LdN 234: Gleichgeschlechtliche Eltern

Wenn der Gesetzentwurf nun vorsieht, auf gleichgeschlechtliche Paare die bisher für Mann/Frau geltende Regelung anzuwenden - ist da die nächste Beschwerde nicht vorprogrammiert? Eine Frau, die mit einer Frau verheiratet ist (vielleicht auch schon wieder getrennt, aber noch nicht geschieden), möchte ja vielleicht gar nicht in jedem Fall auch Mutter werden. Besser als ein Automatismus wäre vielleicht, das Anerkennungsprinzip allgemein einzuführen.

Übrigens: Die Regelung „Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat“ ist schon nicht ganz unerheblich. U.a. deswegen funktioniert die sogenannte Leihmutterschaft in Deutschland rechtlich bislang nicht.

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Mich hat der Teil der Lage etwas ratlos zurückgelassen, auch wenn ich die Idee gut und nachvollziehbar finde.

Was ist aber beispielsweise mit den biologischen Vätern? Bleiben die auch rechtlich Väter? Hat das Kind dann drei Elternteile? Wie sieht es mit dem Unterhalt aus? Was wenn der biologische Vater sich das Sorgerecht nicht mit einer dritten Person teilen will? Was wenn sich beide Mütter trennen, macht es für den weiteren Verlauf einen unterschied, wer die biologische Mutter ist?

Über einen Folgebeitrag, indem solche fragen aufgegriffen werden, würde ich mich freuen.

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Ich möchte diesem komplexen Thema eine weitere Perspektive hinzufügen - die einer Mutter im CoParenting-Modell. In unserem Fall heisst das, ein schwules Ehepaar und alleinstehende Frau verabreden sich zu einem gemeinsamen Kind. Biologisch und juristisch heisst das natürlich, nur einer der beiden ist der Vater. Eine automatische Doppelvaterschaft (weil der Vater verheiratet ist) kann hier sicherlich nicht das Ergebnis von Gleichberechtigungsbemühungen sein und ggf die mütterliche Elternschaft konterkarieren. Selbstverständlich muss das Thema nicht-biologischer Elternschaftsanerkennung aber auch für die homosexuelle Männer-Konstellation mitgedacht werden und (wenn) nicht nur für lesbische Paare. Aus meiner Sicht gibt es hier im Rahmen verschiedener Regenbogenfamilienkonstellationen etliche komplexe Fragestellungen, die zu beantworten sind… Juristisch, ethisch und gesellschaftlich, aber eben auch mit dem Fokus auf das Kindeswohl bzw dessen Interessen.

Stichwort Mehrelterschaften (zB zwei jeweils gleichgeschlechtliche Ehepaare): sollen hier sämtliche typischen Elternrechte allen vier „Eltern“ der Konstellation zuerkannt werden, eben weil es dieserart Konstellationen gibt? Und was passiert im Scheidungsfall, wenn sich dann schlechtestenfalls vier Eltern um ein Kind, dessen Zeit, Aufenthalt und entsprechende Umgangsrechte streiten?

Natürlich gibt es hier etliche weitere Knackpunkte aus dem Rechte-und Verpflichtungspool zwischen Eltern und Kindern. Das nur als pointiertes Beispiel…

Stichwort Leihmutterschaften (die in Deutschland glücklicherweise verboten sind, international aber bereits auch für deutsche kinderlose Paare längst zur Lösung ihrer Wünsche beitragen): so sehr ich den Wunsch nach einem Kind nachvollziehen kann, ethisch treibt mich das Thema sehr um. Letztlich werden Kinder hier zum Produkt gemacht und auch aus frauenrechtlicher Perspektive behagt mir das Modell nicht. Die Branche indes floriert und schafft um uns herum Fakten, die dann auf unser Rechtssystem stoßen und im Geiste unseres Grundgesetzes (und idealerweise humanistischen Werten) miteinander vereinbart werden müssen. Was also tun, wenn Kinder aus solchen Dienstleistungen heraus anerkannt werden sollen? Zumal, wenn absehbar ist, dass die Reproduktionsbranche zukünftig etliche weitere bioethische Konfliktfelder rund um die Abstammung/Genetik schaffen wird.

Die schiere Menge an zu berücksichtigenden Aspekten unter der Überschrift „Gleichgeschlechtliche Eltern“ (vieles gilt allerdings auch für heterosexuelle Paare gleichermaßen) ist anstrengend und manchmal beschleicht mich die Sorge, dass in bester Absicht Gleichberechtigung eher zu Gleichmacherei wird.

Ich verstehe vollkommen, dass sich nach 20 Jahren unreformiertem Abstammungsrecht ein heftiger „Rückstau“ an Korrekturbedarf gebildet hat. Aber manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass bei diesem Thema (und vielleicht auch anderen) so viele zusätzliche Probleme mit in den Topf geworfen werden, dass das eigentliche Ziel am Ende nie erreicht wird.

Prinzipiell und ursprünglich ging es doch darum, zu vermeiden, dass die Kinder von lesbischen Ehepaaren, unverhältnismäßig lange nur einen voll sorgeberechtigten Elternteil haben und die Mütter erst die Hürde eines langwierigen Adoptionsverfahrens nehmen müssen, um den Kindern zur gleichen rechtlichen Absicherung zu verhelfen, wie es bei heterosexuellen Ehen bereits der Fall ist.

Als lesbisches Ehepaar steht frau, neben all den Schwierigkeiten die eine Familiengründung ohnehin mit sich bringt, vor der Entscheidung Adoption oder abwarten, ob „endlich mal“ eine gerechte Systemanpassung kommt. Für mich sieht es seit dieser Woche erstmals so aus, als würde sich endlich mal wieder irgendwas in die richtige Richtung bewegen.

Erstaunlich finde ich, dass jetzt gefühlt von allen Seiten „Zusatzprobleme“ mit in den Topf geworfen werden. Zum Beispiel: „Was ist mit den biologischen Vätern?“ „Was ist mit schwulen Ehepaaren?“ „Was passiert bei einer Trennung?“ „Welche Rechte und Verpflichtungen haben Samenspender und Spenderkinder?“ All diese Fragen sind natürlich berechtigt und sollen und müssen diskutiert und geklärt und im Abstammungsrecht verankert werden. Aber sie verhindern mMn momentan auch, dass das ursprüngliche Problem behoben wird.

Gerade als Betroffene fällt es mir schwer dafür die Geduld aufzubringen, wenn man tagtäglich vor der Entscheidung steht „Adoption oder Abwarten“. Es klingt vielleicht naiv und banal, aber ich würde mir wirklich wünschen, dass wenigstens erstmal dieses eine und eigentlich zeitsensible Problem in den Griff bekommen wird, bevor man gefühlt jeder Familienkonstellation zu ihrem wohlverdienten Recht verholfen hat. Warum ist es in unserem Rechtssystem nicht möglich offensichtliche Rechtslücken zu schließen, bevor man alle anderen Lücken und Probleme zerredet hat?

Ich möchte damit jetzt wirklich nicht die Diskussion im Lage-Forum ausbremsen, aber insgesamt fehlt mir bei dem Thema insbesondere in der Presse und den sozialen Medien der Fokus auf das ursprüngliche Problem. Und mir als Betroffener war es gerade ein Bedürfnis mit in den Topf zu werfen: Die lesbischen Paare bzw. Eltern und deren Kinder warten schon lange und sehnsüchtig auf die banale Gleichbehandlung mit heterosexuellen Familienkonstellationen. Und wenn es erstmal auch nur für die klassische Konstellation eines lesbischen Paares ist, dass mithilfe eines anonymen Samenspenders via Samenbank eine Familie gründet, sind wir nach so langer Zeit ein bedeutendes Stück weiter.

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Hallo zusammen,
hier vielleicht noch eine interessante und spezielle Sichtweise auf die Mutterschaft in lesbischen Partnerschaften. Als trans Frau (Name und Personenstand wurden geändert) lebe ich in einer lesbischen Partnerschaft mit meiner cis Freundin. Vor meiner Transition habe ich Spermien konserviert und somit haben wir die Möglichkeit als lesbisches Paar biologische Kinder zu zeugen. Ich bin mir nicht sicher, wie die aktuelle Handhabung ist, da ich keine Erfahrungen anderer kenne. Vermutlich kann ich die “Vaterschaft” anerkennen oder das Kind adoptieren. Beide Möglichkeiten fühlen sich für mich falsch an. Mit-Mutterschaft finde ich an sich einen passenden Begriff. Was ich für mich persönlich am zutreffendsten finde, ist zeugende Mutter, da somit klar ist, dass es auch mein biologisches Kind ist. Ich weiß, dass das ein Sonderfall ist, dennoch spielt es eine Rolle in meinem Leben und ich fühle mich durch die aktuelle Gesetzgebung nicht wahrgenommen und diskriminiert.
Liebe Grüße
Mia

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Die meisten Kinder dieser Familien entstehen durch offizielle Samenspende (Samenbank). Hier ist meines Wissens geregelt, wie die rechtliche Situation zwischen Erzeugenden und Kind ist.
Wenn ein Kind aufgrund einer freiwilligen Spende entsteht, bspw. durch Freunde oder Bekannte, ist die Sorgerechtsfrage ja auch nur deswegen ein Problem, weil eben die nur die schwangere Mutter offiziell als Elternteil anerkannt wird. In einer Heteroehe würde ja auch automatisch der Mann rechtlich als Vater eingetragen werden und wäre dann auch unterhaltspflichtig. Analog wäre das dann die nicht-austragende Mutter. Derzeit ist es so, dass sie dies nur dann ist, wenn das zweijährige Adoptionsverfahren vorbei ist (inkl. Besuchen vom Jugendamt etc.).
Die Abstammungsregelung zu revolutionieren hätte meiner Meinung nach für alle nur Vorteile, weil eben auch rechtlichen Zwiespälte und Unsicherheiten, die bei der freiwilligen Samenspende bleiben, bereinigt werden könnten.

Wie oben erwähnt:
-offizielle Samenspende durch Samenbank: hier ist ja klar, dass der biologische Erzeuger sein Recht auf Vaterschaft mit der Spende abgibt
-freiwillige Spende: hier kommt es auf Absprachen an. In der Regel ist es aber auch hier so, dass die Eltern (die Mütter) sich mit dem Erzeuger dahingehend absprechen, dass dieser kein elterliches Recht hat. Wenn das nicht klar ist, wird auch niemand Samen spenden bzw. diesen nicht annehmen… Es wird hier niemand um sein „Recht als Vater“ gebracht. Es ist idR von vornherein klar, wie die Konstellation aussehen soll
durch die bisherige Adoptionsregelung ist es aber auch so, dass die nicht austragende Mutter durch die Adoption ja dann auch rechtliches Elternteil ist und dann auch unterhaltspflichtig. Mit der neuen Regelung würde man sich diesen langwierigen Prozess ersparen.

  • andere Modelle der Elternschaft: bspw. zwei Schwule und zwei Lesben tun sich zusammen und wollen gemeinsam ein Kind bekommen UND auch erziehen: hier hat das Kind vier Elternteile. Diese Situation wird durch das Recht nicht abgedeckt, das ist ein Problem. Warum sollte ein Kind nicht mehr als zwei Elternteile haben dürfen?

diese ganze bisherige Regel ist absurd, was man auch an folgendem Szenario sieht: theoretisch ist es möglich, dass meine Eizelle befruchtet wird, meine Frau das Kind aber austrägt. Wer ist dann die Mutter? Nur sie…

gibt es bei Heteroehen einen Unterschied? Da wird ja nicht mal danach gefragt, ob der Vater der biologische Erzeuger ist… also nein, es macht keinen Unterschied. Beide Frauen sind die Mütter.

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Du sprichst mir aus der Seele.
Diese Relativierung der ursprünglichen Diskriminierung stört mich auch enorm.
Vor allem die ganzen Hetero-Cis-Männer nerven, die nichts mit der Sache irgendwie zu tun haben, die anscheinend aber gerade Angst davor haben, dass irgendwelche Väterrechte verloren gehen oder ihr Samen gestohlen wird…

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Liebe Ellen,
ich verstehe deinen Punkt, du hast ein konkretes Problem, das dich unmittelbar betrifft und natürlich muss es eine Lösung für dieses einzelne konkrete Problem geben. Insbesondere bei Kindern die durch anonyme Samenspenden gezeugt wurden, erschließt sich mir auch nicht, weshalb LebenspartnerInnen nicht auf ausdrücklichen Wunsch der Mutter (und in Abwesenheit des biologischen Vaters) eine Sorgerechtsoption erhalten sollten. Und genau, wie du es schreibst, es gibt rund um die Elternschaft/Abstammung etc einen erheblichen Reform-Rückstau - sicherlich aber auch einen Rückstau in der gesellschaftlichen Debatte. Die Frage, wie ein guter Reformweg aussehen kann, der die komplexen Konstellationen und Akteure gleichberechtigt berücksichtigt, ist mMn trotzdem essentiell. Ich weiß schlicht nicht, ob lesbische Ehepartnerinnen in dieser Frage juristisch anders betrachtet werden, als schwule Ehepartner (zB aufgrund der biologisch nicht möglichen Mutterschaft) oder welche Konsequenzen der in der Lage beschriebene Klagefall letztlich mit sich ziehen könnte.
Meine Betroffenheit habe ich oben geschildert und deshalb hinterfragt, ob eine automatische gleichgeschlechtliche Elternschaft inkl Sorgerecht aufgrund einer vorhandenen Ehe eines Elternteils tatsächlich ein gangbarer Weg wäre. Dieser An- und Zuerkennungsautomatismus innerhalb von Ehen erscheint mir schlicht als ein veralteter Weg. Zumal Partnerschaften und daraus entstehende Kinder mit Trauschein hier anders behandelt werden, als diejenigen ohne. Warum dieses unzeitgemässe Prinzip für gleichgeschlechtliche Ehen wieder aufwärmen, statt ein neues zu entwickeln, dass biologische Elternschaft und Elternsorgerechte besser und nachhaltiger regelt.

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Die Darstellung von Adoption war unnötig abwertend. Das Institut der Adoption ist der gesetzlich vorgesehene Weg, Elternteil eines Kindes zu werden, mit dem man genetisch nicht verwandt ist. Bei einer Adoption werde die bestmöglichen Eltern für ein Kind gesucht – und nicht ein Kind für Menschen, die Eltern sein wollen. Deswegen wird natürlich überprüft, ob die Eltern überhaupt geeignet sind. Und vor allem weil es mehr adoptionswillige Eltern gibt als zur Adoption frei gegebene Kinder, kann man da ruhig etwas wählerischer sein. Etwas anderes ist es bei der Stiefkindadoption, bei der eine Annahme als Kind nur durch einen Elternteil stattfindet: dass diese an einer Überprüfung scheitert, habe ich noch nie gehört.

Bei den §§ 1591 und 1592 BGB wäre es schön gewesen, wenn es ein paar Informationen zu Sinn und Zweck der Regelungen gegeben hätte. Diese sollen nämlich nicht die heterosexuelle Ehe bevorzugen, sondern gehen davon aus, dass Abstammung auf genetischer Verwandtschaft beruht. Bei den in eine Ehe geborenen Kindern von verschiedengeschlechtlichen Eltern kann davon ausgegangen werden, dass die Zuordnung zum Vater kraft Ehe die tatsächliche Abstammung, die biologische Verwandtschaft, regelmäßig abbildet. Auch aus praktischen Erwägungen soll nicht nach jeder Geburt nachgeprüft werden, ob der Ehemann oder derjenige, der sich als Erzeuger ausgibt, auch wirklich der biologische Vater ist.

Deswegen passt die Vermutungsregelung in § 1592 Nummer 1 BGB auch nicht auf die Ehe von zwei Frauen: eine genetische Verwandtschaft zu zwei Frauen ist nicht möglich. Das hat das Bundesverfassungsgericht zumindest in einem Beschluss vom 9.4.2003 (1 BvR 1493/96 u.a. = NJW 2003, 2151, 2153) nicht für diskriminierend gehalten.

Bekommt ein heterosexuelles Paar ein Kind mit einer Samen“spende“, wird die Vermutungsregelung des § 1592 Nummer 1 BGB eigentlich bewusst missbraucht. Weil es eine Vermutung ist, kann sie aber angefochten werden, insbesondere auch von dem Kind, das seine tatsächliche genetische Abstammung ausdrücken möchte. Eine Anfechtung wäre aber rein systematisch schwierig, wenn es sich um eine Vermutung oder Zuordnung handelt, die nicht von einer biologischen Grundlage ausgehen kann.

Bei lesbischen Paaren kommt hinzu, dass es ja durchaus einen Vater geben kann, der auch als Vater festgestellt werden möchte, und man diesen durch eine entsprechende Anwendung des § 1592 BGB ausschließen würde.

Fragen, die man sich aber durchaus stellen kann, sind: sollte die Zuordnung als Eltern von der genetischen Verwandtschaft abhängen? Wie kann dem verfassungsmäßigen Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung dann Rechnung getragen werden? Wären eventuell auch Anpassung im Adoptionsrecht bei der Stiefkindadoption ausreichend? Aus Sicht von jemanden, der selbst durch eine Samen“spende“ gezeugt wurde, finde ich es nicht richtig, das Thema nur unter dem Aspekt der Gleichbehandlung zu sehen.

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Es geht in vielen Fällen nicht darum, ob die Stiefkindadoption scheitert, sondern vielmehr darum, dass über den Zeitraum der Beantragung das Kind nur einen voll sorgeberechtigten Elternteil hat und dass die Stiefmutter überhaupt einer Überprüfung bedarf, die (unabhängig ob Stiefkindadoption oder nicht) mitunter Informationen verlangt, die von Ehemännern der Mutter nicht verlangt werden. Warum werden für die Stiefkindadoption mitunter Gesundheits- und Führungszeugnisse, Lebensläufe und Gehalts-/Vermögensnachweise abgefordert? Und wie passt das mit unserer Verfassung zusammen, wenn in dem Zuge sowohl die Kinder als auch die Ehepartner_innen hierdurch diskriminiert werden?

Aus „praktischen Gründen“ könnte man auch zumindest das Sorgerecht für ein Kind aus einer anonymen Samenspende via Samenbank, bei der es keinen „vermutlichen“ biologischen Vater mit Sorge-/Pflegeabsichten gibt, der Ehefrau der Mutter übertragen. Wem bringt es etwas, in diesem Fall einen Notar, einen Rechtsanwalt, Ärzte und Beamte des Jugendamtes mit einer überflüssigen Stiefkindadoption zu beschäftigen?

Nicht bei einer Samenspende via Samenbank.

Gerade bei der „anonymen“ Samenspende via Samenbank wird dem durch das Samenspenderregistergesetz wesentlich deutlicher Rechnung getragen, als in heterosexuellen Partnerschaften mit Sorgerechtszuweisung auf Grundlage einer Vermutungsregelung.

Nur meine Meinung: Es wäre ein Anfang, aber so richtig zum Anspruch auf Gleichbehandlung gem Grundgesetz passt es auch nicht.

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Ich weiß, dass das eigentliche Problem nicht ist, dass die Stiefkindadoption scheitert. Mich hat aber gestört, dass es in der Lage so dargestellt wurde, als wäre es generell total schwierig zu adoptieren. Das ist - trotz der Überprüfung durch das Jugendamt - meines Wissens bei Stiefkindadoptionen nicht der Fall.

Ich finde es grundsätzlich gut, wenn es auch weiterhin über Adoption laufen würde. Das Sorgerecht hängt rechtlich nun mal von der Elternstellung ab, und die beruht entweder auf Abstammung oder auf einer Adoption. Ich stimme Dir aber zu: Es ist auf jeden Fall nicht sinnvoll, das ganz normale Adoptionsverfahren durchzuführen, wenn der Vater seinen Samen über eine Samenbank abgegeben hat. Und auf jeden Fall sollten die gleichen Unterlagen vom Jugendamt gefordert werden, unabhängig vom Geschlecht der Adoptionswilligen. Es gibt aber Konstellationen, bei denen es einen Vater gibt, der auch die Vaterrolle einnehmen möchte (wie bei Co-Parenting), und das würde eine bloße Übertragung des § 1592 BGB dann ausschließen. Auch wenn ein Mann seinen Samen über eine Samenbank abgegeben hat, könnte es ja passieren, dass er und das Kind sich später einmal kennenlernen und sich beide einig sind, dass er auch rechtlich als Vater gelten soll. Er kann zwar wegen § 1600d Absatz 4 BGB nicht als Vater festgestellt werden (den ich verfassungsrechtlich auch für schwierig halte), aber er könnte die Vaterschaft anerkennen. Das geht übriges auch nach einer Adoption noch, die Anerkennung hat dann aber nur zur Folge, dass der Mann als Vater in das Geburtenregister nachgetragen wird. Wegen der Adoption wäre er aber kein Elternteil mit Sorgerecht. Bei einer Samenspende an heterosexuelle Paare kann das Kind die Vaterschaft in solchen Fällen anfechten.

Das Abstammungsrecht soll vor allem die Rechte des Kindes schützen. Deswegen finde ich es nicht richtig, dort Gleichberechtigung verwirklichen zu wollen. Die Voraussetzungen sind bei heterosexuellen und homosexuellen Paaren nicht gleich: Genetische Eltern eines Kindes sind immer eine Frau und ein Mann. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zum Recht auf Kenntnis der Abstammung vom 31. Januar 1989 gesagt, dass dieses Recht umfasst, dass die genetische Abstammung zutreffend durch öffentliche Urkunden ausgedrückt wird. Mir war das wichtig, ich habe die Vaterschaft meines rechtlichen Vaters angefochten. Eine Auskunft vom Samenspenderregister ist keine öffentliche Urkunde. Deswegen müsste man entweder eine rechtsfolgenlose Abstammungsklärung ermöglichen oder, wenn es so etwas die Mit-Mutterschaft geben soll, die Möglichkeit des Kindes zur Anfechtung.

Ich möchte mich hier nochmal anschließen mit meiner Verwunderung, dass so pauschal und auch falsch über die Stiefkindadoption gesprochen wurde. Als eine von zwei Müttern zweier Mädchen bin ich völlig dabei, dass die rechtliche Lage aus der Zeit gefallen ist, und bin der GFF sehr dankbar, dass sie die Familie Ackermann hier unterstützt.
Aber die Aussage, eine Adoption sei quasi aussichtslos ist einfach falsch. Die Konstellation ist die, dass das Amtsgericht die fehlende Einwilligung des zweiten biologischen Elternteils zur Stiefkindadoption ersetzen muss. Dazu wird scheinbar meist - wie in unserem Fall in Dortmund auch - das Jugendamt um eine Stellungnahme gebeten, ob das dem Kindeswohl entspricht. Nach einem kurzen Besuch und Gespräch in der Familie wird dies wohl in der Regel so beschieden. Ich kenne jedenfalls keinen einzigen Fall, in dem es dabei auch nur Rückfragen gab. Insofern: inhaltlich bei den Forderungen voll dabei, aber bei diesem Aspekt ist ohne Recherche doch etwas forsch übers Ziel hinausgeschossen worden.

Hm, ich hab so das Gefühl, dass ich hier ein bisschen zwischen den Stühlen stehe.

Auf der einen Seite kann ich Ellens Position sehr gut verstehen. Obendrein kommt noch dazu, dass die GFF ja keine Gesetze macht, sondern lediglich bestehendes Recht anfechten kann – und hier muss man auch ganz ehrlich sagen: Ohne die GFF hätte sich da wahrscheinlich bis auf weiteres nichts bewegt.

Auf der anderen Seite finde ich es auch nicht gut, wie die Fragen/Einwände hier abgebügelt werden – denn das sind IMO berechtigte Anmerkungen:
Erstens sorgen halbgare Regeln langfristig auch oft für Probleme. Das beste Beispiel ist die „Ehe für Alle“ selbst: Wenn man diese ganzen Fragen drumherum vernünftig geregelt hätte (bzw. hätte wollen), dann wäre dieses ganze Thema heute wahrscheinlich obsolet.

Zweitens besteht immer das Risiko, dass unausgereifte Regeln „zu Lasten“ anderer Beteiligter gehen. Das dürfte bei Samenspenden noch relativ überschaubar/lösbar sein, aber oben wurden ja auch schon andere Konstellationen geschildert, wo auch ich echtes Problempotential sehe.