LdN 253 Anmerkungen zu Handy-Netzen und Glasfaser

Haha … schon wieder … Leute, wir müssen mal darüber reden - ein anderes Mal…

Mein zweites Thema war: „Das Internet in Deutschland ist soooo schlecht und die pöhsen Grokisten und Helmut Kohl sind daran schuld!!!1!!!ölf!!!“

Ich kann das echt nicht mehr hören. Hört bitte auf damit! Gerade Euch beiden mute ich zu, da mal mehr als nur die üblichen Parolen zu bedienen.

Ja, Ulf Du kannst in :fr: alle LTE/5G Netz toll benutzen - mit Deinem :de: SIM. Klar greifst Du dann auf dem hiesigen Land eher mal ins Klo, wenn Du als Stadt-Hipster mit Deinem O₂-SIM mal ein Abenteuer jenseits des S-Bahn-Ringes wagst - so what? Gibt’s in anderen Ländern auch - jedenfalls dort, wo auch zuständige Kartellämter jegliche Zusammenarbeit zwischen Mobilfunkanbietern für die ersten paar Dekaden ihres Bestehens auf Teufel-komm’-raus unterbunden haben und sich die (qua Wahl unserer Eltern & Großeltern) privatwirtschaftlich organisierten Anbieter von so Zeugs mal einen Taschenrechner oder Excel-Sheet hervorgekramt und geschaut haben, wie denn der „Business-Plan“ für Kleinkuhkackerode mit seinen 42 EinwohnerInnen bei 3-4 Netzbetreibern, die jeweils ihr eigenes Türmchen, eigene Hardware, eigenen Strom, eigene Netzzuführung, Soße & Scharf finanzieren müssen, so aussieht.

Oder das leidliche Thema „Glasfaser“: Ja, Kohl & Schwarz-Schilling haben uns damals™ gefickt. Schön. Ist aber heute nicht mehr das Problem. Ich lese immer Kommentare (auch aus Eurer Bubble) mit „…war gerade in $zweite_welt_land und hier gibt’s ü-ber-all Glasfaser!!1!“ oder „in $dritte_welt_land ist ein LTE SIM sooooo billig!“. :roll_eyes:

Ja, aber da werden Glasfasern ohne „Genehmigungsverfahren“ einfach außen an Hauswände getackert oder als Locke an einen Mast gebunden. Inner- und außerorts! Da stellen Mobilfunker ihre Türmchen auch auf jedes Fleckchen Erde, dessen sie irgendwie habhaft werden können - ohne fünfjährige Diskussionen mit der örtlichen Schwurblergruppe. Und wenn da wirklich mal was verbuddelt wird, dann ohne dämliche Diskussionen mit dem lokalen Tiefbauamtsleiter, ob der Schacht nun 30, 60 oder 120cm tief sein muß, weil sonst … „Schattenwurf“ oder was-weiß-ich.

Diese deutschen „Kulturerrungenschaften“ haben wir nun mal - und die kommen vom Plebs. Von „Wieso Kabelkanal im Hausflur für Glas? Den haben wir doch erst vor 12 Jahren neu gestrichen. Nehmse doch einfach den Kabel-Anschluß, das Intanett drauf ist für Sie gut genug“-Hausbesitzern/-verwaltungen, wie Du und ich.

Es braucht keine korrupte Bundesregierung, um Das Netz™ im Ländle so scheiße zu machen, wie es manchmal erscheint - das schafft das „Wozzepp, Fratzenbuch und Insta gehen doch - von was redet Ihr eigentlich???“-Volk außerhalb dieser Bubble hier ganz alleine.

Hugh! (geschrieben aus dem brandenburger Anus Mundi - mit T-LTE und T-VDSL-Vectoring - T-Glas kommt dieser Jahre…)

Wie gesagt - JEDES der vier französischen Netze hatte dort in den Pampa 4G oder 5G. Nicht eines, alle.

Dass ich mit Roaming in der Summe eine bessere Abdeckung habe als mit einer französischen Karte ist mir klar, aber darauf kam es wie gesagt nicht an, weil die Netze allesamt so gut ausgebaut waren.

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Ich hänge hier einfach mal mein Lob für dieses Interview an. Endlich mal Fragen zur Sachpolitik und nicht aus der Sportberichterstattung („wer hat gerade die Nase vorn?“, „wie fühlen Sie sich nach dieser Niederlage?“, etc. pp.).

War wirklich wohltuend.

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Ich verstehe Dein Problem nicht. Du beschreibst doch die missliche Situation ganz gut. Wer redet denn von Kohl? Und wenn auch: Seit Schwarz-Schilling & Kohl ist nicht viel passiert, um die von Dir geschilderten Missstände anzugehen.

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Naja, leider ist das halt Fakt. Eine große Infrastruktur-Maßnahme wie die Modernisierung des gesamten Kabelnetzes kommt halt nur alle paar Generationen. Und wenn man sich dabei auf die zum Zeitpunkt der Modernisierung schon als „Auslaufmodell“ geltende Technologie fixiert, statt die damals schon bekannte Zukunftstechnologie zu wählen, schadet man dem Anliegen halt auf viele, viele Jahrzehnte. Und daran leiden wir noch heute.

Die Entscheidung Kohls, auf Coaxial- statt auf Glasfaser zu setzen, war der Inbegriff des konservativen Denkens („Coaxial hat früher ja auch gereicht…“) und zudem von Lobbyismus in negativst-möglicher, an Korruption heranreichender Weise beeinflusst. Das kann, darf und muss auch heute noch stets erwähnt werden, wenn es um dieses Thema geht, alleine schon damit die daraus zu ziehenden Lehren nicht in Vergessenheit geraten.

Das sind alles durchaus reale Probleme, die eben mit der Demokratisierung einer Gesellschaft kommen. Desto mehr der Bürger ein Mitspracherecht an politischen Infrastrukturentscheidungen bekommt, desto schwerer wird es, solche Entscheidungen zu realisieren. Großprojekte, wie sie China (z.B. das Radioteleskop FAST, für das alleine 9000 Menschen umgesiedelt werden mussten), der Türkei (z.B. Flughafen in Istanbul) oder Russland (z.B. die Krim-Brücke) einfach durchgedrückt werden, weil die Individualrechte der Bürger den Staaten egal sind, sind in Deutschland eben kaum sinnvoll umsetzbar (siehe Stuttgart 21, BER, Tesla-Gigafactory…).

Das sind durchaus „Kulturerrungenschaften“, aber natürlich muss uns bewusst sein, dass sie Vor- und Nachteile haben. Und ja, manchmal würde ich mir auch wünschen, dass der Staat hin und wieder etwas rücksichtsloser nach rein wissenschaftlichen Kriterien entscheiden würde - auch wenn das gegen den Willen der Bevölkerung des Ortes geht, der wissenschaftlich am besten geeignet ist. Ob wir das bei der Endlager-Suche endlich mal hinbekommen bleibt abzuwarten :wink:

Im Kleinen haben wir dieses Problem - das erkennst du durchaus richtig - auch bei so simplen Dingen wie der Verlegung von Kabeln. Aber es ist letztlich eine Frage des politischen Willens, das zu ändern. Bestimmte Regularien kann man halt auch einfach mal aussetzen. So wollen die Grünen z.B. ja auch bundesweit beschließen, dass es den Ländern wie Bayern und NRW nicht mehr möglich ist, durch bescheuerte, absurde Abstandsregeln den Bau von neuen Windkrafträdern grundsätzlich zu verhindern. Das geht auch im Hinblick auf Regulationen bezüglich der Kabel-Infrastruktur. Wenn der Bund vorgibt, dass jeder Bürger das Recht auf einen Glasfaseranschluss hat, werden sich die Kommunen mit ihren Regulationen, wie tief welche Kabel sein müssen, halt anpassen müssen.

Aber diese Führungsstärke, solche Dinge einfach mal festzulegen und den Ländern und Kommunen zu sagen „Deal with it!“, gibt es leider in der großen Koalition nicht - und wird es vermutlich nie unter einer CDU-dominierten Bundesregierung geben… man kann die CDU gar nicht genug bashen, wenn es um ihre absolute Bremswirkung sowohl in Sachen Umweltschutz, als auch in Sachen digitale Transformation geht. Und nein, die SPD ist da leider auch nicht viel besser…

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Ein Stromkabel wird auch nicht diagonal von der Verteilerdose zur Steckdose gezogen. Für diese Regularien gibt es einen guten Grund.
Ob ich den Graben 30 oder 60 cm tief grabe spielt keine so große Rolle mehr, denn die Hauptarbeit besteht darin die Straßendecke aufzunehmen und wieder ordentlich zu hinterlassen.
Kurzum die Aussetzung von sinnvollen Regeln nur um schnell was hinzupfuschen bringt uns nicht weiter.

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Word!

tosender Applaus

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Da hast du natürlich absolut Recht, das ganze war letztlich ja nur ein von Threadersteller vorgegebenes Beispiel. Selbstverständlich machen die meisten Regularien durchaus Sinn, weshalb es auch okay ist, dass die Dinge hierzulande etwas länger dauern, wenn sie dafür auch tadellos funktionieren und sicher sind. Aber auf der anderen Seite gibt es sicherlich auch Regularien, die überarbeitet werden könnten.

Aber wie du völlig zu Recht sagst ist das größere Problem eher, dass Kosten gescheut werden oder Arbeitskräfte nicht zur Verfügung stehen (daher: die Kommunen und Netzbetreiber können oder wollen eine sinnvolle Modernisierung aus Kostengründen nicht vornehmen…). Da würden nur stärkere staatliche Investitionen in die Infrastruktur helfen, wie die USA es gerade vormachen. Ich nehme ja selten die USA als positives Vorbild her, aber im Hinblick auf das 1-Billion-Dollar-Infrastrukturprogramm (gemeint ist eine europäische Billion, also eine Amerikanische Trillion) muss ich schon sagen, dass ich mir ähnlich ehrgeizige Programme auch in Deutschland wünschen würde… dann würde es auch mit dem „Glasfaser für jedermann, auch auf dem Land“ klappen…

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Was mir bei den ganzen Förderungen nicht so klar ist „wem gehören die Leitungen“ am Ende?
Mir persönlich wäre es lieber wenn die Kommunen gefördert würden und diese dann auch die Eigentümer der Leitungen im Ortsbereich sind.

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Da stimme ich dir zu. Die Leitungen sollten den Kommunen gehören und entsprechend vermietet werden. Das würde die Kommunen stärken. Ich denke eh, dass Infrastruktur in der Hand des Staates bleiben muss (Schienennetz).

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Ich verstehe nicht, warum auch bei Baerbocks Vorschlag die Erlöse aus den profitablen Regionen in die Privatwirtschaft gehen sollen und die Kosten in den unattraktivsten Regionen aus öffentlicher Hand (=Steuern) unterstützt werden sollen.