LdN 256 Verbote vs. Subventionen/Steuern

Ihr hab als Fazit gezogen, weder Verbote noch Subventionen oder Verbote seien per se schlechte Politikinstrumente, sondern es käme jeweils auf den Inhalt oder das Ziel der Maßnahme an.

Wenn man davon ausgeht, dass markwirtschaftliche Entscheidungen grundsätzlich effizient sind. ist das aber nicht richtig. Subventionen und Steuern sind dann systematisch besser als Verbote. Sie hebeln den Markt nicht aus und erfordern keine durch den Gesetzgeber getroffene entweder-oder-Entscheidungen.

Beispiel CO2-Reduzierung: Statt sich zu entscheiden, ob ein Verbot von Inlandsflügen oder großen SUV besser ist, kann eine (genügend hohe) CO2-Steuer Inlandsflüge und SUV zu vorher unklaren Anteilen reduzieren, und zum gleichen CO2-Ergebnis führen, ist gleichzeitig aber volkswirtschaftlich effizienter.
(Dass man flankierende Maßnahmen einsetzt, um soziale Härten abzufedern sollte dabei sowohl für Subventionen/Steuern als auch für Verbote gelten.)

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Ich stimme dem inhaltlich zu, aber Effizienz ist eben nicht das einzige Kriterium, das gute Politik braucht. Steuern auf zu reduzierende Dinge haben zum Beispiel den Nachteil, dass sie reiche Menschen weniger hart treffen, was politisch schwieriger durchsetzbar sein kann.

Dann gibt es auch Dinge, die man so sehr nicht will, dass man die Steuer unfassbar hochsetzen würde und stattdessen eben ein Verbot ausspricht, Mord, Totschlag, Steuerhinterziehung regeln wir so und ich bin auch ganz zufrieden damit.

Insofern würde ich der Einschätzung, dass Steuern, Subventionen und Verbote jeweils eigene Anwendungsgebiete haben und nicht eins die anderen schlägt, voll zustimmen.

Speziell bei der CO2-Politik würde ich dir tendenziell zustimmen, aber ich habe die Aussage breiter als nur darauf bezogen verstanden.

Das scheinen jetzt zwei Argumente zu sein, aber „den Markt aushebeln“ müsstest Du noch definieren, bevor ich glaube, dass Du damit was anderes meinst, als mit dem zweiten Grund. Dieser zweite Grund ist, dass keine Entweder-Oder-Entscheidung nötig ist. Das ist a-priori aber auch kein Vorteil. Zugegeben: Es ist anders, aber nicht deswegen unbedingt besser. @erg hat ja schon Beispiele genannt, bei denen das Verbot definitiv besser ist (ich hab versucht, mir vorzustellen, wie denn eine Steuer auf Steuerhinterziehung oder eine Subventionierung von Steuerehrlichkeit aussehen könnte :stuck_out_tongue:) , und sicher gibt es auch Fälle, in denen die Subvention das Mittel der Wahl ist, aber sie ist halt nicht grundsätzlich besser.

Und diese „flankierenden Maßnahmen“ setzt du mit Kosten/Effizienzverlusten von null an? Wenn nicht, dann handelst du dir die Komplikation ein, dass du die vermeintlich effizienten Ergebnisse des Marktprozesses nachträglich über allerlei Korrektureingriffe wieder gerade biegen musst.

Wenn es nicht grundsätzlich OK ist, dass der häufig kurzstreckenfliegende, SUV-fahrende, mit Öl heizende Millionär der armen Rentnerin die Emissionsrechte wegkauft, dann sollte man vielleicht einfach mal was verbieten - und kann sich dann auch flankierende Maßnahmen sparen.

Aber das ist doch nun mal nicht grundsätzlich richtig, oder?

Zugespitzt:
Du würdest doch vermutlich zustimmen, dass es besser ist das ermorden von Menschen strikt zu verbieten als jeden der niemanden ermordet am Jahresende 1.000Euro auszuzahlen, oder?

Ich finde speziell bei Verboten muss man auch noch zwischen kurzfristig und langfristig in Kraft tretenden Verboten unterscheiden.

Beispiele:
Tempolimit: In Kraft treten kurz nach Erlass ist hier kein Problem, weil alle Fahrzeuge weiterhin betrieben werden können, und das Gesetz die zulässige Verwendung von PKW (und LKW) nur leicht einschränkt.
Im besten Fall gibt es zusätzlich noch eine Lenkungswirkung zum Kauf von Fahrzeugen mit geringerer Leistung.

Verbot von Neuzulassungen von Verbrennern:
Würde dieses Gesetzt, Verbot, kurzfristig in Kraft treten, dann wäre das ein immenser, sofortiger Eingriff in die komplette Automobilindustrie. Daher sollten solche Verbote angekündigt, und dann erst nach einer Übergangszeit in Kraft treten.
Dann hat man die immer geforderte Planungssicherheit der Industrie oder jeweiligen Branche, entwickelt bereits in der Übergangszeit eine Lenkungswirkung und fördert massiv Investitionen und Innovationen.

Grundsätzlich würde ich dir zustimmen, in deine „Effizienz“ würde ich eine universelle, systematische Anwendbarkeit hineininterpretieren, die bei Verboten nicht gegeben ist. Allerdings entscheiden Marktkräfte hier nicht nach dem Wohl der Menschen sondern allein nach Profiten. Dieser Tendenz muss meiner Meinung durch Politik entgegengesteuert werden. Verbote/Subventionen erfüllen dieses Ziel, sind aber eben ineffizienter.
Was nun die finale Lösung ist, lässt sich diskutieren, ich würde für ein größeres Mitspracherecht der Arbeiter in Unternehmen plädieren, damit würde man den Schaden des Marktes reduzieren.

Ich würde gerne noch einen weiteren Punkt in die sehr spannende Diskussion einbringen: Die Überprüfbarkeit/Sanktionierbarkeit.

Wenn ich ein bestimmtes Ziel verfolge, dann muss ich auch überprüfen können, ob das auch eingehalten wird - und wenn es das nicht wird, muss ich irgendwie lenken können, damit es in Zukunft erreicht wird. Verwenden wir viele Subventionen, so könnte sich theoretisch und überspitzt dargestellt die gesamte Automobilindustrie einigen, einfach keine E-Autos zu produzieren. Dann werden die zwar subventioniert, kaufen kann man sie aber nicht. Dagegen tun kann der Staat im Prinzip nix. Anders sieht das natürlich bei einem Verbot der Neuzulassung von Verbrennern aus - das ist überprüfbar und auch sanktionierbar. Dazu kommt noch anders herum: Wenn der Verbraucher partout keinen Klimaschutz möchte, obwohl der höchst notwendig wäre, dann helfen Subventionen auch nicht groß weiter.

Insgesamt bin ich daher der Meinung, dass gerade für langfristige Ziele Subventionen ein gutes, gewissermaßen milderes Mittel, sein können, um Anreize zu setzen. Geht es aber um Erfolge in begrenzter Zeit, so können meiner Meinung nach auch Verbote notwendig werden. Leider ist die verbleibende Zeit zum Handeln im Bezug auf CO2-Neutralität absehbar endlich - für jahrelange Versuche, erst mit Subventionen alleine großzügig langsam umzusteuern fehlt uns daher in vielen Sektoren schlicht die Zeit.

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Eine Rückzahlung der Einnahmen aus den Lenkungsabgaben würde das Problem relativ leicht lösen und hätte die positive Nebenwirkung, dass die politischen Akteure keinen Unfug mit dem Geld anstellen können.

Wenn du die Einnahmen aus der CO2-Abgabe gleichmäßig zurückverteilst, führt das lediglich dazu, dass der Preispunkt sich zu noch höheren Summen verschiebt und der Unterschied zwischen Gewinnern (=weniger CO2-Ausstoss als der Durchschnitt) und Verlieren (=mehr CO2-Ausstoss als der Durchschnitt) noch extremer wird.

Das ist politisch einfach nicht durchzuhalten. Ich könnte mir das vorstellen, wenn das Ziel wäre, die Emissionen über die nächsten 100 Jahre auf Null zu bringen. Aber wenn das 1,5°-Ziel die Leitschnur ist, dann reden wir von den nächsten 20 Jahren.

Mir ist nicht klar, was Du damit meinst. CO2-Zertifikate führen zu Änderungen der relativen Preise und die sind entscheidungsrelevant und weitestgehend unahbhängig von Pauschalzahlungen.

Wenn die Menge an CO2,-Zertifikaten begrenzt ist, muss der Preis solange steigen, bis Angebot und Nachfrage übereinstimmen. Schüttest du die aus der Versteigerung resultierenden Einnahmen an die Bevölkerung aus, führt das lediglich dazu, dass der Zertifikatepreis weiter steigt.

Typisches Verhalten bei Knappheit auf Märkten, deren Nachfrage sehr unflexibel ist. So erklärt sich z. B. auch der kürzlich beobachtete exponentielle Anstieg des Erdgaspreises in Europa. Da können die Regierungen auch links und rechts Kompensationszahlungen und Hilfen leisten, das führt nur dazu, dass der Preis halt weiter steigt, bis genug Nachfrager ausscheiden.

Ich finde eine Kombination aus beiden Werkzeugen sinnvoll. Eine reine CO2-Verteuerung wäre unsozial, da reiche Menschen, die bereits heute einen deutlich größeren CO2-Fussabdruck haben auch in Zukunft bevorteilt wären. Eine gererelle Deckelung von Flugreisen z.B. würde dagegen auch politisch besser zu verkaufen sein.

Mfg
Matder

Der Satz stimmt so, nur bezweifle ich, dass er das Problem korrekt berschreibt.

Die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten ist nicht unelastisch ist. CO2-Emissionen stecken in so gut wie jedem Produkt und jeder Dienstleistung die wir konsumieren oder in Anspruch nehmen. Mal mehr, mal weniger. Und das ist der Punkt. Die relativen Preise werden sich ändern und damit auch die Nachfragemuster.
Wenn die Zertifikatemenge reduziert wird, und der CO2-Preis steigt, dann wird mir halt das Rindersteak zu teuer und ich Grill mir Gemüse oder einen Vegi-Burger, dessen Preis kaum steigt, wenn der Spritpreis steigt, fahren wir halt nicht mehr knapp 100 Km zum Wandern, sondern wir starten an der Haustür, dann fahre ich die 25 km zur Arbeit auch mal mit Rad, dann wechsle ich halt mal öfter vom teurer werdenden Produkt zu der Alternative, deren Preis auf Grund des kleineren Co2 Fußabdrucks nicht so stark steigt. Und das mache ich auch noch alles, wenn das Geld pauschal zurückkommt. Denn oft genug überlegen die Menschen doch noch, wofür sie ihr Geld ausgeben wollen und wofür nicht. Damit führen die realtiven Preisänderungen in den eher elastischen Bereichen zu einer Reduktion des Co2 Austoßes, welche wiederum den Preisantieg für die (kurzfristig) inelastischen Bereiche dämpft. Und dies allein durch die Umsteuerung des Konsumentenverhlatens auf Grund der relativen Preisänderungen.

Dazu kommen noch die Reaktionen der Produzenten, was ist die beliebteste Beschäfitung von Unternehmen? Kosten senken! Sind die CO2-Kosten der eigenen Produktion oder in den Vorleistungsgütern nennenswert, dann werden die Unternehmen eben hier ansetzen und nach alternativen Produktionsprozessen und Ersatzprodukten ausschauhalten. Und, ich muss gestehen ich bin Optimist, die schaffen das. So sank die Energieintensität der deutschen Wirtschaftsleistung von 2009 bis 2019 um etwa ein Fünftel, ohne dass es wirklich Anreize dafür gab. Z.B. wird es immer attraktivier werden in die Produktion von grünen Wasserstoff zu investieren und in die Entwicklung nuerer, günstigerer Produktionstechniken für Grünen Wasserstoff. Es wird Lösungen geben die wir heute noch nicht kennen.

Du hast natürlich Recht damit, dass es jetzt ein relativ harter Anpassungprozess in kurzer Zeit ist. Es bringt aber nichts über die vertrödelten 40 Jahre zu jammern in denen der Prozess sanfter hätte gestaltet werden können. Wir haben es vertrödelt, also muss die Anpassung jetzt umso heftiger sein.

Und man sollte nicht vergessen, nichts zu tun, ist extrem teuer und verlangt ebenso harte Anpassungsprozesse.

Es wird ja immer von einer europäischen CO2-Steuer gesprochen, die Unternehmen bei der Produktion zusätzlich zahlen müssen für CO2-Verbrauch. Aber müsste man nicht auch so eine Art CO2-Einfuhrsteuer schaffen, um zu verhindern das Waren aus Ländern in der EU verkauft werden, die keine CO2-Bepreisung haben?

Mfg
Matder

Mais oui!

Carbon Border Adjustment Mechanism

Ist nicht genau das die Absicht?

Tatsache ist doch, dass nur noch eine begrenzte Menge von CO2 erzeugt werden darf. Wenn diese Menge knapp wird, wird‘s teuer. Dass dadurch Nachfrager ausscheiden, ist doch gewollt.

Jaein. Es kommt auf die Art des Ausscheidens an. Wir wünschen uns ja nicht, dass die Industrie stillgelegt wird und die Armen im Winter in ihren Wohnung erfrieren. Die einzig realistische Option ist ein Wechsel weg von fossilien Energieträgern hin zu den Erneuerbaren.

Worum es mir geht: Das plumpe Verteuern der fossilen Energieträger in kurzer Zeit ist eine wenig effizienzte, sehr destruktive und politisch auch nicht durchhaltbare Maßnahme, um dieses Ziel zu erreichen. Und der Grund dafür ist im Wesentlichen, dass für den gewünschten Wechsel eine ganze Infrastruktur erst aufgebaut werden muss, bevor es für einzelne Marktteilnehmer überhaupt praktikabel ist, von Öl, Kohle und Gas wegzugehen.

Die Notwendigkeit für einen Wechsel ist aber schon lange bekannt. Und trotzdem wurde das bisher versäumt. Erneuerbare Energien hätten längst viel weiter ausgebaut werden müssen. Das hat die Wirtschaft von sich aus aber nicht gemacht, also muss sie dazu gezwungen werden.

Ganz im Gegenteil wird der Ausbau von erneuerbaren Energien ständig wegen kleinster Bedenken und Nachteile gestoppt, während für den Ausbau von Kohle und Atom ganze Landstriche entvölkert werden oder unkalkulierbare ökonomische und ökologische Risiken geschaffen werden.

Das zum Beispiel der ganze Atommüll unsere Nachkommen belastet, das wird komischer Weise nie erwähnt, wenn es mal wieder heißt, das wir auf Kosten der nächsten Generationen leben.

Mfg
Matder

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Noch ein Nachtrag zu meinem letzten Kommentar in diesem Thread:

Laut dem am Ende des CO2-Rechners des Umweltbundesamtes ausgewiesen durchschnittlichen deutschen Co2-Fußabdruck (Methan, Lachgas usw. gehen wohl auch ein) setzt der sich wie folgt zusammen:

Wohnen & Strom 2,74t (24,5%), Mobilität 2,09 (18,7%), Ernährung 1,69 (15,1%), Sonstiger Konsum (3,79) 33,9%, öffentliche Emissionen 0,86 (7,7%)

Damit fällt nur ein Viertel des Co2-Fußabdrucks in den von @Guenter als unelastisch angenommen Bereich.