LdN: 230: Corona-Stufenplan und Jojo-Effekt

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein Stufenkonzept mehr Vor- als Nachteile bringt. Selbst wenn ein Jojo-Effekt eintreten würde, glaube ich, dass der Vorteil doch darin läge, dass die Leute sich automatisch aktiver bemühen würden, Kontakte zu vermeiden. Weil jeder weiß: Wenn die Zahlen wieder steigen, wird wieder alles dicht gemacht.
Gerade Geschäfte würden hier sicherlich deutlich vorsichtiger agieren, als bei der bisherigen Taktik.

Ein Jojo-Effekt ließe sich imo dadurch abfedern, dass man zwei unterschiedliche Grenzwerte für Maßnahmen und Lockerungen bringt:

Wir schließen ab einer Inzidenz von >50
Öffnen aber beispielsweise erst bei <30

Und bitte nicht vergessen: Wir machen derzeit im Prinzip auch nichts anderes… Nur eben ohne Plan und mit Salamitaktik bei der sich die Ministerpräsidenten alls drei Wochen zusammensetzen, irgendwas beschließen um dann doch ihr eigenes Ding zu machen.

Und ich glaube nicht, dass wir JETZT noch über Schulöffnungen reden würden, wenn wir so ein Stufenkonzept hätten.

Wo ich aber bei Euch bin ist, dass man die Wirtschaft endlich mal zu HomeOffice-Regelungen zwingen muss… Mit genügend Freiraum und Ausnahmen, aber nicht so ein weichgespültes Geschwurbel. Meiner Meinung wäre es das Beste, wenn einfach die Arbeitgeber in der Nachweispflicht sind, warum HomeOffice bei ihren Arbeitnehmenr nicht möglich ist.

Noch besser: Unabhängig von Corona einfach das Recht auf HomeOffice etablieren (löst auch viele andere Probleme: CO2, Parkplätze, Verkehr, Landflucht, etc.)

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Ich wünschte, es wäre so; aus persönlicher Erfahrung hab ich da aber so meine Zweifel, weil ich als einzelne Privatperson ein Tropfen auf dem heißen Stein bin. Ich bin seit einem Jahr im Homeoffice, habe mich innerhalb dieser Zeitspanne so gut wie nicht mit Freunden oder Verwandten getroffen und habe keinerlei Reisen ins Ausland unternommen. Und das Infektionsgeschehen hat, obwohl ich eine sehr konstante Linie einhehalten habe, bzw. mich eher immer mehr eingeschränkt habe, eine wahre Achterbahnfahrt hingelegt.

Die Masse der Leute hat selbstverständlich Einfluss auf das Infektionsgeschehen, aber ich befürchte, das Verhalten von Einzelpersonen hat zu geringen bemerkbare Auswirkung auf die Infektionszahlen, als dass sich die breite Masse freiwillig einschränken würde.

Gerade die Geschäfte würden eher unvorsichtiger werden, weil sie sich übermäßige Vorsicht nicht leisten können, bzw. der Umsatzdruck bei einem anstehenden/absehbaren Lockdown zu hoch ist. Da müssten eher finanzielle Anreize geschaffen werden, damit sich Geschäfte freiwillig einschränken. Der Anreiz frühzeitiger Lockerungen bzw. ausbleibender Einschränkungen hat bisher jedenfalls nicht bemerkbar viel bewirkt. Schönes Beispiel sind die Friseure, die anstatt den Lockdown durchzuziehen, bis geordnet gelockert werden kann, schwarz und ohne Hygienekonzept arbeiten, bis man ihnen eine gesonderte Lockerung einräumt um Schlimmeres zu vermeiden. Bin gespannt, welche Branche dieses Konzept als nächstes ausprobiert…

Überrascht Dich das? Die „Achterbahnfahrt“ ist von der Politik vorgegeben worden… Mal so, mal so… heute „hüh“ und morgen „hott“ und übermorgen "hotte-hüh…

Wer hat hier von „freiwillig“ gesprochen? Die Einschränkungen bei einem Stufenplan wären natürlich bindent - wie jetzt auch.

Nein… Rein psychologisch gesehen, wird der umgekehrte Fall eintreffen.,
Jetzt machen wir es so:
Oh… Inzidenz ist unter XX gesunken… Lasst uns mal wieder öffnen, und dann schauen wir mal.

Und die Geschäfte werden auch hier genau das machen, was die Politik vorgehen: Sie werden „mal schauen“. Und hoffen, dass das so lange wie möglich gut geht.

Wenn sie aber von vornherein wissen, dass sie ihren Laden in der Sekunde wieder dicht machen müssen wo die Inzidenz wieder über XX liegt, werden sie sich das gut überlegen…

Denn nochmal: Es wird genauso laufen wie jetzt: Man schaut nach, wie hoch die Inzidenz (R, Totenzahl oder sonst irgendein Wert) ist, und trifft dann entsprechende Maßnahmen, oder lockert sie.

Der EINZIGE Unterschied ist nur, dass man sich vorher Gedanken macht WANN gelockert wird, anstatt, das immer und immer wieder spontan neu zu diskutieren.

Das einzige was anders ist, wäre die Kommunikation

Hab ich das gesagt? Nein. Nur dass meine aktiven Bemühungen keine Auswirkung auf das Infektionsgeschehen oder Lockerungen hatten.

Ich sage übrigens auch nicht, dass es keinen Stufenplan geben sollte. Ich bezweifle nur deine Aussage, dass die Leute sich aufgrund eines Stufenplans „automatisch aktiver bemühen“ würden. Ja, ich habs als „freiwillig“ bezeichnet, weils für mich aufs selbe hinausläuft, wenn man über private Kontaktvermeidung diskutiert - die geht/wirkt nur freiwillig.

Lass es mich also so formulieren: Die Leute und Geschäfte haben sich auch nicht „automatisch aktiv bemüht“, als seitens der Politik eine Inzidenz von 50 als möglicher Schwellenwert für Lockerungen diskutiert wurde - wenn der Wert in einem Stufenplan gestanden hätte, hätte das, nach meiner Einschätzung, keinen Unterschied gemacht. Aber klar, könnte man von mir aus trotzdem ausprobieren.

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Aus meiner Sicht haben die Medien einen großen Effekt auf das Jojo-Verhalten. Springer und Oeffentliche diskutieren jeden Tag seit einem Jahr, lockdown vor und wider. Sondersendung und Abenddiskussion. Jeden Tag. Dadurch wird den Menschen suggeriert, dass die Erkenntnislage unklar ist, was sie wissenschaftlich nicht ist. Lockdown ist das, bis jetzt, einzige nachgewiesene Mittel.

Wenn die Fallzahlen steigen, schreien die selben Medien, dass die Fallzahlen steigen.

Die Politiker, die jeden Tag brav ihre Presseschau lesen, sind dann die Reagierenden.

P.S. Mir ist klar, wieso die Medien diese Diskussion machen, Einschaltequoten sind hoch. Hohe Emotionen. Was das mit der Zivilgesellschaft macht, ist aus meiner Sicht denen zweit-rangig.

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Mal ein anderer Vorschlag: Corona-Strategie von Karl Lauterbach: So will er die dritte Welle brechen - DER SPIEGEL

Das setzt voraus, das Individuen vernünftig handeln und im Kollektiv denken. Ist nach meinem Menschenbild aber eher nicht so, sondern eher „Ich bin doch nicht der einzige Idiot, der jetzt nicht noch versucht, bis zur letzten Minute Umsatz zu machen, bis die wieder schließen“ —vor allem die, die wirtschaftlich verzweifelt sind.

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Das ist beim jetzigen Vorgehen der Fall.
Wenn man eine stringente, nachvollziehabre Strategie hat, werden sich die Leute aus reinem Eigeninteresse schon daran halten.
Sie haben dann klar erschließbare Vorteile davon.

Das ist nicht der Fall, wenn die Minister das jedes Mal auf’s neue auswürfeln, ob jetzt geöffnet wird oder nicht…

Und Fakt ist auch: Sonderlich erfolgreich war die jetztige Strategie auch nicht, weder was den Rückhalt in der Bevölkerung, noch was dioe Inzidenz angeht…

Also, ich bin bei Dir, dass Menschen dann eher aus Eigeninteresse vernünftig handeln, wenn von bestimmten Zielen abhängigen Rahmenbedingungen berechenbar eintreten werden, wenn sie sich also darauf verlassen können, dass ihr Opfer sich aus auszahlt.

Wie viele jedoch Unternehmer (Einzelhandel, Restaurants, Frisöre, …) in ihrer oft jetzt schon verzweifelten Situation auf Umsatz verzichten in der Hoffnung, dass dadurch der Lockdown früher aufhört … Ich weiß nicht so recht …

Nein, weil sie trotz klarer Faktenlage auf Wunschdenken gesetzt hat. Ob mit Stufen oder ohne - so werden wir immer scheitern…

Selbst wnen dem so wäre… das läge dann aber nicht an einem Stufenplan. Das würden sie genauso machen, wenn man ohne Plan spontan öffnen würde.

Das Problem ist eher, dass Verstöße kaum kontrolliert, geschweige denn sanktioniert werden. Somit werden Geschäfte die sich nicht an die Hygieneregeln halten sogar noch dafür belohnt. So war es jedenfalls im letztem Sommer…

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Ich hab mir mal Gedanken zu den ganzen Coronazahlen gemacht, und wie man sie sich besser vorstellen kann - weil leider immer eine Panik gemacht wird, wegen den so hohen Inzidenzen:
Beispiel Inzidenzwert München am 4.3.21 = 43,2 pro 100.000 Einwohner letzte 7 Tage.
Jetzt gehe ich mal davon aus, das jeder der getestet wurde, noch 7 Tage ansteckend ist (es ist in Wirklichkeit weniger, man geht von bis zu 5 Tagen aus, und davon sind einige Tage vielleicht schon vor dem Test gewesen) - also sind alle 43,2 Personen heute noch potentiell ansteckend. Jetzt nehmen wir eine hohe Dunkelziffer die 20 mal so hoch liegt: 864 Personen pro 100.000 Einwohner die potentiell ansteckend sind.
Soweit so gut. Vorstellen kann man sich das immer noch nicht wirklich.
München hat 1,5 Millionen Einwohner. Das heißt in München gibt es derzeit 12.960 Personen die potentiell ansteckend sind ( hier ist die Dunkelziffer mit Faktor 20 schon drin! ).
Wenn jetzt jeder Mensch einer Strecke von 1mm entspricht, dann sind alle Einwohner in München eine Strecke von 1,5 Kilometer - das kann sich jeder vorstellen. Und von diesen 1,5 Kilometern sind nur knapp 13 Meter (!!!) potentiell ansteckend… Vielleicht sollten sich unsere Entscheider da mal drüber nachdenken…

Es scheint mir dass Bund und Laender haben bewußt sich fuer eine dritte Welle entschieden. Mit alle Tod & Behinderung zufolge.

Ich hoffe das ich mich irre.

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Klingt gut, aber das Problem ist dass sich diese 13 Meter innerhalb von Wochen verdoppeln können und nach zwei dieser Verdopplungszyklen das Gesundheitssystem wieder an der Grenze ist.

Ist eine valide Überlegung aber ich bin da etwas pessimistisch wenn ich bedenke was kurz vor Weihnachten passierte. Da sah man steigende Zahlen, härtere Notfallmaßnahmen wurden angekündigt und statt vernünftig zu sein stürmten die Menschen noch schnell die Geschäfte.

Ohne Lockerungen gehen die Inzidenzen jetzt bereits nach oben. Mit Lockerungen wird man den Trend noch beschleunigen. Jede*r kann sehen wie die Situation sich in die falsche Richtung entwickelt und ausrechnen wann man die nächste Stufe erreicht. Dann ist nur noch die Frage ob man vernünftig wartet bis der nächste Lockdown kommt oder voll ausnutzt was jetzt gerade noch gestattet ist.

Und man kann es einer Coronamüden Bevölkerung nach dem ganzen Hin und Her nichtmal mehr so wirklich verübeln, wenn sie dieses kurze Zeitfenster nutzen will um so viel Unsinn wie möglich anzustellen… Ich würde da nicht unbedingt auf den gesunden Menschenverstand wetten wollen.

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Man wartet scheinbar nicht. Ich war gestern mit dem Auto unterwegs von Berlin nach Falkensee - es hatten sich Staus von 2km in mehreren Richtungen um den ersten Baumarkt hinter der Stadtgrenze gebildet. (Wie es im Baumarkt ablief möchte ich mir nicht mal vorstellen. Zwischendurch musste ein Feuerwehrfahrzeug umkehren und den Stau umfahren, weil es kein Durchkommen mehr gab… )

Also da sind definitiv einige sehr ungeduldige Berliner_innen, die entweder den einen zusätzlichen/neuen Feiertag nicht abwarten konnten oder zu ungeduldig für online-/Termineinkauf im eigenen Bundesland sind. Soviel zu den Themen „Vernunft und Geduld durch verbindliche Stufenpläne“ und „Mobilität im Lockdown“. :roll_eyes:

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:pleading_face: Ich hätte mich da tatsächlich mal sehr gern geirrt…

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