Hallo zusammen,
erstmal herzlichen Dank für die gute Aufbereitung und Analyse der Steuervorschläge von Friedrich Merz.
Ich finde einen Aspekt noch sehr wichtig, der leider in diesen Diskussionen (so auch bei euch) stets ausgeklammert wird: die Unterscheidung zwischen hohem Erwerbseinkommen und hohem Vermögen (und daraus generiertem Einkommen). Wir sprechen wieder einmal ausschließlich von Erwerbseinkommen, also Einkommen aus abhängig beschäftigter Tätigkeit. Ja, da geht die Schere auch auseinander und wir alle kennen die Faktoren, die das Gehalt eines VW-Managers und einer Reinigungskraft in diesem Konzern trennt.
Aus meiner Sicht fehlt jedoch der wesentlich größere (und umverteilungsrelevantere) Teil wird in dieser Diskussion (mit Sicherheit teilweise auch sehr gezielt) ausgeblendet: Wirklich reiche Menschen haben kein Erwerbseinkommen, sondern beziehen ihr Geld aus Vermietung/Verpachtung sowie ganz klassisch Kapitalerträge durch Beeilung an Unternehmen. Egal, wie hoch das Einkommen dieser Menschen ist, es wird üblicherweise lediglich mit 25% besteuert (Abgeltungssteuer). Vergleicht man das (Erwerbs-)einkommen eines VW-Managers (meinetwegen 10 Mio € im Jahr) mit dem Einkommen von Superreichen Menschen, dann ist zum einen die Steuerlast des Managers wesentlich höher (über den Daumen 45% vs. max. 25%) und zum anderen liegt die Höhe seines Einkommens vermutlich näher an einem Bürgergeldempfänger (sagen wir mal Abstand ca. 10 Mio € im Jahr) als an dem Einkommen der Superreichen (mutmaßlich > 500 Mio. im Jahr, wenn man sich die Vermögenszuwächse in der Pandemie anschaut).
Ich habe das Gefühl, dass hier wieder sehr große Strohmänner mit den „reichen Managern“ aufgebaut werden, die jedoch für ihr Erwerbseinkommen viel Zeit investieren und auch eine gewisse Steuerlast tragen. Ich möchte explizit den Vergleich eben nicht zu Menschen mit weniger Erwerbseinkommen ziehen, sondern gerade zu den Menschen, die zudem in den Genuss von Vermögenssteuerfreiheit in Deutschland kommen. Auf den Malediven sitzen und eine eigene Firma das Vermögen verwalten zu lassen, ist vermutlich dort viel eher die Realität.
Vielleicht ist das ein Anstoß für euch, das Thema Steuergerechtigkeit und Umverteilung noch etwas aufzuweiten. Im Grunde teile ich eure Ansicht, dass wir untere Einkommen stärker entlasten und höhere Einkommen stärker belasten müssten, um einen gesellschaftlich wichtigen Effekt zu erzielen. Mir ist einfach aufgefallen, dass ihr sehr oft „Vermögen“ und „hohes Erwerbseinkommen“ synonym benutzt habt und denke, dass dies viel zu kurz greift, da ein hohes Erwerbseinkommen jederzeit (Entlassung, Erkrankung, …) wegfallen kann, während Vermögen kontinuierlich weiter Einkommen generiert. Und ich vermisse die Diskussion über die privilegierten Kapitalerträge sehr; meines Erachtens ein wichtiger Aspekt der Steuergerechtigkeit.
Viele Grüße