LDN #242 Neubauer vs. Laschet

Mich irritiert zunehmend der Spin, dass man den Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten der CDU auf die genau richtige, letztgültig durchdachte und stichhaltig begründete Weise angreifen muss, damit dieser sich endlich einmal für das antisemitische und rechtsradikale Handeln eines prominenten Parteimitglieds zu interessieren beginnt und die Unterstützungsstrukturen in einigen CDU-Landesverbänden durchleuchtet. Man kann doch Luisa Neubauer nicht vorwerfen, dass es Armin Laschet an politischem Rückgrat und an Haltung mangelt. Laschet hat doch gar nicht vor, sich der Debatte irgendwie zu stellen, sondern versucht sich ihr um jeden Preis zu entziehen. Die schon etwas ältere und anderer Stelle hier erwähnte Kolumne von Samira El Ouassil dazu ist nun auch ohne Paywall erreichbar:

https://uebermedien.de/59798/laschet-maassen-und-das-immer-gleiche-ablenkungsmanoever/

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Ich bin jetzt auch kein Rhetorik- oder PR-Profi, ich hätte sicherlich auch nicht besser argumentiert als Luisa Neubauer, im Nachhinein ist man bei solchen Sachen ja auch immer schlauer.

Ich denke aber trotzdem, es kommt darauf an, wie man so einen Talkshowauftritt bewertet.

Wenn das Ziel nur ist, seine eigene Meinung wahrheitsgemäß wiederzugeben, kann man den Auftritt von Luisa Neubauer nur als gut bewerten, das haben ja auch viele getan, die sich mit Maaßen vielleicht schon etwas auseinandergesetzt haben oder von einer ähnlichen politischen Position auf das Thema blicken.

Wenn aber das Ziel ist, die Menschen des „anderen Lagers“ zu überzeugen, (in diesem Beispiel vielleicht unentschiedene Wähler oder Wähler der CDU, denen demokratische Werte/das Grundgesetz wichtig sind), dann muss man sagen, dass es nicht gelungen ist, dieses Ziel zu erreichen. Vielleicht war sogar eher das Gegenteil der Fall - Laschet konnte Symphatiepunkte sammeln - da Luisa Neubauer Armin Laschet sehr hart angegriffen hat, aber dann die Vorwürfe nicht direkt belegen konnte. So etwas kann natürlich einem unvoreingenommenen Zuschauer oder einem Befürworter der CDU schnell unfair und auch unseriös vorkommen, was wegen der Schwere des Vorwurfs natürlich auch verständlich ist.

Meiner Meinung nach sollten Talkshowauftritte schon dazu dienen, unvoreingenommene Wähler oder Wähler anderer Parteien zu überzeugen und nicht nur die eigene Meinung zu sagen und dafür von der „eigenen Seite“ den Beifall zu bekommen.

Ich finde Luisa Neubauer und viele ihrer Positionen richtig, aber in der Summe hat durch die Diskussion die CDU gewonnen. Es reicht dann nicht zu sagen „Luisa Neubauer hatte Recht und Armin Laschet hatte Unrecht und die CDU ist blöd und heuchlerisch“, sondern man sollte das Ganze nochmal genau reflektieren und überlegen, wie man das nächste mal an die Sache herangeht. Vielen CDUlern und unentschiedenen Wählern ist das Grundgesetz sehr wichtig, der Knackpunkt ist mMn hier, diesen aufzuzeigen, warum Armin Laschets Handeln nicht mit ihren eigenen Werten übereinstimmt.

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Ich bin mir da tatsächlich nicht sicher, ob ich dieses Urteil teilen würde. Mir fehlt jenseits von subjektiven Einschätzungen immer noch ein gutes Argument dafür, warum Armin Laschet und die CDU in dieser Debatte besser ausgesehen haben sollten. Stattdessen hat sich Laschet durch seine Laviererei und die demonstrative Verteidigung Maaßens doch möglicherweise eine Reihe von Folgeproblemen eingehandelt, weil jetzt allenthalben über fehlende bzw. dringend notwendige Abgrenzung der CDU von ihren eigenen rechtsextremen Mitgliedern diskutiert wird. Der gezielte Versuch, Wähler:innen am rechten Rand anzusprechen, hat sich ja in der jüngeren Zukunft zumeist als fehlgeleitete Strategie erwiesen.

Und auch jetzt gibt es Hinweise darauf, dass erstens Maaßen selbst nicht gerade der am besten geeignete Kandidat für seinen Wahlkreis ist (wobei man einzelne Umfragen natürlich nicht zu hoch hängen sollte) [1] und außerdem auch innerhalb der CDU der Unmut über Maaßen immer größer wird. [2] Ich halte es also zumindest für möglich, dass Laschets Haltung der CDU noch auf die Füße fallen wird. Vielleicht aber ändert Laschet seine Position nach den jüngsten Entwicklungen und vor allem nachdem die Wahl in Sachsen-Anhalt nun vorbei ist auch noch…

[1] Umfrage in Thüringer Wahlkreis: Selbst CDU-Fans lehnen Maaßen ab - taz.de
[2] Maaßens Baerbock-Tweet – nur ein ironisches Spiel?: „So ein Tweet ist ein richtiger Honeypot für grün-linke Hetzer“ - Politik - Tagesspiegel