Ldn 251 - Die Grünen im Saarland - Demokratiedefizit anstatt fehlende Geschlechtergerechtigkeit!

Das war mir schon klar und passt auch insofern, dass ich Diskrimierungen ablehne (und nebenbei auch finde, dass auch Männer durchaus von Feminismus profitieren können). Das Mittel der Korrektiven Gegendiskriminierung (wie ich es mal nennen möchte), finde ich allerdings persönlich unangenehm und halte es für kontraproduktiv, da außerhalb der Subkultur nicht mehrheitsfähig und Ressentiments provozierend.

1 „Gefällt mir“

nach dieser Definition wäre eine Partei nicht feministisch, bei denen eine Person aufgrund ihres Geschlechts nicht die gleiche Berechtigung wie eine Person anderen Geschlechts auf die Möglichkeit der Wahl auf einen ersten Listenplatz hat.

1 „Gefällt mir“

Vielen Dank für den Hinweis und die klare Herausstellung. Hier habe ich in der Tat nicht ausreichend zwischen den beiden Vorgängen differenziert. Mein Punkt, nämlich dass in diesem Fall dann die Bundesschiedskommission der Grünen - 49 Deligierte nicht einfach so aus Spaß und purer Willkür von einem Wahlvorgang ausschließt, bleibt davon aber weitgehend unberührt. Da muss ja schon etwas passieren, damit so ein Fall vor der Bundesschiedskommission landet. Diese Hintergründe werden im Podcast jedoch meiner Meinung nach nicht wirklich beleuchtet. @Preiselbeerchen spricht hier ebenfalls wichtige Punkte an.

Zum zweiten Teil Deiner Antwort: Ich sehe das genauso, etwas anderes geht aus meinem Text auch nicht hervor. Aber wenn ich eine Seite für undemokratische Vorgehensweisen kritisiere, sollte dann nicht das selbe Maß auch für die andere Seite gelten? Es ist ja kein Geheimnis, dass Ulrichs Art und Weise Mehrheiten zu organisieren, immer wieder und das schon seit vielen Jahren von unterschiedlichsten Personen (neben den Grünen im Saarland auch einige bundesgrüne Spitzenpolitiker, Grüne Jugend…) und auch medial kritisiert wird. Dies sollte in dieser Debatte doch zumindest erwähnt sein. Es sagt ja ebenfalls einiges aus, wenn sich namhafte Politiker wie bspw. Simone Peters und Klaus Kessler deutlich vom „System Ulrich“ distanzieren, zahlreiche Mitglieder die Partei verlassen oder Ämter ablegen.

Abgesehen davon sprichst du mit der Beschaffung von Mehrheiten auch ein Kernargument für die Frauenquote in der Politik an: Frauen sind bei der Organisation von Mehrheiten gegenüber Männern benachteiligt, da für Stammtischabende o.ä., bei denen typischerweise Unterstützer mobilisiert werden, aufgrund des höheren Aufkommens / Zeitaufwands für Care Arbeit bei Frauen, einfach weniger Zeit bleibt. Aber das nur mal am Rande.

Wie @rph richtig herausstellt, wird aber auf meine eigentliche Kritik leider kein Bezug genommen. Denn diese bezieht sich gar nicht so sehr auf die politischen Prozesse, sondern vor allem auf die Berichterstattung, die ich in diesem speziellen Beitrag aus zwei Gründen kritisch sehe:

  1. Die Geschichte der Saargrünen ist eine besondere und auch wirklich interessante, leider auf Bundesebene medial und auch politisch viel zu wenig berücksichtigt und diese Geschichte beginnt schon lange vor der Listenaufstellung zur Bundestagswahl 2021 nämlich bereits in den 90er Jahren. Hier wäre die Chance gewesen, einen Blick darauf zu werfen und auch die Frage zu stellen, wie diese gelebte politische Praxis im Saarland mit dem basisdemokratischen Wertkodex der Partei vereinbar ist und warum hier nie interveniert wurde, obwohl schon vor vielen Jahren abzusehen war, dass dieser „Karren“ irgendwann „ordentlich gegen die Wand fahren wird“… wie nun dann auch passiert, mit desaströsem Ergebnis.

  2. Die Darstellung „Ulrichs als männliches Opfer der parteiinternen Mindestquotierung, die bei den Grünen sogar über demokratischen Grundwerten steht“ um es zugegebener Weise etwas plakativ auszudrücken, wird zum einen einer differenzierten Betrachtung kaum standhalten und birgt zum anderen leider auch die Gefahr Gegnern struktureller Förderung der Geschlechtergerechtigkeit (in diesem konkreten Fall: m.E. ungerechtfertigter Weise) in die Karten zu spielen.

Wie nun bereits mehrfach angesprochen ging es bei den Versuchen Ulrichs Namen auf dem ersten Platz der Landesliste zu verhindern, zumindest nicht nur um sein Geschlecht – das wird aber in der Berichterstattung leider nicht deutlich. Ulrich saß in der Vergangenheit auch schon für die Grünen im Bundestag, war über 15 Jahre lang Vorsitzender der Saargrünen und fast genauso lange Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im saarländischen Landtag, sein Geschlecht stand ihm dabei nie im Weg - im Gegenteil: auch das Geschlechterstatut wurde ihm zugute kommend bereits aufgehoben. @Hasenkoettel spricht hier im Übrigen auch einen wichtigen Punkt an, die Grünen sind ihrem Selbstverständnis nach eine feministische Partei – bzw. wollen es zumindest sein. Dass im Saarland die Mindestquotierung, sowie die paritätische Besetzung von Ämtern eine untergeordnete Rolle spielt, hat mich schon immer gewundert und kann durchaus auch kritisch betrachtet werden.

Abschließend möchte ich nochmal hervorheben, da ich hier wohl in meinem ersten Beitrag missverstanden wurde: Es geht mir hier weder um die Person Ulrich, noch um die Rechtfertigung bestimmter Vorgehensweisen, sondern ich hätte mir eine ganzheitlichere Berichterstattung gewünscht, die auch die Gegenseite Ulrichs beleuchtet und die Frage des Demokratiedefizits anstelle der Geschlechterdiskriminierung stellt.

2 „Gefällt mir“

Hallo zusammen,
ich stimme den Anmerkungen von @Peace und @Hasenkoettel zu, möchte aber gerne noch einen weiteren Punkt anführen. Ich finde es höchst problematisch, wie am Ende der Folge feministische und demokratische Ziele gegenüber gestellt werden. Die Idee hinter Quotierungen ist ja gerade die, einen demokratischen Prozess in einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft zu ermöglichen, welche es Frauen und anderen Gruppen von vornherein schwieriger macht, in einflussreiche Positionen zu kommen (Kumpanei, dominantes Redeverhalten, öffentliche Vorbilder, ökonomische Abhängigkeiten, kulturelle Weiblichkeitserwartungen, sexualisierte Gewalt etc.). Wenn eine Partei die gesellschaftlich unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen zum demokratischen Prozess über Quotierungen politisiert, bspw. in dem sie ungerade Listenplätze mit Frauen besetzt, ist es m.E. ebenfalls demokratisch fragwürdig, wenn sich Kandidat Ulrich diesem Beschluss und der damit verbundenden demokratietheoretischen Einsicht durch erneute Kandidatur widersetzt.

2 „Gefällt mir“

Ich lebe im Saarland und die saarländischen Grünen und Ulrich sind eine unendliche Geschichte.

Manche erinnern sich vielleicht an die Jamaica-Koalition, die von Annegret Kramp-Karrenbauer beendet wurde.

Ende Jamaica-Koalition

Auch hier spielte Ulrich schon eine Rolle. Der Spiegel-Journalist hatte damals ein komplettes Buch dazu geschrieben (Die Jamaica-Clique). Hier findet ihr ein aktuelles Interview mit Voigt zum Parteitag der Grünen:

Interview zum Parteitag der saarländischen Grünen

Zitat daraus

Es war ganz klar, dass das orchestriert ist.

Wie dem auch sei: es kann nicht sein, dass ein Drittel der Delegierten von einer demokratischen Wahl ausgeschlossen wird, was unbestreitbar das Ergebnis ändert. Ggf hätte man die Mitgliederliste des Kreisverbandes Saarlouis nach Karteleichen durchsuchen müssen. Oder Aufpasser abstellen können, damit die Wahl der Delegierten ordnungsgemäß abläuft. Aber einen derartigen Versuch hat es nicht gegeben.

(Übrigens: die Zustände im Kreisverbsnd Saarlouis sind nicht neu. Bislang haben sie niemanden so sehr gestört, dass man daran was geändert hat).

Daher finde ich die Entscheidung des Wahleiters korrekt.

2 „Gefällt mir“

Also in einem Punkt hast du definitiv Recht: Demokratisches Engagement ist ein „Luxus“, den man sich leisten können muss – wobei das nicht nur für uns Frauen, sondern generell einen Großteil der Gesellschaft gilt.
Bei allem anderen haben wir wahrscheinlich eine unterschiedliche Vorstellungen, was Demokratie betrifft. In meinen Augen ist Demokratie zuallererst einmal der Willen des Volkes.
Das heißt nicht, dass dieser schrankenlos ist (Verfassung und Ewigkeitsklausel, Minderheitenschutz usw.) – aber ganz klar gesagt: Wenn die Bevölkerung auf „dominantes Redeverhalten“ steht – dann ist das ihr gutes Recht. Wenn die Bevölkerung sich nicht an der Kumpanei eines Armin Laschet stört – dann ist das ihr gutes Recht.

Ich bin auch einfaches Mitglied bei den Grünen (wir scheinen hier relativ viele zu sein xD), aber das ist tatsächlich auch mein Hauptproblem bei den Grünen: Sehr viele dieser Strukturen zielen darauf ab, die Wähler zum gewünschten Ergebnis hinzudrängen. Und das ist IMO eine zutiefst undemokratische Haltung, die mich sehr an: „Natürlich dürfen die Bürger frei wählen – wir sagen ihnen nur vorher, was gut für sie ist“ erinnert.

Ich bin absolut für mehr Gleichberechtigung und eine forciertere Umsetzung – und würde dafür auch die eine oder andere Freiheitseinschränkung in Kauf nehmen; aber nicht im Bereich demokratischer Prozesse. Ich kann versuchen, die Menschen aufzuklären, Reden schwingen, öffentlichkeitswirksam die Ungerechtigkeiten vor Augen führen – aber letztlich muss jeder selbst entscheiden, wen er wählt; und dieses Nudgen durch indirekte Einschränkungen der Wahlfreiheit bei der Listenaufstellung ist sehr fragwürdig.
Und mir ist auch klar, dass das in letzter Konsequenz wehtut… insbesondere, wenn man bedenkt, dass wir nicht mal mehr gegen „die Männer“ oder das „das Patriarchat“ im klassischen Sinne kämpfen: 2017 waren 51,7% der wahlberechtigten Menschen Frauen.

Deshalb sehe ich auch die Situation im Saarland sehr kritisch. Man kann über Ulrichs Ortsverband viel munkeln – von verblüffend über absurd bis hin zu verdächtig groß bin ich gerne dabei. Aber selbst dann wäre das nur ein Drittel der Stimmen. Die Landesvorsitzende ist in drei(!) Wahlgängen durchgefallen, woraufhin die Partei selbst (und nicht etwa Ulrich alleine in einer Nacht- und Nebelaktion oder so) beschlossen hat, das Frauenstatut außer Kraft zu setzen. Daraufhin hat der Typ mit mehr als zwei Dritteln Mehrheit (95 zu 46) gegen Dillschneider gewonnen. Das alles lässt sich nicht nur mit einem fetten Ortsverband erklären…

Für mich wirkt das halt ganz deutlich so, als wollte man eine Wahl Ulrichs um jeden Preis verhindern – ach ja nein, mein Fehler; bestimmt hätten die laut Schiedsgericht nicht stimmberechtigten vier(!) Leute bei einem 95-zu-46-Ergebnis voll den Unterschied gemacht… :roll_eyes:
Und ich glaube tatsächlich auch nicht, dass es nur daran liegt, dass er ein Mann ist – aber das war auf jeden Fall auch ein nützlicher Hebel, der vom Schiedsgericht gezogen wurde; und deshalb kann man die Argumentation dagegen auch nicht einfach so abtun.
In meinen Augen war dieses Schauspiel absolut unwürdig und Ausdruck eines echt schwierigen Demokratieverständnis…

Nimms mir nicht übel – vielleicht verstehe ich die Formulierung auch einfach falsch – aber uff… Eine Kandidatur zu einer demokratischen Wahl ist plötzlich undemokratisch, weil sie sich einer relativ beliebigen und streitbaren „demokratietheoretischen Einsicht“ widersetzt?

10 „Gefällt mir“

In der Praxis gibt es aber auch weniger hehre Formen des Feminismus, z.B. TERFs oder die, die alle Männer als „potentielle Vergewaltiger“ denunzieren…

Ich verfolge die Debatte nun auch schon ein Weilchen. Wie du richtig sagst im Rahmen der Jamaika Koalition, wurde ja ebenfalls einiges angeprangert - z.B. auch eine relativ hohe Parteispende eines Unternehmens des damaligen FDP-Vorsitzenden an die Grünen…

Meine Kritik bezog sich aber nicht auf den politischen Prozess - denn auch ich finde die Entscheidung richtig, habe ich im meinem Beitrag auch so geschrieben - sondern auf die Berichterstattung, die in meinen Augen hier Hubert Ulrich etwas undifferenziert als Opfer der Frauenquote darstellt - daher meine Ausführungen etwas genauer zur Person - um eben darzustellen, dass wir es hier nicht mit einem frommen „Lämmchen“ zu tun haben und auch v.a. auch nicht mit einem „Männerausschluss“.

Also ich finde persönlich die Entscheidung der Bundeswahlauschuss ebenfalls richtig - ich finde die Saargrünen - und damit meine ich wirklich auch beide Seiten - haben sie provoziert und können diesen harten Dämpfer auch mal ganz gut vertragen. Gleichzeitig und das finde ich auch ein wichtiger Punkt, war die Entscheidung des Bundeswahlausschuss nicht einstimmig. Die Delegierten wurden ja nicht einfach so ausgeschlossen, dafür gab es durchaus auch Gründe und sofern die Delegierten unrechtmäßig gewählt wurden, ist es auch zulässig einen Ortsverband ganz auszuschließen, ob dieser jetzt 2 oder 49 Delegierte entsendet. Inwiefern das in diesem Fall jetzt zutreffend ist, müssen wir ja nicht mehr debattieren, das hat der Bundeswahlausschuss für uns erledigt :wink: Dies wird aber auch hier sehr interessant debattiert: Ausschluss der Grünen-Landesliste Saar - #20 von krstdt

Aber du sprichst einen weiteren wichtigen Punkt an, denn es gibt einige v.a. im Saarland, die sich sehr an den Zuständen im Saarland stören. Die Frage, die sich mir da stellt ist warum schafft es niemand etwas daran zu ändern? Wieso ist Simone Peter - als starke Persönlichkeit mit einem auch relativ guten Rückhalt bei den Saargrünen mit ihrem Reformversuch gescheitert? Warum gibt es seit den 90ern einen Skandal nach dem anderen um die Person Ulrich und nichts ändert sich? Und wie kann dieser Mann sich über Jahrzehnte an der Spitze der Grünen halten, obwohl er einigen Parteigrundsätzen mehr als deutlich widerspricht?

Hallo allerseits,
ich möchte doch zu dem Them auch was aus eigener Perspektive sagen.
Ich war als regelmäßiger Hörer der Lage gespannt auf eure Einordnung der Dinge und dann doch enttäuscht, wie einseitig der Bericht war.

Peace hat die Hintergründe zu den Ereignissen bei den Kommentaren zur Sendung eigentlich ganz gut zusammengefasst. Die Kritik daran, wie es jetzt ausgegangen ist, ist mehr als gerechtfertigt. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die Beweggründe von Teilen der Saargrünen (zu denen ich auch gehöre) mehr zur Geltung kommen. Es handelt sich eben nicht um einen Haufen verbohrter Ideologen, die lieber eine Wahl platzen lassen, als vom Frauenstatut abzusehen. Das Saarland ist auch nicht bevölkert von zurückgebliebenen Hinterwäldlern, die keine Ahnung vom politischen Tagesgeschäft haben. Dass der Landesverband sich nicht mit Ruhm bekleckert hat, ist offensichtlich und kritikwürdig. Die Gründe gehen aber doch tiefer, als nur dem Festhalten am Frauenstatut. Der herablassende Tonfall in dem Bericht, gepaart mit der unzureichenden Benennung aller Hintergründe ist mir aufgestoßen.

Es ging meinem Eindruck nach den Parteimitgliedern, die gegen die Liste vorgegangen sind, vor allem um die Person Hubert Ullrich. Ich glaube, das lässt sich der Berichterstattung durchaus auch entnehmen. Die Umstände, unter denen er schließlich auf Platz 1 der Liste gelandet sind, sind durchaus zu hinterfragen. Auf dem Landesparteitag entstand auch sehr schnell der Eindruck, dass man von Anfang an im Hintergrund schon geklüngelt hat, damit Schöpfer nicht gewählt wird und beantragt werden kann, das Frauenstatut außer Kraft setzen zu lassen. Man sollte sich auch mal anschauen, wen er noch so an Kandidatinnen ins Rennen geschickt hat. Ferner sollte man auch beachten, wie sich prominente Grüne schon seit Jahren über Ullrich äußern (z.B. Cohn- Bendit und Simone Peter). Auch die Haltung des Bundesvorstandes zu ihm hat ihre Gründe. Um zu erfahren, was dazu führt, dass sich die Parteigenosseninnen, die schon mal enger mit ihm zusammengearbeitet haben so äußern, muß man nur kurz recherchieren, was unter seiner Führung so alles gelaufen ist.
Natürlich ist es sein Recht, zu klüngeln um Wahlen zu gewinnen und ich weiß nicht, ob man die Struktur, die er aufgebaut hat, redlich als „mafiös“ bezeichnen kann. Es hat aber einen undemokratischen Beigeschmack. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Ereignisse im Landesvorstand mit zahlreichen Rücktritten im Anschluß an den LPT in dem Bericht der LdN eine Würdigung gefunden hätten.

Ich kann selbst berichten, dass ich seit meinem Eintritt in die Partei 2015 immer wieder im eigenen Umfeld damit konfrontiert werde, wie man bei den Saargrünen eintreten kann, wo doch dieser komische Ullrich da die Fäden in der Hand hält. Von vielen Saarländern wird er als „Verbrecher" angesehen. Viele meiner Freund*innen und Bekannten, die nicht in einer Partei organisiert sind, aber an sich mit den Werten und dem Programm der Grünen konform gehen, wählen im Saarland aus Prinzip nicht Grün wegen Ullrich. Auch bei der anstehenden Bundestagswahl waren viele im Zwiespalt, ob man guten Gewissens das Kreuzchen dort setzten kann, wo man damit vielleicht einen Menschen wie Hubert Ullrich unterstützt. Ich als Parteimitglied der Grünen, hätte hier übrigens auch ein Problem mit gehabt.

Es ist das gute Recht von Parteimitgliedern, eine Prüfung einzufordern, wenn man das Gefühl hat, dass Regeln missachtet, wurden bei der Aufstellung einer Landesliste. Gerade wenn es um eine Person geht, die so umstritten ist und bei der man seit Jahren dass Gefühl hat, dass sie ihre Vertrauten geschickt platziert, um die eigene Macht zu sichern. Es gibt auch das Gerücht, dass man in den Ortsverbädnen, die hinter Ullrich stehen, Nachteile erfährt bei der Besetzung von Funktionen, wenn man sich offen gegen ihn stellt. Der Wahheitsgehalt lässt sich nicht überprüfen, aber es wirft schon ein Licht darauf, wie zerrüttet die Partei im Saarland ist. Das Landesschiedsgericht hat die Liste danach wieder kassiert und zwar wegen Verstoßes gegen das Frauenstatut und weil nicht stimmberechtigte Mitglieder mit abgestimmt hatten. Das was dann weiter passiert ist, ist nicht gut gelaufen, das lässt sich nicht leugnenb.

Dass die Grünen im Saarland bei der Bundestagswahl nicht gewählt werden können, ist ein Desaster, das stimmt. Wenn man nur die Bundeseben im Blick hat, wäre damit alles gesagt. Wenn man aber auch beachtet, welchen Schaden es für die Saargrünen auf Landesebene bedeutet hätte, dadurch, dass der Eindruck, dass die Grünen im Saalrand unwählbar sind, weil fest im Griff von Hubert Ullrich, sich verfestigt, dann muss man sagen, dass das für mich das kleinere Übel ist.

Viele Grüße aus Saarbrücken

Gregg

Klarnamen entfernt - Die Moderation

2 „Gefällt mir“

Sorry, ich kann bei alledem nicht erkennen, was es rechtfertigt, den Mann mit undemokratischen Mitteln auszubooten. Er ist offensichtlich demokratisch gewählt worden und dagegen muss man vorgehen, indem man andere Mehrheiten findet. Alles andere ist Bananenrepublik und ich bin ernsthaft entsetzt, dass das nicht klar zu sein scheint.

2 „Gefällt mir“

Aber wer hier hat denn behauptet, dass es gerechtfertigt sei „den Mann mit undemokratischen Mitteln auszubooten“? Das lese ich in keinem Beitrag heraus.

Und ob er demokratisch gewählt worden ist, ist nun mal strittig - Selbst der Bundeswahlausschuss konnte darüber nicht einheitlich entscheiden.

3 „Gefällt mir“

Ich fand in Erinnerung an diese Diskussion folgendes Interview ganz interessant.

Mitglieder der FDP Thüringen möchte die Thüringer Landesliste für die Bundestagswahl annulieren lassen, aus ähnlichen Gründen wie die die die Landes und Bundesschiedsgerichte der Grünen zu Ihren entscheidungen bracht.

Ich würde entsprechend erwarten das die Bundeswahlleitung entscheiden wird das nicht tun wird, das wäre sehr widersprüchlich, aber vielleicht interessiert es hier ja noch jemanden.

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-08/schattenkreisverbaende-fdp-thueringen-hagen-hultzsch-interview/seite-1

Danke für den Link, aber meine Meinung ist: Würde er tatsächlich die Liste annullieren lassen wollen, hätte er das rechtzeitig dem Landeswahlausschuss mitgeteilt, und nicht nach der Zulassung ein Zeitungsinterview gegeben. Jetzt ist es jedenfalls erstmal zu spät. Die Bundeswahlleitung kann nicht einfach per ordre de mufti Landeslisten von der Wahl ausschließen, die von den Landeswahlausschüssen mehrheitlich zugelassen wurden. Jetzt bliebe nur noch die nachträgliche Wahlanfechtung, und ich vermute mal, die Chance, dass das BVerfG wegen 11 stimm- oder nicht stimmberechtigten Leuten auf der Delegiertenversammlung der FDP in Weimar die Bundestagswahl wiederholen lässt, dürfte gegen Null gehen.

Was die Vorwürfe selber angeht, ist es kompliziert. Praktisch ist die Wahlberechtigung für Kandidatenaufstellungen von Parteien nicht an die Mitgliedschaft in Gebietsverbänden gekoppelt, sondern an die Wahlberechtigung zur Wahl selber. Nicht nur dürfen z.B. minderjährige Parteimitglieder oder solche ohne deutsche Staatsbürgerschaft nicht mit wählen, sondern das gilt auch für den Ort der Wahlberechtigung. Es ist also erstmal nicht ungewöhnlich, dass bspw. bei einer Kandidatenaufstellung im Wahlkreis Mitglieder auftauchen, die eigentlich woanders Mitglied sind, aber dort eben nicht mitwählen dürfen, sondern nur an ihrem Wohnort.

Wie das jetzt aber bei der Wahl zu Delegiertenversammlungen abzulaufen hat, ist mir nicht ganz klar. Erfurt und Weimar liegen beide in Thüringen. Ich sehe daher nicht, warum Thüringer Wahlberechtigte mit Wohnsitz in Weimar, aber Parteimitgliedschaft in Erfurt, jetzt nicht die Erfurter, sondern die Weimarer Delegierten mit wählen sollten, bzw. als Folge warum diese in Weimar mitgewählt haben sollen.

Das ist aber auch nicht das, was der Herr hier den Leuten vorwirft. Er sagt, weil er keinen Beleg dafür findet, dass die Mitgliedschaft in Erfurt mit Weimar abgesprochen war, dass diese Leute überhaupt keine rechtmäßigen Parteimitglieder seien, und somit weder in Erfurt noch in Weimar stimmberechtigt wären. Wäre u.U. schwierig zu beweisen, dass es irgendeine Absprache nicht gegeben hat.

Jedenfalls gilt wie bei den Grünen: Solche vermeintlichen Unregelmäßigkeiten in der Mitgliederkartei sind Sache der Parteischiedsgerichte, und zwar am besten zwischen den Wahlen. Ein potentielles Mitglied, das in gutem Glauben bei einem Kreisverband um Aufnahme bittet, eine Bestätigung bekommt und Beiträge zahlt, kann jedenfalls imho erstmal mit Fug und Recht annehmen, ordentliches Mitglied und damit wahlberechtigt zu Vertreterversammlungen zu sein.

Hallo Gregg

ich stamme ebenfalls aus dem Saarland und muss dir in einem Punkt zustimmen: Hubert Uörich hat einen Ruf. Und ich würde die Grünen im Saarland ebenfalls nicht wählen.

Andererseits muss man doch auch sagen: die Grünen im Saarland bestehen nicht nur aus Hubert UIlrich. Und das Problem Hubert Uörich besteht nicht erst seit der Aufstellung der ersten Liste, sondern schon viel, viel länger Allerspätestens seit der Jamaica-Koalition.

Und dann muss doch mal die Frage stellen - warum wurde und wird dieses Problem nicht gelöst? Wenn es ernst zu nehmende Zweifel gibt, ob alle Grünen-Mitglieder in Saarlouis tatsächlich zahlende, ordentliche Parteimitglieder sind, wäre ne gründliche Prüfung fällig. Am besten von außenstehenden Personen, die weder der Ulrich-Fraktion noch dem Grünen Bündnis nahe stehen. Wenn es Zweifel an der Aufstellung der Delegierten aus Saarlouis gab, wieso hat man die Versammlung dann nicht wiederholt - und dabei peinlich genau auf die Einhaltung aller Verfahrens-Regeln geachtet?

Mit dem kompletten Ausschluss der Grünen wurde kein Problem gelöst, sondern im Gegenteil sind dadurch neue Probleme entstanden.

Die Grünen wollen in die Regierung - umd damit mit Leuten umgehen, die sich auch nicht an Regeln halten (Trump, Putin, Erdogan, Bolsonaro, Johnson) - sie schaffen es aber noch nicht einmal, interne Probleme so zu lösen, dass für sie selbst keine Nachteile entstehen.

Eine Wahl ist doch immer auch eine Bewerbing von Poöitikern bei den Bürgern (oder sollte es zumindest sein). Die Politiker und Psrteien treten an weil sie der Meinung sind, die aktuellen Probleme am besten lösen zu können. Und Probleme gibt es derzeit wirköich genug - sowohl innen- als auch außenpolitisch. Die Teilnahme an Wahlen -vor allem an der Bundestagswahl- sollte für alle Parteien das gauptsächliche Ziel sein. Unabhängig von allen internen Querelen. Das die Grünen das im Saarland nicht geschafft habe, finde ich traurig und bezeichnend.

Und nächstes Jahr ist die Landtsgswahl. Ulrich wird nicht verschwinden. Und die tiefen Zwerwürfnisse auch nicht. Bin mal gespannt, ob die Grünen es dann schaffen, wieder eine lorrekte Liste aufzustellen und den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Momentan gabe ich (leider) nicht den Eindruck, dass es gut aussieht.