LdN 255: „Pranger“

Im Abschnitt über die Meldung von Steuervergehen fällt sehr oft der Begriff „Pranger“. Einmal sagt Philip Banse immerhin noch „in Anführungszeichen“ dazu, ansonsten aber wird das Wort einfach so gebraucht, als sei das Online-Meldeportal tatsächlich so etwas wie ein Pranger.

Das ist es aber natürlich nicht, da hier niemand öffentlich zwecks Bestrafung zur Schau gestellt wird (weder geht es hier schon um Strafe, noch findet das Ganze überhaupt in der Öffentlichkeit statt).

Es wäre gut, diesen irreführenden Kampfbegriff – genau so haben ihn viele ja gebraucht, Friedrich Merz z.B. – dann auch nicht zu verwenden oder ihn zumindest klar einzuordnen.

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Abgesehen davon fand ich das Thema aber hervorragend beleuchtet und eingeordnet. Hat mir richtig wohlgetan.

Musste daran denken, wie ich zu Zeiten des Ankaufs der Steuer-CDs durch Walter-Borjans bei meinem Steuerberater war, der ganz gegen seine sonstige Gewohnheit ziemlich aus dem Häuschen war und fragte, ob ich nicht von einen Freund, der damals bei der CreditSuisse in Zürich arbeitete da mal Infos bekommen könnte, wie die Lage dort sei. Ich fragte den Freund auch interessehalber, und der war total genervt, weil sein Onkel (ein pensionierter höherer Beamter!) ihn auch schon Tag und Nacht damit verfolge. Ich sage nur, Meldeporale sofort und Steuerfahnder verdoppeln!

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Ein guter Punkt und ich stimme dem zu.

Ich bin auch der Meinung, dass Steuern zu zahlen sind und es hier keinen Spielraum geben kann, wie ihre es im Podcast beschrieben habt.

2 Fragen von mir: Wie seht ihr das Risiko von falschen Anschluldigungen und den damit verbundenen (Ruf-) und sonstigen Schäden. 2. wie steht ihr zu dem Thema Kaufen von CDs durch deutsche Finanzbehörden zur Ermittlung bei Steuerhinterziehungen. Ich bin für Steuerehrlichkeit aber rechtswidriges Beschaffen von Beweismaterial erschüttert mein Vertrauen in die Rechtstaaatlichkeit. Für mich heiligt der Zweck nicht immer die Mittel. Natürlich ist das nicht 1:1 vergleichbar mit eurer Diskussion zum Thema Verjährung von Mord aber da hattet ihr ja auch über mögliche Fehlurteile und Schaden für die fälschlich Bschuldigten gesprochen.

Ich finde euren Podcast übrigens grandios, höre ihn immer und empfehle ihn regelmäßig weiter. Vielen Dank!

Ich habe dieses Thema auch vorher verwirrt verfolgt. U.a. hat eine Moderatorin versucht einen Finanzbeamten zu dem Thema in die Mangel zu nehmen. Bei dem Versuch ist es geblieben.

Aller was mir zum Thema „Meldung von Steuervergehen“ einfällt ist: Getroffene Hunde bellen.

Es gibt übrigens seit Jahren ein anonymes Hinweisgebersystem bei der Polizei Berlin zur Korruptionsbekämpfung: https://www.lka-berlin-hinweisgebersystem.de/(S(ved401z1rarj5dg12p4prsuo))/
Ist nichts anderes… Ich versteh die aktuelle Diskussion überhaupt nicht.

Das Argument der Illiberalität bzw. des totalitären Staates (das ihr hier natürlich vollkommen richtig zerlegt habt) zielt vielleicht etwas ungenau auf eine viel interessantere Frage ab: Welchen (rechtlichen) Wert hat die faktische Freiheit, rechtswidrig zu handeln? Braucht das Recht sozusagen Luft zum Atmen?
Hier muss zwischen dem faktischen Verunmöglichen von Verstößen und der „hundertprozentigen“ rechtlichen Durchsetzung (wie sie bei der Meldung von Steuerbetrug befürchtet wird) unterschieden werden. Beispiel Uploadfilter: Hier werden Verstöße automatisiert verunmöglicht, es geht um technische Sicherheit zulasten faktischer Freiheit („embedded law“). Das ist in dreierlei Hinsicht problematisch: Erstens erfolgt diese Rechtstechnisierung meistens durch multinationale Großkonzerne, wird also privatisiert. Zweitens wird dadurch die Rechtsentwicklung verhindert: Neues Recht entsteht oft aus vormaligen Rechtsbrüchen; das Recht passt sich der Gesellschaft an, nicht umgekehrt. Und drittens bleibt bei automatisierter Rechtsdurchsetzung kein Raum für zivilen Ungehorsam, der ja gerade von Protest durch gezielten Rechtsbruch lebt.
Bei der Meldeplattform geht es dagegen nicht um faktischen Freiheitsverlust, sondern um rechtliche Durchsetzung demokratischer Regeln, die in einem Rechtsstaat nie befürchtet werden sollte…

(shoutout an Becker, ZUM 2019, 636, dessen kluge Gedanken mir bei eurer Folge einfielen :upside_down_face:)

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