Liebe Lage,
ich gebe mir Mühe, die Missverständnisse bzgl. des Soli aufzuklären.
Das „Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchssteuer- und anderen Gesetzen“ (SolZG) ist erstmals (größtenteils) am 28.06.1991 in Kraft getreten. Teile folgten am 01.07.1991 und am 01.03.1992. (Bundesgesetzblatt)
Im entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist zu lesen:
Vor dem Hintergrund der jüngsten Veränderungen in der Weltlage
(Entwicklungen im Mittleren Osten, in Südost- und Osteuropa und
in den neuen Bundesländern), die die Bundesrepublik Deutschland
verstärkt in die Pflicht nehmen, müssen zur Finanzierung der
zusätzlichen Aufgaben die Haushaltseinnahmen des Bundes verbessert
werden.
Das entspricht ungefähr der Darstellung in der Lage. Allerdings könnte man auch hier schon bemängeln, dass eure Darstellung die hier zum Ausdruck kommenden Gleichwertigkeit der nebeneinanderstehenden Gesetzeszwecke nicht gut abbildet. Stattdessen legt ihr einen starken Fokus auf die Finanzierung des Irakkriegs.
Die Geschichte des SolZG endet jedoch hier nicht. Wie im Gesetzestitel ersichtlich handelte es sich zunächst um eine zeitlich befristete Abgabe, die nur für die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992 erhoben wurde. (§ 3 I SolZG aF) 1993 und 1994 wurde kein Solidaritätszuschlag erhoben.
Im Jahr 1993 trat das „Gesetz über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte“ in Kraft. Als Art. 31 enthielt es das Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 . Dabei handelte es sich nicht um eine Gesetzesänderung des urpsprünglichen SolZG aF, sondern ein neues eigenständiges Gesetz. (Bundesgesetzblatt)
Der neue Gesetzeszweck ist aus dem o.g. Titel und dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung ersichtlich. Von der Finanzierung des Irakkrieges ist nicht mehr die Rede.
Diesmal wurde der Soli unbefristet eingerichtet. Seitdem wurde das Gesetz mehrmals geändert. 2019 wurde bekanntermaßen der Soli durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 (SolZGRG) auf hohe Einkommen beschränkt.
Eine andere Frage ist es, was dieser dokumentierte Gesetzeszweck und sein behaupteter Wegfall durch den Auslauf des Solidarpakts II 2019 verfassungsrechtlich zur Folge haben. Laschet geht von der Verfassungswidrikeit der weiteren Erhebung aus. Damit ist er nicht allein. Die FDP-Fraktion hat bereits beim BVerfG geklagt und er wissenschaftliche Dienst des Bundestag schreibt Folgendes:
Insbesondere hervorzuheben ist, dass ein beachtlicher und auch renommierter Teil der Fachliteratur der Ansicht ist, dass mit Ablauf des Solidarpakts II die verfassungsmäßige Rechtfertigung, für die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe entfällt. Nur eine nennenswerte Gegenstimme hat dies bisher bestritten. Die Rechtsprechung hat sich seit 2011 nicht mehr mit der Frage auseinandergesetzt. Der BFH zeigte aber jedenfalls eine Tendenz auf, die mit der vorherrschenden Meinung in der Literatur in Einklang steht. Nach alledem besteht ein sehr hohes Risiko, dass das BVerfG eine Erhebung des Solidaritätszuschlags für Veranlagungszeiträume ab 2020 für verfassungswidrig erklärt.
Die Kurzfassung: Laschet lag deutlich nächer an der Wahrheit als die Lage. Dass ihr anscheinend mit Dissens konfrontiert, nicht zu einer Recherche inspiriert wurdet, finde ich schade. Die Deutlichkeit der diesbezüglichen Kritik an Laschet („Punkt. Das war einfach falsch.“, „Armin Laschet hat sich zu der Aussage verstiegen“, „skurril“) empfinde ich als etwas peinlich.
Trotzdem und wie immer: die Lage ist einer meiner Lieblingspodcasts und ich weiß die viele Arbeit, die ihr in das Format steckt, wirklich zu schätzen. Danke!
LG Jakob