Ich finde das Thema „Social Media“ sehr spannend und herausfordernd und bin schon der Meinung, dass die diversen Aspekte der Social Media Welt allgemein dramatisch zu wenig besprochen werden.
Es gibt dabei eine Vielzahl von Facetten und Farben und ich würde gerne gleich mit derjenigen beginnen, die mich am meisten ärgert: Es handelt sich um internationale Konzerne, die ihre Verantwortung auf allen möglichen Ebenen nicht oder nur unzureichend wahrhaben wollen. Ihre Verantwortung für die Nutzer (deren Gesundheit, Lebensqualität, Lebensumstände, Bildungs-/Informationszustand), Infrastruktur, Umwelt und so weiter wird immer wieder von sich gewiesen.
Ich mache mal ein Beispiel:
In Indien lesen Menschen in WhatsApp geteilte Fake News und bringen daraufhin in empfundener Gerechtigkeit Menschen um.
Die Nutzer von Social Media Plattformen sind signifikant anfälliger für Depressionen, die Kosten für die Folgen der Erkrankung zahlen Betroffene und/oder Steuerzahler und Beitragsleistende. Es wird kaum etwas getan um die Depressionen zu verhindern und Social Media zu einer sicheren und positiven Erfahrung insbesondere auch für jüngere Konsumenten zu machen. Hier eine Studie aus den USA zum Thema:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/da.22466
Steuern zahlen die Konzerne hingegen nicht besonders gerne. Nicht nur der Facebook-Konzern trickst mit Steuern auf legale (aber ethisch verwerfliche) Weise. Bei digitalen Tätigkeiten ohne konkretem „physischen“ Gegenwert fällt glaube ich die Nachvollziehbarkeit teilweise noch viel schwerer. Ein gutes (und vor allem einfaches) Erklärvideo dazu habe ich von Simplicissimus über die Sportartikelfirma Nike gefunden. Es ist zwar ein anderes Konstrukt als z. B. bei Facebook, zeigt aber die verrückten Finanzflüsse auch ohne BWL-Studium deutlich auf:
Die Frechheit, die mit diesen Methoden einhergeht, ist für mich fast nicht zu übertreffen.
Wir alle kennen ebendiese Probleme. Jetzt möchte ich aber auf den Kern meiner Antwort kommen:
Die Social Media Plattformen sind ultra-einflussreich, prägen Millionen von Menschen und schieben die Verantwortung für die von ihnen überhaupt erst entstandenen Probleme von sich. Es wird Zeit, dass wir Social Media als Gesellschaft als Thema wahr- und ernstnehmen und uns mit der Regulierung vertieft auseinandersetzen. Der Kern des Problem ist nämlich, dass man hierfür international eine Antwort finden muss (wurde m. E. auch in der Lage-Folge erwähnt). Man versucht mit nationalen Regeln internationale Konzerne für ihre Verantwortung einstehen zu lassen, das wird aber im Zweifelsfall schwierig bis unmöglich.
Ich möchte gerne einfach mal das Beispiel bringen mit absolut eindeutig rechtsextremen Foren bringen. Wir wissen, dass sich Menschen im Internet aufstacheln, dass sie sich schrittweise zu Extremisten verwandeln und dass sie immer tiefer in ihre Blase gesogen werden, je mehr sie in diese Richtung gehen. Wir kennen ja all diese Themen.
Manchmal ist es einfach schwierig den Zugang zu haben und rechtlich Handhabe gegen illegale Aktivitäten zu haben. Auch, wenn Straftatbestände erfüllt sind, kann im blödsten Fall eine deutsche Behörde nicht gegen ein Neonazi-Forum angehen, dass auf einem russischen Server stattfindet. Das gleiche Thema haben wir regelmässig bei Holocaust-Leugnern, Reichsbürgern und Nazi-Schwurblern, die dann halt schnell in die Schweiz fahren für ihre verfassungsfeindlichen Treffen. Das ist zwar nicht digital, aber halt genau ein Zeichen dafür, wie verrückt schwer es ist, nur mit nationalem Recht vorgehen zu können. Der Punkt bei Social Media ist, dass es sich halt im worst case nicht um 5000 Neonazis handelt, sondern um 500000, die ungestört und ungestraft ihre Grütze verteilen können.
Der nächste Link hat mich persönlich sehr nachdenklich gestimmt, denn die Szene scheint online bereits so gut vernetzt, dass es einfach möglich ist, Kongresse im Ausland zu organisieren, nur, damit die eigenen Aussagen nicht geahndet werden können.
Und genau da sind wir an dem Punkt, an dem ich mich frage, ob „Zensur“ von gewissen extremistischen oder eindeutig falsifizierbaren Inhalten nicht sogar ein Stück weit wünschenswert ist. Zudem kommen wir wohl nicht um die Tatsache herum, dass mittelfristig ein „Internetrecht“ auf internationaler Ebene benötigt wird. Bin gespannt auf die anderen Beiträge, ich würde hier gern noch viel tiefer in die Materie einsteigen.
Ein Doku-Tipp an dieser Stelle ist „Das Dilemma mit den Sozialen Medien“ auf Netflix.