LdN 223 "Sturm auf das Kapitol"

Guten Tag,
erstmal vielen Dank auch für die aktuelle Folge der LdN - interessant und unterhaltsam wie immer.
Zu dem Block über die Ereignisse in den USA ein paar kurze Anmerkungen:
1.: Trump hat in seinem (wohl erzwungenen) Video NICHT von einem „friedlichen“ Machtwechsel gesprochen. Diverse Kommentator:innen in US-Medien haben das besonders hervorgehoben, dass er dieses Wort vermieden hat (so wie er auch den Namen „Joe Biden“ nicht nennt) - und der letzte Satz, in dem er sinngemäß sagt, der Kampf, Amerika wieder groß zu machen, klingt vor dem Hintergrund ganz anders.
2.: Soweit ich weiß müssen die Abgeordneten den Ergebnissen nicht zustimmen. Sie wurden von Abgeordneten beider Parteien (bei den Demokrat:innen z. B. Amy Klobuchar) verlesen und, sofern keine Einwendungen kamen, von Pence so festgehalten. Abgestimmt wurde erst im Falle von Einwendungen.
3.: Bei einem Impeachment-Verfahren müssen streng genommen nicht beide Kammern zustimmen: Das Repräsentantenhaus impeacht (was ja auch beim letzten mal passiert ist), der Senat spielt dann, unter dem Vorsitz des obersten Richters des USSC, Gericht und entscheidet über eine Amtsenthebung (Impeachment =/= Amtsenthebung), wobei eine 2/3-Mehrheit erforderlich ist, also 67 Senator:innen.
4.: Den Begriff „Sturm auf das Kapitol“ zu verwenden finde ich ein wenig problematisch - klingt für mich zu sehr nach „Sturm auf die Bastille“ und damit tendenziell glorifizierend.

Nicht deutlich genug geworden sind mir zudem zwei Aspekte: Zum einen spricht vieles dafür, dass es sich um einen geplanten Putschversuch gehandelt hat - wird wohl auch von mehreren NATO-Geheimdiensten so gesehen, siehe: US Allies Say Trump Attempted Coup With Help From Federal Law Enforcement
Zum anderen scheint mir sehr relevant zu sein, dass es einen Bruch zwischen Pence und Trumo gab, weil ersterer letzterem gesagt hat, dass ihm die Hände gebunden sind und er nicht anders könne, als Bidens Sieg zu bestätigen. Deshalb sind einige der Terroristen explizit darauf aus gewesen, Pence zu töten. Trump hat sich lange geweigert die Nationalgarde zu schicken (und McCarthys Bitte zurückgewiesen, seine Leute zurückzupfeifen) - letztlich hat wohl Pence sie holen lassen. Und Pence’ Personenschützer zählten wohl auch zu den wenigen Sicherheitskräften, die entschieden Gegenwehr geleistet haben, was entscheidend gewesen sein kann.

Beste Grüße!

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Ich kann Antigone in vielen Punkten recht geben und möchte noch was ergänzen.
Soweit ich das verstanden habe, hätte ein erfolgreiches „Impeachment Verfahren“ den Vorteil, dass Trump zukünftig kein Mandat mehr übernehmen dürfte.

Und zu „Parallelen zu den Querdenkern“ möchte ich noch betonen, dass hier wie dort die Rechten und Nazis sich in den Netzwerken scheiss gut organisieren und dann gezielt zuschlagen. Ich glaube, hier wie dort wird das noch unterschätzt.

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Hallo zusammen,

ich finde das Trump in vielen Punkten eine sehr gute Politik gemacht hat und finde das Eindringen in das Capitol durch einige Demonstranten wirklich traurig, weil es Teile der richtigen Politik entehrt und den Gegnern gute Argumente liefert (z.B. Terroristen, Idioten, etc.). Ich finde auch das Trump in seiner Rede zu weit gegangen ist - ich weiß nicht ob es ein Skript hatte oder einfach die Emotionen mit ihm durchgegangen sind.

Ich möchte mich herzlich über die objektive Berichterstattung von Ulf und Philipp bedanken, die wirklich die originären Reden als Belege genutzt haben.

Drei weitere Dinge möchte ich in diesem Zusammenhang anmerken, die Diskutierende bitte auch mal berücksichtigen sollten.
#1 Die Polizei - die Polizei war offensichtlich in der Unterzahl und so weit ich es sehen konnte, war ihr defensives Verhalten absolut richtig. Hätte die Polizei signifikant das Feuer eröffnet, hätte es ein Gemetzel gegeben. Wenn die Menge in Panik kommt, weil in die Luft geschossen wird, könnte es sein, dass die Demonstranten zurückschießen (Waffen - USA !) und es noch mehr Tote gibt. Ich bin traurig um jeden Toten, egal auf welcher Seite, zumal beide Seiten glauben die Demokratie zu verteidigen.
#2 Big-Tech: Es beängstigt mich, dass Twitter/Facebook/etc. einen Präsidenten und dessen politische Meinungsäußerung stumm schalten dürfen/können. Hier droht das Ende der Redefreiheit und damit das Ende der Demokratie. Wer weiß denn schon was war oder falsch ist? Ich war nicht bei der Wahl dabei und habe auch nicht die Stimmen gezählt. Es gibt Gesetzgeber, Gerichte und die Polizei und nur hier darf entschieden werden, was konform mit unserer Verfassung/Grundgesetz ist - nirgends sonst. Ich denke nur an Bidens Verbindung zu China, die von den Mainstream-Medien geblockt wurden und jetzt ggf. als wahr herauskommen werden. Wollen wir wirklich dass linke und rechte zukünftig ihre eigenen Netzwerke gründen, weil Ihre Meinung von den Facebook/Twitter geblockt wird? Wollen wir die Teilung der Gesellschaft weiter voran treiben? Was ist denn wirklich wahr, was vielleicht nur irreführend, was einfach nur schlecht informiert, etc? Wollen wir das Facebook/Twitter Gott spielen? Wollen wir demnächst den Vatikan in Facebook/Twitter sperren, weil er die Existenz von Gott nicht belegen kann?
#3 Bestrafung von Trump wegen Sturm auf das Capitol: Meiner Meinung nach hat Trump nicht direkt zu Erstürmung des Capitol aufgerufen, sondern nur eine gewisse Motivation geliefert. Ich kann nur davon abraten, jemanden aufgrund „politisch emotionaler“ Äußerungen ins Gefängnis zu werfen, wenn „Anhänger“ Straftaten begehen. Meiner Meinung nach sind die Anhänger für Ihre Taten selbst verantwortlich. Wenn dem nicht so wäre, müssten wir ganz viele Politiker von rechts und links ins Gefängnis werfen, weil deren Anhänger natürlich auch glauben durch die politische Meinungsäußerung Ihrer Parteien im Recht zu sein. Sollen die Grünen Schadenersatz zahlen, weil der Bau einer Autobahn verzögert wird, oder die Linken für die Ausschreitungen in Hamburg, oder die AFD für die Morde in Halle? Wenn wir diese Tür der Strafverfolgung aufmachen, dann tragen wir die liberale Idee der Redefreiheit zu Grabe.

Man muss Trump nicht mögen aber aushalten und unsere Demokratie sollte in der Lage sein, sich ohne Selbstaufhebung dagegen zu behaupten.

In diesem Sinne - auch wenn politisch manchmal Magenkrummeln bekomme, finde ich die Lage der Nation ein super Podcast

Schönes Wochenende !

Bin eigentlich ein stiller Zuhörer, musste jetzt aber mal kurz meine Meinung zu dem Thema abgeben:

Wären Mitglieder des Senats gefangen genommen oder getötet worden, hätte Trump den Notstand ausgerufen. Wenn ich mich recht entsinne, hätte er somit das Militär ohne demokratische Kontrolle befehligen können. Anscheinend haben einige Sicherheitsorgane da mitgespielt (siehe Sicherheitskräfte des Kapitols, Dauer der Bereitstellung der Nationalgarde), aber zum Glück nicht ausreichend viele. Da aber hochrangige Militärs schon im Vorfeld klar Stellung zur Verfassung bezogen hatten und das Kapitol ausreichend schnell evakuiert wurde, verpuffte das Momentum. Würde auch das Zögern des Herrn Trump erklären. Außerdem blieb es zu gewaltlos, auf beiden Seiten, was eine Eskalation im Keim erstickte und somit nur der Eindruck geweckt wird, dass sich ein paar verwirrte „Patrioten“ radikalisiert hatten.

Der Putsch hatte zuwenig Rückhalt (gerade in der politischen und wahrscheinlich auch wirtschaftlichen Elite) und war nicht ausreichend vorbereitet. Aber ein Versuch bleibt es trotzdem.

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Ich habe einen weiteren Kommentar zu der Folge, und zwar zu folgender Aussage (ca. Minute 20):

„…dass ein Mensch, der demokratisch völlig legitimer Weise abgewählt worden ist (…) dann sagt ‚Jetzt stürmt doch mal das Parlament‘…“

Das hat Donald Trump nicht so gesagt. Er hat zu einem Protestmarsch aufgerufen („Let’s march down to the Capitol“). Außerdem kann man m.E. sagen, dass er durch seine Lügen über die Wahlergebnisse und seine Rhetorik seine Anhänger dazu „angeregt“ oder „motiviert“ hat, ins Capitol einzudringen. Somit trägt er sicherlich die Verantwortung für die Geschehnisse am 6. Januar mit. Aber zum „Sturm auf das Capitol“ direkt „aufgerufen“ oder gar wörtlich gesagt „Jetzt stürmt doch mal das Parlament“ hat er nicht.

Diese falsche Berichterstattung stört mich aus folgendem Grund so sehr: Wir werfen Donald Trump oft Polemik und Hyperbolik vor. Und dann machen wir das gleiche?

Es geht mir hierbei ums Prinzip. Ich bin sicherlich kein Trump-Anhänger. (Im Gegenteil. Ich halte ihn für den unfähigsten amerikanischen Präsidenten aller Zeiten und hoffe er landet im Gefängnis.) Dennoch - oder gerade deswegen - bin ich der Überzeugung, dass jeder Mensch, egal was ihm zur Last gelegt wird - so auch Donald Trump - eine faire, und wahrheitsgemäße Berichterstattung verdient. Das bedeutet u.a., dass wir ihm keine Worte in den Mund legen, die er nicht wirklich gesagt hat, dass wir bei den Fakten bleiben und in unserer Berichterstattung nicht übertreiben oder ausschmücken.

Ansonsten werden wir zu Heuchlern, da wir uns genau der Sache schuldig machen, über die wir uns bei Donald Trump immer aufregen: Wir verbreiten Lügen.

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Guten Morgen, ich widerspreche der Aussage zu #1letzter Satz „…, zumal beide Seiten glauben die Demokratie zu verteidigen…“ entschieden. Hier hat (allerdings nur eine!) Seite die Demokratie verteidigt: Die Polizei des Capitols.

[…]

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Ich hatte ja auch geschrieben beide Seiten GLAUBEN die Demokratie zu verteidigen … Sie sagen sie WISSEN dass die Polizei die Demokratie verteidigt - naja ich habe ein Foto gesehen wo ein Polizist ein Selfi mit einem Demonstranten gemacht hat im Capitol … ich glaube die Polizei hat versucht das Gebäude zu verteidigen an Demokratie haben die dabei weniger gedacht als vielmehr ihren Job zu machen …

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Zu Ihrer Antwort habe ich zwei Anmerkungen:
a) Nach dem ich große Teile des Videos im Impeachment Verfahren gesehen habe, hat die Capitol Police nach meinem Eindruck ihr Best mögliches versucht, um den Sturm zu verhindern.
b) Auch wenn die Polizei nur ihren Job gemacht hat, hat sie meiner Meinung nach dennoch die Demokratie verteidigt. Denn das war während des Sturms gerade ihr Job, konkret den Fortgang der aktuellen Sitzung zu schützen.

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Hallo,

kurze Rückmeldung zur Ihrer Anmerkung zu meinem Kommentar.
a) Ich habe das Video zum Impeachment nicht gesehen, aber wahrscheinlich werden die Demokraten auch nur Bilder zeigen wo die Polizei ihr bestes gegeben hat. Ohne das Video gesehen zu haben, glaube ich Ihnen das zu 100%. Ich habe auch Videos gesehen, wo sich Polizei und Demonstrant ganz entspannt unterhalten haben. Darüber hinaus ein Bild wo ein Demonstrant ein Selfie mit einem Polizisten gemacht hat. Aber vielleicht hat ja gerade das de-eskalierend auf die Situation gewirkt, sodass nicht mehr passiert ist.

b) Ich glaube auch dass die Polizei nur Ihren Job gemacht hat. Ob das für Sie persönlich bedeutet, dass die Polizei damit die Demokratie verteidigt hat, hängt ganz von Ihrer persönlichen politischen Sichtweise ab. Den zweiten Satz „Denn das war während des Sturms gerade ihr Job, konkret den Fortgang der aktuellen Sitzung zu schützen.“ finde ich kein zwingendes Argument. Nur weil die Polizei die Sitzung schützt, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie die Demokratie schützt. Erinnern wir uns an die Ukraine, da hat die Polizei auch das Parlament gegen Demonstranten verteidigt. Hat die Polizei die Demokratie verteidigt weil Sie die Sitzung und die Abgeordneten geschützt hat?

Um es etwas zugespitzt zu sagen, ich sehe hier die Polizei nicht als „Glaubenskrieger für die Demokratie“, was auch gut so ist. Die Polizei ist die Exekutive und nicht Judikative und Legislative, diese Gewaltenteilung ist ja gerade die Basis unserer Demokratie. Darüber hinaus kenne ich wenige Linke zur Polizei oder Armee gehen würden, sodass ich davon ausgehe, dass sie beim Sturm auf das Capitol politisch eher auf der Seite der Demonstranten gestanden hätten. Wie die politische Einstellung der Polizisten war, lässt sich natürlich nur schwer belegen, weil wir ja ein geheimes Wahlrecht haben. Ich finde es aber gut, wenn das Video der Demokraten zeigt, dass sie trotzdem ihr Bestes gegeben haben. So soll es sein.

Ich kenne nicht die genaue Geschichte - vielleicht kann es jemand aus dem Forum bestätigen - Präsident Trump wird der erste Präsident sein, wo der politische Gegner zweimal versucht haben wird ihn zu „impeachen“ und der zweimal gewonnen hat.