Als Einwohnerinnen einer Republik (konstitutionellen) Monarchien gegenüber eine kritische Grundhaltung zu haben, sollte schon fast zum Minimalkonsens dieses Landes gehören. Dennoch hätte ich bei der Auseinandersetzung mit dem Interview mehr Fairness erwartet. Da sitzt die ehemalige Schauspielerin Meghan Markle mit Oprah Winfrey zusammen, deren beider Geschäftsmodell im Erzielen öffentlicher Aufmerksamkeit besteht, erzählt von unbestritten unakzeptabel rassistischen Äußerungen, ist dann aber nicht bereit, Namen zu nennen, sondern verschanzt sich hinter verschwörerischen Andeutungen. Wäre ich Journalistin, wäre ich da stutzig geworden. Nebulöse Andeutungen, aber in dem Moment, wo es konkret werden soll, keine Verantwortung zu übernehmen, wäre mir persönlich eine zu dünne Faktenlage. Auch das Argument, das gesamte Königshaus, zumindest das britische Empire sei auf rassistischer Grundlage gegründet, greift mir zu kurz. Es geht um konkrete Äußerungen die einer konkreten Person gegenüber von konkretisierbaren Personen ausgegangen sind. Wenn jemand (Achtung, hinkendes Beispiel) von rechtsradikalen Bestrebungen in der CDU redet, reicht es auch nicht, zu sagen, die sei aus der Zentrumspartei hervorgegangen, und die habe für das Ermächtigungsgesetz gestimmt. Wenn es um Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche geht, reicht es auch nicht, auf die zahlreichen belegten Skandale der letzten Jahrzehnte zu verweisen und anzunehmen, dass damit jeder dieser Vorwürfe automatisch wahr ist, weil es ja praktisch in der Natur der Pfarrers liegt, sich an kleinen Jungs zu vergreifen. Es geht in meinen Augen um die Frage, ob sich ein Vorwurf belegen lässt. Bei den Rassismusvorwürfen gegenüber dem britischen Königshaus, geht es darum, wer wann was konkret gesagt hat, ob eine Kammerzofe eine abfällige Bemerkung („na, so schwarz, wie dieses Kind wird, kann es wohl den Adelstitel vergessen“) geäußert oder ob die Queen in einem längeren Gespäch den farblichen Hautton genannt hat, ab dem die Verleihung eines Adelstitels für sie nicht mehr in Frage käme (was meines Wissens bereits verneint wurde). Seit einem halben Jahrzehnt diskutieren wir über Fake News, warnen immer wieder davor, eine Geschichte zu glauben, nur weil sie so schön ins Bild passt, aber beim britischen Königshaus gelten diese Regeln auf einmal nicht mehr. So sehr es mir in den Fingern juckt, journalistische Arbeit bedeutet auch Fairness gegenüber den Leuten und Institutionen, die ich zutiefst ablehne. Die CDU ist keine Nazibande, Kindervergewaltigung gehört nicht zu den Sakramenten der katholischen Kirche, und nur weil das britische Königshaus auf zutiefst imperialistischen Grundlagen fußt, heißt das noch lange nicht, dass dort an entscheidender Stelle ernsthaft Farbskalen für Prinzenkinder diskutiert werden. In meinen Augen gibt es im Moment nicht viel mehr als eine auf die Schlagzeile kalkulierte Äußerung, die bewusst schwammig gehalten wird, um rechtlich nicht belangt werden zu können. Ich wäre vorsichtig, so etwas ungeprüft zu übernehmen.