Westen Leute mit problematischen Einstellungen bis hin zum Rechtsextremismus, aber die werden eben von der Restgesellschaft aus guten Gründen zu weiten Teilen eher gemieden. Und u.a. deswegen geht einem das ewige Ossigejammer so auf den Keks. Und da hat Wanderwitz (als Ostdeutscher) einfach total recht (und ich bin ganz sicher kein CDU-Fan). Ihr findet AfD-Wähler normal? Ihr seid Teil des verdammten Problems. Stattdessen sägt seine eigene Partei ihn ab, weil er einfach mal gesagt hat was ist. :roll_eyes:

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TL:DR vorweg: Freiheit bedeutet Verantwortung. Das gilt auch fürs Meinungsäußern vs. Aushalten von Gegenwind.

Eine Demokratie, die Meinungen diskreditiert und Minderheiten unterdrückt, ist keine Demokratie. Soweit, so richtig.

Der Staat (!) iSv unserer Demokratie lässt dich aber sagen, was du willst. Du kannst für (fast) jeden noch so verachtenswerten Mist auf die Straße gehen und jede Meinung in die Welt plärren, wie es dir gefällt.

Aber Meinungsfreiheit heißt nicht, dass du unkommentiert alles sagen kannst. Meinungsfreiheit gewährleistet gerade nicht, dass jeder dir zuhören und dich akzeptieren muss. Meinungsfreiheit gewährleistet, dass du ungehindert sagen darfst, was du sagen willst. Niemand darf dir mit Gewalt den Mund zuhalten und der Staat darf dich schon gleich gar nicht zensieren. Aber wenn dein soziales Umfeld keinen Bock mehr auf dich hat, wenn du menschenverachtendes oder wissenschaftsfeindliches Geschwurbel ablässt, dann kann dich niemand davor schützen, tut mir leid.

Wo kämen wir denn hin, wenn man jetzt per staatlichem oder auch nur gesellschaftlichem Zwang verordnen würde, dass man sich jeden noch so abseitigen Mist anhören muss und das zu akzeptieren hat, nur damit der Schwurbler sich nicht benachteiligt fühlst.

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Das ist einfach nicht wahr, dass über Linksextremisten nicht diskutiert wird. Ich möchte an das Silvester erinnern, wo ein paar Idioten Einkaufswagen in Leipzig ein paar Einkaufswagen abgefackelt haben und dann von einem ganzen Polizei-Battalion umringt wurden. Das war doch groß in den Medien
Oder die Hausbesetzungen in Berlin, der berüchtigte G20 Gipfel in Hamburg unter Scholz und und und…

Mich nervt das immer, wenn jemand damit im Internet argumentiert, aber kann’s sein, dass du immer nur das siehst, was dein Weltbild bestätigt (sprich: confirmation bias)?
Wie Philipp in der Lage immer wieder erwähnt: Seit 1990 sind über 200 Menschen Todesopfer rechtsextremer Gewalt geworden. Wie viele waren es denn, die durch Linksextremisten gestorben sind?

Und zuletzt: in der Lage wird doch auch immer deutlich gesagt, dass linke Gewalt absolut nicht geht, wenn mal irgendwas im Vergleich zu Morden Kleines passiert. Das wird auch jedes Mal diskutiert.

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Wer ist denn dieses „ihr“, von dem du sprichst? Alle Ossis? Natürlich gibt es gerade in Sachsen ein massives Problem mit der Anhängerschaft der AFD, aber da hat trotzdem immer noch die Mehrheit nicht diese Demokratiefeinde gewählt.
Ich kenne hier im Westen auf dem Land genug Leute, die genauso rechts denken. Viele der Granden der AFD kommen nicht aus dem Osten. Das Problem ist in ganz Deutschland.
Mir kommt das vor wie ein Abschieben der Verantwortung auf „die da drüben“. Natürlich muss man etwas gegen diese verfestigte Strukturen dort machen, aber von „Ossigejammer“ zu sprechen, finde ich höchst unkonstruktiv.

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Das Problem ist doch leider, dass es in weiten Teilen Ostdeutschlands halt ganz normal und akzeptiert ist, rechts zu sein. Ich meine das nicht polemisch, aber wie soll ich die folgenden Erlebnisse einordnen?

  • großflächige Rückentätowierung an einem Badesee in Brandenburg mit Thors Hammer und Schriftzug „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“
  • auf einem Volksfest in Sebnitz laufen Familienväter in t-Shirts von endstille oder Division Sachsen oder Klamotten von Thor steinar herum, als wäre das normale Kleidung
  • abends an einer Tankstelle auf dem Weg ins Elbsandsteingebirge treffen mehrere junge Leute zusammen und begrüßen sich herzlich mit dem Hitlergruß
  • Sachsen, die man beim Klettern auf einem Gipfel trifft, finden es offenbar normal, als small talk verschwörungstheoretische Andeutungen zu den Mächten hinter Merkel zu machen.

Wenn man das alles normal findet, kann man auch die AfD für eine demokratische Partei halten. In Wahrheit ist es aber eine Partei von Demokratieverächtern und Menschenhassern.

Ich halte nicht viel von der Linken und von manchen ihrer Protagonisten noch weniger, aber mit der AfD sind sie nicht vergleichbar.

Und ja, es gibt linksextreme Gewalt, die falsch ist und verurteilt werden muss. Im Regelfall richtet sie sich allerdings gegen Sachen oder rechte Täter. Rechte Gewalt richtet sich in der Regel gegen Menschen, die niemandem etwas getan haben, nur den Nazis nicht ins Bild passen. Wer diesen Unterschied nicht sieht, will ihn nicht sehen.

Edit: fehlende Worte

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Ja, das ist ein guter Punkt. Ich habe auch überlegt, meine Antwort so zu schreiben. Vielleicht falle ich auch in das Milieu, das du beschreibst, wobei ich vielleicht ein bisschen zu jung bin, um diesen Ost-West Gegensatz wirklich verinnerlicht zu haben (oder ich habe ihn gerade deswegen verinnerlicht?).
Wie dem auch sei, ich bin immer wieder schockiert vom Ausmaß des Zuspruchs für dieses Gedankengut gerade im Osten. Da muss man ganz sicher was dagegen machen und ich neige dazu Wanderwitz zuzustimmen, dass manche Leute zumindest vorerst für den normalen Diskurs verloren sind.
Mir ist aber auch bewusst, dass die Netzwerke im Westen errichtet und dann in den Osten „exportiert“ wurden, wie du es viel besser beschriebrn hast. Und gegen diesen Rechtsextremismus, der das ganze Land und zum Beispiel unsere Sicherheitsbehörden durchzieht, müssen wir meiner Meinung nach vorgehen.

Aber gut, mich nervt dieses Geraune von unterdrückten Meinungen auch.

Ich denke, du blendest hier zwei Aspekte aus, die früher wesentlich zur „Wehrhaftigkeit“ der Demokratie begetragen haben. a) die Gatekeeper-Funktion der etablierten Medien und b) das Eingebettet sein eines Großteils der Gesellschaft in Vereinen, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Nachbarschaften etc.

Dies führte früher dazu, dass deutlich abweichende Meinungen/Ideen nur schwer raumgreifen konnten. Weil es an Verbreitungswegen mangelte und weil die meisten Menschen ihr Weltbild halbwegs in Übereinstimmung mit ihrem sozialen Umfeld halten. Verkürzt: Früher glaubten die meisten Menschen, was der Sprecher der Tagesschau ihnen erzählte, was in der Zeitung stand, was der Pfarrer predigte, was der Gewerkschaftsführer proklamierte, etc. Und jeder dieser Akteure hatte ein Interesse daran, mit seinen Positionen nicht zu weit vom Mainstream abzuweichen.

Heute ist dagegen zumindest im Internet das Gegenteil der Fall. Je abseitiger und empörender ein Inhalt ist, desto größer die Chance, ihn ökonomisch verwerten zu können. Das gilt für die Produzenten von Content, aber ebenso für die Algorithmen der großen Plattformen, die darauf optimiert sind, das „Engagement“ der Nutzer zu maximieren. Und maximales Engagement findet man wo? In Sekten.

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Interessanter Artikel zum Thema. Leider paywalled.